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Sonntag, 27.��1924

wo steht öer Zeinö! Zur politischen Orieutieruug im Wahlkampf. Von Eduard Bernstein . Eine der ersten Aufgaben des am 4. Mai zu wählenden Deutschen Reichstags wird es fein, eine R e g i ar tt vf g zu bilden, der«ine starke Mehrheit von Abgeordneten zur Seite steht. Daß eine solche Regierung zustande kommt und daß sie unzweideutig gemäß der Verfassung der deutschen Re- publik deren Fahne bochhSlt. ist von größter Wichtigkeit für das arbeitende Deutschland . Ob Deutschland eine Regierung hat. die sich auf eine starte und feste Mehrheit stützt, bestimmt seinen Wirtschaft- l i ch s n Kredit in der Welt, und wie viel von diesem für die wirtschaftliche Gesundung Deutschlands , das heißt die Ge- fundung der deutschen Volkswirtschaft, abhängt, diese Vor» bedingung jeder nachhaltigen Besserung der Arbeiterlage, haben uns die Erfahrungen der letzten Jahre hinlänglich zur Erkenntnis gebracht. Wie es um das Festhalten der Regierung und der zu ihr stehenden Reichstagsmehrhest an der Republik beschaffen ist, das wiederum bestimmt den politischen Kredit Deutsch- lands in der Welt. Es weht draußen ein starker demokrati- scher Wind. In einem Lande nach dem anderen kommen, wenn nicht die Sozialdemokratie schlechthin, so doch die demo» kratischen Volkselemente entweder direkt an die Regierung oder doch zu solchem Einfluß auf sie, daß diese auch in der Linie ihrer auswärtigen Politik auf sie Rücksicht nehmen muß. Wieviel für Deutschlands weltpolitische Lage von dem Ver­trauen abhängt, das die Demokratien der West m seine Re» gierung setzen, haben wir ebenfalls zu erkennen Gelegenheit gehabt. In der Lebenszeit des 1920 gewählten Reichstags brachten jene Perioden den stärksten Druck auf Deutschland , die die Sozialdemokratie in Opposition zur Regierung Kabinett Cuno oder mindestens außerhalb ihrer Kabinett Fehrenbach-Simons sahen. So untersteht es denn keinem Zweifel, daß die Wahl eines Reichstags, der die Bildung einer mindestens zuoer- lässig republikanischen Regierungsmehrheit verbürgt, von größtem Interesie für has deutsch« Volk ist. Sie ist unerläß» liche Vorbedingung für«ine wirtliche Verbesserung der Lage des deutschen Volles. Damit haben wir den Maßstob für die erschöpfend« Be» antwortung der Frage, wo in Deutschland der Feind des ar». bettenden Volkes steht. Es ist«in verhängnisvoller Irrtum, e mit der AntwortDer Feind steht rechts* schon für er- öpfend beantwortet zu halten. Gewiß, das Hauptquartier dieses Feindes ist die Partei der Rechten, die sich einst ehr» licherweise deutschkonservativ nannte, nach dem� in hohem Grade von ihr mitverschuldeten Zusammenbruch des Kaiserreichs aber sich den nach allen Seiten schillernden Namen .Deutschnationale Dollspartei* beigelegt hat. Es gehört schon eine gute Kenntnis des deutschen Parteiwesens dazu, in diesem so harmlos klingenden Namen die Einhüllung für die Partei des großen Grundbesitzes, der kirchlichen Reaktion, des mlli- taristischen Geistes, der Bölkerverhetzung und des Rasten- dünkele zu erkennen. Indes geben die Deutschnationalen

wenigsten» dadurch ihre politisch« Natur kund, daß sie im Parlament ihren Platz auf der Rechten haben. Sie können st« auch in ihren Reden nicht verleugnen. Anders dagegen die verschiedenen neu erstandenen Par- teien und Parteichen, die ihre Eristen, Berechtigung durch die Uebertreibung des nat'wnalen Gedankens und die Verzerrung des Begriffs der Raste und der Bedeutung der Rastenunter­schiede zu begründen suchen, als politische Wesenheiten aber einen rohen Antisemitismus mit tödlicher Feindschaft gegen die Grundgedanken der demokratischen Republik verbinden. Wie sie sich Namen beilegen, die darauf, berechnet sind, die Wähler aus den breiten Volksklasten über den reaktionären Charakter ihrer Bestrebungen hinwegzutäuschen, hier das Wort Freihest und dort den guten Namen Sozialismus für politische Zwecke mißbrauchen, die diesen Begriffen ins Gesicht schlagen, so muß man von ihnen gewärtigen, daß sie ihre Plätze im Reichstag möglichst abseits der Deutschnationalen wählen und sich mit diesen so oft als möglich katzbalgen. Aber fo oft sie das auch tun mögen, und wenn sie selbst so weit von jenen abrücken, daß sie mit den Kommunisten zusammentreffen. so schaffen sie damit die Tatsache nicht au« der Welt, daß sie vrakiiich auf da» gleich« politisch« Ziel lossteuern, das die Deutschnationalen im Auge haben: die Zerstörung der Republik ! Das fft die Frage des Augenblicks, um die der wirtliche Kampf geht. Alle anderen Fragen, wie radikal sie auch scheinen mögen, treten ihr gegenüber in die zweite Reche. So darf man sich nicht durch die tönenden Deklamationen der Völki- schon und Nationalsozialisten gegen das Kapital über ihren politischen Wert beirren tasten. Sie sind im gegenwärtigen Kampf, wenn nicht überhaupt. Theaterdonner� der ohne ernst- haste politische Wirkung bleibt. Auf unmittelbare Wirkung zielt dagegen aber ihr angekündigter Kampf gegen die Re- publik L. Sie wollen, wenn der neue Reichstag eine Mehr- hell für die Republik zählt, chn kmrch Larm und andere Ob- struktionsmanöver a roe i t s u n f ä h i g machen.- Ihre Abückten begegnen sich da Mit denen der Kommu- nisten die gleiche Kampstnechoden angekündigt haben. Beide Ken' am 4 Mai de? Sozialdemokratie und den bürgerlichen Mittelparteien soviel Stimmen°bM"ehmen. daß eine le.stungs. fähige republikanische Mehrheit überhaupt �stände kommt. Wenn aber das nicht gelingt, sollen parlamentarische Gewallmittel den Reichstag lahmlegen. Es Es wäre

tag lahmlegen, heißt die Fortführung des twer.s oer Zeitung des deutschen Wirtschaftslebens Hintertreiben, heißt, die Siche­rung einer wertbeständigen Währung, die unser Voll so un­bedingt braucht, unmöglich machen. Mit schweren Leiden und furchtbaren Entbehrungen hat unser Volk die Lehre erkauft, daß sein Wohl von der Ueberwindung jeder Inflationswirt- ichaft abhängt. Es hat erst wieder atmen gelernt, seit es ge- lungen ist, die fieberhaft arbeitende Rotenpresse stillzulegen. Aber dieses Heilungswerk, das energisch und mit umsichtiger Systematik eingeleitet zu haben, das Verdienst unseres Ge- nassen Hilferding ist, ist erst zum Teil durchgeführt, wir sind. wie Fmanzminister Dr. Luther in seiner in Einzelheiten an- techtbaren. aber im ganzen sehr lesenswerten DenkschriftFeste Mark foffi*«irtf�Sft* darlegt, noch vi cht über den

Berg, voreilige Unterbrechung kann neuen Zusammenbruch zur Folge haben, der unser Volk in unabsehbares Elend stürzt, und da kommen Banden von polittschen Abenteurern daher und wollen an der Spitze von irregeleiteten Mengen in frevel- haftem Uebermut die Dämme aufbrechen, welche die ver- heercnden Fluten von unserem Boll femhallen. Wo steht der Femd? Rechts? Ganz gewiß, rechts ist sein Hauptquartier. Aber nur rechts? Leider nicht. Denn an verschiedenen Stellen im Lande hat er sein« Helfer verstreut« Truppen, wie man es in der Mllitärsprach« nennt. die unter den verschiedensten Namen und aus den verschieden- sten Beweggründen, aber überall xu dem gleichen Zweck chm in die Hände arbeiten. In zwei Gruppen kann man sie ein- teilen. Die einen sind die Völkischen verschiedener Tönung, die einen in ein Zerrbild aufgebauschten Nationalis» mus pflegen, Rassenhaß und Rassenverfolgung predigen und von einem Rachekrreg träumen, der, wenn er Wahrheit würde, unsägliches Elend über das deutsche Voll bringen würde. Da sie ihn zum Glück nicht haben können, sinnen sie über Zer- störung daheim. Und da zeigen sie, daß sie nichts können als der Reaktion dienen. Sie sind ihr eben, wie neulich die deutschnationaleKrouzzeitung* bei Besprechung eines in Sozialismus machenden völkischen Programms schrieb, wesensverwandt*. Das kann man von der anderen Gruppe, den K o m m n- nisten, nicht sagen. Um so schlimmer aber, daß sie die gleiche Polittk der Zerstörung betreiben. Die Völkischen haben ein positives poWsches Ziel: die Wiederherstellung der Monarchie. Sie nennen es ein Ideal. Aber daß sie nicht davor zurückschrecken, im Interesse der Erreichung dieses Ideals ihr Boll dem größten Elend aus- zusetzen, zeigt, daß ihr Ideal mit einem Kampf für das Wohl ihres Volkes nicbts zu tun hat. Nicht soziales Empfinden, Haß ist die Triebfeder ihres Handelns. Den Kommunisten schwebt im Kampf nm den Reichstag nicht einmal ein positives polittsches Ziel vor. Sie können sich nicht einbilden und bilden sich auch nicht ein, daß die Zerstörung der Republik die Verwirklichung dess Kommunis- mus zur Folge haben könnte. Hätten sie einen solchen Wahn gehegt, so würden die Ergebniste der Wahlen in Bayern , Mecklenburg und Thüringen sie eines anderen belehrt Haben. Und doch halten sie an ihrer Politik fest, die Bedingungen des Fortschritts zu zerstören. Und doch zeigen sie bei jeder Gelegenheit, daß ihnen an nichts mehr liegt, als an der Schwächung der Position der Sozialdemokratie, gleichviel welcher Macht diese zugute kommen würde. Sie treiben eine Polittk der ziellosen Destruktton und verraten die größte Gleich- gültigkeit gegenüber den großen Aufgaben der Gegenwart. Kann angesichts alles dessen ein Sozialist, der die Natur und Bedeutung der großen Ausgaben erkannt hat, vor die der kommende Reichstag gestellt ist, einer der genannten Parteien seine Stimme geben? Ich glaube die Antwort nicht aus- sprechen zu brauchen, die Tatsachen sprechen eine zu laute Sprach«. Jede Stimme, die, statt einem Sozialdemokraten, einem Vertreter jener Parteien gegeben wird, ist eine an die Todfeinde der Republik weggeworfene Stimme. Es steht bei diesem Wahlkampf mehr auf dem Spiel als bei irgendeiner der vorhergegangenen Wahlen seit 1918. Ein Sammelsurium verschiedenartigster Elemente sucht der Republik Stimmen zu entziehen, die einen, um chr den Gar- aus zu machen, die andern um für irgendwelche gute oder schlechte Sache zu demonstrieren, aber mit der Aussicht, ledig- sich den Gegnern der Republik zu nützen. Der Komps um die Bolksvertretung des Landes ist die schlechteste Gelegenheit zu theoretischen Demonstrationen. Bei ihm Handell es sich um die Feststellung der großen Richtlinien der Polikik des Landes und nichts anderes. Nach diesem Grundsatz wird er in allen Ländern ausgekämpft, wo die Selbstregierung der Nation leitendes Prinzip geworden ist, und muß er auch bei uns gekämpft werden. Daher: der Feind steht überall da, wo der Republik Stimmen entzogen werden!

Kann ein Arbeiter völkisch wählen? Wer sind die Völkischen? Die völkischen sind dl« s6)limmsiea Feind« der Arbiter und der Demokratie. Sie haben Rat Henau und Erzberger ermordet, sie haben das Attentat auf Scheidemavn verübt. Sie haben den trapp. Putsch und den Hitler. Putsch unternommen, sie unterwühlen den Staat dvrch Geheim- büade. Sie schädigen durch Hetze und Gewalttat das deutsche Ansehen int Auslände, sie verhindern immer wieder durch Gereall- alle di« wirtschaftlich« Gesundung. Sie ontergraben damit Arbeitsmögllchkeit für die Ar- Heiler. Sie bekämpfen den Marxismus, am die Arbeiter zu entrechten. Sie wolle» lm Zuteresie tmb Auftrag der Auternehm« dem gewerkschaftlichen Kampf in den Rücken fallen. Sie erholten die Riesengelder für ihre Agitation und ihr« Verschwörungen von Grotzlndnstrie und Großagrariern. Sie sind die bezahlten Handlanger der schlimmsten Reaktion! Keine)irbeiterstimme üen völkischen!

Reaktion überall! Das Ziel der Rechten ist ein« reaktionär« Rechtsregierung im Reiche, dl» Hinausörängung der Sozialdemokratie aus allen Regie- rungen in den Einzelstaaten. Nachdem der Ordnungsblock dabei ist, Thüringen in Grund und Boden zu regieren, agitiert di« Rechie eifrig für dien Ordnungsblock In Preußen und Sachsen . DieDeutsche Zeitung* richtet zu diesem Zwecke heftig« Angriffe gegen die Deutsche Nolkspartoi in Sachsen . Sie macht es dem Spitzenkandidaten der Volkspartei in Leipzig , Dr. W u n- d« r l i ch zum Vorwurf, daß er sich als M i t g l i« d d e s S t a a t s« gerichtshofs zum Schutze der Republik hat bestellen lassen. Sie behauptet: Wunderlich habe damit einem Ver» fassungsbruch zugestimmt, während Ehrhardt, der Hochverräter und Anstifter zum Meineid, der wahr« Schützer der Verfassung ge- wejen sei. Diese sieche Verhöhnung des Staatsgerichtshofs zum Schutze der Republik zeigt, wie die Reaktion in Deulschlond Morgen. luft wittert. Sie zeigt aber auch, wie sehr die Sozialdemokratie an allen ihre» Positionen in den einzclstoallichen Regierungen festhalten muß. Di« Wahl am 4. Mai muß di« Hoffnung der Reaktion, diese Positionen zu erschüttern, zunichte machen. Die vorletzte Woche ües Wahlkampfes. Die vergangene Woche zeigt deutlich, daß der Wahlkompf der verschiedenen Parteien sich seinem entscheidenden Höhepunkt zu- wendet. Zwar vollzieht sich äußerlich die Wahlbewegung nach wie vor außerordentlich ruhig. Im allgemeinen ist von einem eigent- Nchen W a h l f i« b« r wenig zu spüren, wenngleich das Interesse der Bevölkerung zweifellos sich den Wahlen zuwendet. Viel wichtiger ist, daß der politische Aufmarsch der Parteien und Richtungen sich immer mehr und immer deutlicher vollzieht. 4: Das GutachtenderSachver ständigen hat die Außen» polttik sofort in den Mittelpunkt des Interesses gestellt. Di« Ent- schliehung des R e i ch s v er b a n d e s der Industrie hat unter dem Eindruck dieses Gutachtens die bisherige Front im innerdeutschen Kampf vollständig geändert. Die starken Bestrebungen, die seit dem Herbst vergangenen Jahres auf die Bildung eines großen Rechts- blocks mindestens bis zum Zentrum, eventuell auch bis zu den Demo- traten hinzielten, haben durch die erfüllungspolitische Haltung der Industrie einen entscheidenden Stoß erhalten, von dem sie sich nicht mehr erholen werden. Die Träume von einer Rechtsregierung waren selbstverständlich nur möglich, wenn am Wahlkampf und auch nach den Wahlen eine gemeinsame Plattform nicht nur für die Innen- polittk, sondern auch für die Außenpollttk gefunden wurde. Diese H»ssjn»»G rK«r1«dt»4, Sefbst die größte Wandlrmgsjähig-