Nr. 220 41.Jahrgang
Die Lyrik der Industrie.
Bon Armin T. Begner.
2. Beilage des Vorwärts
Problem ab, das sie taum zu lösen begonnen hatte. Weder hatte fie die Dinge aus ihrer realen Starrheit zu erlöfen vermocht, noch Bisionen oder Symbole darin gefunden.
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Der erste, dem diese gewaltige Kraft in die Stimme gelegt war und der nicht an der Sprödigkeit des Stoffes scheiterte, war, der Belgier Emile Berhaeren, der inzwischen längst zu Weftruf gelangte Dichter, der Villes tentaculaires", der Fabriten, des. Symnus an die Arbeit( Deutsch im Infelverlag zu Leipzig ). Wie er in seinem Zuge durch die gesamte Welt der Erscheinungen das Land, das Meer, die Städte in seinen Werfen umfaßt, nahm er folge richtig auch die Welt der Industrie auf, und nur einen gab es, der schon vor ihm in den endlosen Flutungen des modernen Lebens auch dieses Chaos harmonisch efstatisch empfand: den Amerikaner Walt hitman. Aber während die gegenwärtige Eristenz dieser Erscheinungen für Whitman nur rein zufällig, fönnte man sagen, einen Teil der Gesamtheit der Dafeinsobjekte bildete, die er in barbarischem Amerikanismus wahllos bejahend, naiv und mit zwerchfellerschüt terndem Dröhnen bewunderte( D, die Freuden des Lokomotivführers, mit seiner Lokomotive zu fahren"), war Verhaeren der Erste, der die Möglichkeit in fich fand, in lyrisch hymnischer Form die ganze Welt der Industrie in ihrer Bandschaft wie in ihrer Idee allseitig zu umfassen. Sein Hymnus„ Die Fabriken" ist nicht nur ist die Dichtung der Fabriken an fich, wie fle jede größere Stadt der Gesang über irgendein vereinzeltes Werf industrieller Arbeit, es Europas an ihre Flanten gepreßt beherbergt. Er umfaßt darin das Wesen der Fabriken in allen feinen Erscheinungen, zeichnet dte finsteren Gaffen der Arbeiterviertel, die Gestalten der Schmiede, die halbnadt an den Walzwerken stehen, die giftigen Dünfte der Schwefel das proletarische Elend der Vorstadt mit dem Bafter und der Trunt. gruben, die Webereien mit ihrem Wirrfal ſich verschlingender Hände, fudyt ihrer Schenken. Besonders beachtenswert bleibt es dabei, daß von ihm zum erstenmal auch die ganze heroische Landschaft industrieller Städte gezeichnet wurde. Und zwar nicht naturalistisch, sondern mystisch, visionär, ähnlich wie wir fle aus den Radierungen des Amerikaners Pennel und des Flamen Brangwyn kennen. Berhaeren zeichnet aber auch die ewige Idee der Arbeit, die den Menschen mit dem Menschen verbindet, und über Glend, Opfer und Ausbeutung hinweg sich wie ein goldener Regenbogen über die Stadt ( pannt. Er kehrt zu dieser verheizungsvollen Botschaft des schaf beit zurüd, und hat darin ein kleines lyrisches Denkmal der Arfenden Werttages unter anderem in feinem Hymnus Die Ar beit" geschaffen, bas an Meuniers gleichnamige Schöpfung erinnert und auch an jenes unausgeführte, nur in einem Gipsmodell vor
Sonntag, 11. Mai 1924
gangen war und deren Ausdrucsmittel fich außerordentlich verfeinert hatten, sich zu Beginn dieses Jahrhunderts wieder der Gestaltung industrieller Erscheinungen zuzuwenden. Alfons Paquet , der in Deutschland zuerst auf diesem Wege fortschritt, fommt freilich noch ganz von Whitman her und bleibt audy in ber Schilderung seines Schon Zola, Lemmonier, Meunier und Hauptmann haben die Rupferwalzwertes( Auf Erden", Berlag Eugen Diederichs , Jena ) Welt der Industrie erlebt und gestaltet. Der Naturalismus als noch start am Stofflichen hängen. Ernst Lissauer wiederum Kunstform ist uns heute in vieler Hmsicht fremd geworden, aber steht mehr bei Verhaeren( Der Strom", Berlag Eugen Diederichs ). dennoch wird Zolas„ Germinal " leben un feiner fozialen, feiner Aehnlich wie Dehmel gibt er uns in seinem„ Bergarbeiterfied", symsymoblischen Werte willen, werden Hauptmanns Weber", Lemmubolisiert unter dem Bilde der aus der Tiefe der Erde any den Tag niers„ Eiserner Moloch" ihre ethischen Kräfte auch auf fernere Gedrängenden Stlavenfchaft die Idee der Maffe, die aus der, Finsternis schlechter ausstrahlen, werden die Werte des Bilbhauers Meunier fie hinaufstrebt zu Freiheit und Licht. Sogar Richard Dehmel selbst vielleicht alle überdauern. Auch die Lyrik erkannte früh, daß sich in schuf noch in späterer Zeit in seinem Buche Schöne wilde Welt" der Industrie eine neue Landschaft für sie erschloß. Neue Gestalten, ( S. Fischer, Berlin ) einen bedeutenden 3yfius" Die Hafenfeier", in neue Erlebnisse, neue Sentiments. Sie fühlte die Tragit, die in der der er in langhinschreitenden Berszeilen den ganzen verworrenen Knechtschaft ewig an die Maschine gefesselter Menschenschicksale rubbe. Urwald der Masse, Schiebe und Docks des Hamburger Hafens umDenn es ist von jeher die Mission des Dichters gewesen, die Sehn faßt, eine gewaltige Sinfonie des ewigen Werftages, dber auch der fucht erniedrigter, tämpfender und verzweifelter Seelen im Lied zu unentrinnbaren Folberfammer gequälten Menschentums. Auch die erlösen. Der Weg von jenem unbekannten Boikslied„ Es waren zwei Königsfinder" bis zu dem grauen Tagesende proletarischer Arbeits. die industriellem Heimatboden am Rhein eniwachsen, sich durch ,, Berfleute auf Haus Nyland", eine Anzahl von Dichtern, leube, denen das Triebrad ewig wacher Fabriken nicht Zeit läßt zu Beruf und Arbeit zusammenfanden und teilweise start von Dehmei Aber die Zyrik der achziger Jahre war damals ebenso wie die beeinflußt find, haben ähnliche Wege beschritten. Sie haben es sich dramatische Dichtung ber gleichen Generation, der auch Gerhart Nüchternheit ihrer poefiearmen Helmat zu zerstören. Nicht fentigeradezu als programmatische Aufgabe gestellt, die alte Sage von der Hauptmann angehörte, in ihrer naturalistischen Periode begriffen. mentales Bebauern erweckt in uns der Rauch der Schlote und HochFür Dichter wie Karl Hentell und Arno Holz die unter öfen. Wir begrüßen die tausend Kräfte, die an der Arbeit sind, um dem Eindrud der sozialen Tendenz jener Epoche standen, handelte unsere Zeit von uns selbst zu erlösen." Das bisher bedeutsamste es sich in Wahrheit um ein politisch- literarisches Programm. das von Mert. das aus der Mitte dieser Männer hervorging, sind die unfontrollierten Mitleidsgefühlen durchfeht war. Zudem fehlte es fast allen Byrikern dieser Zeit letzten Endes an dichterischer Kraft Bei weitem am stärksten aber von allen Dichtern der jungen Genefast allen Byrikern dieser Zeit letzten Endes an dichterischer Kraft Cifernen Sonette" von Joseph Winkler( Inselverlag). der Gestaltung, die Gebilde, die sie schufen, waren nicht viel mehr als eine sentimentale Armeleutepoefie, und zuweilen scheint es, als tation, die, das künstlerische Problem der Industrie in Angriff gewäre die ganze industrielle Lyrik dieser Belt überhaupt nur eine nommen haben, find die Werte von Paul Zech :„ Die eiserne wäre die ganze induftrielle Lyrik dieser Zelt überhaupt nur eine Brücke"," Das schwarze Revier"( Mufarionverlag). Bei Zech ist der Mobe gewesen, die der Naturalismus in seinem Gefolge herauf Blick für das Elementare, das verworren Urweltliche der industriellen Allein Richard Dehmel , dem Gestalter psychischer Zerrissen Landschaft besonders scharf. Die Vollkommenheit seines Versbaues heit, gelang es in seiner Jugend, zu Beginn der neunziger Jahre in übertrifft die der anderen zeitgenössischen Dichter der Industrie bei Deutschland vereinzelt dichterische Werte zu schaffen, die ne Kunst weitem. Es ist das Erschütternde und Gewaltsame der Natur selbst, waren, und die doch von dem Geiste moderner Arbeit beseelt scheinen das, von den Menschen in neue Formen gebannt, uns in seinen Aber auch hier, in den Gedichten„ Der Arbeitsmann " und" Das Gebichten ängstligt. Feuer und Blitz, Wasser und Donner, Liebe und Erntelied" wird das letztere noch untypisch auch jedem nicht indu Bilder gefaßt, schießen wie ein schwarzer Hagel auf uns herab, und Tob schießen in neue finnbetörend grandiose und schredenerfüllte striellen Seitalter gerecht. In seinem Arbeitsmann" dagegen, in wir erkennen daraus, daß diese Welt der Industrie, die Millionen bem in der Tat etwas von dem rasch vorüberlärmenden Zeit und Brot, Beiden und Erhebung bedeutet, einen der stärksten Ausdrücke Menschen erbarmungslos mit sich reißenden Atemzug industrieller Gegenwart in das Ewige erhoben ist, geht er noch völlig ungerührt handene Wert Rodins Der Turm der Arbeit", das gleichfalls unseres modernen physischen und seelischen Erlebens darstellt, voll vielfältige und aufwärtssteigende Reihe eine Welt von nicht geringerer Größe als die Dantes und Michelangelos .
brachte.
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an ihrer Landschaft vorüber( ir haben ein Bett, wir haben ein Kind, mein Weib und fehlt uns nur eine Kleinigkeit um so frei zu sein wie die Bögel find, nur Zeit"). Denn Richard Dehmel , ber nicht vom Naturalismus herfam, erkannte sehr wohl die Ge. fahr, die in diefen Stoffen lag, und indem er zunächst die äußeren Erscheinungen der industriellen Welt außer acht ließt, vermied er es, von vornherein, seine Verse mit rein Materiellem zu belaften. Dieser Gefahr sind auch noch die Arbeiterdichter unferer Zeit, wie Eugen Lersch, Alfons Pezold und andere, nicht imuner entgangen. In der Folgezeit verlor sich Richard Dehmel dann in den psychischen Wirrfalen erotischer Labyrinthe und mit ihm wandte sich eine ganze Generation lange Jahre hindurch scheinbar für immer von einem
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BASMA
cabillim
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aller menschlichen Arbeiten und Berufe geben sollte. Ihr Arbeiter, Millionen Fiebernde, Gepreßte, Die Ihr die Stirn vom Bahn nußvollen Werts umstrahlt, Als Sieger aufrecht durch die Zeiten schreitet, In wieviel Bildern namenlosen Heldentums, Bestählter Brust, mit wild und sichern Gesten,
In Ansturm, Qual, Triumph und endlicher Gewalt- Fühl ich die Zeichen Eures ewigen Ruhins In meinem Innern tragisch aufgemalt!
Erst als Verhaeren in Belgien das Pathos der neuen Zeit gefchaffen hatte, begann auch die deutsche Lyrik, bie inzwischen durch bie Schule Dehmels, Stefan Georges und Rainer Maria Rutes ge
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Ankunft der Orienttabake für die ,, Kleine Massary" Zigarette.
Mit der ihm angeborenen Sicherheit hat unser Alfmeister Ballen für Ballen geprüft. Das läßt er sich nicht nehmen. Denn letzten Endes kann er nicht hexen, kann eraus schlechtem Tabak bei aller Fachweisheit keine guten Zigaretten fertigen. Unsere langjäh rigen Verbindungen mit den maßgebenden Tabakhäusern im Orient sind zwar an sich bereits eine Bürgschaft für die Gufe der zur Verarbeitung kommenden Rohstoffe, aber erst das fachmännische Schlußurteil gibt die rechte Gewähr.
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