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Nr.192 41.Jahrgang

Ausgabe A nr. 97

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Donnerstag, den 24. April 1924

Volkspartei und Sachverständige.

Heinze gegen Stresemann  .

Der Borstand der Deutschen Volkspartei   hat dem Reichs-| mann- Partei den abtrünnigen Deutschnationalen mit Kußhand auf tangler folgenden Beschluß übermittelt: und stellte ihn schleunigft auf ihre Reichsliste. Der Zufall fügt es, daß die Reichsliste in der Zeit" noch vor der Mitteilung über den Uebertritt Warmuths veröffentlicht ist. Die volksparteilichen Leser werden ihre große Freude über den einen Erfaz für die Quaaz, Klönne, Marezky, Lersner und so fort haben, troßdem die Kreuz zeitung  " bissig versichert, der Uebertritt Warmuths fei erfolgt, weil er bei den Deutschnationalen nicht mehr aufgestellt wurde.

Der Parteivorstand der Deutschen Volkspartei   ist geneigt, die Regierung bei ihren Bemühungen, zu einer Berständigung zu fom­men, zu unterstützen. Er muß jedoch für die Deutsche Boltspartei entscheidenden Wert darauf legen, daß keine endgültige Regelung getroffen wird, ohne daß die Rüdfehr der Ausgewiesenen und die Befreiung der Gefangenen in einer die deutschen Intereffen restlos befriedigenden Weise sichergestellt werden.

Dieser Beschluß spricht nur einen Wunsch aus, den jeder­mann teilt. Sachlich bedeutet er die Zustimmung zu der An­nahme der Sachverständigenvorschläge der Regierung mit einer wahlagitatorischen Rückendedung gegen nationalistische Angriffe.

Ganz andere Töne ließ jedoch der Reichsjustizminister a. D. Heinze in Hamburg   vernehmen. Nach einem Bericht des Berl. Lokal- Anzeiger" führt er dort aus:

Die Lersner und Marezky find, trotzdem sie bisher noltspartei fiche Grundsäge" vertraten, mit moderner Beweglichkeit, auf eine Reichs andbundlifte" geraten. In ihrer Aufstellung soll, wie der Reichslandbund  " mitteilt, teine 3ersplitterung liegen, da es dem Empfänger eines Mandats überlassen bleibt, welcher Frattion er fich anschließt".

Das ist sehr nett vom Reichslandbund. Er ist zwar stramm deutschnational- völkisch. Aber er unterstügt doch diese sogenannten Rationalliberalen, damit sie später, falls fie gewählt werden, sich eine Fraktion aussuchen fönnen.

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Das Gutachten fei sehr kompliziert. Klar sei jedoch, daß es uns ungeheure Lasten auferlege, die deutsche   Souveränität beeinträchtige Run nehmen diese grundsahfesten Leute gern die Gelegenheit und zweifelhaft lasse, was aus den Sanktionen werden solle. Gro. wahr. Lersner soll, so wird erzählt, die Absicht haben, da ihm die laffe. Bes Mißtrauen sei daher geboten. Unter feinen Auswahl freisteht, sich der tommunistischen Fraktion an= Umständen dürfe man unerfüllbaren Forderun schließen, während bei Marekty die Neigung vorherrschen soll, genzustimmen. Es sei ein großer Fehler der Sozialdema mit dem Propheten" äußer eine Fraktion der Sonderlinge zu genzustimmen. Es sei ein großer Fehler der Sozialdemobilben. Sie rechnen damit, daß sich auch Erich Lindström ihr tratie, das Sachverständigen- Gutachten zur Wahlparole zu. machen und dessen bedingungslefe Annahme zu fordern. Die Regie. anschließen werde. rung dürfe auf keinen Fall weiter gehen. als daß sie erklärte, das Gutachten zur Grundlage von Berhandlungen machen zu wollen, denn sie könnte nicht Bedirgungen zustimmen, deren Entscheidung erst von dem fommenden Reichstag abhängt.... Wir müssen einen Reichstag wählen, der eine große bürgerliche Koalition ermö lidhe.

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Die politische Karufjellfahrt ist damit allerdings noch nicht be­endet. Man fann damit rechnen, daß bis zum 4. Mai noch einige Grundjazzfeste in Bewegung geraten werden!

Liberale und Arbeiterregierung.

Herr Heinze sieht nicht über seine Nasenspitze hinaus, Der Borwärts" hat gestern Mittwoch früh die heftigen An­wenn er nicht merkt, daß die Entscheidung über die Sach- griffe Lloyd Georges auf die Arbeiterregierung wiedergegeben. Dieie Angriffe haben in England als ein ernstes Zeichen möglicher Krisen ver tändigenvorschläge die Entscheidung der Reichstags­wahlen ist. Von diesen Vorschlägen als von einer Berhand- Herald schreibt, die Liberalen könnten, wenn es ihnen gefalle, und drohung große Beachtung gefunden. Der sozialistische Daily hingsgrundlage" sprechen, heißt sie ablehnen, da sie nur wenn sie es wagten", sich mit den Konservativen zusammenzutun, als unteilbares Ganzes" anzunehmen oder zu verwerfen find. Eine große bürgerliche Roalition", deren einer Teil die Regierung stürzen. Sie würden sich dann gegenüber der für die Annahme, der andere gegen sie ist, deren einer Teil Bählerschaft deswegen verantworten müssen. Diese Tatsache für die notwendigen Ausführungsgesetze stimmt, der andere fei es, die den Liberalen Unbehagen verursache. fie erbittert bekämpft, ist ein Unding.

Die Rede des Herrn Heinze beweist, daß mit der Bildung der Nationalliberalen Bereinigung" das tattische Hin- und Hergezerre und die Quertreiberei in der Deutschen Volkspartei  

noch feineswegs erledigt sind.

Verantwortungslose Demagogie auf der einen Seite, Un fähigkeit, flare Entschlüsse zu fassen, auf der anderen Seite, das heißt in Deutschland   bürgerliche Politik!

Politische Karussellfahrt. Grundsatzfest, aber doch recht beweglich! Ernste Menschen verlangen von politischer Barteien und ihren Kandidaten ein gewiffes Mindestmaß von Grundfaßtreue. Man stellt fich vor, daß die Parteien wie ihre Wahlbewerber" ein einigermaßen flares Bild gewonnen hätten von den Dingen, die sich im Leben des Landes abspielen, und von der Art, wie sie zu bessern oder doch zu

beeinflussen seien.

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Wer die Wahlvorgänge bei den führenden bürgerlichen Barteien beobachtet, wird jedoch bald in eine andere Stimmung verfeit Die bombastischen Reden und Wahlaufrufe, die über das Bolt nieder­praffeln, sind freilich alle von dem gleichen Bathos getragen. Ein naiver Leser oder Hörer muß annehmen, daß gerade die Partei, die eben durch Wort oder Schrift zu ihm spricht, der Ausbund aller fittlichen Tugenden sei, besonders wenn sie das Nationale" betont. Indessen die Grundfäße", denen die bürgerlichen Parteien huldigen, müssen unendlich flüssig sein. Erlebt man es doch, daß bisherige volksparteiliche Abgeordnete plöglich bei den Deutschnatio­nelen landen und dort ebenso plötzlich an aussichtsreicher Stelle auf der Reichsliste den Wählern präsentiert werden. Sie folgen damit dem Beispiel der Wiemer und Mugdan  , die früher Demokraten waren und dann zur Volkspartei Stresemanns gingen, trotzdem diese sich offen als monarchistisch bekennt. Die Quaaß und Klönne aber, die den Weg nach meiter rechts suchen, finden einen Ersatz in dem bisherigen deutschnationalen Abgeordneten Landgerichts­direktor Warmuth, der der volksparteilichen Zeit" folgenden Schreibebrief schrieb:

Schon durch geraume Zeit hatte ich das Gefühl, daß ich, als alter Freifonservativer, mehr und mehr den Kontakt mit den in der Deutschnationalen Bartei allmählich immer stärker und extremer hervortretenden Auffassungen verlor. Die lleberzeugung verstärkte sich in legter Zeit und gewann reichlich Nahrung aus der Art und Weise, wie man mich offensichtlich distanzierte. Ich sehe ein, daß mein Plaz nicht mehr in der Deuschnationalen Volkspartei, sondern in den Reihen der Deutschen  Bolkspartei gegeben ist"

Im Himmel ist bekanntlich mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über tausend Gerechte. Deshalb nahm die Strese

Die liberale Westminster Gazette" drückt die Ansicht aus, es sei in der Hauptfache die Aufgabe Macdonalds, bie Strisis in den Beziehungen zwischen der liberalen und der Arbeiterpartet zu lösen, und er könne die Aufforderung Lloyd Georges,' die Haltung der Arbeiterpartei gegenüber der liberalen Partei sowohl im Unter­hause als auch in den Wahlkreisen genauer zu umschreiben, nicht

unbeachtet lassen.

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Vom französischen   Wahlkampf.

Wirrwarr auch drüben.

Der französische   Wahlkampf ist nunmehr in vollem Gange, doch stehen noch nicht überall die Kandidatenliften der ein­zelnen Barteien fest. Vielmehr herrscht in allen Parteien der größte Wirrwarr, der weniger politisch- grundsätzliche als persönlich- finanzielle Ursachen hat. Das Geld spielt bei der Kandidatenaufstellung unter den Linksparteien eine min­destens ebenso große Rolle wie im Nationalen Block. Denn bei dem legteren ist die Geldfrage infofern gelöst, als die Finanzierung seiner Wahlagitation in großzügiger Weise dank einem großfapitalistischen Konzern besorgt wird, die Ber­einigung der wirtschaftlichen Interessen", der sich im Jahre 1919 in dieser Hinsicht vortrefflich bewährt hat. Dort herrscht allgewaltig der Senator Billet, der Ver­trauensmann der Großindustrie und der Hochfinanz, und ver teilt Hunderttausende und Millionen von Franken unter die gutgläubigen", d. h. regierungsfrommen Kandidaten. Da den Linksparteien solche unerschöpflichen Geldquellen nicht zur Verfügung stehen, werden persönlich wohlhabende Herren, die an den Kosten der Wahlpropaganda erheblich beizutragen in der Lage sind, bei der Kandidatenaufstellung bevorzugt, in manchen Fällen auch gegenüber älteren, verdienten, politisch) und moralisch einwandfreien Kämpfern. Dieser Umstand trägt freilich nicht dazu bei, das politische Leben zu reinigen, aber angesichts der finanziellen Uebermacht des Nationalen Blocks, dieser Hauptursache aller Korruptionserscheinungen des öffent­lichen Lebens Frankreichs  , darf man bei der Auswahl der Mittel zur Niederwerfung dieles Blocks nicht allzu zimperlich sein: hier heiligt eben der 3wed die Mittel.

Die Bildung des Linkstartells" ist nicht einheitlich zu standegekommen. Der sozialistische Parteitag zu Marseille  hotte bekanntlich grundsäßlich der Bildung von lokalen Wahl­bündnissen zwischen Sozialisten und linksbürgerlichen Grup­pen zugestimmt: den Bezirksverbänden war ihre Wahltaktik anheimgestellt worden, nur bedurfte jedes örtliche Bündnis der nachträglichen Sanktionierung des Parteivorstandes. Nun ist aber nicht überall die Einigung erfolgt, teils weil dieser Gründen den Sozialisten, weil nämlich durch seine jüngste Ber­oder jener Borgeschlagene der Bürgerlichen aus politischen gangenheit zu sehr belastet, nicht paßte, teils aber auch meil man sich über den Prozentsaz der sozialistischen   bzw. bürger­lichen Kandidaten auf den gemeinsamen Liſten nicht hatte einigen fönnen. In mehreren Fällen wurde ein gemischtes Schiedsgericht angerufen, dem u. a. Herriot und Blum an­gehörten, aber seine Vermittlung war nicht überall erfolgreich.

Im Departement Seine Paris   und engerer Vorstädte­gürtel- gibt es vier Wahlkreise, in drei von ihnen ist die Bildung des Linkskartells zustandegekommen, im vierten nicht: das ist der Kreis auf dem linken Seine- llfer, in dessen sozia­Die gleichfalls liberale Daily News" gibt der Hoffnung Aus- listischer Organisation die unversöhnliche Anschauung des Ge­druck, daß die deutliche Warnung Lloyd Georges an die Arbeiter- nossen Brace sich weiter durchgesetzt hat, die im Jahre 1919 regierung Be herzigung finden werde, da sonst fast ficher die eine der Hauptursachen der großen Wahlfatastrophe für die demütigenden Bedingungen", unter denen von den Liberalen Linke gewesen ist. Hingegen ist im Bannmeilen- Wahlkreis erwartet werde, daß fie die Regierung an der Macht hielten, zum der Linksblod unter führender Mitwirtung von Longuet Sturz der Regierung führen würden. Es könnte fatastrophal gebildet worden: er umfaßt nicht weniger als sechs Parteien sein, wenn die gegenwärtige Regierung gerade in dem Augenblick und Gruppen, von den bürgerlichen Radikalsozialisten bis zu falle, wo ein neuer und kritischer Versuch unternommen werde, das der Sozialistisch- Kommunistischen Union" Frossards. Nicht Gesicht Europas   zu verändern. Auf jeden Fall würde Macdo- gebildet wurde ferner der Linksblock im proletarischen Norden nalds Autorität, bei den kommenden Berhandlungen fToulouse, von Dijon   und einigen weiteren Bezirken, wo die Lille  , Lens, Valenciennes   ferner in der Gegend von befannt würde, daß die Stellung der Regierung im Unterhaus von Tag zu Tag schwieriger werde.

Deutsch  - dänische Minderheitsfragen.

Stauning für ein Abkommen. Kopenhagen  , 23. April.  ( WTB.) Ministerpräsident Stau­ning fagte Bressevertretern über die Frage einer Minderheits­fonvention mit Deutschland   betr. Nord- und Südschleswig, das Ministerium hätte zu dieser Frage noch keine Stellung genommen, aber in Deutschland   sei eine starte Stimmung für den Abschluß eines solchen Bertrages vorhanden. Ich bin, erklärte Stauning, der Ansicht, daß es zweddienlich sein tann, an Berhandlungen über ein solches Abkommen teilzunehmen und sie zu unterstützen, soweit es sich um einen Vertrag handelt, durch den die dänische Souveränität hinsichtlich der Gesetzgebung in feiner Weise angetastet wird. Sofern die Initiative zu einer solchen Konvention von deut scher Seite fommt, muß die Frage mit Wohlwollen behandelt und zu lösen versucht werden, das muß geschehen, sowohl mit Rücksicht auf unfere, wie auf die deutschen   Minderheiten."

Deutschabträglich muß fich der Gründer der deutschösterreichischen Hafenfreuslerpoeten. Dr. Walter Riehl  , benommen haben, denn ffe haben ihn ausgefchloffen. Riehl erfreute sich einft der Zuneigung Bernerstorfers, er war sozialistischer Student in Wien  , zeigte bald nationalistisce Allüren, wurde als Gerichtsbeamter und Rechtsanwalt offen völkisch und war stets, mandatslüstern.

Die amerikanischen   Sachverständigen Dawes, Young und Robinson baben sich in Cherbourg   nach New Dort eingefchifft.

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Partei, teils aus politischen, teils aus persönlichen Gründen allein in den Kampf zieht. In den meisten anderen Groß­städten Lyon  , Marseille  , Bordeaux  , St. Etienne, Rouen  , Le Havre  , Toulon   usw. merden die vereinigten Kräfte der Linken den Nationalen Bloc auf das ärgste bedrängen und sie fönnten unter Umständen sogar diesmal die Vorteile des finnlos- ungerechten Wahlsystems restlos genießen, die im Jahre 1919 der Reaffion zugute gefommen waren: unter Umständen genügt nämlich eine geringer Stimmenvorsprung, um eine ganze Liste durchzubringen, während die Minderheit dann leer ausgeht. Wie das möglich ist, würde sich nur an der Hand des außerordentlich komplizierten Wahloefezes er­flären laffen, das höchstens 5 Broz der franzöfifchen Wähler. verstehen. Jedenfalls fezt die Reaktion ihre größten Hoff­nungen auf die Kommunisten, die natürlich ihre eigenen Listen überall aufstellen und im allgemeinen nur den einen positiven" Erfolg einer Stimmenzersplitte= rung auf Koften des Linksblocks erzielen dürften, die zwar nicht ausreichen würde, um eigene Mandate zu erringen, wohl aber dazu, dem Nationalen Block ein völliges Debakel zu er= sparen. Das nennt sich dann: Revolutionärer Klaffenkampf...

Im regierungsfrommen Lager ist die politische Verwir rung noch schlimmer als 1919, denn alle Schattierungen des Nationalen Blocks versuchen gleichfalls eine Einheitsfront zu bilden, was nicht überall gelingt. Im allgemeinen sind die ausgesprochenen republikfeindlichen Kräfte der Action Française" vom Nationalen Block ausgeschaltet geblieben, aber die Einigung zwischen Meritalen Nationalisten, und anti­flerifalen Nationalisten ist nicht überall gelungen. Hingegen