ganz anders. Surzeit sind die Belgier fortwährend unterwegs, um| ein Rompromiß zu finden, das für Poincaré annehmbar wäre. Unsere außenpolitische Situation würde wesentlich besser sein, wenn alle zuni mindesten den nationalen Standpunkt nach außen zur Schau trügen, daß wir ebenso wie unser Gegenspieler Poincaré zwar das Saverständigen gutachten nicht a limine ab lehnen, aber doch über einzelne un annehmbare Buntte verhandeln müssen. Wir wollen heute zunächst nicht die unerläßlichen Bedingungen festlegen, die unseres Erachtens von vornherein bei einer solchen Berhandlung vorweggenommen werden müßten. Wir möchten uns darauf beschränken, zu sagen, daß fie präzise und flar formuliert sein müssen. Das ist schon aus dem Grunde nötig, da ste ja für eine eventuelle Regierungs. bildung, falls die Deutschnationalen als die stärkste Partei den Auftrag zu einer solchen erhalten, ebenfalls als Grundlage werden dienen müffen. Im übrigen möge bem angeblich demokratisch regierten Auslande anheimgegeben sein, daß bekanntlich die Barbeien ihre Grundsätze und ihre Auffassungen, die sie ihren Wählern zuvor befanntgegeben haben, nicht nach der Wahl verleugnen tönnen. Nach unserer Ansicht muß dieser Grundsatz der Ehrlichkeit awischen Wählern und Gewählten als selbstverständlich gelten.
Aus dem Diplomatischen ins Deutsche übersetzt heißt das, daß die Deutschnationalen bereit sind, die Regierungsbildung zu übernehmen und mit den Alliierten über das Sachverstänbigengutachten zu verhandeln. Ob man damit durchkommen fann, muß abgewartet werden. Daß über die Ausführung Der Borschläge, nach ihrer grundsäglichen Annahme als eines unteilbaren Ganzen", verhandelt werden muß, daß Schwie rigkeiten, vielleicht Unmöglichkeiten, die sich später einmal bei der Durchführung ergeben tönnten, gleichfalls auf dem Wege der Verhandlungen befeiligt werden müssen, das ist auch für diejenigen, die für die glatte Annahme der Vorschläge eingetreten find, selbstverständlich. Der Weg zu solchen Berhand. getreten sind, selbstverständlich. Der Weg zu solchen Berhandlamgen tann aber erst dadurch geöffnet werden, daß man die Vorschläge als ein unteilbares Ganzes annimmt. Diese Annahme ist durch die gegenwärtige Regierung bereits erfolgt. Die Frage ist, ob ihre Nachfolgerin das Wort der gegenwärtigen Regierung anerkennen oder verleugnen wird. Es geht also nicht, sich zwischen Ja und ein herumzudrüden oder zu philosophieren:
Schwarz und Weiß, das sind Ertreme! Grau, das ist das Angenehme, Das so Schwarz wie Weiß enthält.
Daß die Vorschläge Herrn Poincaré sehr unbequem find, meiß jedes Kind. Herr Poincaré ist aber Politifer genug. nicht zu sagen, er betrachte sie nur als eine" Berhandlungs. grundlage", er will sich nicht nachfagen lassen, daß er eine Haltung eingenommen habe, die einer ablehnung des unteilbaren Ganzen" gleichfomme. Also versucht er es mit ben verwegenſten Auslegungsfünften. Inzwischen lauert er auf eine Gelegenheit, mit einem Schein von Recht sagen zu fönnen, das Verhalten der Deutschen sei hinterhältig und zweideutig.
felbst wenn fie angenommen würden, wie lange follen fie und mit ihnen die unerträglichen Zustände im bese ten Gebiet dauern? Am 15. Juni laufen die verlängerten Micumverträge ab. Keine französische Regierung wird auf Micumverträge, Regie, Zollabschnürung usw. verzichten, folange nicht eine allgemeine, einverständliche Regelung der Reparationsfrage erfolgt ist. Bleibt diese Regelung aus, was wird mit der Stabilisierung der Währung, die bei den Wahlen von allen bürgerlichen Parteien versprochen worden ist?
Man sieht einstweilen nicht im entferntesten, wie auf dem Weg eines Bürgerblod- Kompromisses eine attive" Außen politik" zustande kommen soll. Vielmehr ist zu befürchten, daß wir in eine Aera der außenpolitischen Unentschlossen. heit, Passivität und Unfähigteit hineingeraten werden, der gegenüber sich auch noch die Aera Cuno Rosenberg als ein Lichtblid in der deutschen Geschichte ausnehmen wird.
wartet ab.
Die Reichsregierung wartet ab.
München , 6. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) In der Pfalz wird das Ergebnis der Landtagswahl amilich erst am 10 Mai festgestellt, so daß zur offiziellen Feststellung des Gesamtergebnisses der Landtagswahl für ganz Bayern der Landeswahlausschuß erst Ende der nächsten Woche zusammentreten fann. Die Einberufung des Landtage s erfolgt voraussichtlich für die erste Woche des Suni. Bis dahin wird dann auch die Frage der Regierungs. bildung endgültig gelöst sein. Rein zahlenmäßig ist die bisherige Roalition zwischen Bayerischer Volkspartei, Deutschnationalen und Bauernbund möglich, deren glatte Mehrheit wohl in den meisten Fragen mit der Unterstützung oder mindestens mit der wohlwollenden Neutralität der 3 Demokraten und der 3 Zentrumsleute rechnen
darf. Ob unter diesen Umständen die Bayerische Bolkspartei tatfächlich den Verfuch machen wird, auf sich allein gestellt die Re. gierung zu übernehmen, ist sehr zweifelhaft, um so mehr als jetzt, nach allem, was man hört, mit Sicherheit angenommen werden muß, daß die Bayerische Boltspartei wiederum Knilling zum Mi. nisterpräsidenten macht. Da Knilling außer der Freundschaft der Deutschnationalen auch die offen erklärte Sympathie der 251. In einer Besprechung des Reichskabinetts fellte der Reichs- margistische Kurs weitergesteuert werden. Die Katastrophe vom tischen besitzt, dürfte in Bayern also der alte sogenannte antiminister des Innern heute mit, daß die amflichen Wahlergeb- 8. November 1923 war ben weißblauen Reaktionären offenbar nicht Wahlergeb- margiftische niffe nicht vor dem 16. d. M. zu erwarten find. Das lehrreich genug Da nach wiederholten Erklärungen die Bölkischen Reichskabinett bleibt auf jeden Fall bis zum zusammen- ihre Haupttätigkeit auch fünftighin auf außen parlamenta tritt des Reichstages im Amt. rische Attionen richten, wird man unter der neuen Aera Rnilling auch mit einer Neuauflage der Bürgerbräu- Ereignisse zu rechnen haben. Was dann tommen wird, darüber hat sich am Abend der Bahl einer der Führer der Münchener Bölkischen, Rechtsanwalt Budelen, ausgesprochen. Er verkündete dabei pathetisch, daß im tünftigen völbischen Staat tein Mann auf einem Ministersessel munisten stellten am Dienstag im Landtag den Antrag, dem Ge- figen werde, der nicht mit schwarzweißroter Rotarde an der Front iamtminifterium das Vertrauen zu entziehen. Diefer Antrag gefämpft habe. Nach diesem Grundsatz wird allerdings für den wurde abgelehnt. Im Anschluß daran beantragte die Völkische Führer der Völkischen, den ehemaligen Juſtizminiſter Roth, der immer von neuem seinen unbändigen Ehrgeiz nach einem Ministers Freiheitspartei, dem Ministerpräsidenten Herrn v. Brandenstein das Vertrauen zu entziehen, da er keine klare Stellung zu dem Sadhvet- fefsel tundgibt, der Herzenswunsch niemals in Erfüllung gehen. ständigenbericht eingenommen habe. Dieser Antrag wurde mit Denn er sowohl wie der Hochverräter und jezige Reichstagsabge 36 gegen 27 Stimmen angenommen. Dafür stimmten Bölfische, ordnete Dr. Frid haben es als Hauptmann bzm. Leutnant der Sozialdemokraten, Kommunisten und Demokraten. Das Mini- Reserve vorgezogen, von 1914 bis 1918 im Münchener General fterium erklärte darauf in seiner Gesamtheit feinen tommando zu bleiben. Rüdtritt. Auf die Tagesordnung der morgigen Nachmittagsfizung ist als erster Punkt die Neuwahl des Ministeriums gesetzt.
Brandenstein gestürzt!
Wegen Erfüllungspolitik.
Der Sturz des mit völkischer Hilfe zum Ministerpräsi denten pon Mecklenburg- Schwerin gewählten Rittergutsbesikers von Brande nit ein erfolgt hauptsächlich durch die vol fischen Klassen- und Rassengenossen diefer vornovemberlichen Exzellenz Er ist zugleich ein Vorspiel der Dinge, die sich im Reiche und in Thüringen ereignen fönnen. Wo die Deutsch nationalen auch die Regierung übernehmen werden, stehen sie vor der Revolvermündung derer, denen es nicht auf irgendwelche ernste Arbeit im Parlament antommt, sondern auf Lärm, Trillerpfeifentonzert und dergleichen.
Brandenstein hat als Ministerpräsident sich für die An nahme des Sachverständigengutachtens ausgesprochen, also für Es fann sich in der Tat nur noch um die Auslegung und Erfüllungspolitit. Das mag ihm sauer angekommen fein, aber Ausführung der Vorschläge handeln, nicht um ihre Aber mußte angesichts der erdrückenden Tatsachen. Wegen änderung. Parteien, die diesen Sachverhalt zu verschleiern dieser Zustimmung hat ihn die völfische Gruppe geftürzt, die fuchen, fügen damit aus innerpolitischen Gründen Deutschland ihn wenige Wochen vordem gewählt hatte. Was Branden. den schwersten Schaden zu. stein in medlenburg, das hat Leutheußer in Thü. thin Man tann sagen, diese Vorschläge seien das zweite Berringen verbrochen. Auch er hat bem Sachverständigengut sailles", seien die Versklavung", dann muß man sie ab achten zugestimmt, auch er ist für Erfüllungspolitik. Aber auch Lehnen, fomme, was da wolle. Man tann meinen, fie in Thüringen haben die Bölkischen die Hand an der Gurgel brächten für Deutschland immerhin eine Erleichterung und eine des Parlamentes, um mit Dinter zu reden. Sie werden also Hoffnung, dann muß man fie als das unteilbare auch dort mit dem Erfüllungsminister abrechnen, wie sie das Ganze", das sie sind, annehmen. Es geht aber nicht an, in Mecklenburg getan haben. sich zwischen Annahme und Ablehnung hindurchzuschlängeln. Ein solches Verhalten würde weder durch Mut imponieren noch durch Ehrlichkeit überzeugen, noch nach innen begeisternd
mirfen.
Soll man Berhandlungen über eine Aenderung der Vorschläge anstreben? Sie werden abgelehnt werden! Aber
100 Jahre IX. Sinfonie.
Bon Dr. Kurt Singer.
Das ist nun wahrlich ein Ereignis. Das Bert, das Hundert taufende immer wieder von der irdischen Gemeinheit emporreißt zur Himmelshöhe des Gefühls, des braufenden Freudenfangs, des freiheit ficher Jubels, diese IX. Sinfonie Beethovens steht als Martstein höchster menschlicher und künstlerischer Kultur seit 100 Jahren fest im Repertoire aller Weltorchester. Und was mehr bedeutet, es erschüttert, so aft seine Festesweise durch den Raum flingt. Der ganze Beethoven, von der Eroika bis zur VIII. Sinfonie, ist ein Bortlang zu diesem großan Wurf der 1X., in der sich Leben, Schaffen, Runst und Ethos des Bleifters wie in einem großen Reflektor spiegeln. Das Leiden und die Frieblosigkeit, die Unraft des Daseins und das Nichterfülltsein höchster Sehnsucht fuchten, über die Schlußtöne ber missa solemnis hinaus, einen weisen, philosophischen, fünstlerisch gehärteten Ausgleich. Schmerz, Schreden und Enttäuschung, all das liegt nun als Erinne cung hinter dem fämpfenden Beethoven . Der Sieg über das Schicksal, über die Menschen, über sein eigenes Wesen wird offenbar in dem ftrahlenden Hymnus, der Schillerschen Ode an die Freude". Nicht in einem einzigen großen Zug ist dieses Werk geschaffen. Und wer von der Einheitlichkeit der IX. Sinfonie, von der Notmendigkeit, Menschenstimmen zu den Instrumenten zu bemühen, spricht, der irrt, historisch wie im fünstlerischen Geschmad. Beethoven hat mit dem Stoff und feiner Bearbeitung wirklich gerungen. Zum Scherzo finden sich Stizzen schon 1815, zun 1. Sat 1818. Der Finalfag dieser sinfonie allemand" follte einmal eine groß angelegte Drchefterfuge, dann wieder ein hymnischer Gesang werden. Ein organischer Zusammenhang zwischen den Sägen existiert nicht; und wenn wir sie heute, dant der genialen Borbereitung des Schlußfages, innerlich auch empfinden, so ist dieses Chorfinale legten Endes doch hinterher aus den Stimmungen der früheren Säße herausgearbeitet, micht entwickelt. Die groß gebaute Brüde fehlt. Vom ersten bis zum letten Ton des Werkes hat Beethoven mehr als fechs Jahre gebraucht. Die Hauptjahre des Schaffens find 1822 und 1823. Auch die Melodie, die uns allen zum Besiz geworden ist, jene fast nur in einem Quint. abstand voneinander gleitenden, zueinander firebenden Freudentöne, Schuf nicht ein einziger inspiratorischer Augenblic. Nach langem Euchen und Aendern ruft Beethoven endlich aus: Ja, dieses ist es, es ist nun gefunden!" Gefunden war eine in ihrer Schlichtheit er greifende, kunstvolle und doch vollstonmäßige Melodie, die aus dem Rhythmus Schillerscher Worte herauszuwachsen scheint, bie erst zag. haft flingt, dann immer mehr Farbe bekommt, immer mehr Instrumente vor ihren Siegeswagen spannt, größer wird, freier, jubeinder, fester und die schließlich einer ganzen Welt Freude, Jubel, Glück. Umarmung fündet. Diese Freude ist teine alltägliche, sondern eine fonntäglich- festliche, feine laute, sondern eine männlich- erhabene, feine äußere Bravourleidenschaft, sondern nur eine non innen drängende,
Und man muß anerkennen, daß fie in ihrem Understand weninstens fonsequent find. Die Deutschnationalen aber haben ihre Wahlagitation mit Helfferich- Argumenten gegen das zweite Versailles betrieben. Was werden sie im Reichstag tun, wenn sie endlich an die Regierung fommen, nach der sie so lange sich gesehnt haben?
"
-
jebes törperliche Bedenken megjagende, große Freiheitsstimmung. Alles, was spekulativ und gedanklich in Schillers Strophen war, wurde ausgemerzt. Die einfache, lüstern- finnliche Freude galt dem meisen Künstler nichts mehr. Also fort mit der Freude, die in Botalen sprudelt! Das Ersterben in Ehrfurcht galt ihm, dem strengen Republikaner, dem großen Arbeitsmann, erst recht nichts. Also fort mit Tyrannen, fort mit dem schwächlichen Männerftolz vor Stönigs thronen". Wie charakteristisch ist das für den Menschen, der Frieden mit Gott, Welt und Teufeln schließen will. In immer größeren Ausdruckssteigerungen, gesangliche Hemmungen nicht achtend, von der engelhaften Beruhigung des fanften Flügelschlages bis zur stürmischen Annäherung an das Sternenzelt des lieben göttlichen Baters welch eine Stala der dogmatischen, rhythmischen, melodischen, in Quartett, Chor, Orchester und Soli wunderartig gestuften Empfindungen! Bollen Instrumente und Stimmen wirklich zufammengehen? Sie wollen nicht, sie müssen. Beethoven schafft fein Muster neuer Sinfonie, feinen Nachtlang der Choralphantasie; ja, er erklärt Czerny gegenüber den Schlußsatz für einen Mißgriff. Er ist es, was die Form betrifft. Aber dieses Einmalige wird einsam und allein leben, als individuelle Sprache, als Resultat eines übergewaltigen Ringens und Lebens, eines Schaffens, das im endlosen Sturm der über die Welt hinjagenden Freude zuletzt seinen Einklang mit dem Kosmos gewaltig findet. Bettes Bekenntnis eines von höchsten sozialen Impullen angefeuerten Freiheitsmannes: alle Menschen mer. den Brüder!"
Nach Gehalt, Formschönheit, letzter inftrumentaler Beseelung find die ersten drei Säße der IX. Sinfonie ihre Krone. Nach Be geisterung, Freiheitsregung, Gefühlsübertragung, Ethos und mensch lichem Fanfarentlang der Hymnus. Der 7. mai 1824 erlebte bie Uraufführung im Wiener Rärtnerthortheater. Das übervolle Haus dankte enthusiastisch dem tauben Meister, dar nur mit den Augen den Beifall erleben fonnte. Die Kaiserloge war leer. 100 Jahre lang das Lied der Menschenverbrüderung durch die sogenannte fultivierte Welt. In 100 Jahren ist sie weiber rüdwärts geschritten. Wir haben feinen Brund, uns der Freude des Daseins hinzugeben. Die Fadel der IX. Beethovenfchen Sinfonie aber wird uns leuchten, wo immer und wann immer eine Feier zu Ehren der Freiheit Menschen verfammelt, fie wird angezündet bleiben, bis ein größerer, befferer Teil der Welt aus der Fronarbeit, Elend und Not befreit ist und bis wir alle wagen dürfen, im Bewußtsein, unsere soziale Pflicht erfüllt zu haben, der Freude zuzurufen: Wir betreten feuertrunken, Himm lische, dein Heiligtum!"
18 Uhr im Meistersaal, Köthener Str. 38, ein Bortrag von Julius Bab Borfräge. Im Deutschen Monistenbund findet am Donnerstag über Boltaire and Goethe" ftatt. Mittwoch 6 Uhr hält in Der Urania ber Münchener Biologe Dr. Römmert einen Vortrag über die under der unsichtbaren Belten mit Mitroprojektionen lebender Drganismen.
Ausstellung von Arbeiten des Bildhauers Gerhard Mards. Die Galerie Ferdinand Möller , Potsdamer Str. 134 e, eröffnete eine
-
Die Verhaftung des Günther Brandt.
"
B. S. Leipzig , 6. Mai. Die Berhaftung des Studenten Brandt zieht immer weitere Kreise, da sich jezt erst herausstellt, daß Brandt in der Organisation Consul eine führende Rolle gespielt hat und in Mitteldeutschland einer der hervorragendsten Leiter der Ehre hardt- Organisation gewesen ist. Aus den bei ihm gefundenen Akten geht hervor, daß er für Mitteldeutschland fast das gesamte Adressen. material der O. C. besaß, daß Neuanmeldungen, Aktionsvorschläge usw. durch seine Hand gegangen sind. Unvorsichtigerweise hat Brandt dieses gesamte Material nicht, wie es eigentlich Anweisung des Füh rers war, alsbald vernichtet, sondern einem Studienfreunde zur Aufbemahrung gegeben, bei dem die Aften dann beschlagnahmt wurden. Brandt arbeitete Hand in Hand mit einem gewissen Dr. Bogt in Berlin , der jedoch diesen Namen auch nur als Pseudonym gewählt hatte. Brandts Kriegs name" war Brett". Der wegen der Ermordung des Reichsministers Rathenau verurteilte Student Techow hatte von Kern den Auftrag erhalten, sich an Brett in Dresden zu menden, doch kannte Techow Brandt zufällig von früher und so war es in der Untersuchung möglich, den wirklichen Namen des geflüchteten Bertrauensmannes der O. C. zu ermitteln. In dem tommenden großen Prozeß gegen die O. C. in Leipzig wird Brandt, der sich natürlich wegen der anderen ihm zur Last gelegten Ber. gehen besonders zu verantworten haben wird, eine nicht un wichtige Rolle spielen, da er zweifellos als einer der Unterführer der über ganz Deutschland verzweigten Organisation Ehrhardt zu betrachten ist. Das gesamte Attenmaterial, bas von den verschieden ften Polizeibehörden über Brandt- Brett zusammengetragen worden ist, ist an den Dberreichsanwalt Ebermeyer abgeliefert, der nunmehr die Fortführung des feinerzeit infolge der Flucht Brandts zurüdgestellten Berfahrens angeordnet hat.
Wahlerlebnisse.
Bon Friz Müller, Chemnit
Ein Bahlleiter liefert den amtlichen Bleistift vollständig unver fehrt ab, während die übrigen Bleistifte in Gestalt mehr oder weniger fleiner Stummel" zurüdgegeben werden. Gefragt, wie das zus gehe, antwortet er:„ Ich bin Straßenbahnschaffner. Da mir ber schöne Bleistift leib tat, habe ich dafür meine Rnipszange in bie Wahlzelle gehängt!"
„ Ach, gestern mar Mahl? Ich dachte, fie wäre erst nächsten
Sonntag!
Um den deutschnationalen Wahlleiter zu ärgern, hatten vers fchiedene Genossen in den Kreis, der die fozialdemokratische Lifte bezeichnet, af en treuze gemalt.
**
Beschreibe ein Wahlplafat!" hießt der neue Auffah. Ber. fchiedene Kinder unterzogen sich der Aufgabe mit gutem Geldid. manche aber schrieben merkwürdiges Zeug. Den Bogel schoß ein Junge ab, der das Platat von einem Sabarett Blaue Maus" beschrieben hatte!
Auto zum Wahllofal holen lassen? A.: Was, du hast dich von den Deutscositischen im
B.: Was ist denn weiter dabei? Mit meinem lahmen Bein.... C.: Hättest du was gesagt. da hätte ich dir geholfen!
A.: Wer weiß, wann ich wieder einmal im Auto fahren darf! B.: Und wegen einer fumpigen Autofahrt verlaufst du deine Stimme?
C.: Berrätst du deine Klasse?!
A.: Was, ich soll Berrat verübt haben?
B.: Wenn du deutschvölkisch wählst fo ist das nichts anderes.... A: Wer redet denn vom Bählen? Als die Bande mich humpeln fah, hat sie mich ins Bahllofal gefahren. Gewählt aber habe ich selbstverständlich SPD.!
Am Sonnabend vor der Wahl ließen die Deutschnatio. nalen ein Plakat ankleben. Im Hintergrunde liegt eine Stadt in Trümmern. Davor grinft ein Lotenschädel, der eine rote Müge trägt. Darunter steht: Dentt baran! erfahren. Ueber das Mittelsted der Mühe, das heißt zwischen den In der Nacht aber hatte das P'afat eine feine Veränderung schwarzen Schirm und den roten Ballon, war ein weißer Streifen mit einer schwarzweißroten Rofarbe geklebt worden!
*
Der Haus befizer N. ist sich nicht recht flar, ob die Liste der Mittelstandsvereinigung, die ihm durch eine Zuſchrift empfohlen worden war, die richtige fei, oder ob er doch lieber deutschnational wählen sollte, wie ein Aufruf An die Hausbesizer!" ihm zurief. Ein Wigbold riet ihm, die Liste vom äußer Bund zu wählen. häuser bund" leuchtete ihm ein. Er gab seiner Familie entfprechende Anweisung, was zur Folge hatte, daß in seinem Bezirk die Impfgegner brei Stimmen erhielten!
Zeitungsverleger: Eben habe ich eine Beschwerde von den De.