Die Reichstagswahlen in Saöen. Aus Karlsruhs wird uns yeschneben: Dis Wahlm verliefen in Baden ruhig. Di« Sozialdemo. krati« erhielt zwei Mandate; die Genossen Geck- Mannheim und Schöpf! in-Karlsruhe find demnach wieder gewählt. Das Zentrum erhielt fünf Mandat«, darunter den früheren Reichs» kanzler Dr. W i r t h; die Demokraten wieder zwei Mandate, den früheren Minister Dietrich und(durch württemdergifchs Rest- stimmen) den bisherigen Reichstagsabgeordneten Dr. chaos; Kommu- . nisten, Landbund, Volkspartei, Deutschnational« je ein Mandat; die Völkischen brachten nur 46 066 Stimmen auf. Die bodischen Ergebnisse muß man mit den im Herbst 19 21 ftoitgefirnöenen Landtag swahlen vergleichen, bei denen schon dis in den letzten Jahren einsetzende Rechtsschwenkung sichtbar wurde. Damals hatte die Sozialdemokratie rund 264 666 Stimmen erhalten, dagegen waren die Unabhängigen von 162 666 auf 27 666 gesunken gegenüber den Reichstagswahlen von 1926. Di« Kommunisten hatten 1926- 14666, 1921: SS 666 Stimmen gezählt: jetzt errangen st« 95 666 Stimmen. Man hatte in Baden in den Reihen der Partei gehofft, vielleicht doch noch drei Mandate zu erhalten. Das starke Abflauen der sozial- demokratischen Wählerstimmen in Baden ist— neben den allgemeinen Gründen— auch zu einem Teil darauf zurückzuführen, daß ein großer Teil der verärgerten Beamten zu der Volkspartei stieß, die in Baden nicht in der Regierung sitzt, und ein wesentlicher Teil der Arbeiterschaft durch die Hege gegen den badischen sozialdemokra- tischen Innenminister Remmele, wie sie von feiten der Kommunisten betrieben wurde, in dos Lager des Redikalismus abschwenkt«. S t ä r k st d Partei ist in Baden nach wie vor das Zentrum mit 32S 666 Stimmen; ihm folgt dann die Sozialdemokratie mit 142 783 Stimmen, als dritte Regierungspartei kämen die Demokra- ten mit 73666 Stimmen. Natürlich ist durch die Wahl auch die Frage der Koalition in Baden neu gestellt: die Deutsche Voltspartei sehnt sich schon länger« Zeit nach der.Futterkrippe". Ein zwingender Grund zu einer Aenderung ist ober durch den Wahl- ausfall nicht gegeben: die Entscheidung liegt ober in den Händen des Zentrums. Im übrigen darf auf Grund übereinstimmender Beobachtungen im Wahltampf gesagt werden, daß bei energischer Weiterarbeit bis zu der im nächsten Jahr stattfindenden Landtags- wähl die badische Sozialdemokratie die Position von 1921 wieder erobern wird., Saüetts Haushalt schulöenfrei. Der badische Staatspräsident Köhler erklärte, daß der Ab- schlug der Swatsfinanzen vom 31. März nicht nur keinen Fehl- betrag, sondern sogar einen kleinen Ueberschuß aufweise. Der Kredit des Landes fei durchaus ungeschwächt. Auf kulturellem Ge- biet habe Baden trotz der großen Schwierigkeiten sein« beiden Universitäten vollkommen lntakt erhalten. In Baden gebe es weder Separatismus' noch Pa r t i k u lar i s m u s. wohl aber Gegner der Berliner Ueberzentralifotion.
Das große wunöer. Hergts wunderbare Bekehrung zur Crfülluugspolitik.
Ministerwahl in Mecklenburg . Zwei Stimme« Mehrheit für Braudeastei«. Schwerin , 7. Mai. (MTB.) Di«.Mecklenburgische Zeitung" meidet: Bei der heutigen Wahl des Ministerpräsidenten im Mecklenburgischen Landtag wurden 33 Stimmen abgegeben. Da- van entfielen aus Freiherrn v. Branden st ein 24, auf Gtel- l i n g IS, auf Höllein 8, auf Wendthausen 1 Stimme. IS Zettel waren unbeschrieben. Da sich hiernach kein« absolute Mehrheit für Freiherrn o. Brandenstsin ergibt und die Zahl der übrigen Stimmen ebenfalls 24 beträgt, wurde eine Stichwahl notwendig. Bei der Stichwahl erhielten Freiherr v. Brandenstein 24, Stelling 22 Stimmen, 16 Zettel waren nicht beschrieben. Ungültig war«in« Stimme. Freiherr v. Brandenftein ist somit wieder g«� wählt. Da er sich nicht im Haus« befand und infolgedessen sein« Zustimmung nicht erteilen tonnte, mußte auch die Wahl der Mi- nister verschoben werden._ Unsere Reichstagsfraktion. Außer den von uns bereits aufgeführten, bei ier Reichstagswahl gewägten sozialdemokratischen Abgeordneten, ist im Wahlkreis Lieg. nitz durch Listenverbindung die Genossin Anna Nemitz gewählt. Außer ihr gehören dem Reichstag folgende sozialdemokratische Frauenabgeordnet« an: Klara Bohm-Schuch. Man« Nuchae), Toni Sender . Johanna Reitze . Luis: Schroeder. Lore Agnes , Mathilde Wurm , Elise Bartels , Frau Dr. Margarete Slegmaun, Aerztin . Van den Mitgliedern der Fraktion sind folgende Abgeordnet« neu in den Reichstag gewählt: Gustav Schumann, Stettin ; Passehl, Stettin ; Karl weudemuih. Breslau ; Otto Vuchwih. Görlitz : A. Arö- lich, Weimar : Dr. Julius Leber, Lübeck ; ZN. Richter. Neumünster ; F. Nowak, Harburg a. d. C.; Paul Hunte. Braunfchwsig: Fr. Hufe- mann. Bochum : C. Kirschmann. Köln a. Rh.; H. Llmbertz, Essen (Ruhr); E. Auer, München : h. Siröbel. Bertin: Frau Dr. Margaret« Siegmana, Aerztin , Dresden : M. Seydewitz. Zwickau ; Ar. Roßmann. Stuttgart :' P. Graßmann, Berlin : R. Hilferding. Berlin : A. Saengec. München : M. Schnabrlch, Hersfeld . Wann ttitt öer Reichstag zusammen! Der für die Einberufung des Reichstags genannt« Termin des 22. Mai. steht noch nicht bestimmt fest. Der noch amtie- rende Reichstagspräsident Lobe besprach gestern vormittag mit dem Reichskanzler die Frag« der Einberufung. Der Termin hängt davon ab, wann der Reichswahlleiter die amtliche List« der gewällten Ab» geordneten endgültig abschließen kann. Präsident LSb« nimmt setzt an, daß'die Einberufung des neuen Reichstags etwa zwischen dem 23. und 2g. Mai erfolgen kann. Der Reichskanzler hatte mit dem Reichspräsidenten eine Unterrodung. Der erste Schutzzoll. Der Zoll für Reisstärke wird erhöht. Die Rekhsregierung hat ihr« Absicht, dem deutschen Volte Schutz- Zölle zu gewähr«: und auf diese Weis« heimische P�ut� künstlich zu verteuern, auf einen an sich unbedeutenden Teilgeb'-ete dir deutschen Wirtschaft, der Reisstärkeindustri«. bereits durchgeführt. Anlaß dazu bot ihr die Erhöhung von Zöllen auf gewiss« Luxus- w�nrn. gegen die vom Standpunkt der Sozialdemokratie nichts ein- zuwenden ist. Der Reichetagsausschuß für die Wahrung der Recht« der Voltsvertretung(Ueberwachungeaueschuß) b«. schäftizt« sich gestern mit einem Berordnungsentwurf über Aende. rung und Wiedereinführung von Zöllen. Der Ais- schuß beschloß entsprechend der Regierungsvorlage, den Zoll für die- jenigen Waren der Tcrisnuinmer 44 des Zolltarifs(getrocknete Blumen, Blätter. Gräser usw.) aufzuheben, di« von G-werbetreiben. den zur Be. oder Verarbeitung im eigenen Betrieb«ingeführt und nach der Veredelung in überwiegender Menge noch dem Ausland wieder ausgefühvt werde«. Außerdem beschloß der Ausschuh«nt- 1
„Ein Wunder, ein Wunder,«in Wunder ist gekommen", singt der Chor in Lohengrin beim Erscheinen des Schwanen- ritters. Aehnlich begrüßt der Chor der Presse die neuesten Erklärungen des deutschnationalen Parteiführers. Herr H e r g t hat bekanntlich als Erfolg seiner Reichskanzlerschaft „ein großes Wunder" angekündigt. Nun findet man allgemein, daß sich dieses Wunder schon vollzogen habe— durch die Wandlung des Herrn Hergt.„Vom Saulus zum Paulus!" schreibt die volksparteiliche„Zeit". Das„Berliner Tageblatt" glaubt feststellen zu können. daß Herr Hergt glatt auf dem Boden der bisherigen Rsgierungspolitik gelandet sei. Llehnlich urteilt die „Zeit", sie meint. Stresemann sei als Außenpolitiker nicht nur nicht geschlagen, wie Hergt behauptete, sondern er habe viel- mehr„einen ganz großen Erfolg" erzielt, da sich der Führer der Opposition nach den Wahlen sofort zu seiner, Stresemanns, Politik bekannt habe. Allerdings bezweifelt die„Zeit", daß Hergt mit seiner Auffassung in seiner Fraktion durchdringen werde. Die„Bossischc Zeitung" indes weist zutreffend auf den großen Haken hin, auf die Vorbehalte und Bedingun- gen. an die sich Hergt noch zu klammern versuche. Der Bericht sei ein unteilbares Ganzes, werden Vorbehalts gemacht, so werde das auf beiden Seiten geschehen, und dann sei 1000 gegen 1 zu wetten, daß P o i n c a r 6 mit seinen Vor- behalten durchdringen werde und nicht Hergt. Auch die„Germania ", das Zentrumsblatt, stellt die große Wandlung des deutschnationalen Parteiführers fest. Sie be- zeichnet es als die Grundforderung des Zentrums, daß der bisherige Kurs der Außenpolitik weiter- gesteuert werde, und meint: Wenn sich die Deutschnationalcn jetzt zu der von ihnen bisher bekämpften Politik bekennen sollten, bestünden für das Zentrum keine in diesem Augenblick dringende Bedenken grundsätzlicher Art, dem Stimmenzuwachs der Deutschnationalen Rechnung zu tragen. Solche„dringende Bedenken" werden aber für die„Germania " durch eine andere Stelle in der Erklärung Hergts k>ervorgerufen, auf die sie besonders aufmerksam macht und die folgendermaßen lautet: Wir brauchen«ine Regierung, die Bestand verspricht und von Bestand kann nur«ine Regierung sein, die sich auf di« starken Kräfte der Deutschnationalen Volkspartei stützt. Wie sich das f o r- m a l entwickeln wird, das ist mir und das ist unserer Partei recht nebensächlich. Wir sind nun einmal die stärkst« Partei im neuen Reichstag und in ruhiger Celbstsicherheit sehen wir den ent- sprechenden Schritten der zuständigen Stelle entgegen. Die„dringenden Bedenken" der„Germania " sind aller- dings durchaus gerechtfertigt, und es ist gut, daß gerade ein mittelparteiliches Blatt auf diese heikle Frage hinweist. Ehe ein Deutschnationaler an die Regierung herangelassen wird. muß er auf Herz und Nieren geprüft werden, ob er die ihm anvertraute Ma6)t nicht in �verfassungswidriger Weise miß- brauchen wird. Untilgbare Schuld würden die Mittelparteien auf sich laden, wenn sie etwa einer Putschregierung in den Satte! helfen wollten. Auf der anderen Seite ist Mar Maurenbrecher, der „Völkisch-Deutschnotionale", in seiner„Deutschen Zeitung" ziemlich aus dem Häuschen. Die Partei, sagt er, würde sich ihr eigenes Grab graben, wenn sie dem Parteivorsitzenden folgte. Hergt rühme die Deutschnationalen gegenüber den Völkischen, mit denen er jedes Zusammenarbeiten ablehne, vor dem Ausland(!) als die„Besonnenen", das müsse „eigentümliche Nebengefühle" wecken. Hergt wolle nach mittelpartetlicher Art mit aussichtslosen Verhandlungen be- ginnen und„verwässere den kurov toutovious", anstatt„die nationale Leidenschaft gegen das zweite Versailles zu ent» flammen". Helfferichs Schatten wird heraufbeschworen, um mit der drohenden Warnung zu enden, Herr Hergt könne auf dies« Weis«„höchstens seine eigene Partei in zwei Hälften auseinanderbrechen sehen." Dem unparteiischen Beobachter drängt sich die Frage auf, ob eine innerlich so wenig gefestigte Partei wirklich berufen ist, die Führung zu übernehmen. Aber die Geschichte wird noch wunderbarer! Auch die „Kreuz-Zeitung " rückt von Hergt ab— sachte, aber merklich. Sie tut es, indem sie seine Erklärung in ihr gerades Gegenteil verkehrt und versichert: es gehe aus ihr hervor, daß die Stellung der D-äutschnationalen vollkom
men unverändert geblieben sei. Siö wirft dann d'e Erklärung Hergts vollkommen über den Haufen, indem sie ihr«„Vorbehalte" folgendermaßen formuliert: Es fei nur an die Räumung des Ruhrgebiets und an di« Freilassung der Gefangenen erinnert. Es wird natürlich not- wendig sein, dies« Vorbehal'e scharf zu skizzieren, falls es zu V«r- Handlungen mit anderen Partsien über eins Kabinettsbildung kommt. Eleichzettig werden die Punkte festgelegt werden müsse::. die einer Aenderung im Sachverständigengutachten bedürfen, wob«: in erster Linie an die Kontrollmahahmen und an die untragbar« Jnternationalisierung der Eisenbahnen erinnert sein möge, ohne auf Einzelheiten einzu- gehen. Eine derartige Formulierung des Borbehalts sieht einer Ablehnung des Berichts ähnlich wie ein Ei dem andern. Es sei zum Ueberdruß wiederholt, daß Aenderungsanträge zu den Dorschlägen selbst, die ein„unteilbares Ganzes" darstellen, keine Aussicht auf Annahme haben, daß bei Verhandlungen über sie nichts Gutes herauskommen kann und daß auf diese Weise nichts erreicht wird als ein bequemer Vorwand für Poincarch im Ruhrgebiet zu bleiben und alles beim alten zu lassen. Das wäre also„das große Wunder", das Herr ftergt mit seiner selbstgesälligen Geschwätzigkeit erreicht hätte! Er hat in alle Fettnäpfchen getreten, alle Stühle umgeworfen und alles erreichbare Porzellan zerschlagen. Die anderen Parteiführer üben Zurückhaltung. Hergt kann es nicht hallen. Er m u ß schwätzen— wie sein einstiger Chef Wilhelm II. Das ist Hergt. Reichskanzler in sps? Oder Partei- führer a. D.? poincarö wünscht Kanzler tzergt. Paris , 7. Mm.(Eigener Drahtbericht.) Die französisch« Presse 'beschäftigt sich sehr eingehend mit der Frage der Regierungsbildung "n Dcutschlond. Die nationalistischen Orpa e betrachten es als fellist» verständlich, daß"ur ein« Koalition der bürgetlichtn Parteien mit den Dcutschnattonalen an der Spitze zustand« komm«: könne. In diesem Zusammenhang wird angenommen, daß die Deutschnationale» auf diese Weise sehr schnell abgewirtschaftet haben dürften und dann bei einer Auflösung des Reichstags die gemähigten Parteien das verloren« Terrain zurückgewinnen würden. So gibt eins Berliner Depesche des„Echo de Paris" der Aussassung Ausdruck, daß kr neue Reichstag nicht lebensfähig sei. Wenn die Reaktion ans.Ruder kommen werde, so würde sie in zwei Monaten nicht nur ihren Kredit im Innern ruiniert, sondern auch die ganze Welt erneut zu einer Einheitsfront gegen Deutschland zusammengeschweißt haben. Nach diesem Experiment aber werde das deutsche Volk wahr- schcinlich soviel gelernt haben, daß die Neuwahlen ganz anders aus- fallen würden. Im Gegensatz dazu glaubt der sozialistische„P o- p u l a i r e", daß die einzig mögliche Patteienverbindung, die im neuen Reichstag in Frage komme. die große Koalition zwischen Sozialdemokraten, Demokraten. Zentrum und Volkspartei fei, die di« Durchführung des Sachverständigenplanes zu ihrem Programm machen könne Hergt werde deutlicher! Paris . 7.Mai. (Cig. Drahtber.) Der„Temps ", der in Herrn Hergt den künftigen deutschen Kanzler sieht, kommentiert dessen im„Lokal- Anzeiger" veröffentlichte Ausführungen über die Einstellung der Deutschnationalen zum Programm Tawes, in denen von gewissen Vorbehalten die Red« war. Das Blatt meint, es genüge nicht, diese Vorbehalte anzukündigen, Herr Hergt müsse auch sagen, welcher Art sie seien. Wenn man die„Deutsche Tagesztg." darüber zu Rate ziehe, so müsse man zu der Ueberzeugung gelangen, daß diese Vorbehalte der Nationalisten aus die Sabotierung dos Sachverstä>:digenplawes hinauslaufen. Wolle Herr Hergt damit nicht idemifiziert fein, so müsse er sich recht klar über die von ihm gemachten Reserven aussprechen. Denn sowohl die Gläubiger Deutschlands wie auch diejenigen Länder, dis mit Deutschland Handel treiben, müßten sichbaldKlarheit darüber schaffen, ob die von den Sachverständigen empfohlene Lösung Aussicht habe, von Deutsch - land angenommen zu worden oder nicht, und vor allem, ob die 866-Million«n. Anleihe Aussicht habe, Zeichner zu finden. Auch das deutsche Volk selbst habe an solcher Aufklärung«in Jnter- est«, denn der Wert d«r Renten mark weck:« davon bestimmt.
sprechend der Regierungsvorlage einig« Erhöhungen der Zollsätze. So wurden getrocknete Datteln der Tarif. mnnmsr 53, die in Behältnissen zu S Kilogramm oder darunter ein- geführt werden, einem Zollzuschlage von 36 Proz. für einen Doppol- zendnsr unterworfen: der Eingangszoll beträgt hiernach 78 Goid- mark für einen Doppelzentner. Bei Gänsebrüsten und Gänse» teilen, durch Salzen. Pökeln, Trocknen. Räuchern. Kochen oder Lratm einfach zubereitet, wurde der Zollsatz auf 66 Goldmark für «inen Doppelzentner heraufgesetzt.(Tarisnummer 116.) Soweit war gegen die Zolländerungen nichts einzuwenden. Weiter oerlangte ober dis Regierungsvorloge ausdrücklich zmn Schutze der heimischen Stärkeindustrie für di« Einfuhr von Stärke aller Art. grün oder trocken, auch gemahlen, einen gllprozentigen Zollzuschlag(Tarifnummer 173), so daß der Zoll jetzt 21 Goldmart für«ine,: Doppelzentner betragen soll. Bei dieser Tariftwmmer handelt es sich aussch'.ießlich um Reis-, nicht um Kar- toffelftärke. Da der markanteste Vertreter dieser Industrie die be- kannte Firma H o f m a n n in Salzuflen ist und diese Firma fast ausschließlich in den Genuß des neuen Schutzzolls kommt, mußte der Eindruck entstehen, daß diese eme Firma besonders begünstigt wer- den soll!«. Die volkswirtschaftlichen Bedenken gegen eine solche Zollpolitik, die in einem Antrag der Sozialdemokraten auf Streichung des Schlchzolles ihren Ausdruck fanden, wurden aber von der bürgerlichen Mehrheit nicht beachtet. Der Antrag wurde gegen di« Stimmen unser«? Genossen und ein« De- mokraten abgelehnt, der Zoll bewilligt. Das ist«in kleiner Auf- ta k't zu den Zolldebatten, die sich wahrscheinlich schon in den nächsten Monaren im Anschluß an> die Schutzzollforderungen der Großagrarier entwickeln werden._ die hannoversche Sewegung. Los von Preußen=- 50 Proz. Steuererhöhung. Am 18. Mai findet in der Provinz Hannover eine Vor- abstimmung über den Antrag der' Doutsch-Hannoverschen Partei statt, ob die preußischen Regierungsdezi, ke Hannover , Hildesheim , Lüneburg , Stade und Osnabrück ein selbständiges Land bild« sollen. Ganz abgesehen, daß di« parttkularisttschen Bestrebung
gen in Hannover dem Rcichsinteress« zuwiderlaufen, errechnet das Oberpräsidium Hannover nunmehr, daß eine Loolösung des Landes von Preußen für die Bevölkerung der fünf in Betracht kommenden Bezirk« eine kaum tragbar« Mehrbelastung darstellen würde. Bereits vor dem Kriege war Hamwv-zr«ine preutzlsche Zuschußprovinz. Der Zuschuß betrug im Jahre 1913 2 227 666 Gold mark. Das Verhältnis hat sich auch nach dem Kriege nicht ver- ändert. Das Oberpräsidium berechnet für ein selbständiges Land Hannooer mit einem vierköpfigen Ministerium an der Spitze ein Defizit, das eine Erhöhung der Lan d e s st« u c r i: von 23 Prozent erfordern würde. Aber in dies« Rechnung sind die Kosten für«inen Betriebsfonds, für Leistungen zur Förderung von Bodenverbesserungen und d«s Wohnungebaues, zum Ausbau kr Versorgung mit elektrischem Strom, zur Uebernahme von staatlichen Moor«n, sowie die Staatszuschüsse zu den Besoldungen der beiden evangelischen Landeskirchen noch nicht eingerechnet. Sie würkn ein« weitete ungefähr 27prozentig« Steuererhöhung bedingen, so daß di« Loslösung Hannovers vpn Preußen di« Bewohner der Provinz «ine etwa L0prozentig« Steuerhöhung kosten würde. Di« Berechnung des Oberprästdiums sagt nichts Neues. Klein- staaterei ist immer ein teueres Vergnügen gewesen und es ist ein Treppenwitz der Weltgeschichte, wenn ein« Gruppe von Schildbürgern in einer Epoche den ffiersuch unternimmt, Preußen zu zerschlagen, in der sich die wirtschaftlichen Mächt« zusaimnonschließ«n. um die Autorität des Staat«« zu zertrümmern. Indem die Deutschhanno. veraner für di« Bildung«in«« neuen Staates kämpfen, helfen sie die Autorität de« Staates untergraben. * Di« Deutschhannoversche Partei hat an di« Reichs- regierung«in« B eschwerde gerichtet, in der gesagt wird, die Wstimmung werde durch Beeinflussungen der preußischen und deut- schen Regierung gefährdet. Die Reichsregierung weist die Beschwerde als haltlos zurück. Cs fei das gute Recht der Reichs- regierung und der preußischen Regierung, zu der verworrenen Frage Stellung zu nehmen. Im übrigen sei Sorge dafür gstragon, daß die Vorak-stimmung unbehindert vor sich gehen könne.