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Reinfall eines Einbrechers.

gezogen. Als nächster Redner sagte Ministerialrat Genosse Falken | Interesse der öffentlichen Ordnung aufs äußerste zugefaßt werden. berg der neuen Regierung ein Parlament auf schwan Es verurteilte ihn wegen Bestechung zu 3 Monaten Gefängnis und fem Boden voraus. Er streifte die Entwicklung der Dinge in 200 Goldmart Geldstrafe. Die übrigen Angeflagten wurden gemäß England, Dänemark und zeigte, daß auch Poincarés Stern dem Antrage des Verteidigers freigesprochen. im Sinfen begriffen ist. Eingehend sprach er sich über die Steuergesetzgebung aus, nachdem sein Vorredner bereits einiges Dorweggenommen hatte und zeigte die linsinnigkeit der Form des Beamtenabbaus, dabei ließ er auch ein grelles Schlaglicht auf die Tätigkeit der Rentenmart fallen. Bon stürmischem Beifall begrüßt konnte darauf der österreichische Staatskanzler a. D. Dr. Renner das Wort ergreifen. Er zog eine Parallele unserer politischen Ent­midlung zu der Desterreichs. Die Desterreicher haben schon alles hinter sich." Dort ist 1920 der Rechts3ug" gefommen, per­bunden mit völkischem Trara, Judenheze usw. usw. Schon nach drei Jahren hatte man die Nase voll" und 1923 standen alle Be­amten mit Ausnahme Gruppe einer fleinen höherer" wieder links. Auch den Angehörigen des Heeres sei es in Desterreich möglich, für sich alle in der Verfassung ge­gebenen Rechte in der Praxis in Anspruch zu nehmen. Auch in Deutschland werde die Entwicklung voraussichtlich ähnliche Wege nehmen, wenn die Beamten verständen, sich an der Seite der Arbeiter und Angestellten zu einer un­überwindlichen Macht zu formieren. Die Umstellung der Beamten zu erreichen, sei nicht leicht, denn sie bedeute eine seelische Revolution. Mit einem warmen Appell an die Beamtenschaft, am 4. Mai der BSPD. ihre Stimme zu geben, schloß der Redner feine Darlegungen, die, ebenso wie die Ausführungen der beiden anderen Referenten, starten Beifall ernteten. Gegner meldeten sich nicht zum Wort.

Die gefüllte Bonbonniere.

Der Fall eines bestechlichen Wohnungsamtbeamten. Zum zweiten Male beschäftigte sich gestern die Straffammer des Landgerichts I unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Paulus mit einer Wohnungsschiebung, die sich gegen drei Angestellte des Wohnungsamtes Prenzlauer Berg richtet, nach dem die Straffammer in erster Instanz seinerzeit zu einer Frei­sprechung mangels Beweises gekommen war. Staatsanwaltschaftsrat Dr. Berliner hatte jedoch Berufung eingelegt und die erneute Be meisaufnahme ergab in manchen Punkten ein wesentlich anderes Bild, indem es recht merkwürdige Praktiken enthüllte, die bei den Wohnungsschiebungen angewendet waren.

Der Fingerabdruck bringt es an den Tag. Besonders schlau glaubte ein Einbrecher zu sein, der die Rektor­wohnung der Gemeindeschule in der Graunstraße heimsuchte. Bäh­rend der Rektor verreist war, fuhr er zur Nachtzeit mit einem Hand­magen vor, schnitt eine Füllung aus der Tür und packte alles zusammen, was er an Wäsche und Kleidungsstücken fand. Beim Durchsuchen der Wohnung fand er auch den Türschlüssel. Als er jetzt aufschloß, um einen bequemeren Ausgang zu haben, schlug die Lärmglode an. Blitzschnell durchschnitt er die Leitung, so daß die Glocke sofort wieder verstummte. Jezt glaubte der Einbrecher Zeit zu haben. Nachdem er seine Beute aufgeladen hatte, fetzte er die Türfüllung behutsam wieder ein und verschmierte die Fugen mit einer Mischung von Stiefelwichse und Mostrich, um die Spuren eines gewaltsamen Einbruchs zu ver­wischen und die Entdeckung des Einbruchs zu verzögern. Dann brachte er seine Beute nach einem Keller in der Dragonerstraße. Von hier aus gedachte er sie alsbald zu verkaufen. Das gelang ihm je doch nicht. Die Hehler hatten kurz vor Monatsschluß fein Geld und vertrösteten ihn auf den ersten Mai. Unterdessen wurde der Einbruch Kriminalfommissar Dr. Annuschat und seine Beamten untersuchten die Wohnungstür genau, und fanden auf der Stiefel­wichse und Mostrichmischung die schönsten Fingerabdrüde. So gelang es, den Einbrecher als einen 27 Jahre alten Grün fest­zustellen, der schon wiederholt bestraft ist und erst vor kurzem nach Verbüßung von 2 Jahren aus dem Zuchthaus entlassen worden war. Grüns Mittel war zwar sehr geeignet, die Rige zu verfleben, aber noch mehr, die besten Fingerabdrücke aufzunehmen. Daran hatte er nicht gedacht. In einer Kaschemme wurde der Einbrecher von den Beamten ermittelt und festgenommen. Die ganze Beute fand man noch im Keller in der Dragonerstraße.

entdeckt.

Hauszinssteuer, nicht Mietzinssteuer.

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Wie bereits von amtlicher Seite betont wurde, ist die neue Zinssteuer feine Mietzinssteuer, sondern eine aus zinssteuer d. h. die Steuer wird nicht vom Mieter, fondern vom Hauseigentümer erhoben. Der Hauseigentümer ist allein Steuerschuldner. 3war darf er die Hauszinssteuer nach dem Ber­hältnis der Friedensmiete auf die einzelnen Mieter umlegen; da­durch wird aber an seiner Eigenschaft als Steuerschuldner und seiner ausschließlichen Haftung dafür nichts geändert. Die neue Steuer ist nichts anderes als eine Erhöhung der Grundvermögenssteuer und ist deshalb genau wie diese vom Hauseigentümer zu bezahlen. Wenn, wie es im erheblichen Umfange geschehen ist, von seiten der einzelnen Mieter Anträge auf Erlaß, Ermäßigung oder Stun dung des auf sie umgelegten Hauszinssteuerbetrages bei den städti­schen Stetterämtern und Steuertassen gestellt worden sind, so besteht nach der jetzigen gesetzlichen Regelung feine Möglichkeit, diese An­träge durch die städtischen Dienststellen oder die Katasterämter zu prüfen und zu entscheiden, da der Mieter dem Staate gegenüber nicht diese Anträge zu den Aften zu nehmen, da bei der großen Masse dieser Gesuche eine Rückgabe und Einzelbescheidung nicht möglich ist. Derartige Anträge fönnen nur von dem Eigen tüm er, dem alleinigen Steuerschuldner ausgehen und sind an den Vorsitzenden des Grundsteuerausschusses( Ratasteramt) zu richten.

Wenn es für Wulle Prügel gibt.

Die Fleischwarenfirma Faupel u. Haake hatte in der Landsberger Allee Lagerräume, die an die Wohnung des Gastwirts Wenzel stießen. Durch den Gewerbebetrieb, namentlich durch die Kühl­räume, waren die Wände der Wohnung Wenzels feucht geworden, so daß das Wasser hinunterlief. Die Fleischwarenfirma benötigte zur Vergrößerung ihres Betriebes dringend der Räume des Gast­wirts und wollte diesen heraus haben. Der Angestellte des Woh­uungsamtes, Architekt Walter Schmidt, stellte ein Gutachten aus, daß die Wohnung für menschlichen Aufenthalt un= geeignet sei, so daß der Gastwirt heraus mußte. Die Firma übernahm dann die Räume für ihre Zwecke. Als das Er mittlungsverfahren eingefeitet wurde, waren die Akten und ins­besondere der Bericht des Architekten verschwunden. In der gleichen Weise waren die Aften bei einer zweiten Boh- Steuerschuldner ist. Die städtischen Stellen find angewiesen worden, nungsschiebung, an der auch Schmidt beteiligt gewesen war, abhanden gekommen. Ein Ehepaar Klug hatte eine Dreizimmer wohnung und wollte eine größere haben. Auf Anraten von Schmidt nahm man die Schwester in die Wohnung und erklärte, daß auch noch zwei weitere Personen einziehen müßten. Für diese fünf Ber. fonen wurde eine größere Wohnung verlangt, und Schmidt befür­wortete die Dringlichkeit, so daß das Ehepaar die Zuweisung einer Fünfzimmerwohnung erhielt. Um mum die größere Wohnung zu be­schaffen, beschlagnahmte Schmidt einer alten Frau zwei Zimmer ibrer Fünfzimmerwohnung und machte sie durch weiteres rigoroses Borgehen so mürbe, daß sie schließlich in den Wohnungstausch mit dein Ehepaar Klug einwilligte. Zum Dank für seine Bemühungen wurde Schmidt mit seiner Braut von dem Ehepaar eingeladen und bei dieser Gelegenheit wurde der Braut eine Bonbonniere überreicht, in der fünfhundert Mart lagen. In deni ersten Fall sollten außer Schmidt noch die Angestellten des Wohnungsamtes Eberhagen und Poetsch Zuwendungen in Gestalt von freier Zeche und Fleischwaren erhalten haben. Deshalb war der Direktor der Gesellschaft, Robert Freitag , wegen Bestechung mit­angeflagt. Letzterer bestritt jede Schuld. Das Gericht fam nach fängerer Beratung zu der Ueberzeugung, daß in dem Falle Faupel u. Haate grobe Pflichtwidrigkeiten vorge tommen seien, und daß der Angeklagte Schmidt unlautere Mittel angewendet habe. Da das Gericht aber nicht die Ueberzeugung.ge­winnen konnte, daß Freitag die Angeklagten bestochen hatte, mußte auch die andere Antlage. zusammenfallen. In dem zweiten Falle Klug hat das Gericht die Ueberzeugung gewonnen, daß Schmidt bestochen worden war. Gegen derartige Angestellte müsse im

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Die Flüchtlinge.

Roman von Johannes Cinnantosti.

,, Beh du in die Küche, ich kann jetzt nichts denken. Wir wollen später darüber sprechen nach dem Abendessen." Er persuchte zu lächeln: Beh nun!"

Die Frau feufzte auf und schritt mie im Traume wan­dernd davon.

Keskitalo aber jaß und starrte weiter vor sich hin. Bor jeinen Augen zog fein ganzes bisheriges Leben vorüber. In Sorgen und dem Druck der Schuldenlaft hatte es bestan den, doch das häusliche Leben war ungestört und glücklich gewesen. Und einen guten Namen hatten sie als Erbe ge= habt von Geschlecht zu Geschlecht.

Nach einer Weile stand er auf und begab sich mit bleiernen Schritten in die Schlafkammer. Dort zündete er die Lampe an und nahm von der Kommode die schwere Bibel.

Restitalo las oft in der Bibel, namentlich wenn er por einer besonderen Schwierigkeit stand oder wenn etwas gut gegangen war. Im Alltagsleben wandte er ihre Sprüche als treffende Redensarten an, aber in solchen Stunden suchte er eine Stütze in ihr.

Er las lange Zeit, anfangs bedrängt, dann etwas be­ruhigt. Dann versant er wieder in Gedanken.

Es erschien ihm wie eine unbegreifliche Schickung Gottes, daß gerade jeßt, wo er endlich zur Ruhe gelangt zu sein glaubte, eine Last auf seine Schultern gelegt wurde, im Ber­gleich zu der alles Frühere nur Scherz war. Hatte er das verdient?

Da fielen ihm die Unglücksschläge Hiobs ein. Er suchte die Stelle in der Bibel auf und begann fie von neuem zu Tefen. Als er schließlich das Buch zuklappte, fühlte er sich ruhiger und seine Gedanken flarer.

Seine Frau tam leise here..

,, Manta meint dort in ihrer Kammer...," teilte sie mit. Kann die Unverschämte noch meinen?" erwiderte Kes­titalo bitter, obwohl er fühlte, daß ihm diese Nachricht un­fagbar wohl tat.

So etwas hat man ja nie gesehen und gehört," sagte er dann. Das ist nie in meiner Familie vorgekommen und in deiner auch nicht."

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Bei einer, in Berlin von der Deutschvölkischen Frei heitspartei veranstalteten öffentlichen Berfammlung, die Mitte März in den linion- Festfälen( Greifswalder Straße) stattfand, tam es infolge des Eingreifens von Kommunisten zu den üblichen Radauszenen. Den etwa 12 bis 15 Schupobeamten, die zum Schuß der Versammlungsteilnehmer hinbeordert waren, gelang es nicht ohne Gummifnüppel, nach der Versammlung die Kampfhähne auf der Straße einander fernzuhalten. Als die Kom­munisten in der Richtung nach dem Königstor zurückgedrängt wurden, hörte man von entgegengesetter Seite Hoch- und Nieder­rufe" aus einem gegen die Beamten anmarschieren­den deutschoöllischen Haufen, an deffen Spizze sich der Reichstagsabgeordnete Wulle befand. Da die Beamten sich nun auch im Rücken bedroht fühlten und die mehrmalige Aufforderung, auseinanderzugehen, erfolglos blieb, wurde der deutschvölkische Zug mit Gummifnüppeln auseinandergetrieben. Hier bei soll auch Herr Wulle einige Schläge erhalten haben. Er hielt für nötig, sich beschwerdeführend an das Kommando der Schutzpolizei zu wenden und Bestrafung des Schuldigen zu fordern. Man bemühte sich, alle Beamten zu ermitteln, die zu dem Polizei schutz vor den" Union- Festfälen" gehört hatten. Es fand sich aber

,, Nein... Ja, dies ist der erste Fall."

,, Und das unterfängt sich noch, anderen Borwürfe zu machen!" sagte Restitalo, heftig werdend.

Ich habe von Anfang an einen Berdacht gehabt," seufzte die Frau. Du bist der Ehre nachgelaufen, Kustaa, jetzt haben wir die Schande auf einmal!"

Restitalo wandte sich um und sah sie lange schweigend an. ,, Läßt du mich jetzt auch im Stich?" fragte er dann ge­brochen.

,, Ach nein, lieber Bater" die Tränen schossen ihr in die Augen- aber das Herz ist einem ja so voll." Dann begannen ihre Schultern zu zittern. Ich friere so," sagte sie unter Schluchzen.

,, Du mußt dich niederlegen," sprach Restitalo weicher. ,, Das geht nicht so vielleicht ist noch nicht alles verloren wir wollen nachdenken."

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mit der Hand seine heiße Stirn rieb. Als sich seine Frau Er erhob sich und ging langsam auf und ab, während er ausgestreckt hatte, sehte er sich zu ihr auf den Beitrand.

Im Krieg muß man fest auf der Erde stehen," seufzte er. Ich hatte alles so schön ausgedacht. Allen wäre es gut gegangen: Uutela, uns, den Kindern, und sie hätte schon noch einmal einen jungen Mann bekommen fönnen. Aber die Ruchlose! Hast du gesehen, was für ein Gesicht sie machte?" ,, Red nicht daron- fie war nicht bei Sinnen!" Sie brach wieder in Schluchzen aus.

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Bersuch nun zu schlafen!" beruhigte Reskitalo. Ich werde bis morgen früh schon einen Ausweg finden." Sie versanten beide in schweres Grübeln.

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Wir können diese Schande nicht tragen, und wenn man noch so viel nachdenkt," sagte Restitalo wieder. Wo es jeder versteht-wo Uutela so alt ist, und wo er auch in jüngeren Jahren feine Kinder gehabt hat."

" Uutela!" rief die Frau entsegt aus. Erst jetzt sah sie die Sache von dieser Seite. Ach Gott, was wird er wohl sagen und tun?"

Nach Keskitalos Meinung war dies jedoch nicht das Schlimmste. ,, llutela ist ein guter Kerl, mit ihm täme man immer irgendwie zurecht," sagte er. Und mitten in dem Kummer schlich sich wieder jener schlau verschmigte Alltagszug in seine Mundwinkel: Uutela tönnte man immer sagen: tann einem Hundertjährigen noch ein Sohn geboren werden?- Antwort

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fein Beamter, der sich zu den an Herrn Wulle ausgeteilten Brügeln bekennen wollte. Vor einigen Tagen griff man nun zu dem Mittel, dem Beschwerdeführer Wulle alle in Frage kommen den Beamten gegenüberzustellen. Wie machte man das? Wurde Herr Wulle gebeten, sich zu dem Dienstgebäude des Schußpolizeikommandos zu bemühen und dort die Beamten zu be fichtigen? Ja, so hätte man es erwarten sollen, aber das Umgekehrte geschah! Die Beamten wurden dienstlich angewiesen, sich bei Herrn Wulle in seinem Parteibureau in der Dessauer Straße einzufinden und sich dort von ihm besichtigen zu lassen. Er tat das, fonnte aber feinen Beamten als den Schuldigen bezeichnen. Als die Beamten die Räume verließen, äußerte ein deutschvölkischer Angestellter: Tür zu, Fenster auf, es stinkt hier drin!" Wollte er hiermit die Beamten fränten oder war das Selbstkritik?

Der Kampf um das Testament. Rehabilitierung eines ehemaligen Blumenmediums. Das Blumenmedium Anna Abend, die vor einigen Jahrzehnten durch ihre spiritistischen Sitzungen viel von sich reden machte und die auch damals viel in Hoffreisen als Hellseherin und Blumenmedium auftrat, ist der Mittelpunkt eines interessanten Rechtsstreits gemesen.

Vor etwa zwei Jahren war der Fabrikant Ernst F. unter Hinter­lassung eines Kindes gestorben, nachdem seine Ehefrau ihm bereits im Tode vorangegangenwar. In seiner lettwilligen Verfügung hatte er bestimmt, daß Frau Abend die Sorge für das Kind erhalte und zu einem Drittel an der Erbschaft beteiligt sein soll. Gegen dieses Testament wird seit längerer Zeit von den im Diese be­Testament übergangenen Eltern heftig angefämpft. haupten, daß das ganze Teftament unter Einfluß des Blumen­mediums und in geistiger Umnachtung ihres Sohnes zustande fei. Ste gefommen und deshalb ungültig hatten auch bereits bei dem Vormundschaftsgericht durchgesetzt, daß Fraut Abend der Sorge für das Kind enthoben werde, und daß das Landgericht in einer einstweiligen Verfügung die Einsehung eines Sequeftors zwecks Verwaltung des Nachlasses anordnete. Nachdem auf eine Beschwerde der Frau Abend das Landgericht den Beschluß des Vormundschaftsgerichtes wieder außer Kraft gefeht hatte, ist nun auch in dem anderen Verfahren die Einsetzung des Sequestors für unzulässig erklärt worden. Das Landgericht I hat zugunsten des Blumenmediums erkannt und ist auf Grund der von den Rechts­anwälten Dr. Alsberg und Welt vorgelegten Unterlagen zu der Ueber­zeugung gekommen, daß das Testament des Fabritanten F. unantastbar sei und daß Frau Abend in feiner Weise die Interessen des ihrer Obhut anvertrauten Kindes des Erblassers ge­fährde. Der vom Vormundschaftsgericht auf Grund des erſtergange­nen Beschlusses eingesetzte Pfleger, Justizrat Dr. Berlig, hatte nach längeren Ausführungen Frau Abend als völlig ungeeignet für die Erziehung eines Kindes bezeichnet und insbesondere auf ihre frühere Tätigkeit als Blumenmedium hingewiesen. Frau Abend ließ dem gegenüber durch ihren Rechtsvertreter erklären, daß sie sich schon seit Jahren nicht mehr als Medium betätige.

Der geprellte Chinese.

Ein schlechtes Geschäft machte gestern ein chinesischer Händler, der feit einem Jahr in Berlin wohnt. Als er in der Gegend des Gör lizer Bahnhofs Läden aufsuchte, um seine Marmorfiguren, Tassen, Zigarettenspizen und Schnitzereien anzubieten, begegneten ihm an der Ede der Görliger und Falkensteinstraße zwei junge Burschen und hielten ihn an, um ihm etwas abzufaufen. Sie bezahlten mit einem alten 50- Martschein, den der Händler für viel Geld hielt, aber nicht wechseln fonnte. Als er ein Ge schäft aufsuchte, um ihn flein zu machen, erfuhr er, daß er nichts wert war. Nichts Gutes ahnend, eilte er wieder hinaus. Aber jetzt waren die beiden Burschen mit seinem Musterkoffer und den ganzen Waren verschwunden. Mitteilungen über die beiden Schwindler und den Berbleib ihrer Beute an Kriminalkommissar Wächter, Zimmer 392a, des Polizeipräsidiums. des Polizeipräsidiums.

Der erste Tag des Lichtbildzwangs.

Auf der Stadt- und Ringbahn, der Wannseebahnr und den Vorortbahnen war gestern zum erstenmal das Lichtbild notwendig neben der Monatstarte. Die Abonnenten der Wannsee­ bahn müssen allerdings schon seit längerer Zeit ihre Photographie neben der Karte an der Sperre vorweisen, aber die Neuheit, und zwar, das sei gleich betont, die praktische Neuerung, die gestern zum ersten­mal in Aftion trat, besteht in dem Rahmen, der Bild und Karte um­schließt. Er präsentiert sich als ein gut aussehender und gefälliger Rahmen aus Aluminium. Lange Zeit hat man gebrauch und viele Versuche gemacht, bevor man zu dem Resultat tam, das die Eisen bahndirektion erreichen wollte, daß nämlich in Zukunft mit den Monatsfarten fein Mißbrauch getrieben und sie fein Unbefugter be nugen fonnte. Der neue Aluminiumrahmen ist so kompliziert und boch auch wieder so einfach konstruiert, daß man, wenn Bild und Monatsfarte im Rahmen eingespannt und durch einen Hebel befestigt find, die Monatskarte und das Bild, um die Photographie eines

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siehe 1. Buch Mose . Aber das schreien ihm die anderen in die Ohren." " Ja, ja, wo sie nun der ganzen Welt gehört, diese Sache!" feufzte die Frau. Dann versanten fie in noch schwerere Gedanken.

Die Uhr in der großen Stube schlug zehn, schlug elf und fchlug zwölffie wachten immer noch. Und je mehr die Zeit verging, desto größer wurde ihre Not.

Sie sprachen miteinander, fonnten sich aber nicht trösten. Sie beteten miteinander, aber auch das brachte keine Hilfe. langen Jahren. Wie verwickelt war doch das Leben fie Sie erlebten in diesen wenigen Stunden mehr als in vielen hätten nicht geglaubt, daß der Mensch einer solchen Hilflofig­feit anheimfallen könne.

Wenn man doch mit Uutela reden müßte?" schlug die Frau in ihrer Berzweiflung vor. Wenn er sich erbarmte und es annähme? Das ist ja auch sonst früher geschehen." Restitalo mies diesen Gedanken schroff zurüd. " Nein, damit hat es feine Eile. Und Uutela ist auch hier nicht die Hauptsache, sondern die Leute. Und die würden es doch nicht glauben, sondern nur lachen."

Gott , Gott ! Was soll denn aus uns werden, da es nirgends eine Rettung gibt!"

*

Die Uhr schlug eins. Restitalo schrat zusammen, mie menn er die Stimme der Sturmglocke vom Rirchturm gehört hätte.

Er hatte in einemfort gedacht: bis zum nächsten Schlag habe ich etwas gefunden. Glockenschlag auf Glockenschlag er folgte, eine immer größere Dunkelheit hüllte sich um ihn. Er fühlte, daß er ganz naß war, ihn begann zu frösteln.

" Hat mich Gott ganz verlassen?" feufzte er in seiner Be­drängnis. Weshalb? Mancher lebt, wie er will, fümmert sich nie um Dein Wort, und Du prüfft ihn doch nicht mit solcherlei Unglück. Ist dies recht?"

Da kam die Verzweiflung über ihn, eine entsetzliche Lust, die Ketten seiner Schande mit Gewalt zu sprengen. Sein Ge sicht verzog sich, Schweißperlen preßten sich auf seiner Stirn hervor, in der Tiefe seiner Seele rangen furchtbare Kräfte. ich " Es muß geschehen es muß beseitigt werden­zwinge sie dazu!" stammelte er vor sich hin. Seine Frau hörte das seltsame Flüstern und setzte sich jählings auf.

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Fortsetzung folgt.) J