Gewerkschaftsbewegung

40 Jahre Schuhmacher- Verband.

Böhere Ortszuschläge für Berlin ".

Zu ber Notiz mit dieser Ueberschrift in Nr. 121 des„ Borwärts verbreitet die Breffeftelle des Reichsfinanzministeriums folgende Er

flärung:

Es ist unzutreffend, daß Berlin gegenüber den anderen größeren Städten besonders hohe Teuerung. ziffern aufzuweisen hat. Berlin hat vielmehr niedrigere Teuerungsziffern als die Mehrzahl der übrigen Großstädte. Dabei soll nicht verfannt werden, daß das Leben in einer Stadt von mehreren Millionen Einwohnern manche Erschwernisse, 3. B. Fahrt toften, mit sich bringt, die in fleineren Städten nicht oder nicht in dem Maße in die Erscheinung treten. Dafür erhalten jedoch die

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Berliner Beamten einen Sonderzuschlag, der im Ver. hältnis zu den übrigen Großstädten nicht als zu niedrig be­

Um 31. Oftober 1869 trat in Leipzig der erste Stongreß der Schuhmachergehilfen zusammen, gebildet aus 18 Delegierten, die 10 Orte mit 620 Organisierten vertraten. Es wurde eine Inter nationale Gemertsgenossenschaft begründet, deren Sig 1871 nach Zürich verlegt, ein Jahr darauf aber zunächst nach Nürnberg , dann nach Dresden fam. Bereits im September 1868 war in Berlin ein Allgemeiner deutscher Schuhmacher verein ber Laffalleaner ins Leben gerufen worden, dessen Mit­gliederzahl bei Ausbruch des Krieges 1870/71 4000 bis 5000 Mit glieder betragen haben soll. Dieser Verein ging später im Allge meinen Deutschen Arbeiterunterstügungsbund auf. Da auch die Hirsch- Dunderschen eine Schuhmachervereinigung geschaffen hatten, fbanden sich drei Richtungen gegenüber. Gin Bereinigungs. tongreß vom 17. bis 20. November 1872 in Berlin schuf einen Allgemeinen Schuhmacherverein", dem jedoch die Internationale Gemertsgenossenschaft entgegenstand und der nicht recht zur Entwicklung fam. Im Auguft 1874 murbe der Berein aufgelöst. Die Internationale" der Gewerkschaft wurde ge opfert, so daß fie der Auflösung entging. Ein neuer Einigungs. tongreß wurde dann im Mai 1875 in Roburg abgehalten, nachdem inzwischen die Lassalleaner und die Eisenacher Sozialdemo traten sich vereinigt hatten. Auf Grund des Sozialistengeleges wurde die Schuhmachergewertschaft am 2. November 1878 verboten. Sie hatte es auf 5000 Mitglieder gebracht, ihr Don Bod in Gotha geleiteter Becker" auf 2500 Abonnenten. Man half fich mit örtlichen Fachvereinen und der bisherige Verzeichnet werden kann. bandsvorsitzende Bod hielt die geistige Berbindung durch ein neues Fadyorgan, den Schuhmacher", aufrecht. Erst im 2 ug u ft 1883 wurde in Gotha der Grundstein einer neuen Sentralorganisation, bes Unterstübungsvereins deutscher Schuhmacher, gelegt, der mit dem Gig in Nürnberg im Frühjahr 1884 feine Tätigkeit aufnahm. Von Anfang an bis heute, feit 40 Jahren, fungiert der Genosse Georg Reuß als Berbandstaffierer, während der 78jährige Genoffe Wilhelm Bod noch nach 45jähriger Tätigkeit als Redakteur der Schuhmacherpreffe tätig war. leicht nur wenige Rollegen mehr werden es noch wissen, was es vor 40 Jahren bedeutete, noch während des Bestehens des Sozialisten gefeßes einen Arbeiterverein ins Leben zu rufen. Es gehörte persönlicher Mut dazu, den Kampf aufzunehmen gegen die mächtigen und wirklichen Gegner. Da galt es noch, die persönliche Grisbenz der Familie aufs Spiel zu sehen, um als Bionier der Arbeiterbewe gung tätig zu sein. Wer unter den schwersten Opfern jahrzehntelang am Aufbau unserer Organisation mit tätig war, wer die vielen er. folglofen Anläufe tennt, die gemacht wurden, um die indifferente Arbeiterschaft aufzurütteln, wer die Mißerfolge und Rückschläge mit burchgekostet hat, der fämpft auch heute verzweifelt für die Einigkeit ber Arbeiterschaft, weil er voll ermessen fann, was auf dem Spiele fteht." Was wiffen die fommunistischen Schreier von alledem! Arbeiter zu zersplittern ist weit leichter, als sie zufammenzufaffen. Rollegialität und Geschlossenheit ist die Losung, in bie der Jubiläumsartitel des Schuhmacher" ausflingt.

AP

Biel

Die

Aus den 572 Mitgliedern nach der Gründung des Berbandes waren ein Jahr später etwa 4000 geworden, heute sind es über 100 000. Mögen die jüngeren Mitglieder aus der 40jährigen Ge­fchichte des Berbandes die rechten Lehren ziehen, dann ist auch die meitere Zukunft des Zentralverbandes der Schuhmacher gesichert.

Schiedsspruch im Baugewerbe.

Bon den Borständen der baugewerblichen Arbeitnehmerorgani fationen wird uns geschrieben: Am 28. Januar ist unter dem Borfis bes Herrn Magistratsrats Dr. Sell ein Schiedssprudy gefällt worden, der die Löhne vom 30. Januar bis 26. Fbruar für Maurer und 8immere'r auf 63 Bf. und für Bauarbeiter ouf 56 Bf. feftjeßte. Diesem Schiebsspruch wurde von beiden Bar telen zugestimmt. Anschließend daran haben die Parteien auf dem Bege freier Bereinbarung das Lohnablommen über den 26. februar hinaus bis auf weiteres verlängert. Der Baugewerts bund, der Berband der Zimmerer und der Verband der Maschinisten und seizer haben das Lohnabkommen am 11. März ordnungsgemäß gefündigt und eine den Berhältnissen entsprechende Lohnerhöhung gefordert. Die Verhandlungen am 13. März führten zu feinem Er gebnis. Die Unternehmer verhielten sich ablehnend, worauf das Be 3trislohnamt angerufen wurde, das am 14. März unter Borfis bes Magiftratsrats Dr. Sell folgenden Schiedsspruch fällte:

Ob damit der vom Magistrat Berlin befürwortete An­trag des Drtsausschusses des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes an den Reichsfinanzminister auf Erhöhung der Ortszuschläge für Berlin erledigt sein soll, fei dahingestellt. Bir wollen es der Ber liner Beamtenschaft felber überlassen, sich zu diefer Erklärung zu äußern

Köcheftreit im Hotel Adlon , Unter den Linden.

arbeit über 48 Stunden en 3ufchlag gezahlt werden muß, Die strenge Teilung binderlich und unangenehm zu sein. zwischen normaler Arbeitszeit und zuschlagpflichtiger Ueberarbeit macht ihre Arbeitszeitverlängerungsabsichten zunichte.

Der Kampf tritt nunmehr in eine neue Phase. Der Haupt. vorstand des Holzarbeiterverbandes wird sich jetzt an Die Spike der Bewegung fegen, um sie nicht nur finanziell, fondern auch in Hinsicht auf die Auswirkungen im Reiche in geeignete

Bahnen zu führen..

der Unzweckmäßigkeit des Kampfes zu überzeugen, müssen von den Alle Versuche der Arbeitgeber, die einzelnen Arbeitnehmer von Die not Ausgesperrten energisch zurückgewiesen werden. wendigen Berhandlungen im Kampfe führt nur die Organi. fation. Die Musikinstrumentenarbeiter sind fest entschlossen, den Rampf bis zum fiegreichen Ende zu führen.

"

„ Revolutionäre Selbstenthüllung" mar ein uns aus Bochum zu gegangener eigener Drahtbericht überschrieben, den wir in Nr. 111 bes Borwärts" vom 5. März veröffentlichten. Es handelte sich dabei um den Streit der von der KPD. - Zentrale abgefägten Leitung der Union in Gelsenkirchen und der neuen Unionsleitung in Bochum . Der neue Reichsleiter der Union , Mar Müller in Essen, bestreitet in einer uns mzwischen aus Berlin unter Einschreiben zugegangenen Berichtigung, daß er sich an das„ Bochumer Boltsblatt" gewandt und die in dem Bericht enthaltenen Angaben gemacht habe. Die Richtigteit der tatsächlichen Angaben des Berichts über die Auseinanderseßungen zwischen den Unions- Leitungen be­streitet auch Herr Müller nicht, er übergeht die Sache.

Baugewerksbund. Fachgruppe Stud und Gipsban. Eine Mitgliederver fammlung morgen Montag, abend 6% Uhr, im Dresdener Rafino, Dresdener Straße 96, für das Stud. und Cipsbaugewerbe wird sich mit den von den Arbeitgebern beantragten Abänderungsvorschlägen zum Tarifvertrag beschäftigen. Da diefelben von weittragender Bedeutung find( Verlängerung ber Arbeiszeit, Serabseßung der Löhne), ist es Pflicht jedes Rollegen, die Bersammlung zu besuchen Zutritt nur unter Borzeigung des Mitglieds buches.

Friseurgehilfen. Morgen, Montag, abend von 8 bis 9 Uhr, finden lan Raffenlocal, Chmstr. 2, bie Delegiertenwahlen zum Ausschuß statt. Rege Be teiligung notwendig.

Bolier, Bert. und Schachtmeisterbund. Morgen, Montag, 7%, Uhr, in ber Schulaula Klosterstraße 74 Bersammlung, an der jeber Bolier, Berb- und Echacht­meister teilnehmen kann. Mitgliedsbuch oder Ausweis ist vorzuzeigen.

Baugewer sbund, Fachgruppe Glaser. Morgen Montag, 7 Uhr, im Gewert schaftshaus Mitgliederversammlung. Da wichtige Beschlüsse gefaßt werden, muß leber Stollege erscheinen

Gewerkschafts- Unterkommiffion des 18. Bezirks. Mittwoch, 19. März. 5 Uhr, im Prälaten, Beißensee, Berliner Allee, Versammlung sämtlicher Betriebsräte, Bertrauensleute und Gewertschaftsfunktionäre. Barum müssen wir Mitglieder ber Allgemeinen Ortstrantentaffe sein?" Mitgliedsbuch und Funktionärkarte legitt Zentralverband ber Angestellten. Bezirksversammlungen morgen, Montag, abend: Wilmersdorf- Salenfee- Schmargendorf- Grunewald: Restaurant stulta, Wilmersdorf , Lauenburger Str. 2. Lichtenberg - Friedrichsfelde : Logen- Rafino, Lichtenberg , Knorr- Bromenade 2.

mieren.

Deutscher Solzarbeiterverband. Bergolder. Bersammlung aller in den reinen Leistenbetrieben Beschäftigten und derjenigen, welche bie lekte achn­5 Uhr, in den Andreasfeßfälen, Andreasftr. 21. Stellungnahme zum Sonflitt in der Branche. Solzarbeiter der Filmindustrie. Morgen, Montag, abend 6 Uhr, Versammlung im Verbandshaus, Rungestr. 30 Arbeitslosenfragen.

Seit Jamuar bestehen bei der Firma Hotel Adlon Differenzen wegen der Bezahlung der Roche . Seit drei Jahren erhalten die Röche in diesem erstklassigen und lutrativen Unternehmen mit Recht eine übertarifliche Bezahlung. Seit Januar versucht die Firma mit allen Mitteln, diese höhere Bezahlung zu beseitigen. Eine von der Organisation beim Gewerbegericht anhängig ge­machte Klage ist zugunsten der Köche entschieden. Das Ge werbegericht hat in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, daß der Rechtsanspruch der Köche auf diese Gelder nach wie vor besteht. Die Firma meigert sich trobem, das Urteil an­zuerkennen und die in Frage kommenden Beträge zu zahlen. Sie prozentige Lohnerhöhung nicht erhalten haben, am Mittwoch, den 19. März, ist anscheinend von einem ganz besonders schlauen Rechtsberaber in den Glauben verfett, gegen ein nicht berufungsfähiges Urteil des Gewerbegerichts beim Landgericht vorgehen zu fönnen. Trot aller Berhandlungen hat die Firma nicht gezahlt. Die Köche haben daraufhin am Sonnabend abend auf Grund§ 124 der Gewerbeordnung, weil sich die Firma mit ihren Zahlungen in Ver­zug befindet, die Arbeit eingestellt. Wenn der Konflikt Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts- Buchbrucere! nicht im Laufe des heutigen Sonntag beigelegt wird, steht zu er warten, daß das gesamte Personal, zirfa 500-600 an der Bahl, fich der Bewegung anschließen wird. Eine heute nacht 12 Uhr in den Germania - Sälen, Chauffeestraße, stattfindende Betriebsversammlung wird die meitere Entscheidung treffen.

Streit der Theatermusiker?

Der zwischen dem Deutschen Bühnenverein und bem Deutschen Mufiterverband feit 1920 bestehende Reichstarifvertrag ist von den Arbeitgebern gefündigt worden. Berhandlungen über einen neuen Tarifvertrag fanden bisher nicht statt, obwohl der Tarifver­trag bereits am 30. April abläuft. Die Ortsverwaltung Berlin des Deutschen Musikerverbandes hat dem Berein Berliner Bühnenleiter fürzlich einen Antrag unterbreitet zur Regelung der sozialen Ar beitsbedingungen der Berliner Theatermufiter für die fommende Sommerspielzeit und auf Erhöhung der Gehälter. Berhandlungen über diesen Antrag blieben ergebnislos. Die Drchestermitglieder haben einen Gegenvorschlag der Arbeitgeber, der sich lediglich auf die Gehaltsfrage bezog, einmütig abgelehnt. Die Forderungen der Musiker find nunmehr den einzelnen Bühnenleitern überreicht wor den. Sollte auch diefer Schritt zu feinem die Mufiter befriedigenden Ergebnis führen, so ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß heute Sonntag mindestens in einigen Theaterbetrieben eine Musik zur Verfügung steht. Ausgenommen von dieser Be Mit Rücksicht darauf, daß der bisherige Etundenlohn von 63 Pf. für Maurer und Zimmerer 75 Bros. des Friedenslohnes bewegung find die Staatsoper und das Deutsche Opern. haus. trägt, mährend dieser Prozentsag in der Mehrzahl anderer Großstädte erheblich höher ist und für den 1. April eine mefentliche Mietpreissteigerung mit Sicherheit zu er. aarten ist, wird für die Zeit vom 19. bis 31. März 1924 eine Er höhung des Lohnes um durchweg 5 Pf. für die Stunde vorgeschlagen. Erklärungsfrist der Parteien bis Dienstag mittag, den 18. März."

Der Kampf der Klavierarbeiter geht weiter. Die Arbeitgeber in der Musikinstrumentenindustrie haben am Freitag den Spruch, den die Arbeiter annahmen, abgelehnt. Ihnen scheint die Bestimmung des Spruches, daß für jede Ueber.

Berantwortlich für Bolitik: Ernst Renter; Wirtschaft: Artur Saternus; Gewerkschaftsbewegung: F. Chlorn; Feuilleton: R. S. Döscher; Lokales und Sonstiges: Frik Rarstädt; Anzeigen: Th. Glode; fämtlic) in Berlin . und Berlagsanstalt Baul Singer u. Co.. Berlin SB. 68.. Lindenstraße 3. Hierzu 4 Beilagen.

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