Nr.117 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 58
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" Für alle Zeiten".
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Paris , 8. März( WTB.). Die in dem heute ausgegebenen Gelbbuch über die Eicherheitsfrage( genauer Titel: Dokumente über die Berhandlungen, betreffend die Sicherheitsgarantien gegen einen Angriff Deutschlands , 20. Januar 1919 bis 7. Dezember 1923) veröffentlichten Dokumente sind zum Teil, sei es durch die Presse, sei es durch das bekannte Buch André Tardieus über die Friedenskonferenz bereits bekannt. Unter den noch nicht veröffentlichten Schriftftüden steht in erster Linie das vom 10. Januar 1919 datierte Memorandum des Marschalls Foch, in dem Dieser u. a. erklärt, der Rhein als militärische Grenze, die für die Aufrechterhaltung des von den Alliierten und Assoziier. ten angestrebten Friedens unerläßlich sei, ftelle keinerlei territorialen Vorteil für irgendein Land dar. Es handle fich nicht darum, das linke Rheinufer zu annek ieren, Frankreich oder Belgien einen Gebietszuwachs zu verschaffen und den Rhein gegen einen deutschen Borstoß zu schüßen, sondern darum, am Rhein die gemeinsame Sicherheitsgrenze, die für die Gesamtheit der demokratischen Natio. nen unerläßlich sei, zu errichten. Es handle sich nicht darum, einer einzigen Macht die Wacht an dieser gemeinsamen Schranke anzuvertrauen, sondern vielmehr, sei es durch mora ische, fei es durch materielle Unterstügung aller demokratischen Mächte, die Verteidis gung ihrer Existenz und ihrer Zukunft zu gewährleisten dadurch, daß man es
Deutschland ein für allemal unmöglich mache, den Krieg und den Geist deutscher Vorherrschaft auf das linke Rheinufer hinüberzutragen.
ersten Teil des Gelbbuches, der bis zum 2. September 1919 reicht, findet sich außerdem eine zweite Note des Marschalls Foch an die alliierten Regierungen vom 31. März, ferner die Entwürfe zu den [ päteren Artikeln 428 bis 431 des Versailler Vertrages. Einer dieser Entwürfe stellt den Wortlaut des nicht ratifizierten franzöfisch- englisch- amerikanischen Garantiepaktes dar.
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Der Wahlkampf, vor dem wir stehen, ist eine Welle der großen politischen und sozialen Unrast, die feit dem Krieg die Welt erfüllt und mit dem Frieden noch nicht zum Abschluß gekommen ist. Je nach der sozialen Struktur und der Veranlagung der verschiedenen Völker hat sie sich verschieden ausgewirkt. Herrscherthrone und Parteithrone find ins Wanken gekommen und gestürzt. In Amerika sind die Demokraten von den Republikanern abgelöst worden, England ist von einem fonservativen Regime zu einer Minderheitsregierung der Arbeiterpartei hinübergewechselt, Italien war auf dem Weg zur Republik unter sozialistischer Führung, als der Umschwung zum Faschismus eintrat. wankt der nationale Block. Nur Rußland hat nach dem größten Zusammenbruch, den furchtbarsten Erschütterungen im ei'ernen Gewaltregiment der Bolschewiki eine politische Stabilität gefunden, unter deren Decke es knistert und glimmt.
Ein wichtiges Dokument ist die Note der französischen Regie rung vom 17. März 1919, in der Einwendungen des Präsidenten Wilson und Lloyd Georges gegen die Besetzung des linken Rheinufers und die Vorschläge des Marschalls Foch vorgebracht werden. Die Einwendungen von Wilson und Lloyd George enthält das Gelbbuch nicht, aber aus der Widerlegung der franzöfischen Regierung verdient folgendes hervorgehoben zu werden: Das linke Rheinufer sei von dem übrigen Deutschland verschieden. Es fürchte den Bolschewismus und die Kriegsabgaben. Es sei sich In Deutschland finden sich jetzt alle die Parteien in feines wirtschaftlichen Partikularismus bewußt. Es liebe die preu die Defensive gedrängt, die in den letzten schweren Jahren Bischen Beamten nicht, die das Deutsche Reich ihm aufgenötigt mitverantwortung an der Regierung getragen habe. Trok Frankreichs absoluter Zurückhaltung träten dort beheben. Von rechts und links stürmen gegen sie die Parteien reits feparatistische Tendenzen auf. Man rechne mit nationalistischer an, die von dieser Mitverantwortung unbelastet geblieben Erregung in Deutschland . Dieser Zustand sei durch die Niederlage find. Sie sind die Träger einer nur zu begreiflichen Unruhe geschaffen worden. und Unzufriedenheit und finden bei politisch unreifen Massen zahlreiche Nachläufer. Diese Nachläufer haben vergessen oder nie begriffen, daß die Ankläger von rechts die Hauptschuldigen des Unheils find, das über Deutschland hereingebrochen ift, fie merken nicht, daß das, was ihnen in tönenden Redensarten als neues Programm verkündet wird, die vollkommene Ideenlosigkeit ist. Politische Meuchelmorbe an Anders Elend und neues Unglück, erscheinen ihnen womöglich noch als denkenden, finnlose Butsche, die nichts brachten als neues Heldentaten. Sie find bereit, denen die Stimme zu geben,
Die vorgeschlagene Lösung fönnte vielleicht des Imperialismus verdächtigt werden, aber es handle sich tatsächlich nicht darum, zu annettieren, sondern darum,
unter der Gewähr des Böllerbundes einen, den Intereffen der Bo.fer und den Bestrebungen eines großen Teiles unter ihnen enfiprechenden unabhängigen Staat zu schaffen.
Selbstverständlich werde es Sache des Friedensvertrages sein, das Satut ber außerhalb der französischen und belgischen Grenzen Das sei feine Bismardiche Lösung Begen des Eindrucks lebenden linkerheinischen Bevölkerung zu bestimmen. Welcher Art auf die öffentliche Meinung in England und Amerika müsse man aber auch diese Organisation sein möge, sie werde der obenerwähn. besorgt sein, aber der letzte Krieg lehre, daß der Rhein nicht nur die ihr Leid, ihren Grimm, ihre Wut am lautesten hinausdie militärische Grenze Frankreichs und Belgiens , sondern auch der Demokratie jenseits des Meeres sei. Es werde auf die Gefahr einer schreien, und sie denken nicht im entferntesten daran, was unbefristeten Belegung hingewiesen, aber, da die ganze Organi fation des linken Rheinufers in der Hand des Völkerbundes liegen fönne, werde diefer stets das Recht haben, sie zu ändern.
ten mitärischen Notwendigkeit Rechnung tragen müssen und dementsprechend: 1. Deutschland den militärischen zu. gang zu den rheinischen Landesteilen auf dem linken Rheinufer und die politische Propaganda auf diesem Gebiete völlig unmöglich machen, viel. leicht sogar diese Gebiete Durch eine militärische Neutralisierungszone auf dem rechten Rheinufer decken, 2. die militärische Besetzung der Rheinlande auf dem linken User durch die alliierten Truppen sichern, 3. den Rheinstaaten auf dem linken Ufer durch Anschluß an die übrigen westlichen Staaten mit Hilfe eines gemeinsamen Bollregimes die für ihre wirtschaftliche Tätigkeit erforderlichen Abfahmärkte garantieren müssen. Unter diesen Voraussetzungen und entsprechend dem von allen anerkannten Grundsatz der Freiheit der Ufer fönne man sich die Bildung autonomer Staaten
auf dem linken Rheinufer denken, die sich unter den oben ange. deuteten Borbehalten selbst verwalteten. Die Bildung dieser Staaten an Hand der starken natürlichen Grenzen des Rheins werde allein imftande sein, Westeuropa den Frieden zu sichern.
Ein weiteres interessantes Dokument( Nr. 13) betrifft Aeuße. rungen des Marschalls Foch über die geplante Besetzung des linken Rheinufers und das Regime im Saargebiet. Foch erklärt: Ich weise schon jetzt darauf hin, daß die Freigabe der nördlichen Be fegungszone nach fünf Jahren den Berzicht auf den industriell stärksten Teil des besetzten Gebiets, den Verzicht auf den Brüden topf, der zum Ruhrgebiet , der Hauptquelle des deutschen Reichtums, Zutritt gewährt, bedeutet, das wir dann nicht weiter bedrohen und auf dessen Beschlagnahme wir verzichten. Nach 15 Jahren werden schließlich die Rheinbrüden in der ganzen Ausdehnung der befeßten Gebiete freigegeben.
Frankreich steht wieder mit seinen Grenzen von 1870, d. h. ohne jede militärische Garantie, da.
An einer anderen Stelle erklärt der Marschall: Wenn man mich nach der Lösung fragte, die ich vorschlage, würde ich ungefähr fol Das folgende Dokument, ein Memorandum der frangendes fagen:„ Die Frage der Rheinlande wird absolut beftimmt zösischen Regierung, betreffend die Festlegung der deutschen Westgrenze durch den Rhein und die interalliierte Besetzung der Rheinbrücken, datiert vom 25. Februar 1919. Es schließt sich der Auffassung des Marschalls Foch an. In diefem
Poincarés Frieden mit dem Senat. Paris , 8. März.( Eigener Drahtbericht.) Der Konflikt, zu dem es am Donnerstag zwischen Poincaré und der Finanz tommission des Genats gefommen ist, hat am Sonnabend mit einem Kompromiß geendet. Poincaré , der an die Kommiffion ein Ultimatum richtete und mit seinem Rücktritt drohte, falls die Kommission ihren Bericht über das von der Kammer verabschiedete Finanzgesetz nicht spätestens am Dienstag erstattet haben würde, damit der Senat an diesem Tage mit der Plenarberatung der Vorlage beginnen fönne, hat sich am Sonnabend mit der Erklärung zu frieden gegeben, daß die Kommission ihr möglichstes tun werde, die Vorlagen bis zum Donnerstag an das Plenum zu bringen. Er hat zwar auch jetzt wieder erklärt, daß die Regierung unter allen Um ständen an dem von der Kammer verabschiedeten Texte festhalten und darüber die Vertrauensfrage stellen werde, obwohl ihm in der Kom. miffion fein Zweifel darüber gelaffen wurde, daß der Senat in seiner Mehrheit die von der Regierung verlangten Vollmachten bis zu einer umfassenden Reorganisation der inneren Verwaltung auf dem einfachen Berordnungswege unter Ausschaltung des Parlaments abzulehnen entschlossen sei. Trozdem wird in den politischen Kreisen bie Situation feineswegs tragisch angesehen.
Der Frank stürzt weiter. Paris , 8. März.( Eigener Drahtbericht.) Der Frankffurz erfuhr auch am Sonnabend eine Fortsetzung. Da feit dem 1. März die Börse Sonnabends gefchloffen ist, haben offizielle Notierungen nicht stattgefunden. 3m Bankverkehr wurde aber am Vormittag das Pfund bis 117,50 gegen 113 am Freitag der Dollar mit 27,49
durch die Frage des Rheins selber. Dieser Schluß ist für alles maßgebend. Wenn man Herr des Rheins ist, so ist man Herr des ganzen Landes. Steht man nicht am Rhein , so hat man alles verloren."
nachher fommt.
Die Opposition von rechts ist zweifellos viel stärker und angriffsluftiger als die von links. Sie hat ihre Stützen im alten Offizierkorps, in der alten Bureaukratie, im Großgrundbesik, im Bürgertum, im untergehenden Mittelstand. Kapitalistische Kreise versorgen sie mit schier unerschöpflichen Mitteln. Gegen den deutschen Faschismus ist der deutsche Kommunismus ein Zwerg.
Nie sind die deutschen Kommunisten der Machtergreifung so nahe gewesen wie die deutschen Faschisten im Kapp- Butsch und im Bayern - Putsch. Nicht von der kommunistischen Großmäuligteit, nicht von fommunistischen Wahnsinnstaten, die finnlos Menschenleben opfern, sondern von der äußersten Reaktion droht die eigentliche Gefahr.
Bölkische, Deutschnationale und Kommunisten werden im neuen Reichstag voraussichtlich mehr Mandate haben. Die Rechtsparteien werden zunehmen auf Kosten der Mittelparteien, besonders der Deutschen Volkspartei, die vordem die Schwesterpartei" der Deutschnationalen geheißen hat, seit fie aber Regierungspartei geworden ist, aufhören mußte, auf der nationalistischen Saite zu spielen.
gegen 26,25 bezahlt. Der Frank hat also innerhalb 48 Stun den rund 10 pro3. feines wertes verloren. Mel- nüßlicher ist, sich an der Regierung zu beteiligen, als alle dungen der auswärtigen Börsenplätze befagen, daß die Baissespekulation gegen den Frank bisher unbekannte Dimensionen angenommen hat, so daß man in Paris der weiteren Kursentwicklung mit großen Besorgnissen entgegensieht.
Abbau des Militarismus.
London , 8. März.( TU.) Ministerpräsident Macdonald empfing geffern den ersten Lord der Admiralität, Beaffy, und teilte ihm offiziell mit, daß die Regierung die Frage des Ausbaus des Hafens von Singapore als Floffer bafis finanzieller Gründe wegen vertagen müsse. Beatin versprach, fich dafür einzufezen, daß die Admiralität dieser Entscheidung ihre Zubilligung gebe.
Programm der australischen Arbeiter.
Adelaide , 5. März.( Eca.) Das soeben veröffentlichte Programm der australischen Arbeiterpartei fordert die Abschaffung des Oberhauses und die Herabsetzung der Mitgliederzahl des Unterhaufes von 46 auf 35. Ferner fordert die Partei proportionales Bahlrecht. Einstellung des Verlaufes ftaatlicher Güter, genoffen schaftliche Berlaufsorganisationen, staatliches Versicherungsmonopol, Beschlagnahme des Großgrundbefiges und Mutterschaftshilfe.
Kommiffion zur Bedämpfung der politischen Geheimorganisationen Der polnische Sejm hat den Antrag angenommen, eine besondere einzulegen.
Auf der anderen Seite steht aber auch die Sozialdemokratie in der Defensive gegen Arbeitermassen, die noch nicht eingesehen haben, daß es unter Umständen Machtpositionen den Gegnern zu überlassen, daß es besser fein kann, in Verhandlungen verhältnismäßig Kleines zu gewinnen, als in aussichtslosem Gewaltsturm um Größeres zu kämpfen. Die Erschütterung der deutschen Arbeiterbewegung ist noch nicht zu Ende, der Läuterungsprozeß, den sie durchzumachen hat, ist noch nicht abgeschlossen.
Nichts wäre falscher, als die Augen vor der Tatsache zu verschließen, daß die Sozialdemokratie im Wahlkampf einen schweren Stand haben wird.
Was würde nun aber werden, wenn die Hoffnungen der Oppofition von rechts und links in Erfüllung gingen?
Auch eine start fommunistische Fraktion würde für die Bourgeoisie und den Kapitalismus teine Gefahr bedeuten, Das gerade Gegenteil wäre der Fall. Denn für jene ist jede ernsten und wirklich gefürchteten Gegners: der Sozial. Stärkung des Kommunismus nur eine Schwächung ihres demokratie. Die Herren von rechts lassen sich durch Lufterschütterungen im Reichstag nicht beunruhigen. Gegen Ge malterperimente aber verfügen sie über eine überlegene phyfische Macht, und jede Niederlage des Kommunismus dient dazu, ihre Herrschaft weiter zu befestigen.
Eine starte Sozialdemokratie aber fann jeden Angriff auf die republikanische Staatsform zurückweisen. Sie über den Arbeitsvertrag stärken. Sie kann die Lasten, die fann die Stellung der Arbeitnehmer in den Verhandlungen der Besitz zu tragen hat, vermehren. Sie kann den Lieblings