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Abendausgabe

Nr. 166 41. Jahrgang Ausgabe B Nr. 83

Bezugsbedingungen und Anzeigenprette find in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: Sm. 68, Cindenstraße 3 Fernfprecher: Dönhof 292-295 Tel- breffe: Sozialdemotrat Berlia

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Goldpfennig

50 Milliarden

Montag

7. April 1924

Berlag und Anzeigenabteilung Geschäftszett 9-5 Uhr Berleger: Borwärts- Bering Gmb Berlin S 68, Cindenficaße 3 Ferniprecher: Donhoff 2506-2507

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Die Wahlen in Bayern  .

piloti sic

Zusammenbruch der Bayerischen   Volkspartei.- Mißerfolg der Marristenheze.

Die Völkischen sind auf die Dauer feine Gefahr, denn sie Aschaffenburg  . SD 3321, Komm. 650, Bay. Bolfsp. 5658, selber werden feine Dauer haben. Für den Augenblid aber Bött. 1180, Chrift. Soz.( 3tr.) 563. Demofr. 872, Ber. Nationale tönnen ihre Erfolge für Deutschland   nach außen hin geradezu Rechte 1475. Bo.fsentscheib: 4755 Nein, 6713 Ja. lebensgefährlich werden. Bielleicht aber öffnet feht der Fall Nationalliberale Landespartei 109, Bauern und Mittelstandsbund Paffau( S: ab: und Land vollständig). Bayr. Boltspartei 4676, Bayern   auch breiteren bürgerlichen Kreisen die Augen dar- 931, Dtsch. Block 75, Bölt Blod 945, USPD  . 1120, KPD  . 851, Chrift lichsoziale Bartei 64.

Die Nachrichten über das Ergebnis der bayerischen Wah­len sind noch unvollständig. Soweit sie ein zusammenfassendes Urteil zulassen, lautet es dahin: Bernichtung der alten Rechts­parteien( Deutschnationale und Deutsche   Boltspartei), tata Strophale Schädigung der Bayerischen Volkspartel durch die Boltisen, geringere Schädigung der Sozialdemoüber, pohin das blödsinnige Antimarristengeschrei führt. tratte durch die Kommunisten.

=

Die bürgerlichen Barteien fämpften fast ausnahmslos unter der Barole: Gegen die Marristen, gegen die November perbrecher!" Sozialdemokraten und Kommunisten werden damit, trog ihrer scharfen Gegensäge, miteinander in einen Topf geworfen. Geht man von den eigenen Voraussetzungen der Gegner aus, dann ist das Ergebnis für sie ein Miß erfolg. Denn Sozialdemokraten und Kommunisten zu fammen haben, nach den bisherigen Zählungen, nicht viel weniger Stimmen erhalten als bei den früheren Wahlen. Stellenweise haben die Kommunisten den Sozialdemokraten erheblichen Abbruch getan: hier besteht der Erfolg der Marristenfresser lediglich darin, daß sie an Stelle der ernst­zunehmenden fozialdemokratischen Gegner weniger ernstzu nehmende Kommunisten eingetauscht haben.

Aber, davon abgesehen, ist der Erfolg des Antimargiften. fturms geradezu kläglich zu nennen. Die Sozial bemokratie hat sich tapfer gefchlagen und ausgezeichnet gehalten. Auch die B. 3. am Mittag" bestätigt in einer Münchener   Eigenmeldung, daß sich bie Sozialdemokratie überraschend gut gehal. ten hat". Mit der Marristenvernichtung ist es also Effig.

"

Dagegen hat die Antimarristenparole auf die bürgerlichen Barteien etwa fo gewirkt, wie wenn Giftgaße vom Bind in den eigenen Schüßengraben zurücgetrieben werden. Den Marristen" hat diese Parole nichts anzuhaben permocht, bei ben Rechtsparteien, einschließlich der Bayerischen Volkspartei  , hat fie geradezu vernichtende Wirkung gehabt.

Der Bartikularismus ist entscheidend aufs Haupt ge­schlagen. Seine Anhänger, eben die Banerische Volkspartei, merben im Landtag nun eine Minderheit bilden. Mit er. brückender Mehrheit hat bas barerische Bolt in dem Bolts entscheid, der mit den Wahlen vereinigt war, das Ber­langen der Bayerischen Boltspartei abgelehnt, der neue Land­tag folle bevollmächtigt werden, mit einfacher Mehrheit die Berfassung zu ändern. Sachlich lief diefer Antrag auf die Abficht hinaus, neben dem Landtag ein Oberhaus zu errichten und einen bayerischen Staatspräsidenten als Statthalter der Monarchie" zu mählen.

Als bie Bolkspartei diesen Bolfsentscheid beantragte, glaubte fie an einen sicheren Erfolg, glaubte sie an eine parti fularistische Mehrheit im neuen Landtag, glaubte fie, ihr ahr werde zum Staatspräsidenten gewählt werden. Kahr  ist davongelaufen, mit der partikularistischen Mehrheit ist es nichts, der Bolfsentscheid ist gegen die Antragsteller ausge fallen.

Eine gründlichere Niederlage läßt sich nicht vorstellen. Und diese Niederlage ist im Interesse der Reichs­einheit ein erfreuliches Ereign's. Denn fo groß auch die völkische Gefahr vom außenpolitischen Standpunkt aus er fcheint, innenpolitisch war die banerisch- partitularistische Ge­fahr die größere. Ging der zweitgrößte Einzelstaat zur Monarchie, fo ging er aus der Deutschen Republik hinaus und Derursachte damit ben schwersten inneren Rufammenbruch Diese Gefahr ist bis auf weiteres gebannt Rupprecht muß

fich bescheiden.

Wie die neue banerische Regierung aussehen wird, läßt sich noch nicht sagen. Jedenfalls befindet sich die bisherige Hauptträgerin der Regierungsgemalt, die Bayerische  Boksvartei, in einer fürchterlichen Situation, die durch die Offensive des Reichszentrums bei den kommenden Reichstags wahlen nur noch schlimmer wird. Wenn man denft, was für eine flug manchmal überklug- geleitete Bartei das Reichszentrum ist und das banerische Bentrum früher einmal gewesen ist, dann begreift man faum, wie fich die Rechts. nachfolgerin des bayerischen Rentrums, die Volkspartei, so plump und toricht in den Dred hineinreiten fonnte.

Welche Schlüffe find aus den Bayernwah fen für die Reichstagswahlen zu ziehen? Bor allem ber, bag bie Sozialdemokratie mit befter 3uperficht in den Rampf ziehen fann. Natürlich muß alles ge'an werden, um jebe Schäbi. gung der sozialdemokratischen Kraft burch den Kommunismus 21   verhindern. Auch diese Aufgabe bietet günstige Aussichten. Denn darf man Bayern   als fymptomatisch nehmen, dann hat die Sozialdemokratie von den Kommunisten viel geringere Shädigungen zu befürchten als die bürgerliche Rehte und Mit'e von den Bölfi'chen. Wenn sich die Sozialdemokratie als die Partei bewährt, der pie allgemeine Tendenz zur Berfetzung und Auflösung am wenigsten anhaben fann, dann wird sie am 4. Mai bie eigentliche Siegerin sein.

Alles in allem: Wenn jemand Anlaß hat, nach dem 6. April ben Schredensruf auszustoßen: D meh, mir find verloren!" dann ist es ganz bestimmt nicht die von allen Seiten angegriffene und gehegte Sozialdemokratie. Sie ist aus den Bayernwahlen als ein in seiner Beständigkeit ge­sicherter Machtfaftor hervorgegangen, als solcher wird fie erst recht auch aus den Reichstagswahlen hervorgehen. An uns ist es, nun dafür zu sorgen, daß unsere Gegner am 4. Mat eine noch viel stärkere Enttäuschung erfahren als am 6. April.

München  : Bon 408 772 Wohlberechtigten haben 300 875 abge­ftimmt. Davon erhielten: Bereinigte Sozialdemokraten 71 489( 134000), Rommun. 47 986( 24 418), 5ltische 104 972, Teutige Bolkspt. 4155, Demofr. 7642, Natlib. 2055, Nationale Rechte 12 721, Chrift!. Boltsgemeinschaft 2319, Beamtengruppe 3039, Unabh. 1583, Bayer. Boltspt. 59 636( 1920: 108 000), Rieter 278. Boltsentheid: 91 016 a. 182 193 Nein.

Nürnberg  ( fehlen 12 Bez.) Bspp. 57 500( 93 000), 25ft. 55 000 ABD 34 000( 3800), Demofr. 9400, Mitt: Iftandspartei 11 000, Ra tonallıb. 12 300 Nat. Rechte 3500, usp. 580, Chrifti. Soz. 7000. Bayr. Bolfsp. 12 000. 23oIfs entscheib: 31 800-3a, 127 500

Mein

Augsburg  : SPD  . 17 518( 34 000), Bayer. Boltspt. 20 770 ( 27 999), 3 STEL 16 P, 8338( 91), Not Rete 4989 Boltsenischeid: 26 797 Ja( 38,4 Brog), 42043 Rein( 61,6 Broz.) Wahlbciigung 75,4 Bro.

3ngolftatt. Bayr. Voltspartei 8390, Nationalliberale Landes. partei 157, Bauern und Mittelstandsbund 15, Dtsch. Block 26, Bolt. Blod 4146, SPD  . 1395, PD. 1732, Chriftlichsoziale Partei 513. Boltsentscheid 3833 für und 7274 gegen.

Landshut  .

Baner. Nat. Rat. ttft Go% Böll  . APD. Dem. Voltsp. Rechte Lib Bund 1150 4470 1090 50 4450

Regensburg 4000 3690 2680 2100 10800 1600 Amberg  Erlangen  

.

3280 2440 428 4166 544 2900 1715 547 283 882 370 651 1200 1600 1480 463 3680 196 192 1100 690 901 287 824 407 300 500 857 85 96 211 250 240 920 290 252 227 635 760

Weiden Schwabach Neustadt a. Aifch 1280 100 780 Roth b. Nürnba. 1460 Rothenbg. ob. T. 1020

Selbstanklagen der Volkspartei.

Münden  , 6. April.  ( TU.)

Würzburg  : BSPD. 4827( 12 000), BD. 1735, Deut' der Blod ( emate) 2180. Notionale Rechte 4037, Baner. Botnarti 12 163 ( 17 719), Böltische 4927, Chriftifoziale( 3ir.) 2566. 3olfs sich entfcheid: 17 811 Sa, 15 004 Mcin.

Sof: VSPD. 7510, APD. 996. Potische 9872, Demofr.. 706, Bayer. Boltspartei 752, Nationale Rechte 874. Schweinfurt: BSPD. 4209. Böltische 2697, Christlichfoziale 752, RBD. 3064, Demofr. 1307, Baner. Boltspartei 8006, Rationale Rechte 3337.

Fürth  . VSPD. 14 000, KPD  . 5000, 23812. 8500, Demotr. 2000. Bolfsentscheid: 8000 2a, 24 C00 ein.

8480, Demofr. 541, Mittelstanbsp. 738, Nat. Rechte 757. Bamberg. BSPD. 3554, RPD. 738. Bölt. 7940. Bayr. Boltsp.

Bayreuth  . VSPD. 5385, Romm. 1098, Demof. 484, National lib. 414, Böllische 7827, Barr. Bolt- part. 607, Beamtenpartei 27.

Deutschynat. 1831, Boltsentscheid: 3250 Ja, 12 743 Jcin.

Soburg( Bez rt des ehemaligen Freistaats). BSPD. 11 091, Stomm. 1462, Bayr. Volksp., Bölt. 12 161, Heimattreue Roburger 6006.

Die Versammlung der Bayerischen   Boltspartel; in der die Wahlergebnisie bekanntgegeben wurden, s'and unter dem für diese Partei sehr be­brüdenten Einbrud des Wahlergebnisses. Der Münchener   Partei­pot szende, Abg. Giehrl beubete an, daß man die Wahlniederlage elgenti felbit verschuldet habe, indem gewisse Stellu jahrelang nilt den voifischen Areisen gellebäugelt hälen. Dieses Pattieren habe fich heute gerät Dann sprach der abgebaute Sozialminister Oswald. Gr meinte, die Regierung, tie nun zustandekominen merde in Barern, werte nicht nan langer Davor sein. Das Wahl­resultat in München   habe sia längst voraussehen lassen. Daß die Rationalsozialisten jo start in den Bandtag cinziehen werden, habe bas Gute für sich, daß sie nun Farbe befennen müssen und bie Bevölkerung sehen werde, woh'n die Reise gehe und was die Böltis.hen eigentlich verhoben.. Dic Bayerische   Bolkspartei hebe von vornherein mit einem Stimmenverlust von 40 proj. geredinst. Die Völlischen würden gleich von Anfang an in Gestalt des Kontor­bates eine harte Ruß zu beißen betemmen, wobei sie flar Farbe bekennen müßten. Der christliche Bauerrführer Direttor Melch ner führte die Wahlniederlage der Bayerischen Volkspartei   besonders auf die schwere Belastung der Partei mit Herrn v. Kahr   zurück und mcinte, der jewerste Schlag werde erft noch temmen bei der Reis­tagswahl, und zwar auf Grund des heutigen Wahlerfolges der Vol. fi'chen, und dann, weil sie gegenüber der Nelchepolitit viel größere Aussichten auf Wehlerfelge hätten wie gegenüber der barerischen Bolitif. Es sprach dann noch der Reichstagsabgeortnete auch.

Die Eisenbahner lehnen ab.

Ab ft rich e machte, und zwar das ist der Stardal- gerade bei den unteren Gruppen. Wenn die Reichsregierung der art die ausgehungerten Eisenbahnarbeiter zur Berzveiflung treibt, dann wird die Deffentlichkeit mit ihren Sympathien auf Seite der Eisenbahner stehn.

*

Bie uns vom Allgemeinen Eisenbahnerverband( Hirsch­Dunder), Bezirk Berlin  , mitgeteilt wird, hat eine am Sonntag tagende Funktiorärversammlung des AEB. mit größter Er­regung davon Kenntnis genommen, daß das Reichskabinett dem Verhandlungsergebnis zwischen den Berbänden und dem RBM. nicht zugestimmt hat. Falls die Bereinbarungen nicht durchgeführt würden, müßten die Funktionäre das Dittat des Reichstabinetts als einen Angriff auf die Ehre der Verbände ansehen und verlangen, daß diese mit allen mitteln ver­

Der Beirat des Deutschen Eisenbahnerverbandes nahm gestern und heute in eingehender Beratung Stellung zu dem Berhandlungsergebnis bzw. dem Gegenvorschlag der Reichs­regierung. Obwohl bie Abstimmung über das Berhandlungs­ergebnis zur Stunde uns noch nicht vorliegt, fann doch bereits festgestellt werden, daß der Gegenvorschlag der Reichsregierung von allen Diskussionsrednern mit Entschiedenheit und Ent rüstung abgelehnt worden ist. Andererseits ist flar zum Ausdrud gekommen, daß der Borstand des Deutschen   Eisen bahnerverbandes, bevor er zum legten Mittel greift, alle Verhandlungsmöglichkeiten erschöpfen soll. Der Borstand des Deutschen Eisenbahnerverbandes wird deshalb beauftragt werden auch das ging aus der Debatte in un zweifelhafter Klarheit hervor, an den Bundesvorst and des ADG B. heranzutreten und ihn zu ersuchen, bei der Reichsregierung auf das dringendste vorteidigt wird. itellig zu werben, damit diese den nur zu berechtigten Forderungen der Eisenbahner Rechnung trägt. Bon der Ant­wort der Reichsregierung allein wird es abhängen, ob die Ber­handlungen morgen fortgefeht werden oder ob die Eisenbahner zum letzten Kampfmittel greifen werden.

Wir fönnen nur nochmals die Reichsregierung bringend vor den Folgen warnen, die unweigerlich eintreten müssen, wenn fie auf ihrem feither eingenommenen Standpunkt per­harrt. Bir erinnern nochmals daran, daß man die Eisen­bahner entgegen dem früheren Brauch, mo ihre Löhne gleich zeitig mit denen der Beamten geregelt wurde, wochenlang ver gebens auf eine Neuregelung marten ließ. Wir erinnern weiter baran, daß die gewiß immer noch unzureichenden Beamten­gehälter um etwa 25 Broz. aufgebeffert wurden, daß nach der Lohnvereinbarung zwischen dem Reichsverkehrsminifterium und den Eisenbahnergewerkschaften eine nicht unwesentlich ge ringere Aufbefferung der Löhne vorgenommen wurde, daß aber die Reichsregierung selbst von diesem Abkommen noch

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Am Sonnabend hat der Ausstand der Eisenbahnarbeiter an Ums fang zugenommen. In Nürnberg   stellten zwei Betriebs­wertstätten die Arbeit ein. Außerdem trat das Bahnbetriebswerk Haltingen in den Streif Dadurch ist der Grenzverkehr zwischen Deutschland   und der Schweiz   in seiner Aufrechterhaltung ernsthaft bebroht. In Elberfeld  ( Direktionsbezirt) hat der Ausstand eine erhebliche Erweiterung erfahren. Bis Sonnabend standen ins gesamt 10 000 Eisenbahnarbeiter im Streit. Außer Mitaliedern des freigewerkschaftlichen Deutschen   Eisenbahnerverbandes find Ange. hörige der chriftlichen und Hirsch- Dunderschen Organisationen an dem Streit beteiligt.

Zur Bewegung der Eisenbahner ist zu melden, daß ble Lage in Groß- Hamburg unverändert ist. Die Reichsbahnbirektion teilt mit, baß sich die Lage in Neumünster   infofern verschärft hat, als bort die Güterboden- und Gepädarbeiter die Arbeit nieber­gelegt haben. Irgendwelche Zwischenfälle sind nicht zu verzeichnen.