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Abendausgabe

Nr. 132 41. Jahrgang Ausgabe B Nr. 66

Bezugsbedingungen und Angeigenvretle Find in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3 Serafprecher: Dönhof 282-295 Tel- dreffe: Sozialdemotrat Berlin

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Goldpfennig

50 Milliarden

Dienstag

18. März 1924

Berlag and Angetgenabteilung Gefchäftsgett 9-5 Uhr Berleger: Borwärts- Verlag Gmb Berlin$ 68, Cladenstraße 3 Ferniprecher: Dönhoff 2308-250?

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Ludendorffs politische Träume.

Gegen Faulhaber und die Katholiken Ludendorffs Diktaturgelüfte im Kriege Hitlers Marsch auf Berlin .

BS. München, 18. März.

Der Beginn dre heutigen Berhandlung verzögerte sich längere Beit, da das Gericht über die gestrigen Anträge der Staats. anwaltschaft auf Bernehmung des Majors Hunglinger beriet. R.-A. Rober schnitt noch anfangs den Fall Schraubenbach an und erf'ärte, daß er in diesem Fall falsch informiert worden sei. Hierauf nahm General& dendorff das Wort:

1. Es ist eine unrichtige Behauptung, menn Kardinal Faul. haber 3tert, ich hätte ausgeführt: Kardinal Faulhaber fiche hinter den Plänen, Bayern und Desterreich zusammenzuschließen." Davon steht in meiner Aussage nicht ein Wort. 2. Cin autentischer Wortlaut der bekannten Rede des Kar. binals in New Dort ist trop verschiedener an den Kardinal herangetretener Bemühungen in der deutschen Presse nicht veröffent. licht worden. Darum find Mißverständnisse über einige Redewen­bungen selbstverständlich und an und für sich nicht ausgeschlossen. Kardinal Faulhaber hat sich mit dem Lusitania Fall" und dem deutschen Einmarsch in Belgien befaßt. blach der New Dorfer Staatszeitung" hat Kardinal Faulhaber diese beiden Fälle, den Lufitanio- Fall" und den deutschen Einmarsch in Belgien " als Berbrechen" verurteilt. Diese Zeitung schreibt unter Bezugnahme hierauf:

"

"

Und was den Eindrud feiner Keulenschläge noch erhöhte, war die Tatsache, daß er nicht anstand, auch seinem eigenen Bolte offen und unverbfimt die volle Wahrheit au foaen. Der Kardinal ner­arteif... die eingangs erwähnten utte militärischer Natur als Ver­tredy n

Der Kardinal felbft bezeugt in einem Brief vom 30. Juli 1923 an die Münchener Augsburger Abendzeitung", daß er über diese beiden Fälle gesprochen habe. Er sagt: Die Zwischenbemerfung über den Einma: fch in Belgien und die Bersentung der Bufitania" habe ich in meiner Rede in New Dort- Broofinn mit Doller Ueberzeugung und in flarer Boraussicht der üb. Tichen Nachreden gemacht Leider fann ich die Borgeschichte diefer Bemerkung aus Gründen der Diskretion nicht veröffentlichen. Die Gruppe Deutschvöltifer, bie Ihnen von New York Brooklyn aus einen Protest fandte, Ieiftete dem Deutsch­tum in Amerite schlechte Dienste. Daß evangelische Fonntersblättchen aus meiner enderthalbstündiren Rede nur diese Beilen abbruden und politische Säuglinge meine Rede in Widerforuch mit Admiral Eiems bringen, beweist mir aufs neue, daß den Deut­ schen nicht mehr zu raten und darum nicht mehr zu helfen ist. Mit

Demgegenüber steht fest, daß die Rede des Kardinals in Amerita und Europa als deutsch - abträgig empfunden worden ist. Der Lufitania"-Fall und der Einmarsch in Belgien " haben die öffentliche Meinung in den Bereinigten Staaten aanz besonders gegen Deutschland errent. Die Versenfung der Lufitania" war ge­tote von tem amerikanischen Atmiral Siems endlich als nicht völfer­roch'sw.brig bezeichnet morden

Wenn sich nun Kardinal Jaulhaber in irgendeiner Form gegen die Versenkung wendet und das ist eben gefchehen so wird damit die Rechtmäßigteit der Versenkung von neuem in Zweifel gezogen und wieder als völkerrechtswidrig abgestempelt. in ers vermag ich mir auch heute nicht, felbft nach der Erklärung des Kordinals, den Fall zurechtzulegen. Dem Einmarsch in Belgien wird bekanntlich in der Welt die Schub an dem Eintritt Englands in den Kreig beigemessen. Er wird überdies noch als eine besonders schwere volterrechtswidrige Handlung angesehen, mit der die Entente. dank der Unfähigkeit des Herrn v. Bethmann, in den Tercinisten Steaten eine besonders beftiae Propaganda trieb, flbst als emeritenische Edriftsteller in tiefem Verständnis für die Eelenge Deutsch lents diesen Einmarsch als notwendig und rechtmäßig erklärten.

Wenn nun Kardinal Faushaber diesen Einmarich in Belgien als Verbrechen oder als Frhler bezeichnet. fo fpricht er damit eine Ansicht aus, die die überwieq- nde Mehrheit im deutschen Bolte als nicht gerechtfertigt empfindet.

3. Nicht richtig ist es auch, wenn Kardinal Faulhaber ausführt, ich hätte gesagt, er halte die Versenkung der Lusitania " für volfer. rechtswidrig gegen elle naträalichen Berdrehungen einiger Zeitungen aufrecht. Davon ist nichts gefaat.

mit fremder Hilfe geführt werden fönne und deshalb die fepara. tistische Gefahr bringe, und 3. Aufrollung der deutschen Frage von Bayern aus, Durchführung des Kampjes in ganz Deutsch and unter der Hakenkreuzfahne, Hiffung der schwarz- weiß- roten Hafenkreuz­fahne auf dem Reichstag . Eie haben erklärt: Wir werden auf diesen drillen weg marschleren. Das war also das völlische Bro. gramnt, bas am 8. November durchgeführt wurde.

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Hitler: Meine erste Einf.ellung war die, daß ich den Schritt Coffows als Meuterei ablehnte. Erst als ich die Mög lichfeit Jah, daß Loffow ein zweiter Jord werden könne, famen die Maßnahmen, die bann später zu dem Unternchmen führten.

Borf: Die Gegenüberstellung des zweiten und dritten Weges ergibt aber auch, daß

fie sich schon damals gegen die Zauberpolitit Kahrs gewandt haben,

denn Sie haben auch u. a. von der Abfehr von der Schmoll. intelpartei" gesprochen.

Hitler : Ich war von Anfang an überzeugt, daß Kahr wegen bis zur legten Konsequenz zu führen. Die Schaffung unserer ge feiner politilen Echwäche nicht imftande war, den Kampf waltigen Bewegung war unser Wert, nicht das v. Kahrs, und wir fonnten die Bewegung nicht in die Hand eines Mannes geben, der m. E.

tein Bismard, sondern nur eben Exzellenz v. Kahr mar. Bir waren nur unter der Bedingung bereit, mit ihm zu gehen, daß der begonnene Kampi

nicht in der Richtung Paris , sondern in der Richtung Berlin laufe

Die verfäumte Diftetur.

Borf zu General Bubendorff: Sie haben am 3. Novem. ber um heimanand" einen Artitel Die pöltije. Bewegung ver. öffentlicht?

Bubendorff: Der Artikel ist nicht nur im Heimatland erschienen Ich war am 14 Ottober in Breslau und sprach dort mit mehreren Herren über die nöllische Bewegung. Als man mich nach dem Wesen der Bewegung fragte, habe ich feine richtige Definition geben tönnen.

am 1. Movember u. a. im Bölkischen Beobachter".

Ludendorff : Aber mehr von der anderen Seite, als von unserer Seite

Bori: Persönlich hohen Sie also nicht an einen militä. rifchen Marich nach Berlin geglaubt?

Ludendorff : Nein, nein. Das war für mich fein feststehen­des Brogramm, fondern nur eine Unterhaltung.

Borf: Haben Sie auch an den Marsch nach Berlin nicht ges glaubt, als am 8 Remember abends Hitler im Bürgerbräu von dem Marsch nach dem Sündenbabel Berlin Sprach?

Ludendorff : Nein.

Bor: Sie glaubte allo nur an eine Lösung durch politischen Druck auf den Reichspräsidenten. Sie haben von dessen Absetzung gar nichts gewußt?

Ludendorff : Rein

Bors: Ist denn etwas davon gesagt worden, daß in Bayern eine Reubildung der Reichsregierung mit Ebert als Reichspräsidenten erfolgen würde?

Ludendorff : Bon seiner Absehung habe ich jebenfalls nichts

gehört.

Borf.: Sie glaubten also an die Möglichkeit einer neuen Reichs­regierung mit bertan der Spize?

Ludendorff : Das mußte jedenfalls der Zukunft über. laffen bleiben.

Borf.: Sie werden einsehen, Exzellenz, daß in dieser Dar­stellung ein gewisser Widerfpruch zu Ihren früheren Angaben besteht. Wie tommt das?

Ludendorff : Meine erste Aussage wird meiner damaligen Auffaffung entsprochen haben. Ich habe tamals so vieles gehört. Hute ist meine Auffassung so. Es ist mir nicht möglich, etmas anberes zu faaen. Ich habe jebenfalls nicht an einen militärischen Marich noch Berlin geolaubt.

Borf: Hier hat doch aber im Bürgerbräu die Bildung ber neuen Reichsregierung verfündet.

Bubendorff: In seiner Rede ist aber nichts von Ebert

gefagt

Borf: Die Regierung war bodh aber schon gebildet. Es fonnte boch also fein Drud mehr in Frage kommen.

Ludendorff : Ich habe in meiner Erregung nicht so genau auf die Worte Hitlers gehört. Im übrigen fam ich genau so plöglich in diefe Situation hinein wie die anderen Herren.

R.-A. Dr Luetgebrune: Haben sich denn Ew. Erzellenz in dem Artikel irendwie bedacht, wie die Diftatur einzurichten ist? Ludendorff :

Darüber habe ich nicht nachgedacht.

einen Artikel, der an viele Beitungen gefandt worden ist. Er stand Deshalb fegte ich mich nach meiner Rückkehr hin und verfaßte verliest dann die en Artikel und interpretiert auf Wunsch des Bor izenden den Hauptfaz des Artikels: Die volfische Bewegung führt burd Stampfgemeinschaft zur Boltsgemeinschaft, eie mußte ebenso wie die Monarchie cus dem freien Willen zunächt unter volfischer Dittatur. Die völfilde Bewegung ist des Boltes entstehen. Rampf." Ludendorff erklärt hierzu, daß die völfi'che Gemeinschaft, wie er fie auffaffe, die Zusammenfassung aller Deutschen bedeute, die bereit feien, zur inneren Gefund ng und deutschen Freiheit zu Ruhm und Ehre des Baterlandes zufanimenzustehen.

Leider traf diese Boraussekurg bisher nur auf einen Teil tes Bolles zu.

Dittatur in Frage Ich bin Monarchist, erklärte Ludendorff . Borübergehend tommt hierfür die volfische aber bie Monarchie tann erst tommen, wenn das Bolf es mill

Borher kommt die völkische Diffafur.

Ich habe mich während des krieges wiederholt mit der Diftatur­frage teschäftigen müssen. In Frankreich , Eng 'and und Amerika ftanden Diftatoren an der Spize. Mir wurde der Vorwurf gemacht, daß ich nicht die Diftatur übernommen habe.

Ich hätte es fun müssen, und das ist der Vorwurf, den ich mir madhe.

Bors.: Bei Ihrer ersten Vernehmung hatten Eie erflärt, daß die Dittatur nur gewaltsam burch bas 3usammenwirten des Bayerischen Staates und den Norddeutschen Fattoren tommen tönne.

Ludendorff als Naiver.

Ludendorff : Ich habe mich dauernd mit diesen Fragen be­4. Wenn endlich Kardinal Faulhaber aus den zeitlichen 8ufchäftigt. Wenn ich das damals gesagt habe, fo entsprach es meiner fammerhängen feiner Ameritareise mit dem damaligen Auffassung. Bors: Sie haben die Errichtung eines Fuchs Machaus- Prozeß Schlüffe zieht, bie ich nicht gezogen nationalen habe, obschon ich mich im vaterländischen Intereffe offen und so­pumeslos aus elprochen habe, so bedauere ich das. Mir lag daran, festzustellen, daß

"

tie ultramontane Boffit gleideifig in Deutschland und Amerita unserem Vaterlande abträgig wielt,

um damit recht deutlich zu erklären, wie ich in diefes Unternehmen hineingefommen bin. Ich habe geglaubt, baß in der Nacht pont 8. zum 9. November

S. Majestät der König auf Herra v. Kahr eingewirkt habe. Ich erkläre ausdrücklich, deß ich heute nicht mehr baran glaube. Ich nu dann noch auf eine auferung des Herrn v. Lossow über den rerstorbenen Herrn n. Scheubner- Richter zurüfommen und diese euerung zurüdweilen. Herr v. Scheubner- Richter iff an meiner Seite ben Heldentod gestorben und die sämtlichen Angeklagten halten den Ehrenschild über ihn.

Kahr war fein Bismard.

Borfihender zu Hitler : 3h habe hier das Nachrichtenblatt Des Oberkommandos Threr Sicherheitsabteilung. Darin heißt es, Daß Sie in der Belprechung vom 23. Oktober brei Beze für Banern ent videlt hätten. 1. die argisierung Bayerns und damit Zusammenbruch des legten Bollwerts gegen den Bolschewismus. 2. Rampf Bayerns gegen den Margismus, ein Kampf, der nur

Reichsdirektoriums als Patenflösung

Dr. Quetgebrune: Waren sich denn Exzellenz barüber flar, bak mit Hitlers Reden gesagt werden sollte, die neue Regie. rung fei schon gebildet.

Ludendorff : Nein, ich habe Hitlers Borte nicht so genau

verfolgt

Borf.( unceduldig): Na, wie haben Sie es fich denn gedacht? Bitte fagen Sie das furz, das ist wichtig.

Berfügung gestellt Diese Regierung war für mich ein Ludendorff: Ich habe mich der neuen Regierung zur Rumpfgebilde aus Männern aus dem Norden, die dann zusammen mit der bagerischen Staatsgewalt und den Baterländischen Berbänden einen Drud auf Berlin ausüben wollten.

Bor.: Es war alfo für Sie teine endgültige Bildung, sondern nur eine Borbereitungsmaßnahme? Ludendorf: Selbstverständlich.

Staatsanwalt Ehardt: Erzellenz haben den Standpunkt ver treten, daß es sich um eine Umwälzung handelte. die nicht von vorne herein mißglüdt war, um eine völtische Revolution, deren erster tt gelungen war, weil am 8. November abends alle Macht in den Händen der neuen Regierung lag.

Ludendorff : Ich fann mich dieses Standpunkts nicht ent.

finnen.

R.-A. Dr. Luetgebrune: Sch bitte feststellen zu wollen, nh Ludendorff darüber ins Bild gesetzt worden ist, in welchem umfange er dittatorische Bollmachten ausüben sollte." General Ludendorff : Das ist vollständig richtig, ich sollte boch die nationale Armee überhaupt erst übernehmen, menn Reichs. wehrminister" Loffom fie ins Leben gerufen hatte." Ungeflagter Hitler : Ich betone, ich fannte damals und fenne General Ludendorff.

aufgefaßt. Haben Sie noch am 8. November abends an diefe heute noch feinen anderen militärischen Führer für Deutschland als Lösung gedacht?

Lubendorff: Einzig und allein. Bor: Sie wußten bod) aber von der Berhaftung der bane­rifchen Minister?- Ludendorff: Rein, das mußte ich noch

Borf.: Doch, doch, Exzellenz, gas haben Sie ja schon zugegeben. Sie haben es ja im Borzimmer des Bürgerbräus erfahren ung Sie haben auch gewußt, daß Reichspräfigent Ebert abge let war. Tann war doch die Batentlösung nicht mehr möglich. udendorff: Nein, bas habe ich nicht gewußt.

Borf. Eie behaupten al'o, daß Sie noch am 8. Nopember abends weiter an die Patentlösung geglaubt haben, und daß Sie nicht an einen militärischen Marfch nach Berlin , sondern nur an einen politischen Drud auf Berlin gedacht haben?

Lubendorff Seibtperfta nbtich, felbstverständ lich! Dr. D. Scheubner- Richter erflärte mir ja auf der Fahrt zum Bürgerbräu, baß Sifler den Herren Kahr , Lofsom und Geißer in ber Richtung ihrer Wünsche zum Abiprung verhoffen habe. Im Neberzimmer des Bürgerbräus stand ich bann ebenso unter moralischem Swang wie jene Herren.

Borf.: Es wurde boch aber immer von einer Diktatur Hitler Ludendorff gesprochen.

( Fortsetzung auf der 3. Seite.)

München , 18. März.( WEB.) Um% 1 Uhr war die nicht. öffentliche Sigung, ohne daß die Oeffentlichkeit wiederhergestellt wor­den wäre, beendet. Es wurde bekanntgegeben, daß die nächste öffentliche Sigung am Freitag vormittag 9 Uhr stattfindet. In diejer Sifung werde tann auch der Gerichtsbeschluß darüber be­tann gegeben werden, ob die Plaidoyers in öffentlicher oder nicht­öffentlicher Sitzung abgehalten werden sollen.

Der fozialistische Bund nennt sich bie Organisation, mit beren Silfe ber alle Bebebour bei ben nächsten Wahlen in den Reichs. tag einzuziehen hofft. Rabolb, Rufch u. a sollen biefem Bunde", ber alfo wieder eine neue Bartei wäre, nabestehen. Es macht eben jeber feinen eigenen Laben" auf.

Die Deutschnationalen halten ihren Barteitag am L. April in Hamburg ab.