Nr. 87 41. Jahrgang
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1. Beilage des Vorwärts
Okkultismus und Hellseherei.
Die Welt ist dumm, die Welt ist blind, wird täglich abgeschmacter.
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( Seine.)
Wir leben bekanntlich im aufgeflärten Zeitalter des Radio, der Relativitätstheorie und der Verjüngungsmethoden von Steinach. Die Welt ist entgöttert, es gibt keine Geheimnisse und Wunder mehr den Ausnahmezustand ausgenommen und der aufgePlärte Zeitgenosse wird demnächst eine Reise nach dem Mars zum Shimmyturnier genau so selbstverständlich antreten wie heute nach Halensee . Aber gleichzeitig blüht das Geschäft all der vielen, die sich auf die Geheimnisse des Daseins, wie Wahrsagen, Hellsehen, Offul'ismus primitive Leute sagen Zauberei usw. verstehen Und die Zahl ihrer Anhänger ist Legion. Da gibt es die be rü'mten weisen Frauen die neben anderen nüglichen Künsten aus dem Koffe: faz und Karten weissogen. Und es ist nicht etwa nur das dumme Bolt, das ihnen zuläuft, sondern, Tamen der soge. narrten besien Kreise gehören häufig zu ihren besten Kunden. Daß das Geschäft sich lohnen muß, beweist die Häufigkeit derer, die es betreiben. In einer Gerichtsverhandlung famen neulich die Einnahmen zur Sprache die eine Frau Kupfer, bekannt aus riesigen Schieberprozessen, mit Wahrsagen„ verdient" hatte. Es waren Summen, die einen Ministerpräsidenten daneben als Bettelknaben erscheinen lassen.
Spiritismus und Telepathie.
Einen besonderen Raum nehmen der Spiritismus und die Telepathie ein. Diefer in Amerika zur Volksfitte gewo dene Sport der Geisterbeschwörung hat sich in Deutschland noch nicht in so weit: n Boltskreisen einrebürgert. Da außerdem diese Berenita'tungen meistens in geschlossenen Zirkeln und ohne Entgelt veranstaltet werden, ist hier die Gefahr einer allgemeinen, unheilvollen Verwirrung und Ausbeutung ven Vertrauensseli feit und Dummheit nicht so groß. Immerhin haben auch diese Dinge, be fonders in Verbindung mit hypnotischen Experimenten Unberufener, ihre große Gefahr. Der fürzlich in Potsdam festgestellte Fall eines Verbrechens durch Hnpnose hat die allgemeine Aufmerksamkeit auf Diese dunkle und gefährliche" Wissenschaft gelenkt. Aber während es sich doch bei diesen Sachen mehr um Einzelfälle handelt, ändert sich das, wo unter dem Dedmantel wissenschaftlicher Beransta'tumgen" voltsgefährlicher Unfug getrieben wird, der bei Tausenden Unheil und Verwirrung anstiftet.
Der Fall Reese.
Einen besonders typischen Fall für diese Art bietet das Beispiel des Herrn Professors und Hellsehers Reese", über den die Tekte Sigung der Psychologischen Gesellschaft interessante Ents hüllungen brachte. Dieser Herr. ein würdiger Greis von 82 Jahren und von sehr distinguiertem Aussehen, gab jahrzehntelang seine Bor ftellungen vor einem illustren Publikum von ganz Europa und Amerita. Er reiste auf einen amerikanischen Diplomatenpaß, besaß Empfehlungsschreiben und wertvolle Geschenfe von gefrönten Häuptern und Dollar- Mill'arbären. Seine hellseherischen Fähig feiten grenzten scheinbar ans direkt Unheimliche. Er erriet alle Gedanken, entdedie schwierige Fälle bei Diebstählen, enträtselte die Geheimnisse der hohen Politit und war ständiger Ratgeber bei allen Großen der Welt. So empfingen ihn u. a. Mussolini , Edison, Der König von Italien und Felix Holländer , der ihn in Riffingen fennenlernte und in einem aufsehenerregenden Artikel feire bellseherischen Wunder der Mitwelt verfündete. Selbst die Fachwissenschaft assistierte Herrn Reese, vor allem auch Herr Pro
feſſor Echrend- Noking, während ein anderer Teil, dem allerdings Herr Reese immer vorsichtig aus dem Wege ring, ihm mit Mißtrauen und Ablehnung gegenüberstand. Worin bestand nun das Wunder? Herr Reefe fonnte den Inhalt von geschlossenen Zetteln erraten, die man an. feine Schlä'e hielt. Er ging dabei immer in aleicher Weise vor, indem er auf 6 Betteln, die er feinem jeweiligen Besuch überreichte, 6 Fragen von diesem niederschreiben ließ, und zwar die ersten beiden stets tonkreten Inhalts er wählte regelmäßig die Namen der Mutter feines Bruders und eines Jugendfreundes oder Lehrers. Die anderen 4 3etel erhielten Fragen an
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Jürgen fonnte nicht durchatmen, als wären seine Lungen luftgefüllt und hermetisch verschlossen. Konnte nur von Halse meg atmen.„ Lebenslang außerhalb des Lebens zu stehen. bedeutet es. Und nur ein winziges Teilchen der großen Bewegung zu fein und gewesen zu sein." Der Drud in seiner Brust wich nicht.
Sie gerieten in die Menge hinein, die das Theater verließ und dem Korso zustrebte. Es war erst zehn Uhr. Vor allen Cafés saßen die Gäfte im Freien. Auch vor dem Grandhotel ruhten elegante Herren und elegante Damen in Korbseffeln und genossen die herrliche Sommernacht. Auf der funkelnden Weinterrasse, blumenüberhangen, von der Straße leicht abgesondert durch Lorbeerbäume, rollten die Kellner lautlos die Servierwagen an und ab, tranchierten Geflügel, öffneten Weinflaschen. Zu Verbeugungen erstarrte Fragen. Das Streichquartett spielte distret.
Die vier Bogenlampen über des Juweliers Schaufenster spritzten weißes Licht in die Menge- Studenten, junge Rauf leute, Fremde und Offiziere mit ihren Kofotten und Damendie straßauf, ftraßab bummelte, in so gemächlichem Tempo, daß die zehn wie ein marschierender Fremdförper wirften. Vor dem Juwelier blieben sie stehen. Alle zehn. Jürgen mit dem Blick zur Beinterrasse.
Plötzlich bekam er einen Schlag gegen das Herz. Sagte zweimal den Sag:„ Das ist es ja nicht. Das ist es ja nicht." Sah an fich hinunter, überzeugte sich, daß er forgfältig gefleidet war, und drehte sich wieder um zum Schaufenster.
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Also, auf morgen!" rief der Holzarbeiter noch zurüd und lächelte bekannt und dennoch fremd.
Die erste Beige sprang mit einem unerwarteten, funkelnden Saltomortale aus der Begleitung heraus, jubelnd empor. Ein übriggebliebener Gedante irrte noch in Jürgen umher, wurde immer wieder zurückgestohen, schrie lautlos und geffend das Wort„ Schicksalspause"." Das ist es ja nicht. Das ist ja un wichtig," murmelte Jürgen und zog die Handschuhe über.
Erst als er schon vor einem weißgedeckten Tischchen auf Der Weinterrasse saß, gegenüber zwei schweigsamen, schönen Engländerinnen, bemerkte er Adolf Sinsheimer und noch drei Schulfameraden, die, elegant zurüdgelehnt, ihre seidenen
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die Zukunft, fonnten also dementsprechend auch reger beantwortet werden. Zur begreiflichen Verblüffung seiner Besucher fonnte Herr Reese stets aufs genaueste die betreffenden Namen angeben, die oft nur dem Fraresteller selber bekannt waren und die er in Abwesenheit des Hellsehers niedergeschrieben hatte.
Festlegung des Schwindlers.
modernen Cagliostro als gewöhnlichen Taschenspieler herbeiführte, So war es eigentlich nur ein Zufall, der die Entlarvung diefes und dabei war es nicht einmal ein Mann der Fachwissenschaft, fon. dern ein Jurist Dr Birnbaum. Dieser fam nach anfänglicher Verblüffung auf den Gedanken, daß es sich hier um einen Trid handele, weil ihm gewisse Mampulationen des Hellsehers mit den Betteln aufgefallen waren Betteln aufgefallen waren Er brachte deshalb zur nächsten Sigung 6 vorbereite'e Zettel aus starkem Papier mit, die er dann Herrn Recse übergab. Durch genaue Beobachtung stellte er fest, daß diefer es verstand, einen eigenen Zettel unter die ihm überreichten zu schmugrein. Er öffnete dann heimlich unter dem Tisch den ersten ging das weiter bis zum Schluß Die Aufmerksamkeit des Besuchers, Zettel, las den Inhalt und gab die entsprechende Antwort. Und so auch eine beliebte Methode, verstand er abzulenken durch andauern des Firieren, Fragenstellen, verblüffende Bewegungen usw. Daß ihm das bei den meisten seiner Besucher mit beftem Erfolge gelang, ist nicht nur ein Beweis für die außerordentliche Begabung und gut angewandte Menschenfenntnis des Herrn, sondern noch mehr für die mangelnde Beobachtungsgabe der meisten Menschen. Bei Birnbaum fam er allerdings endlich an den Unrechten. Als dieser seine Schwindeleien merkte und ihn zur Rede stellte, versprach widerlegbare Proben seines Hellsehens zu reben, zog es dann aber er zwar, ihm in fciner Wohnung vor geladenem Bublifum unvor, heimlich abzureifen. Uebrigens hotte furz vor Kriegsausbruch fchon Professor Mener ganz ähnliche Erfahrungen wie Dr. Birnbaum gemacht und auch einen Artikel in einer Fachzeitschrift ver. öffentlicht der aber infolge der Kriegswirren feine weitere Be. achtung fand. Das gläubige Publikum
felber tut das meiste, um immer neue Schwindler zu ermutigen. Die liebe Neugier, die Sucht nach dem ungewöhnlichen Erlebnis, Aberglaube, Seniations ikel und traffe Dummheit, alles wirkt zufammen bei der Zahl jener, die nicht alle werden. Aber selbst bei jenen, die kritisch und unbefangen sich mit Offultismus beschäftigen, wirft of, wenn auch unbemi ßt, der eigene Wunsch nach dem Wunderbaren, nach dem Ürmöglichen, das mönlich werden soll oder sein soll. Denn die Fame hat Suggeftiofraf, und es ist schwer, sich ihr zu entziehen. Ein kleiner Beweis dafür war das Verhalten einiger Damen und Herren des Herrn Reese, die mit ehrlicher Entrüstung gegen die offensichtliche Klarlegung seiner Schmindeleien protestierten und die unglaublichsten Dinge von seiner Hell. feherei und persönlich erlebten Wundern erzählten. Jeder Psychologe weiß dabei nur zu gut, welchen Wert solche Aussagen haben. Es ist ja auch eine alte Rechtspraxis, daß Zeugenaussagen mit größter Borsicht aufzunehmen find.
Wenn Herr Professor Reese nun auch wirklich für eine Zeit fang in Deutschland ausgespielt hat die Welt ist groß, und er wird sicher in den Augen feiner Gläubigen durch die ungerechten 3weifel profaner Kritit nur noch gewinnen.
Weiterer Aufruf des preußischen Notgeldes. Nachdem bereits die Stüde bes wertbeständigen preußifchen Rotgeldes über 4,20 und 2.10 Goldmart aufgerufen worden sind, werden nunmehr im Einvernehmen mit dem Reichsminifter der Finanzen die Notgeldscheine des Freistaates Preußen über 1,05 Goldmart Dollar und 0,42 Goldmark=
Dollar nordamerikanischer Währung lautend vom 20. Februar 1924 ab zur Einlösung aufgerufen. Die Einlösung erfolgt bis zum 19 März 1924 einschließlich bei der von der General ftaatstaffe bierfür besonders eingerichteten Umtauschstelle( Rotgelb stelle des Preußischen Finanzminifteriums, Berlin , Dranienftr. 106 9) und sämtlichen staatlichen Kreislassen und den Regierungsbauptfaffen.
Strümpfe sehen ließen und, die ganzen Oberkörper langsam vorbeugend, Jürgen grüßten. Er setzte sich zu ihnen.
Stand sechs Stunden später auf der Straße. Die Vögel pfiffen schon. Die Menschen schliefen noch Nun, und jetzt?... Ich war betrunken."
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Er dachte, von Etel geschüttelt, an die Szene in dem orientalischen Salon, in dem er mit den Schultameraden gewesen war. Sah die Amsel an, die auf dem Statetenzaun faß. Seine Knie wurden weich. Er mußte fich auf die Steintreppe setzen. Das Ganze hat nicht mehr und nicht weniger zu be deuten, als mein imaginäres Duell mit Karl Lenz.
Die Amsel sperrte weit den gelben Schnabel auf: Das stimmt. Und stimmt doch nicht."
" Denn einmal, meinst du, nicht wahr..." Eben das meine ich!"
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Jürgen hatte das Empfinden, in die Tiefe zu stürzen, und fuhr aus dem Schlummer. Wenn das so weiter geht, so werde ich einmal nichts mehr selbst entscheiden können. Das Schicksal wird mir keine Pause mehr gewähren."
Am Nachmittag sie hatten eben Raffee getrunken- blickte Jürgen nachdenklich die im Sessel schlummernde Tante an, lehnte sich auch in den Seffel zurück, Wange auf dem gehäkelten Schutzdeckchen.
Die Heiligenbilder an den Wänden hielten die fegnenden Hände erhoben über die beiden. Auch der Bogel im Käfig ließ die Schlafhäutchen über die Augen herab. Die blauen und filbernen und goldenen, topfgroßen Glaskugeln im Garten funfelten in der Nachmittagssonne. Eine Wolke zog still am Himmel hin. Der Berpenditel sagte: Rich... tig, rich... tig. Das fadendünne Drahtseil lief von Jürgens bequemem Badenstuhl meg, in viel tausend Meter Höhe vorbei an den in Not und Kampf Stehenden dieser Welt. Jeder hielt sein gepeinigtes Herz in der Hand Da, wo das Seil endete in ungeheuer weiter Ferne, leuchtete Katharinas Stube. Auf Jürgen zu, in blauer, gefährlicher Höhe, bewegten sich die neun Proletarier und erwarteten Jürgen so gläubig, daß er nicht widerstehen konnte, das fadendünne, schwindelhohe Seil ebenfalls zu befteigen.
Ein paar Meter vor ihm balancierte, vom Absturze bedroht, ein Mensch auf dem Seile. Jürgen erfannte in dem gefährlich Schwankenden sich selbst, rief sich an in faltem Schrecken.
Da marschiert er mit den neun Proletariern den Korso hinauf, ficht die promenierende Menge, die vier lichtsprigenden Bogenlampen über des Juweliers Schaufenster . Hört die Streichmujit, erkennt die Melodie.
Donnerstag, 21. Februar 1924
Hundefänger.
In Berlin besteht seit langem die Hundesperre, die vom Polizeipräsidenten verhängt worden ist, verhängt werden mußte, um die großstädtische Bevölkerung vor Gefahr und Schaden an der Gefundheit zu bewahren. Wie man sieht, eine durchaus einwandfreie Angelegenheit und notwendige Sache, über die früher feiner weiter geredet, oder um derentwillen man sich gar aufgeregt hätte. Heute ist das natürlich wesentlich anders, denn heute ist die Hundesperre von dem Polizeipräsidenten verfügt, und an dem„ Roten " rcibt sich bekanntlich die rechte Seite des Hauses und ihre Presse gar zu gern. Die Herrschaften müssen nur leider immer wieder zu ihrem Benoch Ursache haben, zu flagen und sich zu beschweren, und da müssen dauern einsehen, daß sie wirklich und in Wahrheit weder Grund halt allerlei konstruierte Gebilde herhalten, gegen die diese modernen Don Quichotes Sturm laufen. So ähnlich verhält es sich auch mit der Hundesperre. Die Nationalisten tönnen natürlich unmöglich die Verhängung der Hundesperre bekämpfen, denn damit würden sie sich ja blamieren bis auf die Knochen. Das tun sie zwar auch sonst häufig genug. aber gerade hier, wo es sich um Leben und Gesundheit handelt, find sie ein wenig vorsichtiger. Indessen, reiben muß man sich natürlic wegen der Hundesperre an dem roten Polizeipräsidenten und das geschieht gewissermaßen auf indirektem Wege und in versteckter Weife, indem man auf die Hundefänger schimpft! Daß im übrigen der Polizeipräsident mit den Hundefängern nicht das geringste zu tun hat, bekümmert diese Edlen der Nation abfolut nicht. In der Berliner Rechtsprcffe findet man immer wieder Ergüsse über die Roheit der Hundefänger und schöne fentimentale Ergüsse über die Schläue von Ami und Zäsar und Bella, die es verstanden haben, den Schlingen der Hundefänger zu entschlüpfen. Zugegeben, daß es unter ben Hundefängern Rohlinge gibt rohe Menschen gibt es schließlich in jedem Beruf sollten doch die Herrschaften von rechts lieber einmal bedenten, was es heißt, Hundefänger zu fein., Ob wohl sie doch dafür sorgen, daß Hunde nicht ohne Maulforb herumlaufen und Menschen beißen, werden sie verachtet und scheel angesehen, fast gerade so, wie früher der Henker. Ja, manche Menschen betrachten die Hundefänger geradezu als Berfemte, und man hält es für selbstverständlich, daß man ihnen einen bösen Streich spielt. Aber niemand denkt daran, daß diese Leute durch die Betätigung unterhalt erwerben. Sie werden außerdem miserabel bezahlt, und als Hundefänger doch weiter nichts wollen, als sich den Lebenses gehört gewiß nicht zu den Annehmliteiten des Lebens, sich bei jebem Wetter auf den Straßen herntreiben zu müssen. Es tommt hinzu, daß sich unter den Hundefängern häufig Menschen befinden, die infolge von schwacher Gesundheit und schwächlicher Körperkonstitution, zum Teil als Folge des Krieges, zu einer anderen und schweren Arbeit untauglich sind. Indessen, auch sie haben ja Familie und wollen leben.
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Also Borsicht mit den Angriffen gegen die Hundefänger.
Die tterärztliche Befeilschaft zu Berlin bat in ihrer legten Sigung, veranlaßt durch die Zunahme der toll. mutfälle in Berlin und den Bororten und durch den tragischen Tob eines 15jährigen jungen Mannes am 22. Januar, der am 20. November 1923 durch einen unbekannten Hund gebissen und nicht schuhgeimpft war, den Beschluß gefaßt, ihre Stimme zur Aufklärung der Deffentlichkeit und zur Wahrung des wirklichen Interesses der Hundebesitzer zu erheben. Die immer wieder auftretende Behauptung Unverantwortlicher, daß es gar feine Tollwit fei, und es sich nur um die Schikane der Polizei handle, ist ja
leiber burch die zwei bekanntgewordenen Todesfälle beim Menschen gründlich widerlegt. Wenn man bedenkt, daß jeder Tollwutfall nur durch die mitroffopische Untersuchung und Imp. wissenschaftlichen Forschungsstelle, festgestellt wird, und daß die fung im Inftitut für Infektionsfrantheiten, einer unabhängigen viehfeuchengesetzes durchzuführen hat, so fallen alle diese Behaup Polizei nur als ausführendes Organ die Vorschriften des Reichs tungen und Berdächtigungen in sich zusammen. Die Polizei hat loszusein. Der allerdings lästige Maultorb- und Leinenzwang muß nur die Schererei und Schreiberei davon und wäre froh, diese Last fo lange bestehen bleiben. bis das Gefek felbft durch den Reichstag und Reichsrat nachgeprüft und evtl. geändert wird; nur der Reichs
Die Schicksalspauſe tritt ein.
Alfo, auf morgen!" sagt der Holzarbeiter.
Diese photographische Genauigkeit! Ich sah im Traume sogar die gelbe Rose in Adolfs Knopfloch, deren tatsächliches Vorhandensein mir gestern nicht einmal in der Wirklichkeit bemußt geworden war, denkt Jürgen, der träumte, erwacht zu sein. Stedt sich die Rose ins Knopfloch.
Sigt mit Adolf Sinsheimer und den drei Schulkameraden auf der Weinterrasse. Plötzlich verdichten sich die vier Körper in einen Körper, auf dessen Hals die vier Köpfe steden.
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Alle vier Gesichter haben denselben zotigen Zug um den Mund, denkt Jürgen. Wie Männer, wenn sie eine wehrlose Frau auf der Straße ansehen. Denselben, das Menschenauge schändenden Blick, den fein Lier dieser Erde hat."
Alle vier Münder gleichzeitig sprechen ein furchtbares Wort: Ein Menschenschrei, gefangen im Kellergewölbe. Dann nimmt der Vierköpfige ein fleines Küchenmesser mit brauner Holzschale aus der Westentasche und stemmt Jürgens Schädeldecke auf.
Die Hauptmaffe des Gehirns reißt er mit der Hand her aus. Das Hängengebliebene Pragt er mit dem Küchenmesser forgfältig ab.
Dabei hört der zu maßlofem Entfeßen Erstarrte die erste Geige im Weinrestaurant jubelnd in die Höhe steigen.
Der Bierköpfige widelt ein forgfältig verpactes, neues Gehirn aus, um das herum roie um eine Settflasche die Steuerbanderole das Fabritzeichen flebt, preßt es in Jür gens offenen Kopf hinein und paßt die Schädeldede wieder auf. Schmerz und Entsetzen verschwinden augenblicklich.
Die Schulkameraden find jetzt wieder alle vier da. As fünfter figt Jürgen bei ihnen, spricht wie sie, denkt, lacht wie fie, hat denselben zotigen Zug um den Mund, denselben Blic, weiß das alles und fühlt sich wohl dabei.
Nur der Menschenschrei im Kellergewölbe, ber wie gefangener Gesang flagend weiter tönt, stört ihn. Deshalb leert er die bis zum Rande mit Sett gefüllte große, weiße Kaffeetanne auf einen 3ug. Steht plöhlich in dem orientalisch ausgestatteten Salon, in dem fünf halbbekleidete Mädchen auf Ottomanen liegen. Schaudert zurück, weil die Brüste mit furzhaarigem Belze bewachsen sind. Und erwachte wirklich.
Der Vogel und die Tante schliefen noch. Und die still am Himmel hinziehende Wolke hatte noch nicht einmal die Krone des Nußbaumes im Garten passiert. Dieselbe Fliege faß noch auf der weißen Kaffeetanne und faugte an demselben Tropfen, der an dem Schnabel hing.
fortfegung folgt)