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Seite, gegen die Völkischen nach der andern Seite. Aus ihm sprach der Unmut, daß die völkische Gruppe der Opposition im Reichsverband Uebcrkonkurrenz macht. Beide Gruppen sind nichts weniger denn einig. Sie stehen einander gegenüber wie Deutschnationale und Völkische während des Wahlkampfes. DieRheinisch-Westsälische Zeitung" führt namens der Hugenberg  -Gruppe Klage über unlauteren Wettbewerb: Gerade die Hugenberg  -Gruppe hat sofort gegen den überstürzten Beschlutz des Spitzenverbandes protestiert und ihn heftig bekämpft. Was die Deutsche Industriellen-Vereinigung sagt, ist also keineswegs neu und bisher unausge- sprachen, und auch die Vertreter, die damals dem Beschluß ihre Zustimmung gegeben haben, haben mehr oder minder ihr« persön- lichen Vorbehalte in der allgemeinen Formel zu sehen geglaubt. Die Tagung der neuen industriellen Vereinigung ist poli- tisch ein Versuch, den unentwegten Flügel der Deutschnatio- nalen zu stärken. Darüber hinaus aber ist sie ein Symptom kommender wirtschaftlicher Entwicklungen. Der Gegensatz zwischen Schwerindustrie und Fertigindustrie arbeitet sich immer stärker heraus, je länger die Stabilisierung andauert und je mehr die damit verbundene Krise um sich greift. Je mehr dieser Gegensatz Heroortritt, um so mehr beginnt es im Gebälk des Reichsverbandcs der deutschen   Industrie zu knistern. Die Schwerindustrie, die jetzt unter der Last der !Nicum-Verträge leidet, ist eher geneigt, auf den Boden der Sachverständigengutachten zu treten, als manche Unternehmer der Fertigindustrie, die die neue Vereinigung der völkischen Industriellen stützen. Mit dem Wachsen dieser Gegensätze aber wankt die künstlich hochgezogene Unternehmerorganisation, die unter der anspruchsvollen Bezeichnungd i e Wirtschaft" die deutsche Politik in entscheidenden Stunden zu beeinflussen suchte. Es ist das Ergebnis der völkischen Industriellentagung im chatcl Esplanade, daß sie die Gegensätze inder Wirtschaft" blitzartig beleuchtet hat. Ebensowenig wie auf der politischen Rechten eine einheitliche Stellungnahme zu den brennendsten Fragen der Außenpolitik vorhanden ist, ebensowenig in den Kreisen der Industriellen. Die Gegensätze der Industriellen werden in die politischen Entscheidungen dieser Tage hinein- spielen um so notwendiger ist es, Klarheit zu fchasien. Der Kurs der deutschen   Politik darf außenpolitisch ebensowenig von industriellen Ulanentagen beeinflußt werden, wie innen- politisch von den provokatorischen Demonstrationen der Völkischen  . * Auf der Tagung der Deutschen I n d u ftri e ll« n- D« r- e i n i g u n g kam es nach dem Referat von Dr. Bang zu einer stürmischen Aussprache. Geheimrat Bors ig erklärte: Die Mehrheit im Reichsverband der Deutschen Industrie   ist mit dem Berlauf der Dinge nicht einver. st a n d e n und ich selbst mache kein Hehl daraus, daß ich die Hal- tung des Vorsitzenden in der Gutachtenfrage mißbillige, aber eine Spaltung der Industrie gerade jetzt bedeutet«ine furchtbare Gefahr. Ich habe das Gefühl, daß man in dieser Versammlung sich Deutschlands   Lage nach dem verlorenen Krieg nicht in der er- forderlichen Weise klargemacht hat. Was soll denn nun ge- schehen? Mit nationalen Leidenschaften kann man keine Po- litik machen. Alles, was jetzt vor sich geht, ist der Ausfluß des Versailler Vertrages und wie stellt man sich dessen Lösung vor? tLebhafte und anhaltende Unruhe. Zurufe: Durch Courage! Rache!) Courage zeigt man nicht im Sitzungssaal und ebenso- wenig nimmt man dort Rache. Di« folgenden Redner, H ü l s m a n n- Freiburg und T e e tz- Berlin, griffen das Präsidium des Reichsoerbandes heftig an. Graf Reventlow bezeichnete ein« Politik des entschlossenen Rein- fagens als den einzigen Weg zur Rettung. Bon Bruch- Düffel« dorf forderte den Rücktritt des Präsidiums des Reichsoerbande». Er führte gegenüber der Erfüllungspolitik aus: Härter der Erfüllungspolitik steht nicht das Interesse des deutschen   Volkes, sondern das Interesse ganz weniger einzelner Persönlichkeiten, die daraus Vorteile ge- zogen hätten. Suchen Sie diese Persönlichkeiten nicht zu weit außerhalb der Spitze des Reichsverbandes der deutschen   Industrie und nicht zu weit außerhalb der deutschen   Reichs- regierung.
Raoul tz. Irance. Don Leopold Löske  . H. R. Francs, der Naturforscher und Philosoph von Dinkels- bühl in Franken, wird am 2l>. Mai fünfzig Jahre alt. Das Buch R. H. Francs, Das Buch eines Lebens", geschrieben von einem seiner begeistertsten Anhänger, Hanns Fischer(R. Voigtländers Verlag in Leipzig  . 190 S. Geb. 5 M.) will anläßlich dieses Tages schon jetzt dem Leben und Wirken des Forschers ein biographisches Denkmal setzen. Mit allen Einzelheiten offenbar aufs genaueste vertraut, macht Fischer uns mit dem Werdegang Francs? vom Knaben zum Manne bekannt, und so anziehend wie dies« Entwick- lung ist, so fesselnd ist sie auch geschildert. Einzelheiten herauszu- greifen, dazu ist hier nicht der Ort. Und auch die Fülle k»?r Werke und Schriften großen und kleinen Umfangs(bis jetzt 42!) ist so überraschend groß, daß selbst Fischer nur auf einige der wichtigsten etwas näher einzugehen vermag. Mit seinem Kosmos-Bändchen über dasLiebesleben der Pflanzen", das bisher in NXXXX) Exemplaren verbreitet ist, trat Francs zuerst in die Oeffentlichkeit, und zwar sofort als ein volks- tümlicher Schriftsteller ersten Ranges, mit eigenen Ideen und eigener anziehender Ausdrucksweise. Auch der Gegner, deren er in den Reihen der akademischen Vertreter der Wissenschaft viele hat, muh anerkennen, daß Francs, neben dem in dieser Hinsicht nur noch M. W. Meyer(der Urania-Meyer), Bölsch« und B. H.   Bürgel ge- nannt werden können, in den letzten Jahrzehnten wie kaum ein zweiter den Sinn für die Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Dingen im Volte von neuem geweckt, belebt und im Flusse er- halten hat. Nach Francshat die'Natur keine Reiche, sondern ist ein einziges Lebendes, auch ihm ist die belebte Natur die vieltausendgestallig« Abwandlung eines und desselben Wesens, des Plasmas. Diese Idee ist auch früher schon ausgesprochen worden, das Seelenleben der Pflanzen, dessen Erforschung Francs sich mit Nachdruck ge- widmet hat, hat schon F-chner(inNanna") vertreten, und die Lehre von der Einheit alles Lebens läßt sich bis in die altindische Philo- sophie verfolgen. Aber gewiß hat sie niemand zuvor mit solchem Nachdruck und mit solcher Ausdauer durchgeführt, sie mit immer weiteren B«obachtungen und Ideen gestützt, wie Francs, und immer wieder weist er auf den Menschen als«ingeordneten Teil dieser Natur hin, und daß er sich nicht ungestraft von ihr entfernen könne. Wir müssen ihre Gesetze erkennen, ihr gegenüber den richtigen Aus- gleich finden und uns ihr an der richtigen Stell« einordnen. Er verlangt Ausgleich zwischen Natur und Zivilisation. Und in seinem neuesten Werke, das hier gleich herangezogen sei:Richtiges Leben"(im gleichen Verlag. Geb. 1,60 M.) zieht er mit den WortenGesetzmäßigkeit Ausgleich Einordnung das ist richtiges Lebenn" die Summe seiner Lebensphilosophie.
Der nationalllberale Reichstagsabgeordnete Dr. Quaatz ver- langte Verhandlung mit dem Reichsverband. Ein weiterer Redner fordert, daß Dr. Sorge und einige andere Persönlichkeiten unbe- dingt von der Bildfläche verschwinden. Die Reichsoer- bandsleitung sei international e i n g e st e l l t. Die Frau und die Schwägerin Stresemanns seien Jüdinnen. Geheimrat von B o r s i g verlangt als Mitglied des Präsidiums des Reichsver- bandes bezüglich der von Herrn von Bruck erhobenen persönlichen Vorwürfe Namensnennung. Er verläßt unter Pro- test den Saal. Nach einem Schlußwort von Dr. Bang wurde eine Enffchlie- ßung angenommen. In der Entschließung erklären sich die Ver- sammelten gegen die Haltung des Reichsverbandes der deutschen   Industrie zur Frage der Erfüllung»- politik und erklären insbesondere dessen Stellungnahme zu den sogenannten Sachverständigengutachten für durchaus oerfehlt.
die Sefpcechung üer Nittelparteien. . Tagung des Zentrums. Der Sozialdemokratische Parlamentsdienst teilt mit: Die Führer der bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft traten am Montag zur Beratung eines außenpolitischen Programms im Reichs- tage zusammen. Die Beratungen wurden nach kurzer Dauer ab- gebrochen, da die notwendigen Vorbereitungen nicht getroffen waren. Am Dienstag soll ein« neue Besprechung stattfinden, in der die außenpolitischen Programmpunkte wahrscheinlich formuliert werden. Das Programm soll als Grundlage der mit den Deutschnationalen anzustrebenden interfraktionellen Besprechungen dienen. Wenigstens ist das die Absicht des Z e n t r u m s, während man von den Führern der Volkspartei bisher kaum sagen kann, daß sie in dieser Hinsicht einer Auffassung mit den maßgebenden Vertretern des Zentrums sind. Die Zentrumsfraktion trat nach Beendigung der innerhalb der Arbeitsgemeinschaft geführten Besprechungen zur ersten Fraktions- beratung zusammen. Die politische Lage bildete den Hauptgegen- stand der Erörterungen. Ein Beschluß über die Regierungsbildung bzw. den Rücktirtt der Regierung wurde vorläufig nicht gefaßt, da- gegen konnte der Vorsitzende der Fraktion, der frühere Reichskanzler Dr. Fehrenbach, anläßlich der Vertagung der Montagsbesprechungen auf Dienstag bereits feststellen, daß über die Notwendigkeit der An- nähme des Sachverständigengutachtens innerhalb der Zentrums- fraktion nur ein« Meinung herrsche. Diese Erklärung ist dahin zu verstehen, daß auch die Zentrumsfraktion das Sachverständigengut- achten nicht als Grundlage zu Verhandlungen, sondern als Grund» lag« der zukünftigen Politik betrachtet wissen will.
Schwere Sorgen. Tie Plätze im neuen Reichstag. Der Präsident des alten Reichstages, Genosse L ö b e, dem als Aufgabe noch die Unterbringung der einzelnen Fraktionen in ihrer neuen Stärke im Plenum des Reichstages obliegt, hat die Führer sämtlicher Reichstagsfraktionen für Dienstag nachmittag zu ich gebeten, um diese bei der Verschiedenartigkeit der Ansprüche schwierig geworden« Frage zu regeln. Geht man nämlich nach dem Programm, wie es von den einzelnen Parteien im Wahlkampf vor- getragen wurde, so müßte zunächst zwischen den 62 Kommunisten auf der äußersten Linken und den 100 Sozialdemokraten Herr Knüppet-Kunze mit seinen drei Getreuen Unterkunft finden. Rechts von den Sozialdemokraten müßten sich nach dem Programm die 32 Völkischen anschließen. Sie beanspruchen aber«inen Platz links von den Deutschnationalen, der ihnen jedoch von den 45 Abgeordneten der Volks partei keftritten wird. Die Völ- tischen wiederum wünschen, daß die Deutsche Volkspartei   in den Bänken der früheren Nationalliberaten, also links vom Zentrum, Platz nimmt. Dagegen will die Bayerisch« Voltspartei, die bisher zwischen Demokraten und Zentrum saß, ihren Patz im neuen Reichstag rechts vom Zentrum einnehmen. In der Nachbarschaft des Zentrums möchte noch«ine neunte Fraktion untergebracht werden, die durch den Zusammenschluß von 5 Welsen und 10 Bauern- und Mittelstandsbündlern zustande kommen soll.
Nachdem Francs sich durch die Erforschung der Lichtsinnes- organe der Pflanzen, durch die Verbesserung des Kulturbodens ver- mittels des Edaphons(der Boden besteht nicht bloß aus seinen chemischen Bestandteilen und aus semer physikalischen Beschaffen- heit, sondern zum Gedeihen der auf ihm lebenden Gewächse gehören nach Francö auch die den Boden in Unzahl bevölkernden Kleinlebe- wesen I) und andere wissenschaftlich« Forschungen ein erhebliches Verdienst erworben und durch seinLeben der Pflanze" ein glänzen- des, in feiner Art einziges volkstümliches W«rk geschaffen hatte, ist er unter die Philosophen gegangen. Die Bezeichnungobjektive Philosophie", die er seiner Lehre gegeb«n hat, ist nicht glücklich, und in den Werken, die sie behandeln, gärt und schäumt es noch so sehr, daß wir dazu heute noch kein« Stellung nehmen möchten, bis sich Kern, Weg und Richtung deutlicher Herausgeschäft haben werden. Dies um so mehr, als noch eine ganze Reihe weiterer Werke Francäs in Vorbereitung find, deren eines auch die Soziologie zum Gegenstand haben soll. Auch mit der Untersuchung okkultistischer Problem« hat France sich besaßt und an Sitzungen bei Prof. Schrenck-Notzing in Wien   teilgenommen, in denen einMedium" das berühmte und nunmehr berüchtigt« Teleplasma alsmaterialisierten Geist" von sich gab. France   hielt damals jede Täuschung für ausgeschlossen, und als Hanns Fischer sein Buch schrieb, war der Schwindel noch nicht entlarvt. Nicht um dem Buche eins anzuhängen, sei dieser Sachverhalt hier erwähnt, sondern wegen der außerordentlichen Wichtigkeit, die wir der Bekämpfung des okkultistischen Schwindels für die geistig« Gesundung des Volkes beimessen. Und noch«ins möge Hanns Fischer uns nicht verübeln: die oft begeisterte Sprache des Jüngers über seinen Meister ist begreiflich! Aber man muß nicht gleich Francö und Dinkelsbühl   mit Goethe und Weimar   pa- rall«lisieren.
,korallenkettlin� von Iranz vülberg. »Das Schiller-Theater, als zweites Staatstheater,«kwi«z einem Sohne Berlins  , dem Kunsthistoriker und Dramatiker Franz Dülberg  , die allerdings verspätete Ehrenpflicht, sein erstes, 1904«nt- standcnes und in anderen Orten bereits ausgeführtes Drama Korallenketllin" herauszubringen." So ungefähr könnte der wohl- wollend« Bericht eines Unorientierten beginnen. In Wirklichkeit war diese Aufführung erzwungen, das Drama war eins von den vielen, die Icßner vorfand und nun abspielen muß. Er hat sich zu dieser Pflicht erst nach längerem Prozeh verstanden. Wir verstehen Jeßners Standpunkt: er will kein Repititionstheater sein. Aber vielleicht hätte es einen Ausweg gegeben: DülbergsKönig Schrei" ist zwar auch zwanzig Jahre aft, aber er hat revolutionären Impuls, und es wäre ein- interessantes Experiment gewesen, seine Tragkrost heute nachzuprüfen.... Aber auch so war der Abend nicht verloren. Es ist viel ergeb- nisreicher, dem ringenden Dichter auch auf seinen Irr- und Abwegen zu folgen als dcm seichten Routinier auf s«in«r glatten
Kommunisten und Amnestie. Pläne für die erste Reichstagsfitzung. Ein Rundschreiben der KPD.  -Zentrale an die kommunistischen Orgnisationenslmit« läßt erkennen, daß die erste Aktion der Kam- munisten im Reichstag derFreilassung der politischen Gefangenen" dienen soll. Indes wäre es ein Irrtum, anzu- nehmen, daß es der KPD.  -Zentrale wirklich darauf ankommt, durch den Reichstag die Freilassung der Gefangenen zu erreichen, vielmehr ist nur«in Spektakel st ück geplant, das das Gegenteil der an- geblich beabsichtigten Wirkung erreichen muß. In dem Rundschreiben heißt es: Die erste Aufgabe unserer Reichstagsfraktion, Kampf um die Freilassung der politischen Gesang�nen, muß schon jetzt vorbereitet und von außen unterstützt werden. Deshalb überall Resolu- t> o n e n vorlegen, die verlangen, daß der Reichstag   in erster Linie die Freilassung der politischen Gefangenen auf die Tagesordnung fetzt. Der erste größere Zusammenstoß im Reichstag   wird um diese Frag« gehen." Und weiter: Dienstag, 20. Mai, wahrscheinlich Reichstagseröffnung.(Seit- dem verschoben. D. Red.) Aus allen Betrieben Delega- tionen nach dem Reichstag schicken, die verlangen, daß zuerst die Frag« der politischen Gefangenen auf die Tagesordnung gefetzt wird. Die Bezirke müssen sofort alle Frauen von Inhaftierten und alle schon verhaftet ge- wesenen Genossen feststellen und uns bis spä- t e st e n s Donnerstag nach dem Abteilungsabend melden, da diese Genossen zur Reichstagseröff- nung Tribünenkarten von unserer Reichstags- fraktion erhalten." Die unglücklichen Frauen der durch die KPD.  -Zentrale ins Ge- fängnis gehetzten Opfer sollen also zu dem Zweck mißbraucht werden, daß ihre Männer länger sitzen müssen. Denn, daß der Reichstag  , der bekanntlich eine starke bürgerliche Mehrheit hat, einer in solcher Weise in Szene gesetzten Pression nicht nachgeben wird, weiß auch die Zentrale ganz genau. Ihr kommt es ganz und gar nicht auf die Amnestie, sondern nur auf den Kla- m a u k an. Die Sozialdemokratie hat sich immer wieder für die Befreiung der von den Kommunisten mißbrauchten Opfer eingesetzt. Sie hal dabei auch, so oft es die politischen! Verhältnisse auch nur einiger- maßen gestatteten, praktische Erfolge erzielt. Aber für jeden Ar- bester, den die Sozialdemokraten los bekamen, haben die Koinmu- nssten zehn andere ins Gefängnis gebracht. Welchen Dank die Sozialdemokraten für ihre Hilfe gewärtig zu fein haben, zeigt unter anderem ein Fall in Schlesien  , wo die Frauen verhafteter kommu- nistischer Geheimbündler unsere Genossen T a u b a d e l und Buch- witz fast kniefällig beschworen, sie möchten sich für ihr« Männer einsetzen. Tatsächlich geschah das auch mit Erfolg. Später fand man in Breslau   kommunistische Papiere, aus denen hervorging, daß im Fall eines Putsches T a u b a d e l und Buchwitz zuerster­ledigt" werden sollten! Um die Freilassung der Gefangenen tatsächlich zu erzielen, dazu bedarf es eines Amnestiegejetzes, und das Amnestiegesetz kann nur Zustandekommen, wenn sich dafür im Reichstag eine Mehr- heit findet. Aber Mehrheitsbildung zu praktischen Zwecken ist ja ein« Sache, um die sich die Kommunisten nach ihren eigenen Erklä- rungen durchaus nicht kümmern wollen, die sie vielmehr als ein verderblichesParlamenteln" und alsVerrat an der Sack)« des Proletariats" betrachten. Sie wollen nicht auf die Mehrheitsoer- hältnisse der Volksvertreter einwirken, um aus ihnen herauszuholen, was aus ihnen herauszuholen ist, sondern sie wollen das P a r l a- ment selbst zerschlagen und arbeitsunfähig machen was den einzigen Erfolg hätte, einer Diktatur der Rechten den Weg zu ebnen. Die Forderung nach Amnestie ist im Munde der Kommunisten' nur ein Kampfmittel gegen das Parlament selbst. Den Frauen der Gefangenen aber kommt es nicht daraus an, das Parlament zu be- kämpfen, sondern sie wollen ihre Männer wieder haben. Was die KPD  . mit diesen unglücklichen Frauen vorhat, ist weiter nichts als eine schamlose Irreführung der armen Opfer, die sie selb st ins Elend gestoßen hat. Die Gewährung einer Amnestie ist der Ausdruck des Willens zum inneren Frieden. Der Staat kann für Strafhandlungen,
Crfolgsbahn. Franz Dülberg   ist ein Dichter von echtem Geblüt, feine Sprache und sein« Verse haben Wohl- laut und Eigenwuchs. Er gibt höchst modeni empfundene Pro­bleme irgendwie in historischer oder phantastischer Verkleidung. Einzelne Szenen(inKorallenketllin" der ganze erste All) gelingen in großem Wurf. Aber das Ganz« leidet umer der Motivsnüber- Häufung, zerfasert sich durch die Komplizierung der Charaktere, die Dialektik der Gefühle, zerstreut die Teilnahme durch die Sucht, alle Möglichkeiten zu erschöpfen. Der Dichter hat entschieden Thcaterblut, er ist in der Kunst der Effekte wohl beschlagen. Aber er übersteigert, überhitzt, die einfache Linie, die das Theater braucht, verwirrt sich; allzu spitzige Psychologie verrät den Problematiker. Plachtooll setzt das Drama, das moderne, ja vornehmste Psyckzo- logie(man vergesse nicht, daß es zwanzig Jahre alt ist) in historischer Gewandung treibt, ein: das nächtliche Leben und Treiben in einem insttelalterlichen Frauengäßchen entfaltet sich farbig und stimmungs- reich vor unseren Augen. Ein junges frisches Ding, das von seinem Vater ins Kloster gesteckt werden soll, tvitt seinen Liebes- und Leidensweg an. Die Jungfrau Käthchen nimmt das Korallenkettlin, das Symbol des Frauenhauses, wie der Mensch von damals das Hurenhaus wohlanständig nannte, um dcrt ihre Träum« von Sinnesglück zu venvirklickien. Aber der Jüngling, den sie lockt, flieht vor ihr, und der alte lüsterne Handelsherr, der sie kaufm und aus- halten möchte, zerstört ihr all ihr Traumglück. In ihrer Not ersticht sie ihn und wird eingekerkert. 2. Akt: Der siegreich einziehend« Prinz sieht das Bild der Verlorenen, das ein seltsam idealistischer Maler von ihr malte. Er fordert sie von der Stadt für sich. Die Rats- Herren erhandeln dafür das Recht, Hauptstadt zu werden. Die Partei der Zucht und Ordnung wird unter spöttisches Blinkfeuer genommen. Der Prinz ein Apostel der freien Liebe und romantischer Schwär- mer erscheint den, Käthchen im Prwpurmantel des Henkers, er- probt und erringt sie. Sie will die seine werden, wenn er sie nach acht Tagen Liedesglücks selber enthaupten will. 3. Akt: Das Liebes- idyll und der Kampf um das Mädchen zwischen Priester und Prinz. (Zu dem Königsdrama tritt also auch ein Priesterdrama.) 4. Akt: Die Richtizcne. DasVolk" höhnt und will sein Opfer hallen. Der Kampf zwischen Priester und Prinz wind mit offenem Visir aus- gefochten. Käthchen hat die Todesprobe(der Prinz führte den Todes- streich nur zur Schau) bestanden. Das Volk oerlangt ungestüm ihr« Freilassung. Aber angewidert vom Leben, das sie zum Objekt des Prinzen oder des Priesters gemacht hat, die beide um sie gewettet haben, gibt sie sich selbst den Tod. Ernst Legal  , der künftige Jntendent für Darmstadt  , beflügelte die Auffiihrung Emil P i r ch a n hatte ihr einen stimmungsvollen Rahmen gegeben. Die Darstellung war, trotz der großen Personen­zahl, recht charakteristisch. Vor allem traf Erika M e i n g a st für -die mannigfachen Seelenzustände des Kathchens den rechten Ton.(nur das Bajaderenhasts sollte noch mehr her- auskommen!). Der Prinz(Otto Bresin) hatte bei aller Berr�samkeit. die diesen prinzlichen Marquis Posa aus- zeichnet, etwas Unausgeglichenes. Max Pohls redlicher Bürger- meister und Robert Taubes Prior waren markante Verkörpcrun- gen, ausgezeichnet Elsa W a g n e i als Wirtin in der Frauengasse. Dos Publikum war, nachdem es das Befremden einigermaßeri über- wunden hatte, sehr beisc.llsjroh, K. H. D ö s ch e r..