Nr. 141 41. Jahrgang
5. Beilage des Vorwärts 23. März 1924
Lange Nasen, frübe Augen. Die Kaiserjemmel. Fran Ubran.- Geflicte Bettlaken. - Die geohrfeigten Republikaner . Einmal, dachte ich, muß man die Leute gesehen haben, die heute noch, nach dem Weltfrieg, nach der Enthüllung aller faiser- und töniglichen Schweinereien, für Gott, Raiser und Baterland schwärmen. Und ging in eine Monarchistenversammlung. ,, Bilder, bitte! Schöne Bilder von den faiserlichen Hoheiten, den Kindern Ihrer Majestät."
Es waren aber nicht acht oder neun( wer fönnte sich die Zahl merten), sondern nur drei Kinder auf dem Bild. Drei Kinder und drei geistliche Herren. Hinter jebem Kind einer. Sozusagen drei Schutzengel, schwarze Schußengel. Fürwahr: ein schönes Bild. Es toftete leider dreitausend Kronen.
Ein dicht gefüllter Saal. Freilich ein leiner Saal. Aber was tut's! Immerhin war der Saal mit Menschen gefüllt, mit faifertreuen Menschen. Ihre Majeftät hat noch Anhänger in Wien . Gin General! In der alten, guten Uniform. Er sonnt sich, der Arme, zwei Stunden im Glanze der roten Hosenstreifen.
Offiziere in Zivil. Im schäbigen Zivil. Der bort mit dem oter edigen Schädel war sicher einmal Hauptmann. Man möchte Sabt Acht" stehen und falutieren. Und glaubt, jeßt und jetzt wird er rufen: Sie Schwein! oder so.
Aristokratiet Bielleicht hocharistokratie! Schmale Schädel, Rassenschädel, bitte! Lange Nasen, trübe Augen.
Und Damen der Gesellschaft". Sie find gefommen wie zu einer Soiree: in Belzmänteln und kostbaren Abendkleidern. Sie minten und niden( leicht und vornehm" natürlich) einander zu. Ab und zu führen sie ein Taschentüchlein zum Mund. Bon wegen des Duftes, den es ausstrahlt. So eine Bersammlung mit Plebejergeruch ift feine Kleinigkeit.
Ja, auch Plebejer find da. Der General, die Grafen und die Damen " gehören hierher. Man müßte nach ihnen schicken, wenn sie nicht da wären.
Aber die andern? Diese Frau mit dem Hut aus Großmutters Zeiten, dem verschliffenen Kostüm und dem typischen blutleeren Armeleutegesicht? Und alle die anderen Frauen( fie sind in der Mehrzahl) mit den schlechten Kleidern und blaffen Gefichtern? Was haben die hier zu- tum? Freilich, Rührung ist hier billiger zu haben als im Kino. Aber Rührung über das Unglüd" der fremden, hoch mütigen Raiserin", wo das eigene tausendmal größer ist?
Es sind vielleicht Frauen, die da fagen, in der Monarchie fei cine schöne Zeit gewesen, weil die Raiferfemmel zwei Kreuzer foftete, während fie für die republikanische Gemmel 500 Kronen zahlen müffen. Wobei fie nicht gleich daran denken, daß die 500 Kronen ungefähr dasselbe sind wie die zwei Kreuzer im Frieden und daß die Zahl nur gestiegen ist infolge der schlimmen Nachwirtungen des Krieges, der geführt wurde zur größeren Ehre Habsburgs , die feine Chre war, des Krieges, in dem Gatten, Bäter, Söhne und Brüder erblindeten und verkrüppelten, mißhandelt und erschossen wurden. Es find nur wenige, vereinzelte, die so vergeßlich find. An ihrer Seite figen Jünglinge, bleiche Jünglinge mit funkeln den Augen und langen Haaren. Sie haben sichtlich die Geschlechtsreife noch nicht überwunden und find ameifellos eifrige Mitglieder des fatholischen Jugendbundes.
,, Mich hab'ns net d'ran friegt, do Jub'n," schreit ein Invalide und schlägt wild mit den Händen in die Luft. Ich war Matrose auf Seiner Majestät Schiff.... Der Name des Schiffes geht im Lärm unter. Armer Mann! Sie haben ihn doch d'ran gefriegt", zwar nicht dö Jud'n", aber die, denen er es zu danken hat, daß er förperlich und feelisch gebrochen ist.
Roch andre sind da. Dunkle Geftalten. Hafenfreuzler, bie den Revolver griff- und schußbereit in der Tasche haben. Arbeitslose vielleicht, die die Not dazu getrieben hat, sich für wenig Geld und viele Bersprechungen zu Beschüßern ihrer Beiniger von gestern herzugeben.
Sie brängen fich an den Türen und senden mitunter mißtrauisch prüfende Blicke in den Saal. Es erginge wohl jedem übel, der es
Sonntag
wagte, einem Redner entgegenzusprechen oder auch nur den Mund bahnhof ab. Welche Mühen hatte sie nicht zu ertragen, ehe fie an's zu einem Lächeln zu verziehen. Ziel tam! Strapazen, Zollpladereien, Kälte. Sie ertrug alles gerne.
Und doch ist es schwer, ernst zu bleiben.
Erhebt sich doch eben Herr Bense, der Abgeordnete der Monarchisten von Leipels Gnaden, und flagt voll Trauer, daß die Geele des österreichischen Volkes frant fei. Denn dieses Bolt gebe noch immer feinem„ Raiser" nicht, was des Kaisers ist, nämlich die Schlösser Schönbrunn , Baden , Ischl , Innsbruck und alle übrigen faiferlichen Schäße, die die Republit für Staatsgut erklärt hat.
Uns dünft, die österreichische Seele ist gesund geworden.
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Der Herr Baron" ist ein feiner Mann. Das ständig gefchloffene Jadett fist gut, der Kopf hat eine vornehme" Haltung, die Hände, die jeden Gaß mit einer stolzen Bewegung einleiten, sind schmal und gepflegt. Aber am Ende jedes Sazes finten die Wangen in die Mundwinkel ein und erdrücken die letzten Worte. Bergebens fpitzt der Plebejer die Ohren. Der adelige und öffnet sich erst wieder zum nächsten Saz, der wieder nur ein halber wird. Nein, anstrengen wird er sich, wo ja doch auch misera plebs ( armes Bolf) da unten sizt!
Da ist der Schaper schon ein anderer Mann. Er schreit feine Entrüstung laut in den Saal und schleudert Blige unter buschigen Brauen hervor. Heraus mit den Schäßen, die dem Haufe Habsburg gehören! Das fordern wir vom Parlament."
Nun ja! Es ist nicht gut für Berufsmonarchisten, wenn Habs burgs Einfünfte etwas magerer find.
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Aber die Sensation des Monarchistenabends ist etwas anderes. Die Sensation ist die Frau Urban. Einfach Frau Urban. Denn ob ein„ Don", ich weiß nicht sie möge es huldvoll verzeihen! auch nur ein bescheidenes„ von" vor Seiten ihren gut bürgerlich flingenden Namen schmückte,
Die Dame hat( id) muß es gestehen) die Blüten der ersten Jugend schon einem zarten Rauhreif zum Opfer gebracht. Aber die Gestalt ist noch immer jugendlich schlank; bas schwarze Seidenkleid gereicht ihr zum Vorteil. Aber, um die Augen find nicht mehr zu verbergende Falten und die Nase ist ein wenig zu lang und ein wenig zu fpig.
Auch die Zunge, wie wir hören.
Als die Kunde von Frau Habsburgs Not " ergreifend durch die Lande und das„ Neue Biener Journal" ging, da stieg Frau Urban rasch entschlossen in das Auto und fuhr von Geschäft zu Geschäft und schmorrte nach Kräften. Wer wird sich fnauferig stellen, wenn eine vornehme Frau gar für die Kinder der Kaiserin" bitten tommt. Das ist zumindest eine andere Sadye, als wenn ein Angestellter eine Gehaltserhöhung verlangt.
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Denn was tut man nicht alles, um von Ihrer Majestät mit einem bankbaren Händedrud beglückt zu werden. Mit einem Händedruck, der allen hochherzigen Wiener Spendern galt.
Aber ein wenig ist sie auf die Wiener böse, Ihre Majestät näm lich.. und hat sie nicht allen Grund dazu?" ruft Frau Urban in heiligem Borne aus und ftampft ein wenig mit den Lacstiefelchen auf den Boden.
Gott ! Wie ärmlich lebt die faiserliche" Familie. Nicht einmal Fleisch gibt es täglich( wenigftens fagt es Frau Urban); mandymal müssen es auch Fische tun; aber die kleinen„ Hoheiten" sehen dabei doch gut aus. Nur müssen die armen Kerlchen gar auf geflicten Bettlaken schlafen.
Dringt es nicht wie unterdrücktes Schluchzen aus dem Saal her. auf? Weinen etwa die Frauen, die einst um Habsburgs Willen nicht einmal zwei Lot Fett in der Woche hatten und deren Kinder vielleicht heute noch nicht einmal genügend geflicte Bettlaten befizen?
„ Es ist rührend, zu sehen," erzählt Frau Urban, nachdem sie sich mühsam gefaßt hat, weiter, wie Ihre Majestät die Kinder zur Frömmigkeit erzieht. Vor dem Frühstüc müssen sie schon in die heilige Messe gehen. Die„ Kaiserin" selbst geht zweimal täglich):"
Und was für gescheite Kinder das sind! Ganz aus der Art geschlagen, fönnte man nach Frau Urbans Erzählung meinen. Und diese Kaiserin!". Als ich die zweiunddreißigjährige verhärmte Frau sah," bricht Frau Urban plöhlich los, hätte ich alle Republifaner ohrfeigen fönnen."
Nun ja, Südländerinnen welken rasch. Wer wird das, schöne Frau, fo unzart die Republifaner entgelten faffen.
Aber Ohrfeigen, die andere erhalten, find überhaupt nach der reizenden Monarchistin Geschmad. Ermahnt sie doch die Herren, alle zu ohrfeigen, die an Frau Habsburgs Not zu zweifein wagen. Dann wird sie wieder elegisch. Ich lebe noch im alten Desterreich", feufzt fie.
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Nun wird sie aufs neue trozig. Bekennen! Bekennen müssen wir unsere monarchistische Ueberzeugung!" Das soll freilich in der allzu langmütigen Republit um vieles ungefährlicher sein als im schönen alten Desterreich" das Bekenntnis zur Republik .
Nachdem sie genug gemeinet und gefeufzet hatten, machten sie Schluß. Natürlich mit einem dreifachen Hoch auf unseren aller gnädigsten Kaiser Otto! Nämlich den elfjährigen Otto Habsburg . lind sangen andächtig und falsch das Kaiserlied: Snnig bleibt mit Habsburgs Krone Desterreichs Gesáid vereint." Na, das fonnte ich mit vergnügtem Grinsen( natürlich durfte ich nur innerlich grinsen) mitfingen.
Wie alt find die Buben( Buben bitte!)" fragten fie und dann gaben sie den Auftrag, Stoff für drei und vier Kleider für jeden herunterzuschneiden. Das alles erzählt Frau Urban mit allen Zeichen inniger Bermag Und noch mehr. Mit fieben Riften fuhr fie vom Wiener Weft genug bezahlt.
tuung.
CALMON
Colmon
„ Spenden, bitte!" Beim Ausgang standen wieder edle Jüng finge und hielten den Hut auf. Ich blechte tausend Kronen. Für wen weiß ich nicht. Biertausend Kronen! Der Spaß war teuer
Verlangt die guten
CALMON
Hanfa- Gummiabfätze
g.
Preisausschreiben!
Da über die volkswirtschaftliche Bedeutung und Vorteile des Gasverbrauches fellweise eine unbegreifliche Unkenntnis herrscht, haben sich die Berliner Städtischen Gaswerke A.G., um weltesten Kreisen der Bevölkerung Anregung zum Nachdenken über diese Fragen zu geben, entschlossen, folgendes Preisausschreiben zu veranstalten: Ueber folgende Fragen: 1. Warum ist das Gas von so hoher Bedeutung für Gewerbe und Industrie?
2. Welche Vorteile verschafft das Gas dem Haushalte beim Baden, Kochen, Heizen, Plätten, Braten, Backen etc. gegenüber festen Brennstoffen?"
ist in leicht verständlicher Form ein Aufsatz zu liefern.
Die Aufsätze können sich auf die erste oder die zweite, oder auch auf beide Fragen beziehen. Auch kann jedes einzelne Geblet des Gasverbrauchs, sei es Kochen, Heizen, Baden, Backen, Braten, Plätten, Warmwasserbereiten mit Gas, gesondert behandelt werden.
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Jede Haustrau, überhaupt jeder Gasverbraucher, sollte nicht versäumen, seine Erfahrungen auf dem Gebiete des Gasverbrauchs auf diesem Wege zur Verfügung zu stellen. An Preisen für die besten Arbeiten sind ca. 300 sehr wertvolle Preise, gestiftet von ersten Firmen der Gasindustrie, ausgesetzt worden. Unter anderen: Kocher Askania Werke, Dessau 5 L. und 5 II. Preise( Gasherde Badehelzöfen- Plätten), Askania Werke vorm. Bamberg Werk, Berlin- Friedenau, Präzision Mechanik Optik, 10 II. Preise( Operngläser), A. E. Bautz, Berlin 3 1. Prelse( Lucullus), Bing- Werke Akt. Ges., Nürnberg 3 1. Preise( Gasbadeöfen), Abteilung Clasenbrenner der Richard Kahn A. G., Berlin 150 II. Preise( je 2 Clasenbrenne), Junker& Ruh- Werke Akt. Ges., Karlsruhe 5 1. und 7 II. Preise ( Gasherde- Kocher Plätten), Junkers& Lessing, Berlin 3 I. und 10 II. Preise( Gasbade- und Heizöfen), Kiesewelter& Co, Berlin , 15 II. Preise( Gaskocher), Liebig's Dampfwaschautomaten- Zentrale, Berlin- Wilmersdorf 1 I. und 4 II. Preise, Meurer Akt. Ges., Cossebaude bei Dresden 1 1. und 3 II. Preise( Gassparküche Wende- Gasplätte- Wundertöpie), Mu tiplex- Gasternzünder G m. b. H., Berlin 20 II. Preise( Asca- Gasplätten), M. G. Nolte, Berlin 12 II. Preise( bewegliche Schlauch brausen), Schulz& Sackur, Berlin 2 1. und 18 II. Preise( Gasbratofen- Kocher- Plätten Heizofen- Kaffeeröster). Senking- Werk Akt. Ges., Hildesheim 3 I. und 3 II. Preise( Gasherde- Kocher), Deutscher Lehrmittel- Verlag( Delvag), Berlin , 9 II. Preise( Wunder- Back, Brat- und Kochapparate). Die Einsendungen müssen mit der Aufschrift Preisausschreiben" bis 1. Mal cr. 12 Uhr Mittags bel der Propaganda- Abteilung der Berliner Städtischen Gaswerke A. G., Berlin C 2, Stralauer Strasse 57 eingegangen sein, woselbst auch die Preise vom 1. April er. ab werktäglich von 12 bis 5 Uhr in der Gaslehr- und Musterküche besichtigt werden können. Die Veröffentlichung der Preisträger erfolgt am 18. Mal 1924 In der Berliner Tagespresse. Nicht preisgekrönte Arbeiten werden nur zurückDie preisgekrönten Aufsätze sind Eigentum der Berliner Städtischen Gaswerke A. G. und wird eine Publikation derselben vorbehalten. geschickt, wenn Porto und Briefumschlag beigefügt ist. Die Entscheidung der Preisrichter ist endgültig und nicht antechtbar. Preisrichter sind:
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