Gerkchtllcker flagriff auf Sie Pressefreiheit. Herr Semer erwirkt einstweilige Verfügungen. Der Großaktionär der»Germania ", Franz Semer, mit dem sich die Presse und auch der»Vorwärts wiederholt besaßt haben, ist. wie erinnerlich, in letzter Zeit auch Gegen- stand der Erörterung in der»Germania " selbst geworden, wo sich der frühere Direktor dieser Zeitung, jetziger Reichspresse- chef Dr. Spieker mit dem seltsamen Verhalten Semers eingehend beschäftigen muf.e. Vor mehreren Wochen schon hatte der»Montag Morgen- schwere Angriffe gegen Semer verössentlicht. Semer wurde beschuldigt, seinen finanziellen Einfluß dahin gel- tend zu machen, daß die»Germania " in ein a n t i d e m o- k ratisch es Fahrwasser gelenkt werde. Diele Wochen hat Semer verstreichen sassen, bevor er auf diese Beschuldigungen antwortete. Erst am Mittwoch voriger Woche verössentlichte er in der»Germania "«ine Erklärung, die sich in dunklen An- deutungen gegen Dr. Spieker und auch gegen das genannte Montagsblatt erging. Damit ihm nun nicht im„Montag-Morgsn" g e a n t- wartet werden kann, hat sich der Herr Zentrums- aktionär zu einem ganz ungewöhnlichen Schritt entschlossen. Er ging zum Amtsgericht Berlin-Mitte und er» wirkte eine einstweilige Verfügung, worin dem g«. nannten Blatte aufgetragen wird, gegen Herrn Semer weder einen Artikel noch eine Notiz aufzunehmen und zu verbreiten i Diese»einstweilige Verfügung" bedeutet«inen ganz un- geheuerlichen Eingrifs in die Presiefreiheit, und wir stnd über- zeugt, daß sie alsbald von dem zuständigen Gericht als i u- ristisch völlig unzulässig aufgehoben wird. Jeden- falls entbehrt das Vorgehen nicht der Originalität. Wenn es Nachahmung fände und die Gerichte dem Beispiel des Ämtsgerichts Berlin-Mitte folgen wollten, so könnte das zu erbaulichen Zuständen führen. Jeder Minister, jeder Bankier, '-der Reichstagsabgeordnete, kurz jeder, der irgendwie be- .urchten müßte, von der Presse kritisch betrachtet zu werden. könnte»einstweilige Verfügungen" gegen jede beliebige Zei- tung beantragen, damit keinerlei Notiz gegen ihn das Licht der Oesfentlichkeit erblicken dürste. Der Fall ist so hane» b ü ch e n, daß wir im Interesse der Pressefreiheit die schleu- nigste Beseitigung dieser einstweiligen Verfügung fordern müssen. Herr Semer selbst soll sich jedoch nicht«inbilden, daß er durch seinen Vorstoß die gesamte Presse mundtot machen könnte. Er erzielt durch dieses gerichtliche Verfahren nur. daß sich auch diejenigen Zeitungen, die bisher nur sehr gelegentlich von ihm Notiz nahmen, in Zukunft diesen seltsamen Aen- trumsmann eifriger als bisher unter die Lupe nehmen werden. • 1 Das Zentrum ist Übrigars in dieselbe Verteidigungsstel- fimg gedrängt, wie die Demokratisch« Partei. Die real- ti onären kapitalkräftigen Kreise, die bisher es darauf angelegt hatten, bürgerlich demokratische Zeitungen aufzukaufen und sie ihren eigenen Rechtstendenzen dienstbar zu machen, greifen jetzt auch in die Zentrums» domänen ein. In einer Zuschrift vom badischen Boden- seegebiet wird in der„Germania " mitgeteilt, daß es einem »Konsortium stark rechtsorientierter nationalistischer Kreise" gelungen ist, das älteste �«ntrumsbiatt im Boden- 'eegebiet. die»Freie Stimme in Radolfzell aufzukaufen. Zu den Geldgebern gehören Teile des kaiholischen Bodenseeadels. Die eigentlichen Finanzier» sind nach der»Germania " Nichtkatholiken, die den Boden für einen Ziölkischen Ilechtsradikalismus vorbereiten wollen. Es wirft«ick bezeich- uendes Licht auf die Rechtsverhältnisse der Presse, daß einer der bisherigen Redakteure dieses ältesten Zentrumeblattes in dem neuen Verlag geblieben ist und nun verbrennen muß, was er anderthalb Jahre long angebetet hat. Einer seiner Kollegen allerdings hat lieber auf feine Existenz einstweilen
Die Perlea der Sleopatra"(Theater am Nollendorf. vkafei. vi« Massary ist miede? da. Mossary: das heißt die Inkanmtion aller Heiterkeit. Anmut, Grazie Rhythmik und Schel- -nerei auf der Bühne. Massary : das ist Musik de» Körpers, des 'Neistes und der Seele, ist Tanz vom schwarzen Scheitel bi» zu den kleinen Füßen, ist Vibration aller Nerven und Leidmfchaft aller Sinn« Sie bezaubert di« Verwöhnten und die Blasierten und die Abaehärteten die Frauen und di« Männer, sie macht selbst die Kritik -air C'.aque-' Aber was Hilst das Versteckipiel? Man muß diese Musik gewordene Frau lieben mn des Spiels ihrer schlanken Hände willen und de» Charmes ihres Lachen», um der Keckheit willen, mit der sie Freiheiten wagt, sagt, singt, verschweigt, um ihre» Reich. eum» an Sangesnüancen willen, die jeden Operettenkomponisten zwingen müßten, zu lernen, was Operette ist. Die Massarn als Königin. Liebhaberin und immer wieder schließ- kich als Frau ist der Spielleiter, der Dichter, der Komponist, der Dirigent aller Operetten, die sie spielt. Wa» kümmert uns der In- halt eines Buche»? Dieses hier(von Brammer und Brün- wald) ist lustig und flott geschrieben. Die Perlen, in cyprischen Rotwein gegossen, feuern die Leidenschaft des Trinkenden an. Nun in drei Akten hat Kleopatra «inen Derbrauch von drei Männern, hi- ll-b nach ihrem Mundspitzen bewegen und regen. Alle» steht in ihreni Schatten. Selbst O» k a r S t r a u der die best« Operette leit den lustigen Nibelungen geschrieben hat, mit launigen, schlaaer- ■■asten Einfällen, au, Aegypten . Wien und Bayern , mit einer höchst amüsanten' parodistischen Manier, die heldische» und menschliches S�n mitewander mißt. Illing. Albert. Felix- das -st d�r Liebesskat am H°ft der Kleopatm. Und F« r r y S i k l a trommelt di« Kalauer ontwortlich für unser« Zwerchfell«, w �n��raon. Bei mir— Stadtbahnb�en�e S� Ma�ry. die t�li� Massary. Wc tin�tac üRoffcin?)* Striiif fdjrutnpft$unt I)ymnus jufornfncn. Ä, S. vi« Svdinr wird allersschwach- vi« Sphinx von Stzeh, dies«, Weltwunder, dos fo oft als Sinnbild d� II�erganqlich�tt gefeiert worden ist. spürt doch auch den.Zahn der Zeit Nachdem in den mehr als zy«) Jahren ibres Dasein» die Gesichtszüge vollkommen nerwlttert stnd und die anaewehten Sandmasien ihr« Löwenpranken verfckMtet haben, mach» sich jetzt ein sehr tiefer Spalt in ihrem Nacken bemerkbar. Da» Ministerium der össentlichen Arbeiten in Kairo hat sofort die notwendigen Ausbellerungsorbeiten angeordnet, um zu verhindern, daß der Sprung arößer wird und daß di« altersschwache Sphinx etwa gar zusammenstürzen könnt«. Tltnt«nsnethraaen ,»«ronrriaioipolcl»- Der HuMfBnng jnrn 70 Geburtitag Bon Prof. flurt»errmarm wird in der nächsten Woche im «lionvrinzenpolai« In der modernen Abteilung der Nalionalgalerie ein« Ausstellung der Werke von Rudolf Belltng. dem B-rliner Bild- hguer. folgen. Die Anordnung der neuen Glev-gt- Räume, die. wie wir berichteten, durch di« Ueberlllbruna der Wandgemälde ou» Reu- Dadow mäglich wurde, ist noch nicht„an, abgelchlofsw: die«rässnung der Räume wird mit einer eigenen kleinen Keier erfolgen. Site Hvan fingt am hentt«» Sonntag tat värgersaal de« v«r ltner Rathaus«», abends s UHtTttur«igen« Lieder. chin•annierabenb dessen Reinertrag Kr die von Frau Dr. Schwarz. rÄ-VÄ ».Ve.V.f eVl". ist. siude.
verzichtet, als seinen Grundsätzen im Dienste eines rechtevrien- tierten rein geschäftlich eingestellten Berlagsunternehmens untreu zu werden. Der Fall bietet einen neuen Beweis für die Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung der Rechtsverhält- nisse der Redakteure und Journalisten. Diese geisti- gen Arbeiter sind heute fast ebenso zur Ware geworden, wie die von ihnen hergestellte öffentliche Meinung. Die Reinheit der politischen Atmosphäre erfordert, daß der Gesinnung»- kaufdurchdieKapital gewaltigen gesetzlich unter- bunden und beim Uebergang einer Zeitung in den Besitz eines Sanz anders gerichteten Verlagskonsortiums wenigstens i e m a t e�x i e l l e E x i st e n z der an dem Blatte geistig arbeitenden Iourna'isten sichergestellt wird, um den materiellen Zwang zur Gesinnungslumperei zu vermeiden. Die Nationalliberalen. Di«»Zeit" ist nach wie vor gegen die Rech'tsfnmdeur, sehr energisch. Der auch von uns zitierte Artikel der.vossischen Zeitung" ist ihr zwar unangenehm, sie'möchte nach außen hin gern« den Schein wahren, aber di« Sprache ihre, Leitartikel» gegen die nationallibenlle Vereinigung ist von derselben Schärfe wie die Aeußerungen der.Vossischen Zeitung". Sie versichert, daß bei den Nationolliberalen»an die Stelle der öffentlichen Pressepropaganba die Propaganda unter der Hand getreten sei, die sich der öffentlichen Kontrolle entziehe und es schwer mache, festzustellen. inwieweit die Persönlichkeiten, die die NationaMberole Vereinigung für sich in Anspruch, nehme, auch wirklich auf dies« Gruppe ein» geschworenen seien." Man erfährt aus der»Zeit", daß Dr. Maretzky zu heute ein« vertraulich« Zusammenkunft einberufen hat. die sich nnt der für Maretzky so unangenehm verlaufenen San- didatenaufstellung für den Wahlkreis Berlin 4 beschöf- tigen soll. In dieser Sitzung sollen»mehrer« Mitglieder der Nationalliberalen Bereinigung sprechen". Di«»Zeit" meint: »Es entbehrt nicht«ine, besonderen Reize», festzustellen, daß sich hier die Bemühungen eines nicht wieder aus- gestellten bisherigen Reichstagsabgeordneten in so enge Verbindung mit den Absichten und der Tätigkeit der neu gegründeten»NationaMberalen Vereinigung" gebracht werden. Vielleicht dient das auch dazu, die wirtlichen Ab» sichten dieser Gruppe klarzustellen." All« offiziösen Bannflüche hindern freilich die mit Geldern schwer gespickten»Agenten der Generaldirektoren" nicht«inen Augenblick an ihrer Arbeit. Schon werden»Mitteilungen für die Presse" versandt, in denen dl« Ziel« der Partei(lies Siinnes und die Schwerindustrie) folgendermaßen bezeichnet werden: »Die Zeit der Abwehr gegen die Revolution ist vorbei. Es gilt nunmehr nach dem Wirrwarr der letzten Jahr« zum posi- t i v e n Aufbau(I) zu schreiten. Unsere Versasiung bedarf eines gründlichen Neubaues, auf der Grundlage dervismarck- schen Traditionen. Der Zwiespalt zwischen Preußen und dem Reich muß durch Einordnung Preußen» in die Reichsversassung beseitigt und ein Verhältnis zu Bayern wieder hergestellt werden, wie es Bismarck -? weise Etaatskunst stets auftecht zu erhalten wußte. In der Wirt- s ch a f t muß endgültig mit den Hemmungen des offen en und versteckten Sozialismus ausgeräumt werden, und zwar in der Gesetzgebung wie in der Verwaltung, da e» sonst unmöglich ist. dem deutschen Volte die Lebensyrundloge zu schaf- fen. die es m seiner furchtbar gedrückten Lage zum mindeste� braucht. In der Außenpolitik bedarf es einer«fchlosienen und starten Stellungnahme gegen die fortgesetzten vergewalii- gungsversuch« der Gegner. Auch unsere glorreichen Erinnerungen gilt e« zu schützen und z» pflegen. L!« Kolseride«, die Sehnsucht de» deutschen Volte«<l) und da» Symbol seiner Einhett. muß in der Deutschen Volkspartei , der politischen Erbin de. National- verein», ihre treu« Hüterin und vewahrerin finden." Was wird die arme Voltspartei tun? Sie wird Bannflüche senden und gleichzeitig sich bemühen, nochzuweisen, daß alle from- men Wünsche der Sttnnes-Leute durch sie hinreichend erfüllt werden. EI« ist selbstverständlich, da» versichert heute de- reit» die parteioffiztöse»Rattonalliberol« Korrespondenz",»für da» deutsche Volkskaijertum". Sie ist»sür die Flagge schwarzweißrot", sie tritt dafür ein, daß da» deutsche Volk»sich seiner völkischen Eigenart bewußt sei, daher Bekämpfung aller Zersetzungsbestrebun» gen, die das deutsch « Empfinden zugunsten wettbürgerlicher und wesensfremder Auffassungen zurückdrängen wollen". Im Kampf gegen den Marxismus stellt sie auch ihren Mann und wenn auch Strefemann oft genug versichert hat, daß seiner Meinung nach ein« Politik in Deutschland ohne oder gegen di« Sozioldemo- trati«. die Vertretern, der Arbeiterschaft, nicht gemacht werden kann, so wird sich die Deutsche Dolkspartei schwer hüten. fürdies« Einsicht sich irgendwie in» Zeug zu l«gen. Das Hai die Stwsemannsche Innenpolitik in den kritischen Novembertagen des vergangenen Jahres deutlich genug bewteftn. Zu einem solchen Bekenntnis und zur Befolgung einer entsprechenden Politik würde Mut gegen die Wirtschaftsgewaltigen gehören. Di« könnt« die volkspartet so wider den Stachel löken? Sie wird schimpfen, sie wird jammern, sie wird beschwören, aber sie wird— Ordre starlerent_ ssnilling wirü unverstbämt. Er redet beim„Stahlhel«" gegen»Nodemberv erbreche?". gn einer Versammlung de» Stohlhelm-Bunde» in München sprach am Freitag neben dem abgesägten Volksparteiler o. Lersner auch der bayerische Ministerpräsident v. Knilling. Dieser Brav«, zu dem die München «? Angeklagten mehr vertrauen hatten als zu Kohr, leistet« sich dabei diesen unverschämten Angriff gegen den Reichspräsidenten und die bisherigen sozialistischen Reich«- minister: Abgesehen von gelegentlichen Aeußerungen von Mitgliedern der Reich-reyiernng(über di« Kriegischuldfrage) haben mir bi»- her vergeblich darauf««wartet, daß eine Reichstregierung sich aus- raffen werd«, selbst den Kampf aufzunehmen Ein« solch« Palfi. vität wird im Ausland« nicht begriffen, und es ist felbstverständ- lich, wenn da» Ausland diese» amtliche Stillschweigen ol,«in still- schweigendes Schuldbekenntnis deutet. Solange di» Reichs- reMerung sozialistisch durchseht war. brauchte man sich über ein« derartig« vorsichtig« Zurückhaltung nicht besonder» zu»er- wundern: denn mit der Schuldlügr entfällt der hauptvorwaud für da» verbrecherische und fteoelhafte Unternehmen der Novemberrevolution im Zahre ISIS. Wir stehen vor ernsten Zeiten, vor Neuwahlen zum Reichstag. Wir wollen hoffen daß das Wahlergebnis zur Bildung einer Reich, regierung führen wird, die, frei von fozialifllschem Einflüsse, bereit ist, den Kampf gegen di« Schuldlüg« auszunehmen und sich zum Wort» führ«? de» deutschen Volke, in dieser Frag« zu machen. Ein Lürgerbräu-PHilister kann über politisch« Ding« nicht un- gereimter daherreden, wie«» dieser katholisch« Ministerpräsident Kahrbayerns tut. Wer da glaubt, daß di« Nooemberrevolittion von 1S!8 mit der Kriegsschuldstag« in irgendeinem ursächlichen Zu- sammenhang stände, der hat auch nicht die geringst« Ahnung von he» wirklich weidende» Motu», der Erheb«, de« w»>»h«vrtt»
und von den Ludendörfsern systematisch angelogenen Volkes. Wenn er aber, gestützt auf so mangelhafte Kenntnis de» Volkscharatters, die Staatsumwälzung von 1918 als»frevelhaft und verbrechersch" bezeichnet, so kennzeichnet«r sich selbst als politischen Ignoranten. Er stellt sich damit auf ein« Stufe mit dem völkischen Agitator Holl, der al» Verteldiger im Ludendorff-Prozeß den Zentrumsmann Dr. Bell beschuldigt, er habe den Friedmsver« trag,»ohne daß ihm die Hand verdorrte", unterzeichnet,»weil«in Sieg Deutschland » seinen Parteiinterlssen schäd- l i ch" gewesen sein würde. Soviel man weiß, stand Knillng früher dem Zentrum nah«. Izeut« ist er nur noch bei der bayerischen Dolkspartei! Seüingte Wahlfreiheit. Versawmluugs-«nd Pressefreiheit unter Vorbehalt. Von», LS. März.(Mtb.) In einer Bespreckung mit den Führern der politischen Parteien bat der hiesige Oberdelepipne der Rheinlandkommission, Oberst Gelin, für die kommenden Wahlen völlige BersammlungS- und Pressefreiheit zugesichert unter der Voraussetzung, daß keinerlei«euße- rungen ausreizender oder verletzender Art gegen die Pelotzung und den Bersailler Bertrag sollen und daß die öffentlichen Versammlungen nach den geltenden Bestimmungen ,8 Stunden vorher angemeldet werden. Meinungsaustausch llonüonaparis. Gegensätze in den Sachverstäudigeuausschüssen. Paris . 22. März.(Eigener Drahtbericht.) Der überrafchenda Entschluß der Sachversiändigenausschüss«, das Wochenende zu einer Aussprach« mit den zuständigen Londoner Stellen zu benutzen, hat zusammen mit den Gerüchten von einer sür die allernächste Zeit beabsichtigte Zusammenkunft zwischen Ramsay Macdonald und Poincar« hier und in London zu den gewagtesten Kam- bnatonen und Kommentaren Anlaß gegeben, di««» schwer machen, au» dem Wirrwarr widerspruchsvollster Informationen den wahren Ernst herauszuschälen. Sicher ist jedenfalls dos ein«. daß die erhöhte diplomatische Aktivität der letzten Tage ihren Grund in den Schwierigkeiten hat, auf die die Beratungen de? Ex- pertenkomitee» gestoßen find. Dies« Schwierigkeiten sind meist polt- tisch«? Natur und machen deshalb Entscheidungen der Regierungen selbst erforderlich. Von dieser Notwendigkeit scheint man sich so- wohl in Pari» wie in London nunmehr Rechenschast gegeben zu haben. Der seit Mitte der Woche zwischen beiden Kabinetten gi- führte außerordentlich rege Meinungsaustausch steht damit in engstem Zusammenhang und«s ist wahrscheinlich, daß der Gedanke einer Begegnung zwischen Polncarä und Ramsay Macdonald als Vor- dereitung einer interalliierten oder vielleicht sogar tnter» nationalen Konferenz greifbarere Gestalt als bisher angr» nommen hat. All« dies« Ding« aber sind vorläufig noch im Fluß und die darüber verbreiteten Meldung«« müssen al» zum mindesten stark verstüht bezeichnet werden. Zutreffend ist andererfeiis, daß die englisch -französischen Der« Handlungen nicht allein da» Reparaiionsproblem zum Gegenstand haben, sondern daß di« Frage der französischen S l ch e r h ei t dabei eine sehr gewichtige Roll« spielt. Wenn auch in Frankreich in der breitesten Oefsenttichteit die Bereitschaft zu einer Lösung im Rah- men des Völkerbundes, wie sie am Freitag u. o. vom»Temps " skizziert wurde, jetzt täglich an Boden gewinnt so ist e« doch kei!!esivee<s sicher, daß di« neuen Vorschläge, die die französisch« Re» gierung in London hat unterbreiten lassen, von diese» Tendenzen Inspiriert sind. Di« von einem Teil he? Morgend! älter gegen die englischen Sachverständigen und insbesondere gegen den englischen Delegierten der Reparationskommission gerichteten Angriffe veranlassen am Sonn. ebenda bend den»Temps" zu der Feststellung, daß man in den zu- ständigen französischen Kreisen diese Polemik als absolut ungerechtfertigt betrachtet. Bradbury sei in keiner Weise sti? die Verzögerung oerantworttich zu machen, die die Arbeiten der Sachverständigen erfahren hoben. Dagegen wird in unterrichteten Kreisen bestätigt, daß es zwischen den angelsächsischen und den sra«. zösisch-belgischen Mitgliedern der beiden Expertenkomitees in de» letzten Togen wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten gekommen ist. Insbesondere scheinen es di« von der Mehrheil der beiden Komitees für die nächsten Iah« in Aussicht genommenen Leistungsverpflichiungen Deutschland » zu sein, die von den Frau. zost», und Velgieru als zu niedrig bekämpft werden.
Die englifch-französischen verhanülungen. London . 22. März.(Eigener Drahtbericht.) Der Briefwechsel Macdonald-Poincare über die Frage der französischen Sicherung, die baldig« Aufnahm« Deutschlands in den Völkerbund und das An« gebot, die britischen Streitkräfte gegen den Friedensstörer einzu- setzen, wird sowohl in Pari», wie in London offiziell dementiert. Da» Dementi. leugnet jedoch nur. daß gegenwärtig ein Brief. Wechsel ftattsind«. Es ist jedoch unleugbar, daß ein G« d a n t e n» austau sch über dies« Punkte neuerdings stattfand. Jedenfalls steht fest, daß der französische Gesandt« in London da» Auswärtige Amt letzthin besucht und dieser Besuch der Aussprache über die Punkte gegolten hat. die ol» Inhalt de» Briese, Macdonald» be- zeichnet werden. Es werden ftrnerhin ohne Zweifel'Belprechun- gen gepflogen, die die Wieberherstellung der französisch-brttischen Entente, allerdings zugunsten der Aufrechterhallung de» europäische» Friedens zum Ziel haben_ Neue amerikamstbe Abrüstungskonferenz. London , 22. März.(EE.) Das amerikauifche Repräsentanten- hau» nahm gestern«instimmig«inen Beschluß an. der di« Re- gierung ersucht, eine neue Konferenz sür di« allgemein« Marineabrüstung einzuberufen, auf der alle Fragen gelöst werden sollen, di« von der Konferenz im Jahr« 1921 nicht gelöst werden konnten. Ernster Zwischenfall ln Irlaaö. London . 22. März.(Eigener Drahtberitt.) In Queen«. town im Kreistaate Irland bat sich wiederum ein sehr ernster Zwischenfall ereignet. Ein Teil der Garnison der Insel Spike war zu einem Besuch aut dem iristen Festlaude beurlaubt. Al« fie im Hasen von OueenSiown landeten, rast««in Automobil her- a». da« mit vier irischen Soldaten und rtziem Malchinengewebr beladen war. Daö ZPoschtnenaewebr feuert« sofort auf die eng- lischen Soldaten, die alle waffenlos waren Ein Soldat wurde getötet, vier wurden schwer und sieben leichter verwundet. Der Präsident de« irischen Freistaote», CoSgrave. hat sofort M av- d o„ a I d telegraphisch da« Entsetzen und di« Verachtung de« irischen Volke» über da» verbrechen ausgedrückt und mit ieinem Betleid für die Opfer de« Ueberialle« die Versicherung verbunden, daß mit olle» Kräften di« Aesisiellmrg d«r Verbrecher betrieben