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Die polnische und die französische Bresse veröffentlichen in den letzten Tagen alarmierende Nachrichten über Polenverhaftungen in Deutsch - Oberschlesien , die in ihren Zahlenangaben weit übertrieben sind und offensichtlich eine Irreführung der öffentlichen Meinung bezwecken. Wie von zuständiger Stelle auf Grund e. freier Feststellungen mitgeteilt wird, handelt es sich bei sämtlichen Berhaftungen um deutsche Reichsangehörige, die drin gend verdächtig sind, einer in Polnisch - Oberschlesien bestehenden Geheimorganisation anzugehören, die es sich bekanntermaßen zur Aufgabe gemacht hat, den bei Deutschland verbliebenen Teil Oberschlesiens gewaltsam von Deutschland loszureißen und mit Polen zu vereinigen. Alle Nachrichten, die über Drangfalierungen und Mißhandlungen der Berhafteten verbreitet werden, sind nachweislich unwahr. Das Verfahren gegen die Verhafteten schwebt zurzeit vor dem Reichsgericht, wo den Angeschuldigten die in der Strafprozeß ordnung vorgesehenen Rechtsgarantien, insbesondere das Recht der freien Verteidigung nach jeder Richtung gewährleistet sind. Auch die Meldung, daß die Verhafteten in das Internierungslager Rottbus übergeführt worden seien, ist frei erfunden; das Lager Kottbus ist bereits am 1. Februar d. I. endgültig aufgelöst worden. Was die Zahl der Verhafteten anbelangt, so beträgt diese nicht, wie polnischer feits behauptet wird, mehrere hundert; tatsächlich befinden sich nur 83 Personen in Haft, darunter etwa 70 aus den Kreisen Tost und Gleiwitz und 10 aus Beuthen und Umgegend. 14 Verhaftete sind unverzüglich wieder auf freien Fuß gesezt worden, nachdem sich bei der polizeilichen Vernehmung herausgestellt hatte, daß der gegen fie erhobene Berdacht nicht aufrechtzuerhalten war.
Die Aufregung, die von nationalistischen Elementen in Bolen hervorgerufen wird und die bereits wieder zu der üblichen Deutschenheze mit Massendemonstrationen und Repreffaliendrohungen geführt hat, ist demgemäß nach teiner Richtung gerechtfertigt.
Fort mit der Stahlhelmspielerei!
Eine vernünftige Maßnahme.
In einer Berfügung des preußischen Innenministers heißt es: Mehrfach haben Mitglieder von Vereinigungen bei öffentlichen Beranstaltungen Stahlhelme als Kopfbededung getragen. Im Einvernehmen mit dem Reichsfinanzminister weist der preußische Minister des Innern darauf hin, daß Stahlhelme, die nicht zur zu ständigen Ausrüstung der Reichswehr gehören, als Kriegsgerät verschrottet und daher auch aus Privatbesitz abgeliefert werden müssen. Die Polizeibehörden werden angewiesen, Stahlhelme, die sie im Besitz von Privatpersonen, insbesondere bei Berfammlungen und Umzügen, antreffen, sicherzustellen.
Beamtenabbau und Einspruchsrecht.
Amtlich wird gemeldet: In einzelnen Zeitungen ist vor furzem ein Absatz aus einem Rundschreiben des preußischen Finanzministeriums an die übrigen preußischen Minister beanstandet worden, in dem auf Grund einer Besprechung der Minifterialreferenten zur einheitlichen Durchführung der Abbau maßnahmen mitgeteilt war, es sei nicht angezeigt, den ein zelnen vom Abbau betroffenen Beamten formularmäßig über die Möglichkeit des Einspruchs zu belehren, auch sei im allgemeinen davon abzusehen, ihm bei der Mitteilung über den beschlossenen Abbau Tant und Anerkennung auszusprechen, jeden falls in den Fällen, in denen zu befürchten sei, daß dadurch ein etwaiger Einspruch unterstützt werden könnte.
Da diese Bestimmung mehrfach zu der Auffassung geführt hat, daß den durch den Abbau schwer betroffenen Beamten die Einfpruchsmöglichkeit geschmälert werden solle oder verdienten Beamten bei ihrem durch die Not des Staates veranlaßten vorzeitigen Abbau auch noch die gebührende Anerkennung versagt merden solle, hat, wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, der Finanzminister durch neuerlichen Erlaß den beanstande ten Sah ausdrücklich zurüdgenommen.
Die Golddiskontbank im Haushaltsausschuß Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde mit unwesentlichen Abänderungen der Gesetzentwurf über die Golddistontbant angenommen. Abgelehnt wurde§ 14, der, um den Erfolg der Aktien emission zu erhöhen, den inländischen Zeichnern der Aktien Sicherheit geben wollte, daß sie nicht wegen früherer Berstöße gegen die Kapitalflucht und Steuergesetzgebung nachträglich belangt werden. Der Ausschuß wandte sich in seiner Mehrheit scharf gegen solche nach trägliche Gewährung von Straffreiheit. Angenommen murbe auch der Gefeßentwurf über Aenderung des Bankgesetzes, der die notwendige Ergänzung zu dem Golddiskontbankgesetz bildet, indem er diejenigen Aenderungen des Bant. gesetzes enthält, die durch die geplante enge Verbindung der Gold. diskontbank mit der Reichsbant und ihrer Organisation bedingt
werden.
Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof.
mittag begann vor dem Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik redet sich damit heraus, bei den Pferden gestanden zu haben. Ceipzig, 12. März.( Eigener Drahtbericht.) Am Mittwochvor| Schüsse abgegeben und wer den Befehl dazu gegeben hat. Er selbst der Prozeß gegen die Roßbacher, die den Landwirtschaftsarbeiter Radom meuchiings ermordet haben. Die Anflage vertritt Oberreichsanwalt Dr. Ebermeyer. Angeflagt sind die land wirtschaftlichen Arbeiter Höß. Zabel, Pfeiffer, Wiemener und der Kaufmann Jurisch wegen Mordes, der Geschäftsführer Bormann wegen Beihilfe, Fricke, Hoffmann, Thomson, Mackensen, Wuibrede und Richter wegen Begünstigung. Die letzten fechs Angeklagten maren Funktionäre der deutschvölkischen Frei beitspartei, zum Teil ehemalige Offiziere, die übrigen Andeutschvölkischen Freiheitspartei als Mitglieder an, geklagten gehörten der Roßbacher Arbeitsgemeinschaft und der Die Verhandlung begann mit der Bernehmung des Hauptangeklagten Höß, der 26 Jahre alt ist Höß, der zur Sturmabtei lung Roßbach und später zur Arbeitsgemeinschaft gehörte, tam, nachdem er beim Fridericus- Rer- Film mitgewirkt hatte, im April 1923 nach Mecklenburg in die Ziegelei bes Gutsbesizers Schlütgen in Neuhof bei Parchim . Der ermordete Kadow war auf dem benachbarten Gut Herzfelde tätig. Beide, die sich schon seit November 1922 von Wismar her fannten,
gehörten der deutschvölkischen Freiheitspartei an. Radom galt aber als unzuverlässig, weil von ihm behauptet wurde, er sei früher kommunistischer Parteisekretär gewesen. Aus diesem Grunde war er auf Veranlassung des deutschvölkischen Geschäftsführers Bormann aus seiner Stellung entlassen worden. Bormann und Kadow waren am 13. Mai 1923 in Parchim eingetroffen. Söß will die beiden zufällig am Abend im Luisenhof in Parchim zusammen mit den übrigen Angeklagten getroffen haben. Die ganze Gesellschaft habe mit Radom gefneipt, um ihn betrunken zu machen. Das gelang ihnen auch, und da schon lange gegen Kadom der Verdacht des Verrats vorgelegen habe, hat man ihm Taschenbuch und Tagebuch abgenommen. Dadurch hätten sie sich überzeugt, daß er ihre Bersammlungen bei den kommunisten ver. raten habe. Darüber gerieten sie in Wut und beschlossen, mit Sadow in den Wald zu fahren und ihn unterwegs zu verprügeln. Unterwegs fam Wiemeyer und Pfeiffer mit einem Jagdwagen auf, dem sie erklärten, fie gingen noch ins Café. Sie schlugen aber aus Herzberge an. Sie stiegen alle auf und luden auch Kadow den Weg nach Neuhof ein. Als Kadow das merkte, wollte er aus steigen; das ließen sie aber nicht zu. Vielmehr begannen sie mit Knüppeln auf ihn einzuschlagen. Auf einem Feldwege nach Neuhof stiegen sie alle ab und
begannen abermals auf Kadow loszuschlagen. Höß selbst will dabei
einen jungen Baum ausgeriffen
und mit diesem mit beiden Händen auf den Schädel des Kadow eingeschlagen haben. Er behauptet ferner, daß auch Jurisch geschlagen hätte. Auf Borhalt des Vorsitzenden, er möge bei der Wahrheit bleiben, wenn auch Jurisch sie verraten habe, und auf Borhalt des Berteidigers, daß er bei der ersten Aussage zugegeben habe, nicht gefehen zu haben, daß Kadow auf Jurisch eingeschlagen hätte, gibt Höß schließlich zu, daß es nur eine Schlußfolge= rung von ihm sei, daß alle drei geschlagen hätten. Er bleibt aber dabei, daß Jurisch den Ermordeten gefragt habe, ob er feiner Mutter etwas zu bestellen habe. Als der gräßlich zugerichtete, mit Blut überströmte Radom leblos am Boden lag, luden ihn die anderen auf und fuhren nach Neuhof. Hier beratschlagten sie, was weiter zu tun sei. Dabei soll Jurisch gesagt haben, wir wollen ihm einen Gnadenschuß geben. Sie fuhren darauf mit ihm in den Wald. wo sie ihn mit zwei Revolverschüssen, bee wiemener ihm mit fie aus nächster Nähe in den Schädel feuerten, erledigten, während einem Taschenmesser die halsschlagaber durch schnitt. Söß selber will aber allerdings nichts wissen, wer die
Die„ Anderen".
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Albrecht von Graefe Goldebee, der Beauftragte Ludendorffs für Norddeutschland, Mitglied des bis auf die Diäten
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in seinen Augen überflüssigen Reichstags, feht sich in seinem medienburgischen Leibblatte mit den Anderen" auseinander. Die An beren", das sind die Deutschnationalen, die jetzt auch„ völfisch" spielen möchten, von denen der Beauftragte Ludendorffs aber gar nichts hält. Aber er verkündet dafür neue Heilswahrheit:
An Stelle des oligarchischen Parteibonzentums der Parla. mente wird, wenn auch nicht heute oder morgen, so doch in ab. jehbarer Zeit eine wirklich deutsche Volksvertretung sich entmideln, gegründet auf ein deutsches Staatsbürgerrecht und auf eine allerdings radikale soziale Umgestaltung unserer heute großfapitalistisch verseuchten Volkswirtschaft....
feuchten Volkswirtschaft" durchzuführen, will Graefe zunächst einUm diese„ radifale Umgestaltung der großkapitalistisch verübrigen Rechtsparteien gegen entsprechende Erklärung freundwillige mal eine anfimarristische" Regierung, bilden helfen, indem er den parlamentarische Unterstützung in Aussicht stellt. Freilich muß der Statthalter des grrroßen" Ludendorff belennen, daß eine Anzahl
Wasserstraßen und Elektrizitätswirtschaft. feiner Anhänger schon die Angst vor ihrer eigenen unfreiwilligen
Im Berkehrsausschuß des Reichstages betonte Reichs. verkehrsminister Deser die außerordentliche Wichtigkeit des Ausbaues der Binnenwasserstraßen, wies aber auf die großen Schwierigkeiten hin, die die Finanzierung der schwebenden Brojekte bereitet. Man müsse nach Möglichkeit die Interessenten zu Den Kosten heranziehen. Er verkenne nicht, daß ein solcher Ausbau eine gewisse Beeinträchtigung des Eisenbahnverfehrs zur Folge haben fönne, aber auf der anderen Seite bringe er auch wieder eine Produktionssteigerung und damit eine Berfehrsvermeh rung für die Eisenbahn mit sich. Bei der Elektrizität müffe das Reich die Leitung in der Hand behalten, weil sonst die Gefahr bestehe, daß die ganze Elektrizitätswirtschaft fich in große Privatmonopole zum Schaden der Wirtschaft auflöse. Unser Luftschiff und Flugzeugbau leidet fehr unter den Einschränkungen des Londoner Ultimatums; die Botschafterkonferenz werde sich dem nächst mit dieser Frage beschäftigen, und es fei zu hoffen, daß unsere Flugzeuginduftrie Erleichterungen erfahre, die sie wieder fokurrenzDer Ausschuß gab den vom Minister und dem Staatssekretär bargelegten Grundsägen seine Zustimmung.
fähig macht.
Aktion für die freie Rheinschiffahrt. Rotterdam , 12. März.( Eigener Drahtbericht.) Der Boor. waarts" meldet, daß als Protest gegen die seit dem Ruhreinmarsch durch Zoll- und Kontrollmaßnahmen entstandene Behinderung der freien Rheinschiffahrt von den niederländischen Interessenten eine großzügige Aftion für den freien Rhein vorbereitet wird, die über die Niederlande hinausgreifen soll. Bürgermeister Genosse Wy tema von Rotterdam habe bereits eine Organisation für diese internationale Rundgebung vorbereitet. Sämtliche an der grund. fäßlichen Aufrechterhaltung der Mannheimer Rheinschiffahrtsakte interessierten Kreise und Länder sollen zu der Protestaktion eingeladen werden.
Abbau in Württemberg . Das württembergische Staatsministerium bat bie pier Kreisregierungen des Landes mit Wirkung Dom 1. April 1924 aufgehoben.
Courage" bekommen habe und für uns nach den Wahlen tot um= fielen" aber das sind ja noch selbst süchtige Hafenfüße, die wir überhaupt nicht in unseren Reihen dulden können".
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Und so geht es fort mit Geist und Grazie! Graefe fabelt genau so schwülstig daher, wie fein Auftraggeber Ludendorff . Bon politischen Busammenhängen in feiner Weise angetränkelt, fnetet er einen unverdaulichen Brei, der dann als völkische neue Weisheit angesehen werden will. Und es gibt Besessene und sonst Berzückte, die all das glauben!
Bestrafter Verleumder.
Bor der Strafbammer in Schneidemühl wurde am 10. d. M. der Schlosser Geßwein aus Schneidemühl wegen Berleum= dung des Reichspräsidenten zu 30 Goldmart Geldstrafe und zu den Kosten des Verfahrens verurteilt. Geßwein, der an der Eisenbahn als Schlosser beschäftigt wird, hat im vergangenen Jahre zu seinen Mitarbeitern geäußert, daß der Reichspräsident Ebert troß der günstigen Abstimmung Oberschlesiens Oberschlesien an Bolen verkauft und sich dafür zwei Rittergüter gekauft hat. Bon seinen Mitarbeitern darauf aufmerksam gemacht, daß dies eine Beleidigung sei und er dafür den Wahrheitsbeweis werde antreten müssen, behauptete diese deutschvölkische Leuchte, daß er dazu jederzeit in der Lage sei. Vor Gericht hat dieser Verleumder kaum ein Wort hervorbringen können. Er machte auch nicht den geringsten Ber: fuch, irgendwie den Wahrheitsbeweis zu führen, sondern behauptete, daß ihm jede Beleidigung des Reichspräsidenten fern gelegen habe und es ihm um seinen Irrtum leid tue.
Eine Moordomäne. Wie das Preußische Landwirtschaftsminifterium mitteilt, ist angeordnet worden, daß aus einem Teil der noch nicht besiedelten Fläche des fiskalischen Uchtermoors im Regierungsbezirk Hannover eine Moordomäne gefchaffen werden soll. Die in Betracht kommenden Behörden find angewiesen, das zur Verwirklichung dieses Planes Erforderliche in die Wege I au leiten.
ist ein blaffer Mensch, der durch Tuberkulose und Nervenkrankheit Der zweite Angeklagte, ter vernommen wird, ist Jurisch. Er 50 Proz. seiner Arbeitsfähigkeit eingebüßt hat. Er war bereits einige Male in Nervenheilanstalten untergebracht und hat mehrere Selbstmordversuche begangen und ist vorbestraft wegen Diebstahls bei seinen Eltern. Im April 1923 fam er aus der Srrenanstalt durch die deutschnationale Arbeitsvermittlung in die Ziegelei Neuhof. Von Kadow erfuhr er nur, daß er in Verdacht von Diebstählen stand, nicht aber, daß er als Spizel verdächtigt wurde. Am Mordtage fam er aus dem Krankenhaus und traf dabei einen Bekannten nomens Hansen, der ihn auf die Kneiperei der Ka meraden im Luisenhof aufmerksam machte. Hier fand er Kadom ichan schwer betrunken auf dem Sofa liegen, er selbst trant auch piel. Von Kadows Tagebuch habe er nichts gesehen, lediglich tags darauf habe er von Masolla gehört, daß dieser Kadows Tagebuch besaß und einige Millionen Sowjetrubel, die man ihm abgenommen hatte. Er selbst hat Radom nicht angerührt, nur aus Mitleid mit dem Mißhandelten hat er ihm den Vorschlag gemacht, sich an einen Baum zu stellen und den Gnadenschuß geben zu lassen. Er bot ihm auch an, feiner Mutter noch Wünsche zu bestellen. Er habe nicht dazwischenWiemeyer war es, der Stadom die Kehle durchschnitt, Zabel und Bens, treten können, da er sonst selbst für sein Leben hätte fürchten müssen. die die Schüsse abfeuerten.
Der Angeklagte 3abel, Vater von drei Kindern, bestreitet, daß die Absicht bestand, Kadom um die Ecke zu bringen; man wollte ihm nur eins auf die Jacke geben.
verhaftet worden. Auch er will durch Hansen in den Luisenhof geDer Angeklagte 3ens ist erst vor fünf Tagen im Ruhrgebiet schickt worden sein. Geschossen hätte er selbst nicht.
völkischen Zünglings, dessen Redeſchwall Baum gebändigt werden Der Angeklagte Pfeiffer ist der üble Typ eines deutschfann. Der Angeklagte Zabel habe unterwegs dem Kadom den Revolver vorgehalten mit den Worten: Was deutsche Männer aufgebaut haben, willst Du Schwein zerstören." Er gibt auch noch von sich zu, daß er auf Kadow losgeschlagen habe mit dem Ausdruck: ,, Du etwas ganz anderes."
Zump, zuerst bekommst Du hier Schläge und dort unten kommt noch
Die blutige Sensation des ersten Verhandlungstages bildete die Aussage des Angeklagten Wiemeyer, lempner von Beruf, 24 Jahre alt. Er 30 g fein Meffer im Hals des Kadow von links nach rechts und zerschnitt ihm Halsschlag- und Halsblutader. Er erklärt, daß der Anblick des blutigen Kadom in ihm einen Blutra ufch erzeugt habe, einen Zustand, den er schon einmal im Kriege beim Anblick eines blutigen Engländers gehabt haben will. Bereits in der Voruntersuchung hatte Wiemeŋer zugegeben, daß er in seiner Blutgier die Absicht hatte, Radom zu töten. Er ist der erste Angeklagte, der zugesteht, daß die Parole ausgegeben war, Kadow zu stellen und zu verprügeln.
Als letzter wird der deutschvölkische Bezirksleiter Bormann, 24 Jahre alt, vernommen. Durch Vorhalte des Vorsitzenden und
der Verteidigung gedrückt, muß er zugeben, daß er
feinen Jagdwagen zur Verprügelang Rabows zur Verfügung gestellt
hat, daß er dann am nächsten Morgen zuerst vom schmunzelnden Pfeiffer, dann vom übernächtigten Jurisch, den das Gewissen schon damals nicht in Ruhe ließ, und schließlich vom flüchtigen Leutnant v. Lewis über den wahren Tatbestand in Kenntnis gesetzt wurde. Da fand er nur einen Rat: Alle mußten verduften! Da aus seiner Aussage hervorging, daß der als Beuge geladene Maunterrichtet war, und da deshalb nach Ansicht des Reichsanwalts solla auch schon am nächsten Morgen über den ganzen Hergang Rollisionsgefahr zu befürchten ist, wurde beschlossen, den Angeklagten Bormannin haft zu nehmen.
Pressung kommunistischer Mitglieder.
In der kommunistischen Presse aller Länder wird täglich mit Stolz darauf hingewiesen, daß Tausende neuer Mitglieder der Mit welchen
russischen Kommunistischen Partei beitreten. Mitteln diese Aufüllung der russischen Partei erzielt wird, wird fchamhaft verschwiegen. Diese Lücke wird durch folgende Mitteilung der Petersburger Organisation ausgefüllt:
" Die gesamte Arbeiterbevölkerung Petersburgs lebt unter dem Druck der wirtschaftlichen Krise. Die Betriebe halten sich faum aufrecht und stehen immer wieder vor der Notwendigkeit der Perfonaleinschränkung oder der Schließung. Breite Schichten der Arbeiterschaft sind wieder von der Angst erfüllt, entlassen zu werden. Die Entlassungen werden nach bekanntem Muster vorgenommen: Die Kommunisten bleiben im Betrieb während die anderen auf bie Straße geworfen werden.
"
In dieser Siuation hat der kommunistische Feldzug" zur Auffüllung der Partei begonnen. Ueberall werden Betriebsversammlungen einberufen. Wie gewöhnlich werden die Ausgänge geschlossen, damit niemand den Betrieb verlassen fann. Es folgt ein Bericht über Lenin, und dann wird der Antrag eingebracht, unsere Kommunistische Partei durch gemeinsamen Beitritt zu unterstützen". Wer ist gegen den Antrag?" Natürlich niemand. Unter völligem Stillschweigen wird die Versammlung geschlossen. Die moralische" Bustimmung zum Beitritt ist hiermit gegeben. Nun setzt die Werbearbeit" der kommunistischen Zellen ein.
"
Die Arbeiter hoffen in vielen Betrieben, daß sie von einem ähnlichen Schicksal verschont bleiben. Die Hoffnung ist vergebens, die Betriebsversammlung wird anberaumt, es gibt keinen Ausweg. Na, hols der Teufel! Rette sich, wer fann! Wer ablehnt, wird ja fofort auf die Straße gefeßt. Und so marschieren zum Sefretär der kommunistischen Zelle ganze Reihen von Arbeitern. Sie sind verlegen, verwirrt. Manche machen fehrt und zerreißen die fertigen Beitrittserklärungen. Aber die meisten sehen keinen Ausweg. Wer der Partei nicht beitritt, gelangt sofort unter den Verdacht, ein Sozialverräter" zu sein und wird bei der ersten Gelegenheit entlassen."
Wer diese Schilderung, deren Echtheit feinem Zweifel unterliegt, lieft, wird sich wundern, daß unter den rückständigen, politisch gleichgültigen Arbeiterschichten eine starke Bewegung zum Eintritt in die Kommunistische Bartei eingesetzt hat. Eine andere Frage ist, was die Rommunistische Partei hierbei gewinnen wird.
Das Ende eines Streites. Ansföhnung des Papstes mit der Regierung. Rom , 12. März.( Eigener Drahtbericht.) Die Differenzen zwischen dem Vatikan und der italienischen Regierung, die noch von 1870 herrühren, als Garibaldi in Rom einbrach und den sich auf den Vatikan zurückziehenden Papst Pius IX. zum Gefangenen der italienischen Regierung machte, sind beendet. Der Papst gilt fernerhin nicht mehr als Gefangener der Regierung. Dem Batikan wird der ganze vatikanische Flügel zugesprochen sowie eine Reihe von Gebäuden für das Kardinalskollegium, während der Batikan der Regierung die Häuser zurückgibt, worin die Kardinäle gegenwärtig wohnen. Die Unabhängigkeit des Papstes wird vom Völkerbund garantiert.
Für eingeferferte Romprieffer in Rußland soll sich Macdonald auf Bitte des Papstes einsegen.