Einzelbild herunterladen
 

Abendausgabe

Str. 22141. Jahrgang Ausgabe B Nr. 112

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise find in ber Morgenausgabe angegeben Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-295 Tel.- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Goldpfennig

50 Milliarden

Montag

12. Mai 1924

Berleg und Angetgenabteilung Geschäftszeit 9-5 Uhr Berleger: Borwärts- Berlag Gmb. Berlin   SW. 88, Cindenficaße 8 Fernfprecher: Dönhoff 2506-2307

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Blutiger Tag in Halle.

Die Völkischen demonstrieren. Tote und Verwundete.

Das wiederhergestellte Molite- Dentmal ist gestern in| Halle mit Todesopfern eingeweiht morden!

Am 1. Mai war es verboten, unter freiem Himmel für ben Weltfrieben zu demonstrieren. Am 11. Mai mar es in Halle erlaubt, eine Riesendemonstration mit Schwarz Weiß- Rot, Hafenfreuz, Generälen, faiserlichen Prinzen, Reichswehr  - Ehrentompagnie und friegerischen Reden abzu­halten. Der Lotalanzeiger" bezeichnet diefen Tag als den Tag der alten Armee".

Deutschland   steht in einem schwierigen Notenwechsel mit der Entente um die Militärkontrolle. Poincaré   versteckt sich, um das besetzte Gebiet halten zu können, hinter die Sicher heitsfrage". Jede militaristische Demonstration ist heute eine Karte im Spiel des Gegners.

Aber wer wagt es, Ludendorff und die Bölti. fchen in ihrem Bergnügen zu stören?!

Am 1. Mai sind Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel verboten worden, um die Ruhe und Ord nung" aufrechtzuerhalten. Daß der Tag der alten Armee" nicht ohne Blutvergießen. ablaufen würde, war vorauszusehen Er ist trotzdem gestattet worden!

Preußen bajuvarisiert sich! Was sich gestern in Halle ereignete, das erinnert an die schönsten Tage des Herrn v. Kahr. Die Anwesenheit von Sozialdemokraten in der preußischen Regierung hat den 3med, die Bajuvarisierung Preußens zu verhindern. Könnte sie das nicht mehr, so würde sie ihren 3wed verlieren.

Der Tag von Halle hat zehn Menschenleben geloftet. Er hat außenpolitisch und innenpolitisch den schwersten Schaden gebracht. Die Völlischen haben allen Grund zu triumphieren. Angesichts der gestatteten Ludendorff Feier, der bie Wiederherstellung des Moltfe- Dentmals den dürftigen Bormand fieferte, angesichts der angekündigten Sprengung dieser Feier durch die Kommunisten stand die örtliche Bolizei vor einer ganz unlösbaren Aufgabe. Auch sie hat den Versuch, sie zu lösen, mit dem Tode eines der Ihren be­zahlen müssen.

daß mit verschiedenem Maß gemessen wird, dann wird man zu Zuständen gelangen, für die Sozialdemokraten in amtlicher Stellung in feiner Weise die Verantwortung über nehmen tönnen.

Ludendorff   herrscht in Halle.

Halle, 12. Mai.  ( Eigener Drahtbericht.) Am Sonnabend und Sonntag glich Halle einem Heer lager. Schwarzweißrot beherrschte alle Hauptstraßen. 50 000 Stahlhelmler und Hakenkreuzler aus ganz Deutschland  , unter ihnen die halbe Generalität des alten Heeres, wie Ludendorff  , v. Heeringen und v. François, v. Stein, v. Scholz, Marder, Graf Budner, Prinz Oskar von Preußen   usw. waren zum sogenannten " Deutschen Tag  " erschienen. Auch einige tausend Kommunisten waren zu Fuß und per Bahn zur Teilnahme an dem von der tommu nistischen Parteizentrale propagierten Arbeitertag" in Halle einge troffen. Sonnabend abend präsentierte sich bereits Budendorff im hochschulring deutscher Art", wo er folgende furze Rede hielt: Ihr Beifall zeigt mir, daß Sie in mir den Bertreter des alten Heeres und der völkischen Idee sehen. Reden nüht nichts, wir wollen handeln. Seine Majestät, der Deutsche Kaiser, er lebe hoch!" Später wurde die Revanche von allen Ran zein der Halleschen Kirchen gepredigt, die den Nationalisten restlos zur Verfügung gestellt waren.

"

Die Faschisten bewegten sich ziemlich zwanglos in den Straßen. Obwohl zugweises Marschieren verboten, war die Polizei gegen das Maffenaufgebot der Hafenkreuzler stellenweise ma chilos. An anderen Stellen gelang die Auflösung einzelner Züge. Sonntag vormittag fam es in den ersten Morgenstunden bereits vor dem Ge wertschaftshause zu ernsthaften 3ujammenstoßen zwischen jugendlichen Kommunisten und Jungbo. U. a. standen fich ein Jungdo und ein KBD.- Mann mit gezogenem Revolver gegenüber.

Der& PD.- Mann brach, burch zwei Schüsse schwerverlett,

zufammen.

Das Hauptung füd des Tages ereignete fich um die Mittagszeit. Eine Abteilung Polizeibeamter  , die den Auftrag hatte, die für den nationalistischen Rummel freigegebene Rennbahn zu sichern, stieß auf einen girta 100 Mann starten fommunistischen Zug, der sich jedoch ohne große Schwierigteiten zurüddrängen ließ. Blöglich wurde die Polizei angeblich aus den Häusern des Halleschen Bor­ortes Boellberg beschossen. Sechs Polizeibeamte wurden zum Teil sehr schwer verletzt. Ein Beamter ist inzwischen seinen Ber tegungen erlegen. Gleichzeitig erfolgie aus dem Demon­

Die Borgänge bedürfen im einzelnen noch der Auf flärung. Es mag fein, daß auch in Halle   Fehler begangen worden sind. Aber der Hauptfehler, der irreparable fehler ist nicht in Halle, sondern in Berlin   begangen worden. Er bestand darin, daß man trog des bestehenden Verbots von Versammlungen unter freiem Himmel die nationalistische Feier gestattete. Das mußte nicht nur auf die Arbeiter, fonstrationszug heraus ein Ueberfall auf die Polizei. Ein Beamter bern   auf jeden republikanisch Gesinnten, auf jeden, der gleiches Recht für alle will, als eine Herausforderung wirken. Was hatte die Arbeiterfchaft angesichts dieser Lage zu tun? Das Bernünftige wäre gewesen, den nationalistischen Rummel fich ablaufen zu laffen und am nächsten Sonntag eine noch viel gewaltigere Gegendemonstration zu ver­anstalten. Das war aber nur möglich, wenn die Arbeiterschaft unter einheitlicher Führung stand.

In Halle aber, wie in ganz Deutschland  , gibt es zwei Arbeiterparteien, von denen die eine fich das Riel gesetzt hat, dan andere zu vernichten". Alles, was zwischen Erde und Himmel geschieht, wird von den Kommunisten nur unter dem einen Gesichtspunkt betrachtet, wie man dabei ben Sozialdemokraten eins auswischen fann.

Darum war ein Zusammengehen von Sozialdemokraten und Kommunisten nicht möglich. Es war aber nicht möglich auch aus einem anderen Grunde.

--

Die Sozialdemokraten wollen friedlich demonstrieren. Sie legen es nicht darauf an, bei ihren Rundgebungen zu Zu fammenstößen mit den Polizeibeamten zu fommen, die auch Proletarier sind und vielleicht manchmal mit schwerem Herzen ihre Pflicht tun. Die Kommunisten haben dagegen in törichter Renommisterei die Beranstaltung von 3ufammen stößen geradezu zu ihrem Programm erklärt.

-

Es war finnlos, daß fich draußen vor den Toren Proletarier in Uniform und Proletarier im Arbeiterkleid blutig miteinander herumschlugen, während ihre Gegner die Stadt beherrschten und sich von gebantenlosen Hurrafchreiern als die Triumphatoren feiern ließen. Ein Borgang wie dieser ift mur geeignet, ben Uebermut aller Feinde der Republik   ins Grenzenlose anschwellen zu lassen, während die Broletarier ihre Wunden besehen und ihre Toten begraben tönnen.

So entschieben aber auch die Gozialdemokratie die Me. thoden der Kommunisten belämpft, so menig fann fie daran benten, den Standal von alle in irgend etwas zu beschönigen. Daß man den Monarchisten eine Ausnahme. erlaubnis gibt, die man den Republikanern verweigert noch am legten Sonnabend ist ein harmloser Fadelzug der Berliner  Arbeiterjugend verboten worden- und daß Beamte der Republit eine so zustandegekommene Monarchistenfeier mit Leib und Leben verteidigen müssen, das ist nicht zu

ertragen!

Man stelle das Recht zur Veranstaltung von Berfamm­lungen und Aufzügen unter freiem Himmel für alle wieber her oder man versage es allen! Wenn man aber zuläßt,

wurde durch Mefferstiche schwer verletzt. Inzwischen waren die De monstranten auf girta 400 Mann angewachsen. Auch die Polizei hatte Verstärkungen erhalten. Es tam zu einem neuen Kampf. Mehrere Kommunisten blieben tot auf dem Plaze.

Außerdem gab es eine ganze Anzahl Schwerverlegter. Die Polizei fab fich zur eigenen Sicherheit gezwungen, den Kampfplatz von zwei

Seiten abzuriegeln und die Häufer, aus denen geschoffen worden war, zu durchsuchen. Bis 7 Uhr abends war diese Durchsuchung noch nicht abgeschlossen. Inzwischen wurden 400 Kommunisten gefangen ge nommen und in das Polizeipräsidium eingeliefert. Die Gefangenen stammen fast restlos von auswärts, zumeist aus Berlin  , Erfurt   ,. Leipzig  . Die Berliner hatten sich zwei Abteilungen Sanitäter fomie zwei Aerzte mitgebracht.

fomununistischen Demonstranten und Polizei in der Reilstraße statt. Ebenfalls um die Mittagszeit fand ein Zusammenstoß zwischen Es entstond ein Handgemenge, in deffen Berlauf

die Polizei von ihren Schlagwaffen Gebrauch machte. Drei Demonstranten wurden verletzt.

Der eigentliche Hakenkreuzrummel fand mittags 12 Uhr vor dem Molite Dentmal statt. Die Polizei hatte die Zugangsstraßen zu dem Denkmal abgesperrt. Der Zugang war nur den Fahnendelegationen gestattet. Anwesend waren mehr als 3000 Fahnen, darunter befanden sich, obwohl verboten, ungefähr 50 Hafentreuz- und Zoientopffahnen. Die Festrede hielt der Hal­lefche Stahlhelmführer, Oberstleutnant v. Duesterberg, der unter anderem folgendes ausführte: Berantwortlich für die Sprengung des Meitle- Denkmals find nicht bie jugendlichen Rom  munisten, sondern verantwortlich ist die Sozialbemo fratie, die feit Jahrzehnten die Achtung vor Monarchie, Kirche und Shule untergraben habe. Evite heute der rote Teiro: sein Haupt erheben, so hoffen wir, daß er niedergeschlagen wird." Am Schluß einer Rede äußt Duefterberg: Bon dieser Stelle foll es die ganze Belt hören: Wir er angen, daß alle in Mitteleuropa   wohnette den Deutfchen zu einem großen deutschen Kaiserreich vereinigt werden. Gellte uns das nicht geingen, fo mögen unsere Kinder erfolg reicher sein."

Beim Abmarsch der Jahnenbelegationen benahm sich die Bevöl terung ftellenweise geradezu wahnsinnig. Heilrufe burchgellten die Straßen. Man streute Berge pon Blumen. Ludendorff   bewegte ich mit spanischer Grandezza. Allerdings fonnte er trop aller Pose nicht verhindern, daß man ihn weniger beachtete als andere, bei der Halleschen Bürgerschaft beliebtere und angesehenere Generäle. Nach mittags fand dann auf der Rennbahn die große Parade der Hafen treuzler ohne besondere Zwischenfälle statt. Der Arbeitertag der Kommunisten war bereits am Sonnabend verboten worden

Die Toten von Böllbera.

Ueber ble Tragöbie von Böllberg, bei der eine Reihe vom Souk polizisten verwundet und eine größere 2nzahl vom kom. munisten getötet wurde, gibt die TU. noch folgende Darstellung:

Kurz vor der Dentmalsenthüllung durcheilte die Runde von einem schweren blutigen 3usammenstoß der Rommu niften mit der Schußpolizei die Stadt. Leider bewahrheitete sich die Nachricht. Ein mehrere Hundert zählenber Trupp Arbeiter, die von Be.pzig tamen, stieß in Böllberg bei Halle auf die Schußpolizei. Die

Der Nationale Block verliert!

301 von 538 Mandate besetzt.

-

Bisher Linksmehrheit mit 58 Sozialisten. V. Sch. Paris  , 12. mai, 4 Uhr morgens.( Eigener I mit 4 Abgeordneten, Bouches du Rhone  ( Maijeille) mit 10 Abgeord Drahtbericht.) Um 4 Uhr morgens hat man den flaren Ein- neten, Gironde  ( Bordeaug) mit 11 Abgeordneten, Loiret  ( Orléans  ) drud einer schweren Niederlage des Nationalen Blods. Die mit 5 Abgeordneten, Allier  ( Moulins  ) mit 5 Abgeordneten, Jura mit Erfolge des Cintsblods übertreffen die kühnsten Erwartungen, 3 Abgeordneten, Cot mit Abgeordneten, Baucluse( Avignon  ) mit befonders im Süden und im Zentrum Frankreichs  . Zahlreiche 3 Abgeordneten, Bar( Toulon  ) mit 4 Abgeordneten, Hantes Alpes Erminister find geschlagen, darunter Tardieu, Caffeyrie, Mau- mit 3 Abgeordneten, Gard  ( times) mit 6 Abgeordneten, Rhône noury, Vidal, Lefèvre. 3m Gegensatz zu 1919 find diesmal( Lyon  ) mit 4 Abgeordneten. Bon den bekannten bisherigen Abge­die Auswirkungen des Wahlfyftems der Linken zugute ge- ordneten des Nationalen Blods find unter anderem nicht wieder­fommen, deren ganze Ciften in vielen Bezirken dank der Prä- gewählt worden die drei Mitglieder des vorigen Kabinetts Poincaré  : mie auf die abfolute Mehrheit gewählt find. So zum Beispiel Cafteyrie, Maunoury und Bidal, der ehemalige Kriegsminister André die Cinfsblodlisten mit den Spizenkandidaten Malon, Re- Cefebvre, der gegenwärtige Landwirtschaftsminister Capus und der naudel, Herriot  , Briand  . Man rechnet mit über 100 So. Baron Rothschild. Unter den Gewählten ist Genoffe Renaudel 3ialisten. In Paris   und Umgebung wurde der Nationale Blod gerettet durch die Stimmen zersplitterung dank der Kom­munisten, dennoch werden die Pariser Linksblocführer Blum, Painlevé durchkommen; anderswo find Kommuniffen taum vorhanden. Selbst das Innenminifterium gibt die Niederlage des Nationalen Blods zu

Das Wahlergebnis von Paris   ist bisher noch nicht befannt. 3n den drel Wahlkreifen der inneren Stadt hat der Rationale Blod die relative Mehrheit erhalten. In den Parijer Vororten scheinen die Kommunisten einen starten Erfolg erzielt zu haben, sie stehen an zweiter Stelle hinter dem nationalen Blod.

3m Departement Obereijas scheinen die Radikaljozialisten die Mehrheit zu erlangen gegen die Kommunisten.

Die Siege des Linksblocks. Paris  , 12. Mai  .( WTB.) Heute früh% Uhr gibt Havas Paris, 12. Mat, Uhr morgens( Eigenar Drahtbericht.) folgende Aufstellung über 177 Wahltreise:& onservative 8- Die bisher vorliegenden Wahlergebaiffe geben zwar noch fein ab. Gewinn 2, Berluft 8. Arago- Partei( Arago selbst ist durch­gefchloffenes Bild, fie taffen aber bereits erkennen, daß der Blod gefallen) 14- Berlust 41.£ intsrepublifaner 17- Ge der Cinfen, insbesondere in der Provinz, einen Erfolg errungen hat, winn 5, Berluft 25; diffidierende Republikaner 11 der alle Erwartungen übertrifft. Jn einer ganzen Gewinn 3, Verlust 12. Rabitatiozialisten 60- Gewinn 34, Reihe von Departements haben die in dem Kartell zusammengefchlof Berluft 4. Sozialistische Republitaner 16 Gewinn 6, fenen Sozialisten und bürgerlich- demokratischen Parteien die abso. Berlust 2. Sozialisten 41- Gewinn 25, Berlust 1. om­Tute Mehrheit zu erlangen vermocht und damit die Gesamt- munisten 4- Gewinn 3, Berluft 3. Stichwahlen am 25. Mai heit der Sige erhalten. Das trifft zu für die Departements Haute finden in vier Wahlbezirken statt, weil teine Cifte den Wahlquotienten Bienne( Cimoges) mit 5 Abgeordneten, öffllche Pyrenäen mit 3 26. erreicht hat. geordneten, Jjere(   Grenoble) mit 7 Abgeordneten, Gure et Coice

( Weitere Nachrichten auf der 3. Seife.)

www