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Nr. 175 41. Jahrgang

Inis 2. Beilage des Vorwärts

Wahlen und Wohnungsnot.

" Jedem Deutschen eine gesunde Wohnung".

Als der Reichspräsident am 11. August 1919 die Reichs verfassung unterschrieb, die in dem Artikel 155 jedem Deutschen eine gesunde Wohnung und allen deutschen Fa­milien eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Birt fchaftsheimstätte" zusichert, da war dieser Paragraph der Reichsverfassung wie viele andere noch nicht eitel Bapier; da gab es noch hoffnungen und Garantien; da konnte man noch von einer Reichswohnungspolitik zugunsten der breiten Boltsmaffen sprechen. Inzwischen hat sich die politische Lage start verschoben. Die wahren Bolfs freunde wurden aus der Reichsregierung herausgedrängt. Die Vertreter der oberen Rehntausend hielten ihren Einzug und hinfort bekam der Artikel 155 eine Nuganwendung nicht für das Bolt, sondern für die reichen Deutschen , non denen jeder seine neue Billa haben follte. So ungefähr wenigstens war der Gang der Entwicklung, als der Sozialdemokratie der entscheidende Einfluß auf die Reichs- und Landesparlamente genommen wurde. So wird sich die Entwicklung fort. fegen, wenn die Wähler am 4. Mat ihre falschen Freunde nicht ertennen und beseitigen.

Die Lage für das Bolt ist ernit, bitter ernft. Und alle Hoffnungen der Wohnungslosen, der Mieter und Siedler müffen in fich aufammenbrechen, wenn das Boff fich nicht eine Bertretung wählt, die dem§ 155 der Reichsverfaffung Blut und Leben gibt.

Wie liegen die Berhältnifie? Die Bohnungsnot hat sich nicht gemilbert, fondern verschärft. Die Nachfrage nach Bohnungen fteigerte fich in Berlin B. von 147 000 Ge­fuchen am 1. Januar 1922 auf 223 000 Befuche am 1. Ja­nuar 1924. Diesen Wohnungsgefuchen standen im Jahre 1922 noch 47 000, im Jahre 1923 aber nur noch 34 000 vermiet­bare Wohnungen gegenüber. Aber felbst von diefen 34 000 vermietbaren Wohnungen wurde nur ein fleiner Teil den dringlich Wohnungslosen zugewiefen. 4200 ohmungen wurden von den Hausbefikern und den neuen Haustäufern in Anspruch genommen. Mehr als 10 000 Wohnungen mußten den vertriebenen Reichs- und Auslandsdeutschen zugewiesen werden, und der große Reft des Angebotes wurbe ben bring. fich Bohmungslosen vor der Nate weggetauft, meg. getauscht ober burd bie verfchiedensten For men der Untervermietung an bie tapital. fräftigen Boltsfchichten entzogen. Die 233 000 Familien in Berlin und die 11 Millionen Familien im Deutschen Reiche werden noch jahrzehntelang Schlange stehen müffen, wenn die Wohnungspolitik nicht grundfäßlich geändert wird und die Versorgung der Wohnungsfofen nicht bei den Reichen, sondern bei ben wahrhaft minder­Bemittelten ihren Anfang nimmt.

zu einer Jahresmiete von 1600 m., affo aur sierfachen Friedensmiete abgegeben werden. In der privattapitalisti fchen Wirtschaft ist es selbstverständlich, daß auch die Mieten der alten Wohnungen auf die vierfache Friedensmiete steigen müffen, wenn die neuen Wohnungen nur zu diesem Sah erbaut werben tönnen.

Run stehen alle Länder, nachdem die Reichsregierung ihnen mit der III. Steuernotverordnung die Grundlagen hier zu geschaffen hat, im Begriff, eine Miets steuer zu er heben, von der Teile auch für den Wohnungsbau ver wandt werden follen. Die sozialdemokratische Partei hat diese Form der Mietssteuer abgelehnt und damit die Auflösung des Reichstages mit herbeigeführt. Nichtsdesto­weniger wird die Mietssteuer Gefeß.

Was verlangen wir?

Bir verlangen, daß die öffentlichen Mitteln nur den Baugenoffenfchaften zugeführt und in einer Höhe und zu einem 3ins fuß zur Verfügung gestellt werden, die den Bau von Boltswohnungen erft möglich machen. Wir verlangen, daß die Wohnungspolitik der Länder nicht bel denjenigen Boltsschichten einfeßt, die das Schlange stehen" bei den Wohnungsämtern niemals fennengelernt haben, sondern bei denen, deren Arbeitskraft und Gefundheit durch eine menfchemumwürdige Wohnung unterhöhlt worden ist. Wir verlangen, daß die öffentlichen Mittel nicht den jenigen Bauluftigen gewährt werden, die meder Luft noch Reigung haben, einen Garten oder Ader zu bestellen und an der Beseitigung der Nahrungsmittelnot des deutschen Boltes nicht mitarbeiten wollen, fondern nur denjenigen, die bem deutschen Bolte durch ihre eigene Arbeit auch einen volts. wirtschaftlichen Dienst ermeisen, indem sie ihre freie Arbeits fraft dem Boden zur Erweiterung des Nahrungsmittelspiel­raumes zuführen.

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Sonnabend, 12. April 1924

Das Kapital:

Neue Inflation?

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Wir verlangen, daß die öffentlichen Mittel nicht in die Spalten und Kluften des Eigennubes und des Buchers fließen, fondern von gemeinnügigen Baugenossenschaften in Wohnungen und Heimstätten umgewandelt werden. Wir verlangen schließlich, daß die magnetische Rraft ber öffentlichen Mittel nicht barauf ein gestellt wird, das Bautapital der begüterten Boltsklassen, bie fich auch ohne öffentliche Unterftügung helfen tönnen, was ich bin und was ich habe, dant ich Die, mein Vaterland! zu vermehren, sondern ausschließlich dazu verwandt wird, die Spartraft ber minderbemittelten Bolts. schichten zu verstärten, ihre Entbehrungsarbeit ab. aufürzen und einen sozialen Baumillen zu ent­feffeln, der auch dem Umfange nach mehr Wohnungen und billigere Wohnungen erbauen wird als bie privatfapita. fiftische Richtung, die fidy nur auf den Bau von großen und teuren Wohnungen einstellt, an denen bei der kommenden Mietssteigerung eher ein leberfluß als ein Mange! vorhanden sein wird, weil die Mittel für diese Wohnungen auch von den Mittelschichten nicht aufgebracht werden tönnen. Kurz, wir verlangen eine Umfehrung der feit 1918 und 1919 umgekehrten Wohnungspolitit zurüd zur breiten Bafis und nicht zur Spise des Boltsförpers.

Die Parteien und die Wohnungspolitik. Ber ändert diese Bolitit? Die Parteien der Schwer. industrie und des Grundbefizes? Die Barteien der Baufpetulanten und der Bodenwucherer? Die Barteien der äußersten Rechten und der äußersten Linken, die das Elend des deutschen Boltes nicht ansprechen, um es zu be­feitigen, sondern verherrlichen, um es zu verewigen? Nein, eine Beseitigung der Wohnungsnot und des Wohnungselends ift mur von der Partei zu erwarten, bie feit Unterzeichnung der Reichsverfassung an der prattischen Löfung der Woh nungsfrage una blaßlich tätig gewefen ift, aber von allen anderen Parteien im Stich gelaffen wurde, wenn es fich darum handelte, den Mieterichut zu feftigen, die Reubautätigkeit zu fördern, Siedlungsland und Arbeitsgelegenheit bereitzustellen und die pri vat tapitaliſtiſche in eine gemeinwirtschaftliche Wohnungspolitit umzuwandeln. Eine wirklich tatkräftige Wohnungspolitik ist nur von der Partei zu erwarten, die fich ftüßen fann auf die Organisationen der werftätigen Arbeit, auf die Gemertschaften, und im engsten freund­fchaftlichen Einvernehmen arbeitet mit ben Organisationen der Mieter, der Siedler und Baugenossenschaften. Die Wohnungslosen und heute schwerer denn je belasteten Mieter mögen fich nicht einbilden, og eine andere Partei als die Bereinigte Sozialbemotratifche Partei Deutfchlands gewillt und in der Lage ist, eine ehrliche

Wählt sozialdemokratisch!

"

Mohnungslose foffung jedem Deutschen eine gefunde Wohnung" und allen Mieter Siedler! Wenn die Ber. deutschen Familien eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsheimstätte zusichert, dann ist es nicht Schulb der sozialdemokratischen Partei, wenn der Artikel 155 ber beutschen Reichsverfassung noch nicht eingelöst worden ist.

Eure Stimmen waren es, die der sozialdemokratischen Bariei fehlten, als fie gegen das Vorrecht der Befizenden tämpfte und die Wohnungstolen, die Mieter und Siedler von der bürgerlichen Bolitik ber Wohltätigkeit und der Almofen befreien wollte.

Jahre auf eine Wohnung warten müßt. Eure Schulb ist es, menn Ihr hinfort noch zwanzig

Preissteigerungen als Symptom.

Die Preise für Textilwaren, für Leber, für andere In­dustriewaren zeigen ft eigende Tendenz- Die hete Preissteigerung ist ein bedenkliches Symptom neuer Inflation.

Die Regierung hat diese Preissteigerung durch ihre flechte Finanzpolitit mitverschuldet. Wenn sich die Miet fteuer erst auswirkt, wird die Preissteigerung noch schärfer

werden.

Die Regierung fieht der neuen Preissteigerung fatentos 3. Sie veranstaltet Untersuchungen und läßt Rundfragen halten. Abhilfe fann fle nicht schaffen.

Abhilfe fann nur geschaffen werden durch eine

gefunde Finanz- und Wirtschaftspolitik. Darüber haben die Wähler am 4. Mai zu entscheiden. Wer die Dinge treiben laffen will, bis wir in eine neue verderbliche Jaflationsperiode geraten, ber braucht feine Stimme nur einer der Regierungsparteien oder einer der Rechtspartelen zu geben. Wer aber die Leiden einer neuen Juflationsperiode vermeiden will, der stimmt für die Bereinigte Sozialdemokratische Partet.

Vorkämpferin des Mittelstandes?

brei oder vierfache Friedensmiete zu zahlen habt. Eure Schuld ift es, wenn Ihr im Jahre 1925 die amei-, Die Deutsche Boltspartei hat im Wahlkreis Halle . Eure Schuld ist es, wenn auf deutschem Boden Brach Merseburg einen Führer der gewerblichen Mittelstandsbewegung auff land, aber fein Siedlungsland bereitsteht. geradlinige und auf die Intereffen der minderbemittelten tungen in Erfüllung gehen, dann schließt Euch dem Kreuz des Mittelstandes". Dabei faßt die Deutsche Bollspartel mehr als Wollt Ihr, daß Eure Hoffnungen, Wünsche und Ermar- thre Bahiliften gefeht. Diese Tatsache genügt, um ber Zeit" Aniafs zu geben zu dem Rufe: Die Deutsche Bollspartei als Borfämpferin Boltsflaffen eingestellte Bohrungspolitik zu betreiben. Rechts ron der Sozialdemokratie stehen bie ausgesprochenen Freunde 3ug an, den die sozialbemokratische Bartel gegen Wobjebe andere bürgerliche Partei die Kräfte zusammen, die den deuts der freien Wirtschaft, die Freunde der Miets erhöhung, der Bau- und Bodenipetulanten, die Unterzeichner wucher aufgenommen hat. Der 4. Mat ist Cuer Schid en Rittelfand in der Inflationsperiode ereignet und gerieben

des Grundfages: wer da hat, dem wird gegeben, wer aber nicht hat, dem wird genommen. Und links von der Sozialdemokratie stehen die blutigen Theoretiker, bie wirt schaftspolitischen Kinder, die die werftätige Arbett der eigenen Bolfsgenossen wie einen Sanbhaufen behandeln, aus dem man beliebig oft Burgen aufbauen und zerstören tönne.

falstag!

Bodens

Dr.- Ing. Martin Bagner.

Seht die Wählerlisten ein! Klagen über ungenügende Bekanntmachung. Die mangelhafte Bekanntgabe der Auslegungsorte der Stimm. liften hat zu schweren Unzuträglichkeiten geführt. An den Dienst gebäuden der Bezirksämter, in den Vororten in den Rathäusern werben die Auslegungsorte durch Anschlag befannigegeben. Es find oft zwei Gänge nötig, um die Stimmlifte einzusehen. Die Stimm

haben.

Bei den Wahlen im Jahre 1920 veröffentlichte Die Demjaje Boltspartel ein Wahlplafat, auf dem eine rote Fauft einen Bra feffor im Laboratoriumsfittel erwürgt. Dec geistige Mittel. stand ist seit 1920 in der Lat etrolirgt worden. Die Beldentwer tung hat the furchtbare Bunden geschlagen, hat ihn enteignet, hat ihm die Eriftensgrundlage für große geistige Leistung geraubt. Grund baffir: bie Steuerfabotage des Großbefizes, die Zerstörung der Wäh rung durch die Schwerindustrie. Die Boltspartel hat im Barlament blese Sabotage aftis betrieben. Sie war die Bartei der Schwer. industrie. Unb ber gemerktide ittelstand? Der gewaltige Konzentrationsprozeß der großen Industrie zerreißt ihn. Wer hat

Die Wohnungslosen, die Siedler und Baugenossenschaften haben heute und in Bufunft realere Intereffen zu ver­treten. Nicht nur Wohnungselend, nicht nur Mietssteigerung, nicht nur Arbeitslosigkeit bedrängen bie breiten Maffen des deutschen Volkes. Wie bei dem Problem des Achtstundentages ftehen wir auch in der Wohnungspolitif vor einem grundlifben felbft weisen viele Fehler auf. fäßlimen Benbepuntt der wirtschaftlichen Entwid Es muß gefordert werden, daß bie Auslegungsfrist verbiesen Konzentrationsprozeß gefördert durch die steuerliche Begin­Lung. Ein Lebergewicht von wenigen Stimmen nach rechtsfängert wird, unb baß die Auslegungsorte noch einmal burch fligung der Rongerne? Die Deutsche Bolkspartel. und links: und das Said fal der Wohnungslofen, allgemeinen Säulenanschlag bekanntgegeben werden. Diese Bartel geht allerdings bem Mittelstande voran#f der Miefer und Siebler ist auf Jahrzehnte Jeber Bähler aber fümmere fich darum, ob er in die Stimmlifte bem Wege zum Grabe. befiegelt! Der§ 155 ber Reichsverfassung wird bann eingetragen ist. Davon hängt das Wahlrecht ah! hinfort mir eine Erinnerung fein an eine Beit, bie bas deutsche Boll auf der Höhe seiner sozialen Einsicht und feiner foxialen Tat fah.

Die Gefahr, die den Mietern droht, steht heute schon flar Dor uns: die halben Friedensmieten find bereits erreicht. Sie werden sich und müssen sich auf 100 und 200 und 300 Prozent steigern, wenn die Barteien der freien Wirtschaft" die unbeschränkte Macht in die Hand nehmen. Sehen bie Mieter bas nicht? Eine Kleinwohnung, die im Frie den 400 Goldmart Jahresmiete foftete, tann, in freler Wirt fchaft erbaut, bei dem teuren Binsfuß für Hypothetenfapital, mit dem wir noch auf Jahre hinaus zu redmen haben, mur

Für den neuen Reichstag.

Generale und Admirale.

Großadmiral v. Tirpit hat die ihm angebotene Reichstags. Großadmiral v. Tirpit hat die ihm angebotene Reichstags fanbibatur der Deutschnationalen Boltspartei für ben Bahlkreis Oberbayern- Schwaben angenommen. Tirpib foll die Deutsch nationalen retten, wenn Bubendorff ihnen in Bayern bie Stim men abtreibt! Der neue Reichstag droht ein merkwürbiges Baría ment zu werden: Ludendorff lichen faiserlichen Regimes tauchen in ihm auf. Bringen fie die poli Tirpig! Die Männer bes verberb. Hifchen Methoden aus d'eser Zeit mit, dann dürfte der nene Reichstag baie mehr ein Narrenhaus als sin Bartament fein.

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Wo ist positive Leistung?

Die Deutsch nationalen haben durch ihre reine gi tationspolitit in ben vergangenen vier Jahren den völkischen Heren fabbath heraufbeschworen. Nun brohen ihnen die Bölkischen über den Kopf zu wachsen. Die Bahl in Bayern hat sie eridyredt. Ste ziehen nun gegen die Bälfifchen vom Leber. Die hamburger Nachrichten, die beutfcnationale Zeitung im Norden, schreibt gegen die Bölkischen:

Benn jetzt eine Bartei oder Bewegung wieder die Wähler. maffen an fich zieht und hernach dem Bolt wieder Steine statt Brot bietet, Dam handelt fie uns erantwortlig frivol. homes i fe mit beller als bie argiften, gegen bie fich ist bes