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Poincarés Sabotageversuche

Macdonalds Widerstand.

Paris  , 22. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Boincaré hatte am Dienstagmorgen eine längere Unterredung mit dem Präsidenten der Reparationsfommission, Barthou  , deren Gegenstand das von der französischen   Regierung an die Reparationsfommission gerichtete Schreiben gewesen ist. Ueber den Berlauf und das Ergebnis dieser Unterredung wird von den zuständigen Stellen jedoch positive Mit teilung verweigert. Immerhin scheint es Barthou   gelungen zu sein, den französischen   Ministerpräsidenten von der Unzuläng­lichkeit der von ihm gegen die Reparationstommiffion erhobenen Borwürfe zu überzeugen, da Poincaré  , wie die Dienstag abendblätter berichten, auf die für Dienstagnachmittag angekündigte Beröffentlichung seines Schreibens nach der Unterredung verzichtet hat.

Ueber den Inhalt des Briefes an Barthou   gehen die Infor mationen in den Pariser   Blättern noch immer sehr beträchtlich aus­einander. Im Widerspruch zu den irreführenden Dementis eines dem Auswärtigen Amt   nahestehenden Blattes scheint es sich zu be­stätigen, daß das Schreiben Poincarés die von ihm in feiner jüngsten Rede formulierten

präzisiert.

beigetreten, und von den italienischen Delegierten dürfte Barthou   faum irgendwelche Unterstützung zu erwarten haben.

Um den Ausbruch eines offenen Konfliktes zu ver­meiden, dürfte die Reparationskommiffion faum eine andere Mög­lichkeit als die neuen dilatorischen Entscheidungen bleiben. Sie wird sich unter diesen Umständen voraussichtlich am Mittwoch auf die Ernennung der von ihm zu bestimmenden Mit glieder der verschiedenen Organisationstommissionen beschränken. Das Komitee für die Eisenbahnen soll aus fünf Delegierten zu jammengesezt sein, von denen die Reparationskommiffion zwei zu ernennen hat. Die Wahl der vom Komitee Dawes vorgeschlagenen Sachverständigen Acworth und Leverve gilt als gesichert. Das Komitee für die Organisation der deutschen   Goldemiffionsbant foll aus zwei Mitgliedern zusammengefeßt werden, von denen der eine der Reichsbankpräsiden Dr. Schacht sein dürfte und der andere jedenfalls von der Reparationsfommission aus den Reihen der Mit glieder der beiden Expertenfomitees ernannt wird. In Aussicht genommen ist dafür der belgische Delegierte Franqui

veröffentlichte Reuter- Meldung besagt, daß die englische Regierung London  , 22. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Eine am Dienstag am Donnerstag der Reparationstommission offiziell ant. worten wild. In den maßgebenden englischen Kreisen ist man der Ansicht, daß schnellstens mit der Durchführung des Sach­verständigenprogramms begonnen werden müsse. Später fönnten sich die Alliierten mit den anderen Fragen, der Feststellung der Totalsumme der Reparationen und der Sicherheiten, schäftigen. Eine Konferenz der interaliiierten Regierungen oder eine Begegnung der Ministerpräsidenten wird vor den französischen  Wahlen für mehr als unwahrscheinlich gehalten.

Der Brief Poincarés an Barthou  .

be=

Borbehalte und Bedingungen ausdrücklich wiederholt und Die Zustimmung zu der von den Sachverständigen vor geschlagenen Lösung ist rein platonischer Natur. Sie wird aufgehoben durch die Erklärung, daß die französische   Regierung jede Aenderung des gegenwärtigen Regimes in den besetzten Ge­bieten davon abhängig mache, daß Deutschland   seinerseits die Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtungen begonnen habe. Erst wenn das neue Emissionsinstitut zu funktionieren begonnen haben werde, wenn die Reorganisationen der Eisenbahnen gemäß Paris  , 22. April.  ( Savas.) Der Brief Poincarés an Barthou  den Borschriften der Experten durchgeführt, die von der deutschen   besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil dankt Poincaré Barthou Industrie zu verzinsenden und zu tilgenden Obligationen der Repa- für die Uebersendung des Berichts der Sachverständigen, der eine bemerkenswerte und gewissenhafte Arbeit barstelle. Im zweiten rationstaffe übergeben und alle zur Durchführung des Sachvers ständigenprogramms erforderlichen Gesetze von Reichstag   verab- Teil erklärt Poincaré  , daß es Sache der Reparationsfom= Schiebet feien, so soll es in dem Schreiben Poincarés mission sei, im Rahmen ihrer Befugnisse die Entscheidungen zu wörtlich heißen, erst dann könne man von Frankreich   und treffen, die der Sachverständigenbe: icht erfordert, nachdem sie die Belgien   den Austausch der Pfänder an Rhein   und Ruhr   fönnten. Drittens endlich seht der Ministerpräsident auseinander, Entschließungen mitgeteilt habe, die allein die Regierungen fassen gegen andere nicht minder ergiebige und von der daß er sofort, nachdem die Reparationskommission ihre Beschlüsse Gesamtheit der Alliierten garantierten Sicherungen verlangen. gefaßt habe, sich mit den interessierten Regierungen, über die Bunfte, Weiterhin macht die französische   Regierung die Annahme der Sachverständigen werde, die sie angehen, und zwar im verföhn verständigenvorschläge abhängig von einer Vereinbarung mit lichsten Geist und in der berechtigten Hoffnung, daß das Werk den Alliierten, nach dem der Sachverständigen in die Tat umgesetzt werde.

neue wirtschaftliche und militärische Sanktionen

im Falle deutscher Berfehlungen automatisch in Kraft treten sollen. Die Frage der interalliierten Schulden, die außerhalb der Kompetenzen der Reparationskommission liegt, scheint im Boin caréschen Schreiben nicht erwähnt zu sein.

Nach einer halbamtlichen französischen   Berlautbarung hat die Besprechung Poincarés mit Barthou   vollkommene leber einstimmung in den Auffassungen der beiden Persönlichkeiten

ergeben.

Paris  , 22. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Reparations fommission tritt am Mittwoch zu einer neuen Sigung zusammen, um zunächst die Antworten der interalliierten Regierungen auf das von der Kommission dem Gutachten der Sachverständigen bei­gefügte Empfehlungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen. Der Versuch Barthous, den Standpunkt der französischen   Regierung zur Geltung zu bringen, dürfte auf erhebliche Schwierigteiten stoßen. Der Bertreter Englands, Sir John Bradbury, hat bereits in der legten Sigung feimen Zweifel gelassen, daß er die Auffassung Mac. donalds, wonach die Borschläge der Sachverständigen ein un teilbares Ganzes bilden, d. h. daß die Durchführung der Deutschland   obliegenden Maßnahmen die

gleichzeitige Aufgabe der französisch- belgischen Ruhrpolitik zur Vorausseßung habe, rückhaltles teilt. Auch der Bertreter Belgiens  , Delacroig, ist dieser These in vollem Umfange

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Schelling, der Sohn. Söhne berühmter Väter haben es nicht leicht: die Welt sieht auf fie; fie verlieren sozusagen das Recht auf Anonymität. Schelling  , der Vater, war ein Mann von Namen, er steht in der nachkantischen Philosophie unter den Vertretern des deutschen Idealismus in vorderster Reihe, wenn er auch weder die Bedeutung Fichtes, deffen Schüler er zunächst war, noch die Hegels hatte, dessen Nachfolger er in Berlin   wurde. Aber was ist Schelling  , der Sohn Hermann von Schelling  ? Die Juristen vom Fach be­finnen fich jetzt eben, da sein hundertster Geburtstag hätte be gangen werden fönnen, daß er in Preußen Karriere machte und 1889 preußischer Justizminister wurde, das Bürgerliche Gesetzbuch vorbereiten half. Aber wen interessiert das sonst? Schellings Be ziehungen zu der jungen Arbeiterbewegung sind uns heute wichtiger. Er war 1861-64 Erster Staatsanwalt beim Stadtgericht zu Berlin  . und hat in dieser Stellung eine Auszeichnung durch Lassalle be fommen, die länger in der Geschichte haften dürfte als andere von ihm. Er verfaßte die Anflage gegen Laffalle wegen Aufreizung der besiglosen Klasse zu Haß und Verachtung" und wurde dafür von ihm in den klassischen Berteidigungsreden, die nachher als Broschüren erschienen, als bornierte Staatsstüße unsterblich gemacht. Lassalle fonnte sich dabei den besonderen Wiz leisten, daß er Schelling, den Sohn, durch den Schelling, den Bater, widerlegte und bloßftellte. So hat ihm die Schnschaft doch noch genügt; als Sohn eines be. rühmten Baters war er doppelt blamiert.

Musikunterricht und Wertunterricht. Die Richtlinien für einen Lehrplan der Deutschen   Oberschule und der Aufbauschule sind nach einem Beschluß des preußischen Staatsministeriums nun in Kraft ge­treten. Ein ergänzender Erlaß des Kultusministeriums trifft Be­stimmungen für den Musik- und Werkunterricht. Instrumentalunter­richt, wie ihn die Lehrpläne vorfehen, kommt zunächst nur da in Frage, wo das instrumentale Inventar in den Schulen schon vor handen ist oder ohne Aufwendung von Staatsmitteln beschafft wer­den kann. Etwaige Mehrkosten für diesen Unterricht sollen die Eltern tragen, soweit nicht durch die Opferwilligkeit privater Kreise oder durch Schülerveranstaltungen Mittel gewonnen werden können. Bei der Pflege der Instrumentalmusit wird wie bei der Förderung an­derer Bildungsausfgaben auf die Selbsthilfe der Anstalten und auf die Unterstützung weiterer Kreise gerechnet. Das gilt auch vom Wert. unterricht, für den nur sehr geringe staatliche Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Hier kommt auch wirtschaftliche Ausgestaltung dieses Unterrichts für die Zwecke der Schulen selbst in Frage.

Das aufreizende Gedicht. Der Oberstaatsanwalt beim Landgericht I hat gegen den Schriftsteller Dstar Ranehl das Hauptverfahren wegen Auf­reizung zum Stlassenbaß eröffnet. Anlaß dazu gab ein von ihm veröffent. lichtes Gedicht Straße frei"!

Der dritte ftaatliche Fortbildungsturfus für Chordirigenten findet vom 22. bis 28. April d. 3. in der Akademischen Hochschule für Mufit statt. Sturfusteilnehmer find je 20 Herren vom Deutschen Sängerbund   und vom Deutinen Arbeiter- Sängerbund.

Gedentieler zu Klopstods 200. Geburtstag. Am 2. Juli b. J. find 200 Jahre seit der Geburt Klopstods verflossen. An diesem Tage oder bei früherem Schulschluß vorher soll nach Anordnung des Kultusministers in allen Schulen in geeigneter Weise dieses deutschen   Dichters gedacht werden. Sven Hedin  - Ehrung. Der durch seine Forschungsreisen in 8entralasien belannte schwedische Forscher Sven Hedin   ist zum Präsidenten der schwe dischen Akademie der Wissenschaften gewählt worden.

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Die Feststellung der Reuter- Agentur, daß die englische  Regierung auf eine schnelle Durchführung des Sachvers ständigenprogramms besteht und Detailfragen erst später be­handelt wissen will, ist zweifellos als Antwort auf die muerdings von Poincaré   eingenommene Haltung zurückzu Standpunkt, die Wiederherstellung der deutschen   Wirtschafts­führen. Die englische Regierung schließt sich dem französischen  freiheit bis nach dem Beginn der Ausführung der Vorschläge zurückzustellen, nicht an, sondern verlangt im Gegenteil steht Macdonald, wie uns ein eigener Drahtbericht aus London  schnellste Durchführung der Vorschläge. Darüber hinaus be meldet, neben der sofortigen Wiederherstellung der wirtschaft lichen Freiheit Deutschlands   als Voraussetzung zur Erfüllung

der dem Reich auferlegten Lasten auf die Ausführung der Vorschläge in ihrer Gesamtheit. Die von Poincaré   in einem Brief an Barthou   als Vorsitzenden der Reparations­tommission gestellte Frage, ob die französisch- belgischen Or ganisationen im Ruhrgebiet   sofort aufgegeben werden sollen oder erst umzuwandeln seien, wenn Deutschland   den Plan der Sachyperständigen zur Ausführung gebracht habe, dürfte in­folgedessen mit Rücksicht auf die Haltung Englands und der anderen in der Reparationsfommission vertretenen Mächte mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit im Sinne der Sachver ständigen entschieden werden.

Lloyd George   gegen Macdonald.

In einer Rede vor liberalen Wählern wandte sich Lloyd George   am Dienstag sehr scharf gegen die spöttischen Aeuße rungen Macdonalds über die Liberalen auf dem Parteitag der Unabhängigen Arbeiterpartei in Yort. Er ermahnte den Minister­präsidenten nicht zu vergessen, daß seine Regierung auf die Unter­tiven nur darauf lauerten, sie zu stürzen. Die Arbeiterpartei möge ftügung der Liberalen angewiefen fei, und daß die Konferva­über den Liberalen, wie sie Macdonald angeschlagen habe, es dem es sich daher überlegen, ob sie weiter durch eine solche Tonart gegen letzteren nicht einfachy unmöglich mache, sie weiter im Amte zu halten. Andererseits müßte es durchaus möglich sein, daß Arbeiter parteiler und Liberale vielen Programmpunkten durchaus mit­gemeinsamen Plattform trennten, auf der beide unter einander gegen die Konservativen übereinstimmten, sich auf einer würdigen Umständen zusammenwirken könnten.

Der englische   Parteitag.

Unabhängigen Arbeiterpartei Englands schloß am Dienstag nach Bort, 22. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Parteitag der dreitägiger Dauer seine Beratungen. Verhandlungen des letzten Tages war die Beratung des Agrar Der Hauptgegenstand der programms der Partei. Der Parteitag verlief außerordentlich ruhig und zeugte von einer vorzüglichen Stimmung innerhalb der Partei. Die von den bürgerlichen Barteien er­Parteivorstand wurde Clifford Allen wiedergewählt, Roden wartete scharfe Kritit an der Regierung blieb aus. Bugton zum Rasierer. wurden ferner gewählt die Minister heatley und Jowett Zu Mitgliedern des Parteivorstandes und die Abgeordneten Magton, Wallhead und Ayles.

Zunt

London  , 22. April.  ( EP.) Der Rongreß der Unabhängigen A1­beiterpartei in York   hat eine Entschließung angenommen, worin die Ausdehnung des schulpflichtigen Alters von 14 auf 18 Jahre, ferner eine einheitliche Organisierung des Primar- und Mittelschulunterrichts und die unentgeltlich feit des linter­richts auf allen Schulstufen, ferner die Erleichterung des Univer fitätsbesuches für die Angehörigen der armen Klassen gefordert wird. Mit 236 gegen 162 Stimmen wurde ein Antrag abgelehnt, soll. Der Gegenantrag erklärte, daß eine solche Bestimmung dem wonach der Religionsunterricht aus der Schule entfernt werden Geist der Arbeiterpartei zuwiderlaufen würde.

reicher Personen mit umstrittener Staatsangehörigkeit durch pol­Ein deutscher Protest beim Bölferbund gilt der Schädigung zahl­nische Maßnahmen trotz der deutsch  - polnischen Bereinbarung, während der Verhandlungen derartige Maßnahmen zu unterlassen.

Die Kant- Feier in Königsberg  .

Am Dienstag vormittag begann im Königsberger   Stadttheater| Dr. Beder das Wort zu einer Rede über Kant und die Bildungs­der Festakt der Albert- Universität zum Gedächtnis Immanuel

Rants.

Der Reftor der Universität, Prof. I delen, hielt die Be­grüßungsansprache, in der er ausführte:

handeln der Menschheit bestimmt und leiten foll: das ist's, um was Kant als der tiefbringende Ergründer dessen, was das Kultur. es sich heute handelt. Doch noch tiefer möchten wir den Sinn unferes Kant- Festes fassen. Es soll ein Fest aller derer sein, die mit uns darin einig sind, daß deutsches Denken und deutsche Gründlich teit, deutsche Gewissenhaftigkeit und deutscher Scharf sinn, wie er in Rant fulminiert, nicht zu übersehende, nicht bei­feite zu legende Güter und Werte sind, die eine zum Fortschritt fich bekennende Menschheit unbeachtet lassen dürfte. Indem wir Im­ manuel Kant   feiern, wollen wir uns zu seiner Denfart des deutschen Idealismus, zu seiner Arbeitsart der deutschen   Gründlichkeit, zu feiner Selbstlosigkeit der deutschen   Schlichtheit, zu seiner Rücksichts­losigkeit des deutschen Wahrheitsfinnes bekennen.

frise der Gegenwart". In dieser sagte er:

Was Kant etwa für Schiller bedeutet, das knüpft sich für den literarisch Gebildeten des 20. Jahrhunderts an Namen wie Niebiche, Bergson und vielleicht noch Dilthen. Aus diesen Quellen wird der breite Strom gespeist, der als Philosophie des Lebens die ganze deutsche   Bildungsschicht durchflutet. Wie ein neues Evangelium wird in der Lebensphilofophie die Einheit von Seinswelt und Wertwelt verkündet und die Philosophie nicht mehr mit Kant als begrifüches Denken über das Leben, sondern als unmittelbares, intuitives Erfaffen des Lebens selber gedeutet.

Die Bildungskrise der Gegenwart stammt nicht aus dem Gegen­fab eines ideellen Irrationalismus gegen einen ebenso ideellen Ra­tionalismus; sie ist das Resultat eines irrationalen Dranges, der durch die praktische Rationalisierung unseres dieses Zustandes Hand in hand ging. Der Fortschritt des 20. Jahr­dieses Zustandes Hand in hand ging. Der Fortschritt des 20. Jahr. hunderts war rational bedingt, das ganze Leben wurde zur wohl­durchdachten, rational arbeitenden Maschine bis zum Taylor. wicklung fand natürlich auch in philosophischen Konstruktionen ihren Ausdrud. Wurde der Positivismus die freudig ergriffene phile. fophifche Grundlage der jungen Naturwissenschaften und der Gefell­schaftslehre, so wurde der zwar indirekt über Hegel auch auf Kant zurückgehende, aber im Grunde rein aus der Aufklärung des Westens geborene praktische

Nach dem Rektor nahm der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Dr. Boeliz, das Wort zu einer An- ystem und zur Kunstdüngerwirtschaft. Und diese Ents Sprache, in der er ausführte:

Einst hat die preußische Unterrichtsverwaltung, das damalige Geistliche Departement", Stant vorgeworfen, er habe unverantwort lich gegen seine Pflicht als Lehrer der Jugend gehandelt. Heute darf ich im Namen des preußischen Staates bezeugen, daß die großen preußischen Erzieher, die uns unsere preußische Art gedeutet, die uns den Stempel ihres Geistes aufgedrückt haben, Friedrich der Große   und Kant gewesen sind, daß gerade Kant, der ein Lehrer der Menschheit war, doch im besonderen Sinne

der Lehrer Preußens

ift. Was er für Breußen bedeutet hat, ist mit ehernem Griffel in die Tafeln der preußischen Geschichte gegraben. Denn als das Ge stirn des großen Königs unterging, hat das gesunkene Preußen im Geiste Kants   und durch den Geist Kants sich erneuert. Jünger Rants wurden die Führer der Freiheit

Wenn Preußen in diesem Erinnerungsjahr eine Neuord nung seines Schulwesens unternommen hat, dann mußte und fonnte sie nur erfolgen aus dem Geiste des deutschen Idealis­mus, aus jener Selbstbesinnung auf die letzte Kraft unseres deutschen  Wesens, in die Freiheit und Gesez, Bersönlichkeit und Gemeinschaft, die Menschheit in mir und dem anderen, in der Volkstum und Menschheit sich zur Synthese verbinden.

Das alles aber ist fantischen Geistes. Rantischen Geiftes aber ist auch die Loslösung vom dogmatischen Denken. Auch Rant ift fein Dogma, er ist Verkünder der Autonomie, aus der allein die kommende Zeit zur Freiheit gelangen wird.

Wir glauben an die Kraft der Idee und an die Kraft des Geistes: Wie nor hundert Jahren Königsberg   der Brennpunkt des geistigen Lebens des zusammengebrochenen Preußens wurde, wie von hier aus, pon tantischem Geist befcelt, die Männer das Werf angriffen, vaterländischen Gefühls nicht zuletzt auf die Wirksamkeit der Männer das schließlich fiegreich durchgeführt wurde, wie die Erneuerung des vaterländischen Gefühls nicht zuletzt auf die Wirksamkeit der Männer zurückzuführen war, die hier unter den stärksten Nachwirkungen des Titanen lehrten und wirkten, so wird auch jetzt die älteste der be. stehenden preußischen Universitäten ihre Kraft behaupten und ihrer feits mitwirken, daß hier, in der Ost mart, deutsches Wesen, deutsches Leben nicht gefährdet merden und daß auf dem alten preu Bifchen Urboden die Kräfte sich heranbilden, die mitmirten müssen, Daß unser schwer getroffenes Vaterland wieder erstehe in alter Kraft

und Blüte.

Schul- Marxismus das Evangelium der Massen. Der große soziologisch- ökonomisch- politische Lebenskompleg hatte also den Rationalismus zu einer Weltmacht werden lassen. Da ist es denn nun unser Schicksal gewesen, daß auch die von Kant her­femmende Fachphilofophie gerade die formale, die logische, die lek hin rationale Seite des großen Meisters einseitig entwickelte und so jene gewaltige Reaktion mit herbeiführen half, die ihren ersten Aus­bruch in der Romantik und dann, auf ihr fußend, in Nießsche, Dil they und Bergson erlebte.

Kritik und Ehrfurcht sind die beiden Pole der fantischen Philosophie. Seine Vernunftkritik hat der Form der wissenschaft­lichen Erkenntnis für alle Zeiten die unerschütterliche Fundierung gegeben. Neben der Kritik stand aber bei ihm die Ehrfurcht. Im Gegenfaz zu den starken Wirkungen, die feine Ehrfurchtslehre in feiner Beit gehabt hat, sind diese ergiebigen Gedanken einer neuen, auf der Ehrfurcht vor uns selbst basierten Ethik in späterer Zeit wohl start popularifiert, aber vielleicht gerade deswegen menig weiterentwickelt worden. Aus feiner Fragestellung heraus ließen ich leicht neue, höchst zeitgemäße Beziehungen zur Lebensphilosophie entwickeln. Doch gilt auch hier das Wort unferes großens Dichters: " Das neue Heil kommt nur aus neuer Liebe."

Am Abend vereinigten sich die Teilnehmer an der Kant- Gedent­feier auf Einladung der Gesellschaft der Freunde Kants   zu dem historischen Bohnenmahl, das seit dem 22. April 1805 regemäßig veranstaltet wird. Der bisherige Bohnenfönig, Professor Unger und der neue Bohnenfönig, Profeffor Bidel, hielten An­Sprachen. Nach Beendigung des Mahles begaben sich die Teilnehmer zur Feftaufführung von Beethovens Fidelio" in das Stadt­theater.

Die Stadt Rönigsberg hat aus ihrem Grundbesitz ein Grundstüd von 15 000 Quadratmeter der Universität zur Errichtung wissenschaftlicher Institute geschenkt.

Die Kant- Spende des Deutschen Buchhandels hat bis zur Stunde die Möglichkeit einer Bücherschaffung im Werte von rund 70 000 Mart zur Bervollständigung der Bücherbestände

Es folgte die Festrede des Universitätsprofessors Goedede. meyer. Darauf trat eine furze Pause ein. Nachdem die Festverfamm lung wieder Platz genommen hatte, ergriff Staatssekretär| der Universität ergeben.