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Kr.17Z�41.?ahrgang Ausgabe A Nr.$6 Bezugspreis: BZchintltch iO©olbpfenr.ig oorflu« fnljlbac. Untcc Kreuzband für Deutsch­ land  . Danzig  , Laar  - u. Menielgediet. Oefierrcich, Litauen  , Luxemburg 4,80 Goldmart, für das übrige Ausland äSO©oldinarl pro Monat.
Der..Tsrwäris' mit der Sonntags- beilage ,.VoIi und Zeit" mitSied- lung und Kleingarten", sowie der UnterhaltungsbeilageHeimwelt" und der FrauendeilagcFrauenwelt" erscheint wochentSglich zweimal. Eonntags und Montag, einmal. Telegramm-Adresse: .Sozialdemoiret Berlin"
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Freitag, de« 11» April 19�4
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Die Sozialdemokratie im Wahlkampf. Was wir find und was wir wolle«.
Ist das nicht seltsam? Diele Deutsche   wissen nicht, wie ste bei sich zu Hause, in Deutschland   wählen sollen. Aber dursten sie in England oder in Frankreich   wählen, so würden sie das'sofort sehr genau wissen. Welcher Deutsche würde, wenn er in E n g l a n d wählen dürfte, anders wählen alsLiüdour"? Lest die ganze deutsche Presse von rechts bis links, sie spricht von der englischen Arbeiterpartei mit der größten Hochachtung und Sym- pothie. Eine Ausnahme macht höchstens die Kommunisten- presse. Doch da besteht wiederum ein Unterschied zwischen Deutschland   und England, denn drüben haben die paar Kom- munisten, die es dort gibt, fast restlos für die Arbeiterpartei gestimmt.' Und welcher Deutsche würde, wenn er in Frankreich  wählen dürfte, anders wählen als sozialistisch? Welcher Deutsche könnte vergessen, daß Leon Blum   und seine Ge- nossen in der Kammer mutig gegen das Unrecht des Ruhr- einbruchs protestiert haben? In England also oder in Frankreich   würden alle Deut- schen, oder doch die erdrückende Mehrheit von ihnen, s o z i a- l i st i s ch wählen. Wären sie Engländer oder Franzosen   o. dann wüßten sie schon, was sie zu tun hätten, nur als Deutsche   wissen sie es nicht? Ja, sagt man. die englischen Arbeiterparteiler und die französischen   Sozialisten sind eben in ihrem Lande Patrioten, während die deutschen   Sozialdemokraten vaterlandslos sind. Aber die französischen   Sozialisten werden von den fran­ zösischen   Nationalisten täglichKnechte der Boches" undLan- dcsverräter" geschimpft. In der englischen Arbeiterpartei sitzen zahlreiche Männer, die so entschiedene Gegner jedes Krieges find, daß sie sich während des Weltkriegs lieber ins Gefängnis sperren ließen, als daß sie die Waffen ergriffen. Sie sitzen in einer Parte! zusammen mit archmn, die während des Krieges, ebenso wie die deutschen   Mehrheitssozialisten, mit aller Ensschiedenheit für die Landesverteidigung eintraten. Die Sozialdemokraten sind nirgends vaterlandslos! Sie haben nur überall, auch in Deutschland  , andere Vorstellungen davon, was dem eigenen Bolk frommt, als die Nationalisten sie haben. Darum in Deutschland   und Frankreich   die natio- nalistrsche Hetze gegen dieVaterlandslosen", die man in Eng- land, wo die politische Erziehung besser ist und man mehr Achtung vor fremden Meinungen hat, nicht kennt. Die Gegner von rechts sagen der deutschen   Sozialdemo- kratie Unterwürfigkeit� gegenüber dem Ausland nach. Die sozialdemokratische Außenpolitik kennt aber kein anderes Ziel, als dem deutschen   Volk die Gleichberechtigung zurück- Zugewinnen, die es durch die unglaubliche Verblendung seiner Führer im Weltkrieg verloren hat. Was erreicht worden ist, um die außenpolitische Lage zu ändern und die französische  Gewaltpolitik in der Welt zu isolieren, wäre nicht denkbar ohne die Arbeit der deutschen   Sozialdemokratie. Jetzt liegen'die Berichteder Sachverständigen vor. Wenn man ehrlich sein will, so muß man sagen, daß sie einen großen Fortschritt bedeuten. Die Sachverstän. digen verlangen von Deutschland   immer noch sehr hohe Zah- lungen, wenn auch die Summen erbeblich niedriger sind als alle, die uns bisher von der Gegenseite genannt wurden, sie verlangen aber auch von Frankreich  , daß es die Wieder- sierstellung der deutschen   Wirtschaftsein­heit.zuläßt und auf alle Politik der Sanktionen verzichtet. Werden die Vorschläge der Sachverständigen angenom- men, dann sind mindestens ein paar Jahre der Ruhe gesichert und die Bevölkerung der besetzten Gebiete ist von den furcht- baren Quälereien, die sie zu erleiden hat, befreit. In ein paar Jahren kann sich Deutschland   aber auch durch eine gute Politik eine solche politische Stellung in der Welt ichasten, daß ein Rückfall in die alte Zeit ausgeschlossen ist, und daß sich das Ausland mit den'Zahlungen begnügt, die Deutschland   tatsäch- lich leisten kann, ohne daß seine Wirtschaft und mit ihr die ganze Volkswirtschaft vor die Hunde geht. Die deutsche Sozialdemokratie fordert eine solche gute Politik. Sie will, daß aus dem neuen Reichstag eine neue Regierung hervorgeht, die diese gute Politik treibt. Und faht sie den Hauptfeind rechts, in dem toll- wütigen Nationalismus, der nur Phrasen und Verleumdungen stir seine Gegner hat. aber keinen Willen zu klarem Handeln und keinen überlegten Plan. . Sozialdemokratie ruht unzer st örbar auf der breiten Grundlage der deutschen   Arbeitnehmer- Schaft, der organisierten Arbeiter. Angestellten und Be- Bunten. Manche Bewegungen sind wie Rinnsale, die sich nach
dem Gewitter zu Sturzbächen verwandeln und mit ihrer Schlammflut die Trümmer der Zerstörung mitreißen, die sie angerichtet haben. Aendern sich die Zeiten, so kehren sie rasch zur alten Armseligkeit zurück. Die Sozialdemokratie gleicht dagegen dem Strom, der von weither kommt und weithin fließt, seine Flut mag mit den Zeiten schwanken, aber je näher er der Mündung kommt, desto mächtiger wird er. Toren, die glauben, mit platten landläufigen Schlag- worten denMarxismus  ", von dessen geistigen Inhalt sie keine Ahnung haben, erledigen zu können! Arbeiter, Angestellte und Beamte bilden den Grundstock der sozialdemokratischen Bewegung. Noch stehen sie nicht alle zu ihr, aber zu Millionen und Aber- Millionen halten sie fest zusammen. Und dieser feste Zu- sommenhalt' bedeutet viel in einer Zeit, in der sich sonst alles zersetzt und alles zersplittert. Was ist das schlimmste Laster der Unterdrückten? Daß sie sich von den Lastern ihrer Unterdrücker anstecken lassen! So droht sich die Tendenz zur Zersplitterung, die alle bürger- lichen Parteien erfaßt, hat, auch auf die Bewegung der Arbeit- nehmer zu übertragen. Und doch, was könnte die Masse der Arbeiter, der Angestellten und der Beamten   gerade an­gesichts der Zersplitterung auf der anderen Seite bedeuten, wenn sie bis auf den letzten Mann und bis auf die letzte Frau zusammenstünde! Diese Vereinigung ist es, was die Sozialdemokratie er- strebt. Sie erstrebt sie, um alle Sinne für innere und äußere Freiheit zu wecken, um die staatsbürgerliche Gleichberechtigung aller in der demokratischen Republik zu sichern und den schwer leidenden arbeitenden Massen des Volkes ein besseres soziales Dasein zu erkämpfen. Das ist nur möglich im Kampf gegen den Kapi- t a l i s m u s, der unsere Gesellschaft noch beherrscht. Eben in dieser Stunde eilt die Nachricht über den Erdball, daß ein Monarch der neuen Zeit, Hugo S t i n n e s, sein Leben be­endet hat. Die Sozialdemokratie hat ihn bekämpft nicht als Person, sondern als die Verkörperung eines Systems moder-
ner persönlicher Machtentfaltung, das sich nur durch Aus- beutung der wirtschaftlich Schwachen und durch ihre geistige Unterwerfung unter fremden Willen behaupten kann. Sic will, daß die starken wirtschaftlichen Begabungen, deren eine Stinnes sicher gewesen ist, sich nicht zum Schaden aller an- deren entwickeln, sondern dem Wohle der Gesamtheit dienstbar gemacht werden sollen. Der Kampf steht zwischen der demokratischen Staats- macht und der Kapitalsmacht. Die Kapitalsmacht hat rasch begrissen, daß sie sich in diesem Kampf nur behaup- ten kann, indem sie sich die Geister Untertan macht. Diese Kopitalsmacht bezahlt heute die Zeihingen, in denen die So­zialdemokratie verleumdet wird, sie bezahlt die Wahlredner. die gegen den Marxismus toben, sie bezahlt die bunten Pla- kate, in denen demnächst an allen Straßenecken zum Sturm gegen die Sozialdemokratie aufgefordert werden wird. Diese Kapitalsmacht und die von ihr ausgehaltene nationalistische Reaktion verschulden alles Elend, in dem sich die Massen des arbeitenden Volkes befinden. Aber diese Massen des arbeitenden Volkes sind der Staat! Sie können die Regierung bilden, können Gesetze aufprägen, ste können die Regierung bilden, können Gesetze geben, können den Widerstand einer reaktionären Justiz und Verwaltung brechen und alle Dinge in ihrem Geiste ordnen, wenn sie nur klarblickend und einig genug sind, dies auch wirklich zu tun. hier ist ein g r o ß e s Z i e l, und dos alle in hundert Kämpfen erprobte Banner der Sozialdemokratie flattert über ihm. Die anderen, die nur an die Gewalt bewaffneter Fäuste glauben oder die Macht des Geldes anbeten, laufen Trug- bildern nach. In Frankreich  , in England, in Deutschland  , überall ist die Zukunft mit den Sozialisten, den Arbeiterparteilern, den Sozialdemokraten. Begreift, daß man nicht nur in England und in Frank- reich, sondern auch in Deutschland   sozialdemo- kratisch wählen muß!
Hugo Stinnes   gestorben.
Der Großindustrielle Hugo Stinnes   ist vonnerslag, abends S'A Uhr. im kreise seiner Familie gestorben. Er halte vor kurzem eine Gallenoperalion überstanden und mar schon auf dem Wege der Genesung, als plötzlich eine Verschlimmerung des Befindens mit hohem Fieber einkrat. Es geseilte sich eine Vanchfellenlzündung und eine Lungenentzündung hinzu. Ihnen war der schon geschwächte Körper nicht mehr gewachsen. Kurz nach Vollendung des 54. Lebens­jahres er war am fZ. Februar 1870 geboren ist Stinnes   jetzt gestorben. Hugo S t i n n es war der Typ des selbstbewußten Wirt- schaftsfichres der Jnflationsperiode. Er war für die Ar- beiterschaftzum Symbol geworden. Die Anhäufung von Reichtum und Macht in wenigen Händen in der Infla- tionszeit um den Preis der Verelendung der Massen, die rück- sichtsloseste Vertretung antisozialer Gedankengänge, den Wider- stand der großen Industrie gegen die Erfordernisse des Staates sah die Arbeiterschaft erschöpfend in seiner Person. Die Stei- gerung der Unternehmermacht, ihre unheilvolle Einwirkung auf die deutsche Politik faßten die Arbeiter zusammen in dem einen Schrei: Stinnes  ! Die Geschichte seiner Macht st eigerung nach dem Kriege ist die Geschichte der Zerrüttung des deut- schen Geldwesens, der tragischen Zurückdränguna wirk- licher Erfiillungspölitik in Deutschland  , zugleich aber auch die Geschichte des gewaltigen industriellen Konzentrationsprozesscs, der sich nach dem Kriege in unerhört rasendem Tempo voll- zogen hat. Sie begreift in sich die große soziale Revo- lution der Verelendung des Mittelstandes, des Triumphes der großen Konzerne über das Bankkapital, der Hemmung des Aufstiegs der Arbeiterschaft, des Vormarsches Manchester  - licher Ideen: Stinnes   war der Exponent dieser Re- volution! An seinem Teile treibende Kraft, wurde er selbst vorwärtsgetrieben durch die allgemeinen Wirtschaft- lichen und politischen Ursachen, die auf Deutschland   in der Nach- kriegszell wirkten. Stinnes   war vor dem Kriege mehr Händler als Pro­
duzent, mehr Spekulant als Techniker. Er baute die Händler- interesien seines Familiengeschäftes im größten Stile aus. die Verbindung mit der Produktion mehr des Handels als der Produktion willen herstellend. Seine Anlage zum Händler be- fähigte ihn in der Zell des Kampfes der gemischten Werke gegen die reinen Zechen und die reinen Stahlwerke die großen Kombinationsmöglichkeiten zu sehen, sein Verhandlungs- geschick gab ihm die Möglichkeit, sie zu realisieren. Deutsch  - Luxemburg  , einer der Eckpfeiler des großen Elektromontan- trusts, war fein Werk der Nachkriegszeit. Händler- und Spekulantengeist waren es, der in seiner Ausnützung der Kriegskonjunktur hervortritt. Er hat die Mo- nopolstellung der deutschen   Schwerindustrie im Kriege bis zum äußersten ausgenützt, und damit den Grund gelegt nicht nur für feine Machtexpansion in der Nachkriegszeit,.sondern auch für die Zerrüttung der deutschen   Staarsfinanzen und des deutschen   Geldwesens. Auf der Grundlage des Preis- diktats für Eisen und Stahl durch die deutsche  Schwerindustrie und der Finanzierung des hindenburgpro- gramms durch Reichsschatzanweisungen begann die Schraube ohne Ende von Inflation und Preissteigerung in Deutschland  . Nach dem Kriege zwang-ihn der Verlust der luxcmbur- gischen Werke der Deutsch  -Luxemburgjschen Bergwerksaesell- schaft, nach neuen Kombinationen zu suchen. Das Ergebnis war die Verschmelzung von Deutich-Luxemburg mit der Gel- senkirchener Bergwerks A.-G. zu einem großen Montan- konzern, der R h e i n e l b e- U n i o n. Kriegsgewinne und Entschädigungen für die verlorenen Werk« fetzten den Konzern instand, seine Macht innerhalb Deutschlands   auszudehnen. Im Jahre 1920 kam es zur Verschmelzung der Rheinelbe-Union mit dem Siemens-Schuckert  -Konzern zu dem größten der deutschen   Konzerne, dem Elektromontan- trust. Die objektiven Triebkräfte, die diesen Verschmelzungs- prozeß gefördert haben, unterliegen der Untersuchung der Wissenschaft, die zu einem allgemein anerkannten Urteil noch nicht gelangt ist. Sicher ist jedoch, daß die deutsche   Geldver- fassung und die deutsche   Steuerpolitik von starkem Einfluß auf die Konzentrationsbewegung in Deutschland   gewesen sind. Hugo Stinnes   aber war die Persönlichkeit» die mit