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müffen. Die jeßige Sanierungsaktion der bürgerlichen Bar| standalöfe und völlig gefeßwidrige Berhalten des Stubbendorff nicht telen bringt wiederum feine Aufwertung aus dem Entwerfchweigend hin. Er wurde kurzerhand von seinen Aemtern sus tungsprozeß der Mark zugunsten der Allgemeinheit und der pendiert. Aber Stubbendorff müßte bein Deutschnationaler und verarmten Träger der Inflationssteuer, sondern erneut Be- Landbündler sein, wenn er fich dadurch hätte abschreden laffen, zu reicherung der kleinen Gruppe von Sachwertbesitzern, die be- noch ungefeßlicheren Mitteln zu greifen. Er ließ durch den Landreits einmal ihre Inflationsgewinne bezogen hat. bund Rundschreiben verbreiten, deren Zie! es war, den Berwal Die Festigung der Währung, die Balancierung des tungsappart ftillzulegen. Tatsächlich fanden sich auch Reichsetats und die Ingangsetzung der Produktion, alle diese bereits einige landbündlerische Amts-, Guts- und Gemeindevorsteher, Probleme entbehren noch einer soliden Lösung, weil jeder die ihre Aemter niederlegten" oder als mittelbare Beamte in den gemeinwirtschaftliche Ansah als eine Konzession an den Streit traten. Auf eine Berwarnung des Landrats fiel Marrismus verpönt ist. Das Elend der Nichtsachwertbefizer den mannhaften Deutschnationalen aber das Herz in die ist damit, d. h. mit dem System dieser überholten Birt 5ofen. Sie nahmen die Arbeit wieder auf, und sogar der schaftsform unlösbar verknüpft. Sie müssen sich zusammen. Stubbendorff ließ verbreiten, er sei wieder in Gnaden auffinden unter der Barole:" Nun erst recht Sozialismus!", genommen. nicht nur als Endziel, sondern auch als Richtschnur für die beutsche Tagespolitif. Die Angestellten, Beamten, die freien Berufe, zahllose Rentner und Kleinbürger haben es in der Hand, ihre proletarische Schicksalsgemeinschaft zu schließen, ihren einheitlichen politischen Willen erfolgreich zu befunden Ihre ökonomische Erkenntnis, ihre daraus folgende ideologische Einstellung braucht das deutsche Volk, um den festen Blod der Nichtsachwertbesitzer zu schmieden. Er allein kann die Rettung der deutschen Kultur und den Aufbau der Wirtschaft bringen. Die Neuproletarier stehen deshalb vor der floren Entscheidung: Bürgerlich abwärts oder sozialdemokratisch aufwärts!
Unterm Druck der Landstraße.
Die Kandidaten des Landbundes.
Der Borstand des Reichslandbundes hat am Montag sich mit ben Reichstagswahlen beschäftigt und folgende Entschließung
gefaßt:
Der Gesaminorfand des Reichslandbundes macht es den angeschlossenen Verbänden zur Pflicht, bei den kommenden Wahlen bas Verfahren einzuschlagen, das die größte Wucht und Ge fchloffenheit des Reichslandbundes zur Geltung bringt. Die von ben Landbünden aufgestellten Kandidaten sollen durch Unterschrift sich dahin verpflichten, daß sie bei ihrer Tätigkeit als Abgeordnete mit dem Landbund in engster Fühlung bleiben, bei allen Abstimmungen den Landbundgedanken vor die Partei stellen und den Weisungen ihres Landbundes folgen.
Nach der Berfaffurg find die Abgeordneten Vertreter des ganzen Boltes und haben von teiner Geite Weisungen" entgegenzus men. Ia der Landbund von seinen Kandidaten Berpflichtungen fordert, die der Verfassung zuwiderlaufen, so mürden die Mandate wahrscheinlich ungültig werden. Aber das
macht nichts, die Kandidaten werben unter den Drud der
-
wie
heißt es doch im deutschnationalen Dialett?-Straße gefeßt,
was in diesem Falle der Druck der Landstraße ist
Gegen Gesetz und Ordnung.
Denticnationale legen die Verwaltung lahm. Eine besondere Blüte der Deutschnationalen ist Herr Stubben borff, bis vor furzem Amisvorsteher und Kreisausschußmitglied des Kreises Westprignig. Diese treue Stüße feines Staates hatte
schon früher verstorbener Bruder auf der Seite der Liberalen fand und bis zu seinem Tode ein von allen Seiten anerkann ter sozialdenkender Mann blieb. Der Zufall hat es gefügt, daß den Landbundführer gerade in Dels der Tod ereilte. als er eben seinem jetzigen Berufsgenossen, dem früheren Kronprinzen, einen Besuch abstattete.
„ Landesverrat".
Eine Glanzleistung, der Justiz.
Bon der 5. Straffammer des Reichsgerichts wurde der aus aß- Lothringen gebürtige 32 Jahre alte Feilenzieher Alois Hügel wegen Landesverrats zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Dem Urteil lag nach einer Darstellung der Neuen BeipBiger Beitung" folgender Sachverhalt zugrunde:
Das mag ber dringende Wunsch Stubbendorffs sein, er ent spricht den Tatsachen aber in feiner Weise. Unserer Meinung nach Hügel fam als Angehöriger eines hessischen Infanterieregiments fann auch gar feine Rede davon sein, daß der deutschnationale Ge bei Kriegsausbruch an die belgische Front und wurde durch einen khesaboteur und Streifführer der Verwaltungsbeamten wieder an feinen Bosten zurückkehrt. Die Verwaltung muß von derartigen Ropfschuß schwer verwundet. Am 30. Mai 1915 wurde ungetreuen Beamten gefäubert werden, und wenn der militä. der junge Mann, der inzwischen an die russische Front geschickt rische Ausnahmezustand einen Sinn haben soll, dann hat werden war, als einer der wenigen lleverlebenden eines Infanterieer gegen Bersonen in Erscheinung zu treten, die wie Stubbendorff regiments von den Russen bei Bania gefangen genommen. und Konsorten aus persönlichen Gründen den Berwaltungsapparat Im Laufe feiner Gefangenschaft wurde Hügel mit anderen lahmlegen. Was den Separatisten in der Pfalz nicht erothringern in ein Lager geschafft, von wo sie zur Einreihung laubt ist, darf den Landbündlern in Preußen nicht erlaubt in die französische Armee auf dem Seewege nach Frankreich trans
werden.
Nationalistische Ausschreitungen.
Halle, 25. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die Pfalz fundgebung zu Halle, deren Borbereitungen durch wohlwol tende Haltung ber hiesigen Parteiortsgruppe und der freien Gemertsaften erleichtert worden war, führte am Sonntag zu unange nehmen Ausschreitungen nationalistischer Elemente. Angehörige der reaktionären Verbände, zum Teil in Friedensuniformen, zum Teil mit dem Abzeichen der verbotenen Rational 1ozialistischen Partei, beteiligten sich an den Saalveranstal, tungen und den Geldsammlungen. Unter der Boraussetzung strengster politischer Neutralität war auch der Boltspark mit seinem großen Saat für eine Proteftfundgebung freigegeben worden. Der Saal wurde vorzeitig von mehreren Zügen Inüppelbewaffneter Stahlh Imabteilungen befeßt, die das Mobiliar, Tische und Stühle teilweise zerschlugen, wertvolles Inventar, wie Rannen und Gläser, zerbrachen, Bettel mit aufreizendem Inhalt anklebten bzw. verteilten, sowie Andersgesinnte verprügelten. Die Polizei mußte mit blanker Waffe gegen die„ nationalen" Herrschaften vor. gehen. Bezeichnend ist ein Versuch intereffierter Preise, anscheinend der berüchtigten Stahlhelm- Pressestelle, durch ein Telegramm an
portiert werden sollten. Man befah! ihnen, russische Unis formen anzuziehen. Die meisten von den 3000 Lothringern fügten fich, Hügel mit 250 Gesinnungsgenossen weigerte sich und erhielt dafür eine 30tägige Arreststrafe. In Frankreich hatte er darauf wegen dieser Haltung viele Schifanen zu ertragen. Man nahm ihm die deutsche Uniform. Von der französischen Ausrüstung. die er erhielt, entfernte er die blauweißrote Kokarde und erhielt dafür wieder eine Arrest strafe. Nachdem er es abgelehnt hatte, für Munitionsfabriken zu arbeiten, wollte man ihn an die Front schicken. Wieder Weigerung und Arrest. Es folgte eine zweijährige Gefangenschaft im Diszipli narlager Monistrol. Das brachte ihn soweit, daß cr zwar bei der Weigerung, an die Front zu gehen, blieb, sich aber immerhin bei ber Schwarzenausbildung verwenden ließ. Als er sich später nochmals weigerte, an die Front zu gehen, wurde er mit einer fünfjährigen Gefängnisstrafe unter Bewährungsfrist bestraft. 3m September 1919 wurde er wegen Ers holungsbedürftigkeit entloffen, im Oktober des folgenden Jahres tehrte er nach Deutschland zurück und heiratete das Mädchen, das er beim Eintritt in das deutsche Heer fennengelernt hatte.
Wenn Hügel nunmehr nach dreijährigem Aufenthalt in Deutsch land zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt wird( 9 Monate hat er bes reits in Unterfuchungshaft gefeffen), so hat er das einer Denuns
die Leipziger Neuesten Nachrichten" die Ausschreitungen des Stahl- ziation eines Freundes“ zu verdanken, dem er sein Schickfol anvers helms im Bolfspart" als fommunistische Störungsvertraute. In der Begründung des Reichsgerichtsurteils heißt fuche hinzustellen. Tatsächlich ist inzwischen einwandfrei festge- es, daß ein deutscher Soldat fich durch nichts bestimmen lassen dürfe, stellt worden, daß Angehörige der ehemaligen KPD im Boltspart" Dienste, die den deutschen Kaiser(!). das Heer und das Land in überhaupt nicht anwesend waren.
d
Abgeordneter Roefice gestorben. Breslau , 25. Februar.( Eigener Drastbericht.) Der Vorfigente borf, ist am Montagvormittag auf einer Reise zur Tagung des Reichslandbundes in Breslau einem Schlaganfall erlegen.
Gefahr bringen fönnten, zu leisten. Indes feien zehn Jahre Zuchte haus eine ausreichende Strafe, auch fönne man in Anbetracht dessen, 3won
daß der Berurtei'te fein Verbreden mehr unter Zwenn als aus schlechter Gesinnung herous bevangen habe, von einer Aberten
Die ganze Geschichte flingt so abenteuerlich, daß man versucht ist, sie für ein Märchen zu halten. Jedenfalls muß man vers langen, daß in der Deffentlichkeit eine Klarstellung dieser An gelegenheit erfo'gt. die in der vorliegenden Form wie eine Ber. höhnung des Rechts anmutet.
es fich zur Aufgabe gemacht, das Seine zur Sabotage der bes Reichslandbundes , Reichstagsabgeordneter Soeiide Göre, nung ber bürgerlichen Ehrenrechte absehen(!). preußischen Berwaltung beizutragen. Als Spezialgebiet hatte er sich die Unterhöhlung der Landtrantentassen gewählt. In der Zeitung Der Brigniger" forderte er öffentlich bazu auf, alle Zahlungen an die Landkrantentassen, jede Sisten führung und alle An- und Abmeldungen einzustellen. Er befand sich damit, in Kampfgemeinschaft mit dem 2andbund eft. prignig, der in einem Rundschreiben vom 23. Dezember p. 3. in diefelbe Kerb schlug. Daß sich der„ Amtsvorsteher" Stubbendorff der Tragweite feiner Handlungsweise durchaus bewußt war, atteftieret er in einer öffentlichen Rebe, in der er mörtlich sagte:
„ Der Landbund hat hier zum erstenmal mit Bewußtsein einen Kampf gegen eine gefehlich bestehende Einrichtung geführt."
Selbstverständlich nahm die preußische Regierung das
Der Radiowahlkampf.
Bon Friz Müller, Chemnig.
Nur noch acht Lage trennten uns von den Reichstagswahlen. Zum erstenmal bebiente man sich eines neuen Kampfmittels, der Radiowahlpropaganda. Man fonnte in ein Wirtshaus, in einen Laben, in ein Amt, in eine Wartehalle, ja fogar in eine Bedürfnis anstalt eintreten und war nie sicher, daß einem eine Art Geifters Stimme zurief:„ Wählt. bamm Sclbst turch den Lärm
ber Straßen tönten ab und zu solche Rufe.
Nie hatten die Firmen, die Radio' preche und hörapparate her. ftellten, fo gute Geschäfte gemacht wie jest, und die Abgabe auf tie Upparete, in die fich Reich, Staat und Gemeinte teilten, brachte Stiefenfumnien ein. Sogar die Kirchen waren mit Radioanfchiuß verfehen. Aber auch viele Haushaltungen hatten sich Apparate ge tauft oder geliehen. Un deni Radiofampf war ich persönlich beteiligt. Diesmal mußte ich nicht schon nach Tisch zum Bahnhof jagen, stundenlang auf der Bahn oder auf langweiligen Umsteigestellen mich langweilen, meilenweibe Wege zum Versammlungsort zurücklegen, schwißen, vom Regen mich durchnäffen lassen, in verqualmien Sälen mich heiser schreien, eine Tracht Prügel riskieren, in später Nacht- oder früher Morgenane ben Heimweg antreten usw. usw. Ich fonnte vielmehr alles Hause erledigen. Db ich mich an den Schreibtisch oder in der
Ede jezen oder ob ich es mir auf der Chaiselogne bequem machen
mollte, war ganz in mein Belieben gestellt.
Die Apparate bewirften in meiner Wohnung feinen großen Umfturz. Bei der Standuhr befand sich ein Gestelle mit einigen Fäden. Die belden Sprechapparate mit anhängendem Hörer waren nicht größer als ein Tischtelephon. Der offizielle Mast zum Weiterbefördern meiner Borte ragte auf dem Kütenbalton in die Höhe. Ein nicht gemeldeter Most, von dem später noch die Rede sein wird, war im milten Wein auf dem Borderbalkon versteckt. Ich hatte folgendes zu tun:
1. Bon mittags 1,20-1.35 Uhr, von nachmittags 4,35-4,50 Uhr und von abends, 6,45-7 Uhr war ich für die Radiowahlfuntstunde gewonnen. In der meiner Partei zur Verfügung stehenden Viertelfunde mußte ich fleine Plaudereien zum Besten geben. Meine Borte drangen in die angefchloffenen Haushaltungen. Da ich nach mittags von 4,05-4,20 Uhr zufällig den deutschnationalen Redner hörte, ber auch zu meiner Kundschaft" sprach, so machie ich mir während seiner Rede Aufzeichnungen, überlegte mir, wie ich ihn widerlegen fonnte, und ließ dann meine Worte„ fulturverbreitend in entlenene Gaue" bringen!
2. Ich mußte etwa einstündige Reden halten, die in 60 Sälen erflangen. Besonders anzuftrengen brauchte ich meine Stimmmert. zeuge nicht; denn an dem Apparat fonnte man die Tonftärte so ein ftellen, wie es der Afuftil des Saales entsprach hierbei muß'e die Bermittlungsstelle auf der Hut fein. daß sie nicht etwa einen Saal mit zwei Rednern verband, und einem anderen Ort gar teinen Red ner zukommen ließ!
3. Am Donnerstag vor der Wahl hatte ich für einen größeren Ort eine Rede zu halten, wobei ich auf Zwischenrufe eingehen und im Schlußwort ben Gegenrednern antworten mußte. Das erledigte
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911973
Der Abgeordnete Dr. Roefide gehörte zu den mit begründern des Bundes der Landwirte", der jetzt durch den Reichslandbund " abgelöst ist Seit der Begründung gehörte er auch dem Vorstande an. Dieser Agrarierführer war ge Der Fall Koch. Auf eine Beschwerde erteilt der Kultusminister bürtiger Berliner . Hier hatte er die Schule besucht und nachstehende vorläufige Antwort: Die Unterincbung über die war dann Jurist geworden. 1881 wurde er Referendar, rhythmisch gymnaftichen lebungen des Lebrers Adolf Koch in Berlin 1886 Assessor. Erst im Jahre 1889 sattelte er zur Landwirt und die damit in Busammenhang ftebenden Vorgänge ist noch fchaft um und erwarb das Rittergut Görsdorf bei Dahme nicht abgeschlossen. Ich muß mir baber die Beantwortung der ( Mart). Schon vier Jahre später verhalf er dem Agrarier- leinen Anfrage bis nad Beendigung der Untersuchung bund zum Leben und seit der Zeit hat er sich rechtschaffen be vorbehalten." müht, die Intereffen seines neuen Berufes mit allen Mitteln zu fördern. Er war ganz reallionär gerichtet, während sein
ich vom Schreibtisch aus, indem ich den Hörer ans Ohr nahm und langsam in den Schallbecher sprach. Bon den Gegenrednern, die mich zu widerlegen versuchten, waren drei an Ort und Stelle, zwei aber taten es per Radio".
4. An den Abenben, an denen ich einstündige Reben hielt, auf Die teine Aussprache erfolgte. nahm ich an gegnerischen Berfamm. lungen eis Debatte rebner teil. Und zwar wählte ich solche Bersammlungen, in denen der Redner entweder por mir begann oder nach mir aufhörte. Ich widerleate in meinen Gegenreden das an gehörte Stüid und das, was die Redner der anderen Parteien in der Aussprache vorbrachten.
Radiowablarbeit leistete. Auf dem Borderballon befand sich ein 5. Zu meiner Schande muß ich geftehen, daß ich auch verbotene nichtfonseffionierter oder schwarzer Apparat. Mit ihm belaufchte ich unter Umgehung der Radioficherheitspolizei deutschnationale Ber. fammlungen und störte sie durch Zwischenrufe. Einige Zwischenrufe mußten gefeffen haben; denn ich hörte wiehernbes Gelächter. B'öß fich tönten grelle Laute in mein Ohr, die nicht aus dem Apparat au fommen schienen. Es war mein Sohn, der ganz erbärmlich schrie. Sch rieb mir die Augen und merkte, daß ich im Bette lag und ge= träumt hatte.
, Säuberung" der russischen Bibliotheken.
Es kommt oft vor, daß ein fonft unbedeutendes Ereignis ,, bas die spätere Geschichte nicht einmal erroähnen wird, die wirklichen
erhältniffe in einem Bonde bligartig beleuchtet. Und wie ein Ge. fichtszug oft für den Charakter eines Menschen bezeichnend ist, so auch eine geschichtliche Bagatelle für den Geist einer Epoche oder einer bestimmten Politik.
Anfang 1923 wurde von dem russischenhauptfomitee für die Boltsbildung", an deffen Spize die Frau Benins , Nadeshda Uljanowa, steht, ein Zirkular herausgegeben, das von Frau Uljanowa periönlich unterschrieben wurde. Dieses Dokument be. handelt die Säuberung der Bibliotheken. Man sollte eigentlich erwarten, daß die Zentralbehörben fich bei der unglaub lichen Armut an geistiger Nahrung mehr um eine Bergrößerung und Bereicherung der Bibliotheken als um eine Säuberung" fümmerten. Das Zirtular verlangt aber Entfernung einer ganzen Anzahl von Büchern aus den Bibliotheken. Zu diesen Büchern gehören u. a. die Werte von Rant. Blato, Herbert Spencer , Scho= penhauer, Ernst Mach u. a., denn auf dem Gebiete der Philofophie soll der Leser nicht die Möglichkeit haben, das zu lesen, was ihn intereffiert, sondern nur die Werke, die dem Zentralfomitee der Kommunistischen Partei genehm find. Auf dem Gebiete der Ethit sollen u. a. folgende Bücher entfernt werden: Leo Tolstoi , Rrapottin, Riehidhe. Es heißt wörtlich im Birkular: Auf den Gebieten der Philosophie, Psychologie und Ethit follen alle Bücher entfernt werben, bie im Beifte der idealistischen Philofophie gehalten find.
Die große Abschlechtung fofot aber erst später. Es handelt sich natürlich um die fozialen Wissenschaften und die Po. litis. Es sollen alle Broschüren entfernt werden, die für die demokratische Republit, für bie bürgerlichen Freiheiten, für die Nationalversammlung oder für das allgemeine Wahlrecht agitieren.
1.
Reichstagsabgeordnete Frau Oheimb( Bolkspartei) wird nicht wieder zum Reichstag tandibieren.
Ferner soll die gesamte fommunistische Literatur aus den Jahren 1918-1920 entfernt werden, soweit sie Fragen behandelt, die heute von den Sowjetorganen anders entschieden werden als damals, wie z. B. über die Agrarfrage, die Ernährungspolitik ufw." Die fommunisti fchen Utopien jener Jahre, die heute einem realiſtiſchen und fapi talistischen Regime Play gemacht haben, sollen aus den Bibliotheken, die jedermann zugänglich find, ausgeschlossen werden. Es braucht nicht hinzugefügt zu werden, daß alle Nachschlagebücher, Gesetzes= fammlungen aus der ersten Revolutionsperiode vernichtet werden follen.
die entfernt werden jollen. Zunächst 134 Bücher und außerdem As Anlage liegt dem 3irfular ein Berzeichnis der Bücher bei, die Namen von 94 Autoren, deren sämtliche Berte verboten find. Außerdem fteht es aber den Brovingbeamten und den Leuchten der Boksbildung in den fleinen Städten Rußlands frei, felber zu ent scheiben. welche Bücher als gefährlich" angesehen und entfernt wer
den müssen.
Wie die Bolksbildung" unter diesen Verhältnissen aussehen muß, fann sich jeder leicht vorstellen.
Ein Wolfentrager in Wien , Die österreichische Hauptstadt has noch feinen Wolfentrager; über sechs. Stockwerte geht fein Bau hinaus. Diesem Mangel will die Gemeinde jegt abh Ifen. Aber während man anderswo Wolkenkrazer nur für Geschäfts wcde Die Gemeinde Bien läßt in die' em Sommer auf dem Margarether baut, soll der erste Wiener Wolfenfrager Wohnungszwecken dienen. Gürtel ein monumentales Gebäude für fleine Wohnungen auf führen, bas 172 Meter lang und 61 bis 71 Meter tief ſein wird. Den Mittelpunkt dieses Monumentalbaues bildet das Hochhaus, das 12 Stod hoch werden wird. Daran schlicken sich zwei mächtige Flügelgebäude. In der Mitte wird noch ein Kinderhort aufgeführt. Diese vier Gebäude bilden ein einheitliches Gances, Eine große Schwierigkeit für den Architekten bot, wie die Pau welt" mitteilt, der Umstand, daß ein Etrak nzug durch das Pau grundstück führt. Tas Hochhaus bebedt eine Fläche von 550 Quadrat meter und ist 40 Meter hoch, doppelt so hoch wie ein gewöhnliches Wiener Mietshaus. Es enthält in jedem Stock 6 dreiräumige Woh nungen. also 72 im ganzen. Es wird in Eisenbeton ausgeführt. Zwei Aufzüge und eine Treppe permitteln den Berkehr im Inrern. Die Scheidewände follen ganz leicht werden, so daß die einainen Wohnungen vergrößert und alle Wohnungen eines Stodwerts zu fammengelegt werden können. Die Wohnungen in den Flügel. gebäuden bestehen je aus einem größeren, einem flein ren und einem Vorzimmer, einer Wohnküche mit Spüle und ellen Neben. räumlichkeiten. Es find aud) größere, fogenannte Mitt farbs wohnungen und Juregelel'enwohrureen porce'eben. Im Erdgeschoß werden Geschäftslotale. im Dachgeschoß Ateliers eingeritet. Der ganze Bau wird 450 Wohnungen und zwei nem infame Babe arlagen und Wälder ien haben. Der Kinderhort. in dem fich während der Abwesenheit der Eltern die Kinder teasfiber aufhelten, enthält geräumige Sreise und Spielräume und einen Theateriaal für Märchen und Kinovorstellungen. Die Entwürfe zu diesem Monumentalbau flammen vom Archit ften Subert Geßner, Die Bautofen werden auf 40 Milliarden Kronen berechnet.