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oerfrägt. Tragith bleibt es �ro�dem, haß jene unseligen Der. öffentl'ichungen unmittelbare Ursache wurden für den Tod eines Mannes, der für die Verständigung zwischen den beiden Ländern in vorderster Reih« gekämpft hatte. * Als vor zwei Menschenaltern die erste sozialistische Arbei» t>er»Lnternationale entstand, zeichnete ihr Karl Marx in der berühmten Jnauguratudresse die Aufgabe vor,sich der Ge- heimnisi« der internationalen Posttik zu bemächtigen". Aber erst die Zeit nach dem Weltkrieg sah Sozialisten als ver. ontwortliche Leiter der auswärtigen Politik und als diplo- matifche Vertreter ihrer Vaterländer am Sitz fremder Regie» rungen. Sie kamen nicht, um ein behaUliches Erbteil zu über- nehmen, sondern sie sollten eine aus den Fugen geratene Welt wieder einrenken, nach einer Zeit wahnwitziger Selbstvernich- tung dem todwunden Europa wieder Lebenskraft und Auf- stiegsmöglichkeit geben. Noch starrten die Völker einander in Gesichter, die von Haß und Mißtrauen entstellt waren. Und chaß und Mißtrauen hatten denen die Fed «r geführt, die der Welt in den Friedensverträgen ihr neues internationales Lsbensgesetz diktiert hatten. Aus diesem zerwühlten Boden in wenig Fahren schon wieder neue Ernte zu ziehen, wäre ein Meisterwerk gewesen, auch wenn den Männern, die es unternahmen, die volle Freiheit des Schaffens verliehen gewesen wäre. Aber den ersten Sozialisten, die in der auswärtigen Politik Europas verantwortlich schaffend austraten, waren durch die innerpolitischen Verhältnisse ihres Landes, durch die Unent- schiedenheit der Klassengegensätze die.s>inde gebunden. Noch sind wir weit davon entfernt, daß die sozialistische Arbeiter- internationale alle Ministerien des Auswärtigen, alle cnt- scheidend wichtigen diplomatischen Posten besetzen könnte. Die wenigen, die wir bisher an der Arbeit gesehen haben, waren Pionier« in der Wüste. Nur zu oft Hot ihnen die U ebermacht der Naturgeroalten, der sie gegenüberstanden. das Gesetz ihres Handelns vorgeschrieben. Si« haben un» nicht viel mehr geben können als die H o s f n u n g a u f e i n e bessere Zeit. Aber auch dieses wenige ist viel, wenn es richsig ver» standm wird. Das erste Eindringen der Sozialistischen Arbeiterinternationale in die praktische Diplomatie ist das Symptom einer sich vollziehenden wirklichen Revolution. Wer kann sagen, wielange si« dauern wird, wieviel Rückschläge sie aufhasten werden, und doch ist ihr Deginn eine u n w i d e r- rufliche Tatsache der Weltgeschichte, deren Wir- kungen sich auf kommende Geschlechter erstrecken werden. Dieses Bewußtsein soll uns nicht nur Verständnis leihen für die Unvollkommenheiten, mit denen jeder- Anfang ver» Kunden ist, sondern es soll uns auch mit loderndem K a m p s g e i st erfüllen. Die erste Notbrücke, zum anderen Ufer ist geschlagen, und denen, die sie als erste betraten. wollen wir, weitblickend und ge'recht, nicht mit überheblicher Kritik begegnen, sondern mit Dankbarkeit für das, was sie gewollt, und was sie unter den ungeheuersten Schwierigkeiten vollbracht haben. So wollen wir auch VlastimU Tusar ehren, den Diplomaten der internationalen sozialistischen Völkersolidarität. 'ÜaT; vi.£' Genosse Llastimil Tusar wurde am 23. Oktober 1880 In Pmg geboren: er ging aus kleinen Berhöltrüsien hervor. In seiner Jugend wurde«r bereits Mtglied der Sozialdemokratischen Partei und mit 20 Jahren Parteisekretär. Als solcher betätigt« er sich journalistisch und wurde im Jahre 1903 Redakteur des Brünner Parteiorgans Rotmost". 1911 wurde er in den österreichischen Reichsrat gewählt und 1913 In d«n mährischen Landtag. In der Kriegszeit spielte er innerhalb der tschechoslowakischen Partei ein« immer größer« Roll«. Er wurde Vizepräsident des österreichischen Abgeordnetenhauses. Als im Oktober 1918 Kaiser Karl sich zu spät entschloß, fem Manifest herauszugeben, In dem er den österreichischen Völkern«ine Föderatio» Verfassung versprach, wurde Tusar vom Tschechischen Rational«»». schuft in Prag bevollmächtigt, als Vertreter de» ins Leben tretenden Tschechoslowakischen Staat«, ln Wien z» ttetve». Nach Ausrufung der Tschechoslowakischen Republik war Tusar der erst« Gesandt « de« neuen Staate» in Wien . Er führte nachher die Liquidierungsverhandlungen zwischen der«he» moligen Monorchie und der Tschechoslowakei , Nach dem Umsturz wurde in Prag dos Revolutionskabinett K r a m a r s ch gebildet und die Tschechoslowakisch« Nationalversammlung trat zusammen. Bis Juli 1919 blieb Tusar in Wien . Als jedoch Kramarsch hauptsächlich durch seinen Plan, militärisch Rußland anzugreifen und nach ihrer Intervention die in Sibirien befindlichen tschechoslowakischen Legionäre zu verwenden, gestürzt worden war, übernahm Tusar die Bildung des zweiten Kabinett». Da» Allnationale Kabinett Kramarsch ging in Trümmer und Tusar bildete au» der sozialdemokratischen, der Bauern- und der tschechischen sozialistischen Partei ein« Koalition, zu der die Kramarsch-Portel und die Klerikalen in Opposition standen. Seinem Kabinett gehört« Svehla, der jetzige Ministerpräsident, als Innenminister an. Das Kabinett Tusar nahm die grundlegenden Lerfassungsgesetze in Angriff und bracht« sie in der Rattonawer» sammlung durch Nach Annahm« der Verfassung wurden die ersten Dahlen ausgeschrieben und im April 1920 vorgenommen. Nach den Wahlen rekonstruiert« Tusar sein Kabinett in entsprechender Weis«. Damals war aber bereits die Spaltung der sozialistischen Partei in der Tschechoslowakei im Gange. Der link« Flügel der Partei geriet vollkommen unter den Einfluß Moskaus Um nun den Reinigungspro, zeß nicht zu verhindern und die Regierung damit nicht zu belasten, gab Tusar am 16. September 1920 die Demission. Er machte einem Beamtenkabinett Platz. In der Zeit darauf widmet« er sich ausschließlich der Parteiarbeit. Anfang 1921 wurde er zum Gesandten der Tschechoslowakischen Republik In D« r l in ernannt. Tusar erreichte nur«in Alter von 43 Jahren, er hinterläßt«in« trauernde Witwe und zwei jugendliche Töchter. Krieg oüer Zrieüen. In einer großen Berliner Zeitung finden wir folgende Notiz: »Der kürzlich erschienen« Bericht der Leeveskommlffion der französischen Kammer über Bau und Ausnutzung der Eisenbahnen, die die Schieß» und Uebungspiätz« der weittragenden Artillerie be­dienen, erwähnt, daß man den Bau von Geschützen mit 150 Kilometer Tragweite nach den voraufgegangenen Studien als sich» annehmen dürfe. Dann fährt er fort: Abgesehen von dieser Artillerie von sehr großer Tragweite gestatten die Ge- schütze, die dazu bestimmt sind, während der Schlacht Sperrfeuer zu legen, sowie diejenigen Geschütze, die zu Zerstörungsfeuer bei wachsen­den Distanzen geeignet sind, die ganze Skala der dazwischen liegenden Tragweiten zu erreichen. Wenn wir beispielsweise Feindseligkeiten ins Auge fassen, die dann beginnen würden, wenn Frankreich und, Belgien nach Räumung des Rheinlandes in die endgültigen, vom Dersalll» Vertrage vorgesehenen Grenzen zurückgekehrt sein werden, so stellt man fest, daß die oben gemeinte Artillerie gestattet, nicht ollein dieganzeRheinprovinzunddiegroßenStädte de» Rhein », sondern auch dl« ungefähre Gesamtheit der Ge- biete, die gegenwärtig von un« und unseren belgischen Verbündeten in Westfalen und an der Ruhr besetzt sind, von der französischen und belgischen Grenz« au» unter Feuer zu halten. Man stellt serner fest. daß. wenn Volk». auf deren Eintritt in den Kampf an uns»» Seite wir hoffen können, wie Polen unddieTschechoslowakei, durch Einvernehmen mit un» mit ein» Artillerie dies» Art oersehen werden, sich alle Jndustriegebkete Sachsen» und Schlesien « gleichfalls unter dem Gcschützfeuer der Allii»ten befinden." In welchem Blatt mag diese gewiß interessante Notiz gestanden haben, wird sich jeder fragen. In der»Kreuz- Zeitung "! In demselben Blatt, das»Mit Gott für König und Vaterland" den Taa nicht abwarten kann, an dem unter Ludendorffs Führung die deutschen Fahnen über den Rhein getragen werden. Sinnloser und demagogischer, kurzsichtiger und verbrecherischer ist niemal»«ine Politik gewesen, als die der Deutschnationalen, die wider besseres Wissen und wider bessere Einsicht dem Volke einreden, wir könn- ten Heute oder morgen den Bruch rnst Frankreich provozieren, die mit schwülstigen Redensarten in Volksversammlungen der Regierung vorwerfen, daß sie den passiven Widerstand nicht in einen aktiven verwandelt habe. Der Reichswehr - minister Dr. G e ß l e r hat mit Recht in Braunichweig darauf hiegewiesen, daß man»ohne Waffen einen Freiheitskampf nicht führen kann". So wie das Kräfteverhältnis für Deutsch - land sich nach dem Nervenzusammenbruch Ludendorffs ge- staltet hat. bleibt Deutschland gar nichts anderes übrig, als durch eine vorsichtige und behutsame Politik zu versuchen, langsam wieder zu Kräften zu kommen. Nur ein« aktive Verständigungspolitik, Beteiligung am Bölterbund und demokratische Innenpolitik kann den allmählichen Wiederaufbau Deutschlands sichern. Rur Scharlatans oder ganz gewöhnliche Stammtisch- demagogen können sich und anderen einreden, daß man heute öder morgen die Fahnen über den Rhein tragen könne. Der sichere Untergang wäre das Ende, der zweite Nervenzusammenbruch, den Ludendorff nach einem solchen Experiment erleiden würde, würde dem deutschen Volk noch unendlich viel teurer zu stehen kommen als der erste im Herbst ISIS._ Tirpitz als kommenüer Mann. München . 22. Mörz.(Eigen» Drahtbericht.) Aus zuverlässig« Quelle erhält die»München » Post" folgende Mitteilung: In den engsten Ausschüssen der Dereinigten Vaterländischen Rechten ist man jetzt in d» Frage der Reichspräsidenten- kandidatur zu einem Entschluß gekommen. Man denkt ollen Ernste» daran. Tirpitz zu nominieren. Die Erörterungen seiner Persönlichkeit au» Anlaß des 75. Geburtstag«, bildeten dazu den Austakt. Den zweiten Schritt wird er selbst wn mit ein» demnächst »scheinenden programmatischen Publikation. Tirpitz hat es bisher meisterhaft verstanden, zwischen d» radikalen vater- ländischen Richtung, die seinerzeit von Kapp ihren Ausgang nahm. und der anderen Richtung El zu lavieren. Mit Kapp hatte« engste Verbindung. In ähnlicher Weise spielen heute seine Sym- pathien hinüber zu den Kreisen, die den Gedanken des n a t i o« n al en Direktorium» immer noch nicht aufgegeben haben. D» Großadmiral stellt« sich sogar als die natürliche Bekrömmg dies«, Direktorium, vor. Besonder, enge Verbindung hält er zu den Kreisen um und hint» den Generälen o. hutier und v. Below, die ihrerseits wieder zusammen mit den um das.Gewissen" zu scharfen »Ringleuten" in guten Beziehungen zu Justizrat Claß stehen. Di« Bayerische Dolkspartei hat nichts gegen die Kandidatur Tirpitz«in- zuwenden. Bestimmt wird versichert, daß die Verständi- gungsfäden au» ihren Kreisen bereit» zum Aen» trum gezogen seien._ Lanütagsenöe in Württemberg . Skullgort, 22. März.(TU.) T» Landtag hat beute ein- stimmig beichlosseu, daß der am 6. Juni lS2v gewählte Land- tagamlb. Mai 1924 sein Ende finden soll. Aus Gnind des ErmächtigungSgeietzeS werden von der Regierung im Jntcresi« der Vereinfachung der Staatsverwaltung siebe« Oberamt«bezi,ke ausgehoben und benachbarten Bezirken ange- gliedert. Gegenüber einem von den Deutschnationalen gestellten Antrag, daß dies« Verordnung der Regierung wieder a« s g e- hoben oder wenigsten« die Entslbeidung darüber bis zu den Reu- Wahlen zu dem Landtag zurückgestellt werden soll«,«rUärt« Staats- Präsident Hie der, daß die Regierung zurücktreten würde, wenn der Landtag dem Antrag der Deutichnationalen seine Zustimmung geben würde. Di« endgültig« Entscheidung über dreien Antrag der Deutschnationalen wird»st in der letzten Sitzung des Landtages, die aus den 2. April anberaumt ist. fallen. Die Geißel d» Arbeitsloflgkeil. Ein» amtlichen Veröffent­lichung zufolg« wurden feit dem Waffenstillstand bis aus den heutigen Tag insgesamt 3 92 2 50 000 Pstünd Sterling, d. h. über 7 Milliarden Boldmart für Arbeitslosenunterstützung in England ausgegeben. Don dies» Summ« hat die Schatztanzlei 170 Millionen aufgebracht. der Herr mit öem Monokel. Von Joseph Roth . Der He» trug In der rechten Augenhöhle«in Monokel. E» hotte den Anschein, als bildete er sich«In, der einzig« in dieser Straß«, in dieser großen Stadt, ja vielleicht im Land« zu sein, der nicht nur ein Monokel trag«, sondern es auch zu tragen«»steh«. Und» trug es, w!« ich Ihm aufrichtig einräumen will, beherrsch und sicher. C» bestand nicht die geringste Gefahr, daß diese» Monokel jemals aus der Augenhöhle fallen und mit keife klagendem Klang aus d«m harten Pflaster zersplittern könnte. Es war so, als stünde der He» nicht lebendig und sehr körperlich am Rande de» Bürgersteigs, um die Straßenbahn zu erwarten, sondern, als wäre er«In« Figur aus dem Modeheft für elegante H»ren. bei deren Anblick wir, wenn sie«In Einglas trögt, auch nicht die nervös« Furcht hegen, daß da» zarte Instrument zerbrechen könnte. Der He» trug einen weichen Filzhut, d» ab» so genau und ernsthaft, so gerade und so minutiös in der Mitte geknickt, auf dem .Haupte saß, daß er aussah, wie«in steifer Zylind» von ein» unge­wohnten Form. Di« Hände des Herrn waren mit grauen Leder» Handschuhen bekleidet, weichen grauen Lederhandschuhen, die gleich- sam die Pupille des Betrachter» streichelten. In einem scharfen Bug fiel die Hose auf den Schuh au» Lack und Wildled». Da» Angesicht des Herrn gestand gar nichts. Es war«ine verstockt« Physiognomie, die grundsätzlich alles leugnet« und verschwieg, wie etwa das Antlitz cine» toten Pharvonenkönigs, den man Jahrtausende nach seinem Seligwerden nuimifiziert im Sartophag findet. Das Angesicht diese» Herrn mumifizierte da» Monokel. E» war so, als hätte der He», d» sich im besten Mannesalter befinden mochte, feit seiner Geburt gar nicht, von Bedeutung«riebt-, ja al» märe er als eine bewegungsfähig« Mumie zur Wett gekommen, um ihr Licht durch die Vermittlung eines Monokel» zu erblicken. Diese« bracht nur eine tot« Asymmetrie in das Angesicht. Denn ein Monokel in der rechten Augenhöhle zwingt den Tröger, die ganze recht« Gesichtshälst« zu sttassen, die recht« Schläfenhaut bald zu falten und bald-glatt zu spannen und den rechten Mundwinkel, wenn auch«in wenig, so doch imm»HIn merkbar in die Höh« zu ziehen. Das Monokel dirigiert ferner die Gedanken in eine bestimmte Rich. tung und si« kreisen, wenn auch unterbewußt, stets um die Sorg«. was mit dem Einglas geschehen würde, wenn diese oder jene Heber- raschung sich ereignet«. Deshalb scheint es uns,, daß den Herrn. der«in Monokel trägt, nichts üb»rasche. In Wirküchkeit Ist»«ine ««kund« spät» erschrocken, schmerzlich oder freudig bewegt, al, die and»en. So hindert ihn da» Monokel, die jäh wechselnden Zell- -reigniss« sofort zu erfassen. So ahnt«r zum Beispiel noch nichts von einer Revolutton. weil er inzwischen trat die Sicherheit de» Monokel» besorgt ist. Und» ist»»urteilt,«inen Witz viel spät» zu »echehen, als»ir, Seine Erlebnisse gelangen nicht au» erster Hand. nicht unmittelbar und frisch in fein Bewußtsein, sondern altbocken, ausgekühlt und wirkungslos. Daher kommt es, daß sein Angesicht so leer ist und so vornehm verschwiegen. Ich war gerade mit diesen Bettachtungen beschäftigt, al» ich zu merken glaubte, daß d» Herr mit dem Monokel ungeduldig zu werden begann. Gewöhnlich« Menschen vmaten ihre Ungeduld, indem sie plebejisch«inen Fuß auf den anderen setzen und also ihren Zustand uns, die es gar nicht angeht, g»adezu ausdringlich bemerk- bar machen. Dies» He» ob» begann sein« Handschuh« zu glätten. als wäre ihr« weiche Sanftheit überhaupt noch steigerungsfähig. Er tritt sozusagen von einer Hand auf die andere, wie Plebejer«» mit den Füßen zu tun pflegen. Ab» es kam keine Sttaßenbahn. Statt ihrer kam ein Autobus. Und nun geschah etwa» Un»- wartete»: Da» Gehirn de» Herrn revoltiert« gegen die Diktatur des Monokels, faßte zuerst den kühnen Gedanken, den Autobus, statt d» Straßenbahn zu benützen, setzte die Füße des Herrn in De- wegung, so, daß dieser zu laufen anfing. Ab», wie es nun einmal mit fubordlnierkn Naturen zu fein pflegt: da, rebellisch« Gehirn fiel in seine alte Abhängigkeit vom Monokel zurück, gebar hurtig einen neuen Sorgengedanken, so, daß der He» mitten im Laufen den rechten Arm erhob, mit dem Aermel dos Einglas streift« und es zu Boden fallen ließ, wo es leid» mtt einem wehmütigen silbernen Klirren zerschellt«. Indes fuhr der eilige Autobus ab und der He» kehrte an den Rand des Barg»st«!g» zurück. Jetzt war sein rechtes Auge nackt und der recht« Mundwinkel begann unm»tlich abwärt» zu gleiten, wie ein« austariert« Wog» schal«. Das Angesicht belebte sich. Es wurde traurig und verlegen. Der Blick schweiste gerade aus. mit dem Willen, nichts zu sehn und sah doch gezwungen dl« gegenüberliegende Straßenseite, ihre Men. schen, einen Hund an der Litsaßsäule, einen stürzenden Radfahrer, einen kleinen Zusammenstoß. Das Gehirn des Herrn begann Er­lebnisse zu sammeln. Und, weil die Straßenbahn noch immer nicht kam. ereignet« sich da» Allerschtecklichste: d» Herr, dieser vornehme He», begann von einem Fuß auf den anderen zu treten. Es war wie eine sichtbar fortschreitende Proletaristerung des gebildeten Mittelstandes. Don Sekunde zu Sekunde wurde der Herr men'ch. licher. Jetzt sah man auch deutlich, daß er Eil« halte; daß er«in« sterbende Tan'e»reichen wollte; oder sein Mittagessen; oder ein« Pokerparti«; oder eine Verschwörung gegen dl« Republik . Er wurde verständlich, wenn auch noch immer nicht sympathisch. Und, wenn er unterwegs kein neues Monokel gekauft hat, so darf«r hoffen, in zehn Jahren sogar vernünstcg zu werden. njtmnatn Im Reo«» Atnfram. Am Sonntag, den t9. SRStf, tonn. 9'/, Uhr. finden wissenichaftliche Kührunxen durch Direttorialteamt« im Reuen Museum»PadhruSsammlung- Pros. S ch ub a rt und Im Mosco« für VSlkertunde.Religion JadonS' Dr. Trau?, sowie um 11 Uhr vorm. im kel�-ZdeMchOnuseem.Borderafien" Dr. S h, l» s s statt«ntttttslcheine sind vor vegi»,»er Eührtmge» am«ng-ng des Ottttsalcs*«>1##» trftiWffA vom /Kbeiter-Samarlterbunö. Dies» Tag« hatte ich Selegenheit, ein» Prüfung de» Ar- beiter-Eamariterbund«,(Kolonne Prenzlau» Berg ) bei- zuwohnen, über die ich hi» kurz berichten will. Di« Kursusteilnehw», zirka 40 Personen, wurden zuerst theoretisch üb» die Anatomie unj» Physiologie des menschlichen Körpers geprüft. Di« Anforderungen, die gestellt und erfüllt wurden, zeigen«inen sehr hohen Grad von Ausbildung. Die Kenntnisse in der Anatomie hätten für«ine ärzt. liche Vorprüfung an einer kleinen deutschen Universität ausgereicht. D» Vorsitzende d » Prüfungskommission, Mitglied des Zentral- Vorstandes, Genosse Engelbrecht, sagte mir. daß die Fragen, die von dem Prüfer und Kursusleiter, Genossen Dr. Arnstberg. gestellt wurden, leicht seien im Verhältnis zu denen, die von anderen Prüfenden verlangt wenden. D» praktische Teil bestand ttn Anlegen von Verbänden. Jed» Kandidat bekam einen Zettel, auf dem«ine angenommene Ver- letzung, Verbrennung od» Knochenbruch stand, und mußte dann entsprechend der Loge und Art der V»letzung den Verband anlegen. Dabei wurden die hauptsächlichsten Regeln der Wundverlengung, wie Nichtberübren und NichtausspAen von frischen offenen Wunden, keine Untersuchungen von Brüchen. Verstauchungen oder Bemntun- gen durch Loten Hand imm» wieder in» Gedächtnis d» an- gehenden Samariter gerufen. Der Arbeiter-Samariterbund will kein, Laienbehandler und Kurpfuscher heranzüchten, iondern die Samariter durch Unterricht und Ausklärung über die unendlich« Feinheit des menschlichen Körpers zu verstehender Mitarbeit beim Arzte erziehen. Durch die Kenntnisse, die dem Proletarier in den kurzen Kursusstunden über Bau und Funktionen des menschlichen Körper» Übermittelt werden, soll er das Bewußtsein bekommen, daß nur nn ganz eingehendes Studium d» Medizin die Kenntnisse üb»mitt«ln kann, die für«in wirNIch»sprießliches Helfen und Heilen»ford»lich sind. Je größer unser« Kenntnis von irgendeinem Gebiete wird, um so mehr erkennen wtt unsere Unvollkommenhcit aus diesem Gebiet«. Der Vorsitzende der Prüfunostommtssion führt, In seinem Schlußwort sehr richtig aus, daß die jungen Samariter, die jetzt ihr Prüfungszeugnis«rhalien und damit das Recht, in eine Samariter- kolonne einzutteten. nicht glauben sollen, sie seien vollkommen aus- gebildet« Samariter, die nichts mehr hinzulernen könnten. Gerade jetzt beginne erst ihr« Hauptausblldnug durch die Praxis.Nicht für die Schule, sondern für da» Leben l«nen wir," sagt schon ein altes lateinisches Sprichwort. Die Arbeiter-Samariterkolonnen bestehen jetzt bald ein halbe» Jahrhundert und sehen ihre Hauptaufgabe in der Hiisel, istung bei Unglücksfällen, die das Proletariat oft mit elementarer Macht über« lallen. Der Arbeiier-Samartterbund bewies sein pro'etcniiche» Selbstbewußtsem, als er da» Angebot, für das zu entlassende Plleae- oerfonal mit seinen freiwillig«« Hilfst rasten«nzu treten, stritt ab- lehnt«. D» Zweck dieser kurzen Zeilen soll sein, die Aufmerksamkeit des Proletariats auf«ine Einrichtung zu lenken, die von der Arbeiterklasse selbst geschaffen, nicht wie dos Rot« Kreuz«ine Wohltätigkeitsinstitutton ist. sondern ein« Hisssorgamsatton im Befreiungskampf« des erwachenden Proletariats von der bürgev, licht» VlVnrvNMdttn».___ Ite, aed, BUtbert SOUtfr j l