fir. 133+ 41. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Wenn man ins Ausland reisen muß.
Ein Abteil 1. Klasse nach Karlsbad oder Interlaken Herr Brotz hatte es vor dem Kriege doch gar zu bequem, nur die verschiedenen Griffe in die Geldtasche störten seine Ruhe. Aber auch Der nicht mit Schäßen gesegnete Tourist fonnte sich, unbekümmert um neugierige Fragen nach Woher und Wohin auf seine Holzbank niederlassen und getrost die Grenze überschreiten, wo und wie es thm gefiel, einzig der Nachfrage nach verzollbaren Gegenständen aus gesetzt. Wie lachte man damals über die alten Reiseberichte in Briefen und Memoirenwerfen, wo die Paßschwierigkeiten so drastisch geschildert wurden, und über das Schröpfen der Reisenden durch aller lei Kniffe und Winkelzüge bei Postanschlüssen, Pferdewechsel und Solluntersuchungen Rlage geführt wurde.
Wie im Mittelalter.
Der Weltkrieg hat auch in dieser Hinsicht Erleichterungen ver. nichtet und die Menschheit in territoriale Zwangsanstalten, ganz wie im Mittelalter, gesperrt, die zu verlassen durchaus nicht allein im Belicben des einzelnen steht. Die heutigen Staaten haben aus den verschiedensten Gründen nicht den Wunsch, die Zahl ihrer Einwohner burch fremde Zuwanderer erhöht zu fehen fie fürchten vor allem bie durch eine stark vermehrte Zahl der Effer sich leicht ergebende Leuerung der Nahrungsmittel für die Einheimischen. Andererseits ist der Gewinn aus dem Fremdenverkehr ja nicht zu verachten, aber felbst dieser ökonomische Gesichtspunkt muß vor dem nationalen: Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse, zurüdtreten. Allgemein st jetzt der Standpunkt vorherrschend: Nenne deinen Zwed, den du mit dem Aufenthalt in unserem Lande verfolgft, und wir werden fehen, ob dieser private 3wed sich mit dem Wohl des Ganzen, das uns anvertraut ist, verträgt. Alles, was nach Erwerbsabsichten ausfieht, begegnet fiarter Abneigung; alles was auf Niederlassungsmöglichkeiten gedeutet werden kann, noch schlimmerer Kritit. Aus. brüdlich wird betont, daß Erwerb von Häusern und Grundstücken noch kein Grund ist, der ohne weiteres zur Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis verpflichtet. Gerade Länder, die in früheren Jahren viel von Deutschen aufgesucht wurden, wie die Schweiz und Italien , find sehr rigoros geworden; fie geben Rurbedürftigen und Sport jüngern eine furzfristige Erlaubnis, die im Hinblick auf die immer hin erheblichen Kosten der reinen Reise verteuernd, also abschreckend, wirft. Wenn die Reisekosten auf vier Wochen verteilt werden müssen, erscheint die Reife naturgemäß teuerer, als wenn man dieselben Fahrkosten auf acht oder zwölf Wochen oder gar mehrere Monate perteilen fann. Will man ein fremdes Land nur durchfahren, um in einem dritten Lande zu verweilen, so muß man die Erlaubnis des dritten Landes zur Einreise bereits vorweisen fönnen, wenn man um die des zu passierenden Landes nachsucht. Allerdings werden dann wohl feine weiteren Schwierigkeiten gemacht werden. Wenn du dein Land verlassen willst.
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Num ist aber derjenige, der sein Band auf einige Zeit mit einem anderen vertauschen will, als Bürger seines Bandes gar nicht befugt, so ohne weiteres den Staub von den Füßen zu schütteln. Zwar den Baß erhält er, aber man belehrt ihn bei der Aushändigung, daß er bie Einwilligung feines Finanzamtes zum Ausweise fich beschaffen müffe. Aha die Steuern! Und daneben auch wohl der Gedanke der Kapitalflucht! Man wird also ein recht rigoroses Gramen zu bestehen haben und unter Umständen Sicherheit zu geben haben, daß die Reife teine Unterbrechung in der jo angenehmen Beschäftigung des Steuerzahlens verursachen wird. Zum Nußen derer, die einmal über die Grenze der deutschen Republik hinausfahren wollen, sei nun zusammengestellt, welche Formalitäten sich bis zu dem Augenblick der Abfahrt ergeben. Zunächst Besorgung von zwei unaufgezogenen Lichtbildern, die beim zuständigen Polizeibureau mit An gabe des Wunsches nach Ausstellung eines Auslandspaffes abzuliefern find. Dan folgt die Abholung des Passes auf dem zuständigen Pakbureau( worauf man einige Tage warten muß). und ein Gang mit dem Baffe zum zuständigen Finanzamt. Dann Besuch der Kanzlei der zuständigen diplomatischen Vertretung des zu besuchenden Staates, wo man zunächst einige Formulare über Woher und Wohin auszu füllen hat, um dann entweder nach Warten den mit dem Bifum versehenen Baß noch am selben Tage in Empfang zu nehmen oder zu erfahren, daß der Paß später abzuholen ist. Dies sind fünf zu erledigende Borgänge, und da die Hauptbureaus nur von 9 bis
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„ Es ist aber doch ganz gut gegangen. Sind ein schöner, großer Herr geworden. Ein prachtvoller Herr!" Leider muß ich auf meine Stellung Rücksicht nehmen. Ich bin der Chef. Die Autorität muß gewahrt bleiben, dachte er, während er hinter dem Mädchen auf die Bank zuschritt. Der livrierte Portier riß die Tür auf.
„ Niemand kann alle feine Wünsche und Begierden er füllen. Außerdem ist die Sache die," sagte, blätternd im Tele phonbuch, Jürgen und bat um die Nummer Adolf Sins heimers, daß ich dasselbe ungefährlicher haben tann und fogar ganz bedeutend reizvoller, falls dieses Mädchen in dem orientalischen Salon tatsächlich Katharina ähnlich sieht."
Heute abend fönne er nicht zum Essen nach Hause tommen, teilte er telephonisch Elisabeth mit, die daraufhin ihrem gegenwärtigen Geliebten, einem Maler, fofort telephonisch mit teilte, daß sie heute abend wieder auf eine Stunde zu ihm ins Atelier tommen werde.
Wie damals vor der Animiertneipe, ftanden die vier Schrifameraden schon wartend vor dem Portal, das auf den Nacken zweier mamorierter Gipsherkulesse ruhte. Adolf hob Den Spazierstod wie eine Rerze. Ich habe uns schon angeNoch dieselbe Wirtin, eine alte Hure! Du er innerst dich, Jürgen, wir sind damals vom Korforestaurant cus hingegangen. Aber andere Damen! In jedem Zimmer zwei Waschschüsseln! Dabei doch dezente Aufmachung! Schon mie in Berlin !"
meldet
Jürgen erkannte das von Säulen getragene, mit Gips marmorplatten ausgeschlagene Stiegenhaus wieder. Eine flackernde Kerze, eine hohe Frisur, zwei schwarze Riefenaugen und ein violetter Schlafrod tamen lautlos die Treppe herunter. Die geschminkte Wirtin legte sofort den Zeigefinger an den Mund, stieg voran.
" Hols der Teufel, diefe Leifetreterei! Barum fnipfen wir denn die Nachtbeleuchtung nicht an!" rief in dem Boltertone feines alten Batteriechefs, der ihm Borbild war, der ArtillerieOffizier.
Die Wirtin legte den Zeigefinger an den Mund. Der
1 Uhr offen find, liberoll mit einer Wartezeit zu rechnen ist und die Wege in Berlin zurzeit mehr Stunden und Minuten in Anspruch nehmen als früher, so wird jeder sich ausrechnen können, daß etwa eine Woche vergeht, bis man am Ziele ist. Die Kosten betragen für den deutschen Baß 4,50 M., das Auslandsvisum ist verschieben, für die Schweiz 3. B. beträgt es 8 Frant. Will man ganz forrett verfahren, so zahlt man die Bisumgebühr in der betreffenden ausläns dischen Münze; da man nun aber diese Münze im freien Bantoer. fehr nicht erstehen fann, so muß man noch einen Gang machen, und zwar zu dem für diese Devisenanläufe zuständigen Finanzamt. Mit dessen Erlaubnis fann man sich das fremde Geld beschaffen. Im all gemeinen werden aber die fremden Kanzleien fo entgegenkommend fein, deutsches wertbeständiges Geld in Zahlung zu nehmen.
Werfen wir nun noch einen Blick in die Gesandtschaftskanzlei. Der Borsaal ist angefüllt mit einer Menschenschar, die alle Inpen, vom Grandfeigneur bis zum Handwerksburschen, umfaßt. Natürlich viele Damen, denn sie sind ja nicht so an die Scholle gebunden, wie der männliche Teil. Die Türen der drei, vier Schreibstuben, die auf den Borsaal münden, gehen unaufhörlich auf und zu; trotzdem ist bei dem starken Andrang eine Wartezeit begreiflich. Bequeme Seffelstühle nehmen den Müden auf; auf kleinen Tischen liegen Beitschriften und Broschüren des Landes aus. Endlich wird der eigene Name aufgerufen; man erhält feinen Baß, zahlt und verschwindet mit dem üblichen Auf Wiedersehen" was bei den meisten wohl ein frommer Wunsch bleiben dürfte.
Der neue Elektrizitätstarif.
Ab 1. April.
Auf die Inflationsperiode mit ihrer starten Berteuerung aller Barenpreise folgte, seit der Stabilisierung der Mark, eine Periode des Preisabbaus. Die Tarife der öffentlichen Unternehmungen, wie der Eisenbahn, der Gas, Waffer- und Elektrizitätswerte, der Straßenbahnen usw., mußten sich während der Inflationszeit der allgemeinen Preisentwicklung anschließen. Auch diese Tarife müssen jetzt wieder ermäßigt werden.
trizitätswerfen soll der Abbau am 1. April d. J. Bei den Berliner Städtischen Gas, Waffer- und Glet. beginnen. Zu diesem Zeitpunkte werden die Tarife aller brei Unternehmungen nach den Beschlüssen des Aufsichtsrats der Werte erst malig herabgefeßt. Es hat in manchen Kreisen der Bevölke fchon früher begonnen wurde. Die Erklärung für die Berzögerung rung Berwunderung erregt, daß die Herabsetzung der Tarife nicht liegt darin, daß die Inflationszeit auch den städtischen Berken schwere finanzielle Wunden geschlagen hatte, die erst einmal notdürftig geheilt werden mußten. Es ist ein großes ftipum der Mehrheit des Aufsichtsrats der Werke zu dieser zu dieser Mehrheit gehören auch die sozialdemokrasischen Ber. treter-, daß sie dem Ansturm aller derjenigen widerstanden hat, die auf eine vorzeitige Ermäßigung der Werftarife hindrängten. Bei den Elektrizitätsmerten wird am 1. April der Tarif nicht bloß ermäßigt merben, sondern es findet zugleich eine grundfäß. liche Neugestaltung auch der Tarif form flatt. In den lezten Monaten war in Berlin ein Einheitstarif in Kraft, der 42 Pf. für jebe Kilomattstunde betrug. Dieser Breis galt unabhängig von dem Verwendungszwed des Stromes, er galt also ebenso für Licht wie für Kraftanschlüsse. An Stelle des Einheitstarifs foll ab 1. April der sogenannte Grundgebührentarif treten, eine im Elektrizitätsmejen erprobte und geschäßte Tarifform. Auch diefer Tarif foll unabhängig von dem Berwendungszwed., d. h. gleichmäßig für Licht wie für Kraftzmede Gültigkeit haben. Aber, wie wir gleich sehen werden, der neue Tarif geht auf die Interessen der verschiedenen Kategorien von Abnehmern in vici gerechterer Weise ein, als das bei der bisherigen Form des Ein heitstarifs der Fall war.
Der Grundgebührentarif besteht zunächst in der festen Grundgebühr die von jedem Abnehmer allmonatlich an das Elektrizitätswert zu entrichten ist. Die Grundgebühr wird als ein fefter, unveränderlicher Betrag eingezogen, unabhängig davon, ob der betreffende Abnehmer im Monat viel oder wenig elektrische
| Referendar verstedte seine Brieftasche in der Geheimtasche des Weitenfutters und lächelte.
Weil eben ein Menschengesicht zu lächeln vermag," fagte Jürgen vor sich hin und gedachte mit Erinerungszärtlichkeit des Jürgen, der damals, um über seine tnabenhafte Unsicherheit wegzutäuschen, die Mädchen wie ein erfahrener Lebe mann begrüßt hatte. Heute trat er so gelassen in den orien talifchen Salon, wie er als Chef in das Direktionsbureau der
Bank trat.
Alles spielte fich nahe den Teppichen ab. Niedrige Tischchen. Die Mädchen faßen und lagen auf Ottomanen und auf Bolstern am Boden.
„ Na, ihr Racer! Brust heraus!" rief der Artillerieoffizier in dem Ton seines Batteriechefs und schnallte gewichtig den Säbel ab, mit den Gebärden eines Mannes, der nur mit Pferden und Refruten zu tun haben will.
„ Sagen Sie mal, wie gehts denn! Sind ja ne richtig gehende Schönheit." Adolf hatte sich, seitdem er Alleininhaber des Knopferporthaufes war, angewöhnt, schnoddrig wie ein Berliner zu sprechen und fich ganz so zu benehmen wie feine Borbilder: die Berliner Großerporteure, mit denen er in Geschäftsverbindung stand.
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Das auf der Ottomane liegende Mädchen streckte ihm die Patschhand hin. Auch sie schwarzhaarig und bernsteingelb- fah orientalisch aus, totettierte fäffig mit ihrer weichen Hüfte, die sich aus dem orangefeurigen, gefchligten Schlafrod langsam herauswölbte.
Jürgen schüttelte den Kopf: Richt Adolf Sinsheimer, sondern der Berliner Exporteur spricht."
Der Artillerieoffizier stand, batteriecheffeft, auf gefpreizten Beinen, nahm die Müze ab und wischte sich ächzend die Stirn, die ganz schweißfrei war und zweigeteilt: unten tiefbraun, wie das Gesicht, oben knabenweiß.
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Sieht aus wie ein alter Kinderschänder, dachte Jürgen, als der livrierte Diener stilles, glattes Fuchsgesicht den Champagner brachte. Der Diener hatte zusammen mit der Wirtin die Bension gegründet und finanziert und bezog die Hälfte des Reingewinnes.
Sie faßen in der gepolsterten Ede. Ich tomme dir," fagte, Schultern zurüdaezogen, Kopf vorgestreckt, das Geftglas unter der Achselhöhle, der Referendar zu Adolf, deffen Orientalin, Hüfte hochgewölbt, zufammengerollt in der Ede lag und mit den mächtigen, meichen Schenkeln lodie,
Mittwoch, 19. März 1924
Energie abgenommen hat. Die Höhe der Grundgebühr richtet sich nach dem Anschlußwert des Abnehmers, d. h. nach der Zahl und Leuchtkraft der angeschlossenen Lampen und der Leistung der angeschloffenen Motore, Heizkörper, Rochapparate usw. Als Maßstab des Anschlußwertes gilt die Zählergröße, genauer ausgedrückt der 3ählermeßbereich. Die Grundgebühr ist in der Weise festgelegt, daß für je 1 Kilowatt Zählermestereich ein fester Betrag von 42 M. im Jahre, d. i. 3,50 m. im Monat feitens des Abnehmers zu entrichten ist. Die Grundgebühr ist mit Rücksicht auf die kleinen und fleinsten Abnehmer nach unten hin weitgehend abgestuft. Sie beginnt bereits mit einem Zählermeßbereid von 0,22 Rilowattstunden, wofür monatlich 80 Pf. zu ent richten find.
Außer der Grundgebühr ist dann noch für jede von dem Abnehmer verbrauchte, durch den Zähler gemessene Kilowattstunde ein Betrag von 18 Bf. zu zahlen( Arbeitsgebühr). Die neue Tarifform tommt allen denjenigen Abnehmern zugute, die ihre elektrischen Anlagen in starkem Maße ausnuten, b. b es werden in erster Linie die Abnehmer von Kraftstrom, mie Handwerker, Kleingewerbetreibende usw., begünstigt, deren Mo tore viele Stunden am Lage laufen. Fermer tommen auch diejen gen fleinen 2ichtabnehmer gut weg, die ihre bescheidenen Anlagen wirklich ausnuten, während große Lichtabnehmer, die um fassende Lichtinstallationen befißen, die sie aber selten oder gar nicht benuhen, in Zukunft schärfer herangezogen werden. Der Durchschnittspreis pro Kilowattstunde( Mittel aus Grundgebühr und Arbeitsgebühr), ben der einzelne Abnehmer im Berlauf der Stundenzahl- elektrotechnisch ausgedrückt der Benuhungs bauer"- mit ber der Anschlug ausgenugt wird.
Bum Schluß fei noch angegeben, wie sich der mittlere Strompreis für verschiedene Benutzungsdauern im Jahre, nach dem Grundgebührentarif berechnet, einstellt: Art bes Anschlusses Schwacher Lichtabnehmer
Benugungsdauer im Jahre
200 Stunden
400
600
800
1000
Starter Lichtabnehmer. Kraftabnebmer. Kraftabnehmet Kraftabnehmer
Durchschn Breis pro Kilowattiide. 89,0 f.
28,5
25,0
23,5
22,5
abnimmt in dem Maße, wie die Benugungsdauer wächst. Mit an Man sieht aus der feinen Tabelle, daß der mittlere Strompreis deren Worten, die ausdauernden Kunden des Elektrizitätswerts erhalten Breisbegünstigungen. In dieser Preisherabsetzung liegt der Fortschritt des Grundgebührentarifs gegenüber dem Ein heitstarif. Der Grundgebührentarif wirkt damit gerecht und sozial
ausgleichend.
Die Weisen von Zion."
Was Untisemiten sich ungestraft erlauben dürfen! Rach wiederholten Bertagungen gelangte endlich die Anlage 6 Straffammer des Landgerichts III zur Verhandlung. In der gegen den Hauptmann a Müller v. Hausen vor der Schrift Die Beifen ve 3ion war die Behauptung aufgestellt worden, daß an dem Haufe des verstorbenen Emil Rathenau bie abgeschnittenen Königstöpfe auf Opferschalen angebracht worden feien. Emil Rathenau , so wurde behauptet, habe als Mitglied der Loge Zur aufgehenden Morgenröte" auf den Sturz des Hauses Hohenzollern hingearbeitet. An seinem Hause in der Bittorio. ftraße 3, in dem er wiederholt den Besuch des Ertaisers empfangen hatte, habe er 60 abgeschnittene Rönigstöpfe auf Opferschalen anbringen lassen. Der ermordete Reichsminister Balter Rathenau halte gegen den Hauptmann a. D. Müller v. Hauffen, als dem Herausgeber, Strafantrag gestellt. Müller v. Haussen hatte auch die Verantwortung übernommen. Da der Prozeß ben der Ermordung Walter Rathenaus noch schwebte, hatte Rechtsanwalt Dr. Friz Grünspach für die Witwe Emil Rathenaus Strai antrag gestellt. Eine frühere Berhandlung hatte damit geendigt, dan der Angeklagte die inkriminierte Behauptung zurüdnahm. Später widerrief er das und warf dem Gericht Brotofollfälschung vor. Der Privatfefretär Walter Rathenaus Geidtner schilderte in der neuen Berhandlung das innige Berhältnis zwischer Walter Rathenau und seiner Mutter. Der Minister habe aus Bartgefühl feiner Mutter gegenüber von den Angriffen in den Weisen von 3ion" nichts gesagt, so daß Frau Rathenau erst nach dem Tode davon erfahren habe. Die beiden Sachverständigen, Prof Bangert und Prof. Borr mann von der Technischen Hochschule, begutachteten, daß der Fries an dem Rathenau - hause nach einer alien venezianischen Boriage gearbeitet war. Der Gedanke, es fönnten abgeschnittene Rönigs
Ein Dußend Flaschen Rotspon wäre mir lieber als dieses Weibergefüff." Der Batteriechef trant ex, hieb das zarte Glas auf die Tischplatte, hob mit rauhbeinig- väterlicher Gebärde die erst siebzehnjährige Blondine auf seinen Schoß und drückte das Köpfchen an feine breite Brust.
Der Referendar wählte die Aelteste und Schönste, ein vierundzwanzigjähriges fühles Wefen, das ein Bankkonto be faß und erst vor zehn Minuten zu einem Mann, der gerne noch eine Stunde geblieben wäre, gesagt hatte:„ Ich mus tüchtig sein." Beide faßen zurüdgelehnt, Arm in Arm.
Der Referendar sprach von Staatsanwalt Karl Lenz .. Und nächste Woche hat en einen Mordprozeß. Wenn es ihm gelingt, ein Todesurteil zu erzielen, ist seine Karriere gesichert. Dann gehts aufwärts." Er zudte nach vorne, Seftglas unter der Achselhöhle:„ Ich komme dir."
„ Solch ein Staatsschafskopf zu werden wie der, hat auch mir geblüht." Jürgen mußte lächeln über das Gebaren seiner Schulkameraden. Nicht der Referendar A., sondern der Refe rendar überhaupt, nicht der Knopferporteur S., sondern der Erporteur und der Artillerieoffizier überhaupt fizen hier und haben Gefühle," dachte er. Und später werden nicht einmal Referendar, Exporteur und der rauhe Artillereioffizier überhaupt die Mädchen umarmen, sondern sie allein, die Lebenstraft, sie ganz allein wird die Umarmende sein.
Die Flügeltür tat sich auf. Und Jürgen, der sich soigniert und dabei freimütig benommen hatte wie einer, der das Leben fennt und ihm seinen Lauf läßt, wich zurüd.
Herein schritt Katharina, reichte spißig die Hand und fette fich neben Jürgen.
Berblüfft betrachtete er bent gebogenen Raden, den fleinen, feften Mund. Fürchtete sofort, daß er, wenn sie zu fprechen begänne, diese vollkommene Illusion verlieren würde.
" Hab ich zu viel versprochen?!" rief Adolf Sinsheimer, deffen Hand auf der gewölbten Hüfte der Bernsteingelben lag. Na, was hab ich gesagt!"
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Gedankenschnell, plöglich, ganz plötzlich verwandelte fich feine Furcht in die atembeklemmende Furcht, fie fönnte auch im Ton der Stimme Katharina fein. Dann müßte ich diese Schweine niederschlagen, dachte er erbebend, stellte sich in seinem Gefühle schüßend vor Katharina. Und gleichzeitig brach in die Gefühlsleere und tote Einsamkeit der letzten Jahre die Sehnsucht ein mit folcher Gewalt, daß fein ganzer Körper stundenlang von Lähmung befallen war.
( Fortlegung folgts