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Nr. 238 41. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Donnerstag, 22. Mai 1924

Severing über den Skandal von Halle.

Im Preußischen Landtag beantwortete die Inter  -| haben sie doch nicht soviel auf die Beine gebracht, wie die Deutsch­pellationen

Minister des Innern Severing:

Der Begründer des Urantrags der Kommunisten hat feine Schilderung der Vorgänge in Halle gegeben, sondern eine ganz allgemeine politische Rede gehalten. Wenn es in dem Urantrag heißt, daß für die Absicht der Polizei, Gewalttaten und Blut­bergießen herbeizuführen, die schon am Tage vorher ausge= hobenen Schüßengräben frasse Beweise seien, so habe ich diese Be­hauptung mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen. In dem Bericht der Polizeiverwaltung über die Vorgänge von Halle ist von Schützengräben nicht die Rede. Die Kommunisten hätten ein mora­lisches Recht zu einem solchen Vorwurf der Polizei gegenüber erst dann, wenn sie nicht die gleichen oder ähnlichen Maßnahmen getroffen hätten. Ist ihnen nicht bekannt, daß auf dem Wege von Merseburg   bis Halle Bäume gefällt wor­den sind. um den Weg zu sperren( großer Lärm bei den Komm.), wissen Sie nicht, daß bis ins kleinste ausgearbeitete Richtlinien herausgegeben waren, so u. a. eine Darstellung des Samariter dienstes, daß Ihren Anhängern empfohlen war, sich mit dicken Stöcken zu versehen, daß bei vielen der in Böllberg Verhafteten Schlagringe und Dolchmesser gefunden wurden?( Andauernder Lärm und stürmische Unterbrechungen bei den Komm.) Auf das Allerentschiedenste weise ich die Unterstellung zurück, daß die Po­lizei Gewalttaten provoziert habe.( Erneuter großer Abg. Scholem  : Haben Sie die Erlaubnis zu dem Faschistenaufmarsch gegeben?) Der Abg. Schneiter hat den Oberpräsidenten Hörsing verdächtigt, er habe nicht die Courage ge= habt, den Deutschen   Tag in Halle zu verbieten, er besinne sich auf feine eigene Zuständigkeit immer erst dann, wenn es sich um das Verbot von Arbeiterversammlungen handle. Auch diese Verdächtigung weise ich mit aller Entschiedenheit zurück; die Zu­ſtändigkeit für Ausnahmen von dem Verbot lag allein bei der Landeszentralbehörde. Ich meinerseits habe niemals auch nur im mindesten die Verantwortlichkeit für die Vor­kommnisse in Halle abgelehnt oder gar dem Reichsminister Jarres zuzuschieben versucht; ich selbst habe die Verantwortung und trage fie.( Zuruf der Abg. Frau Wolfstein: Arbeiter= mörder! Ordnungsruf.)

Lärm b. d. Komm.

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Herr v. Lindeiner- Wildau hat die Große Anfrage der Deutschnationalen begründet. Ich würde, zur Zensur berufen, dem Wortlaut dieser Großen Anfrage die Nummer 5b geben; eine derart stümperhafte Arbeit ist mir lange nicht vorgekommen. Ich weiß nicht, ist es Unkenntnis oder was sonst der Herren Deutschnationalen, wenn sie diese Verbote uns als den dafür Verantwortlichen vor­führen. Das Verbot ist generell vom Reichsminister des Innern erlassen und die Landeszentralbehörden haben nur das Recht, Aus­nahmen zu gestatten. Ich hätte auch den Deutschnationalen ein befferes politisches Gedächtnis zugetraut; sie sollten doch wissen, daß das Verbot von Umzügen und von Versammlungen unter freiem Himmel wirklich nicht aus Angst wegen des Bestandes der Republic ergangen ist. Als 1922 die mirtschaftliche Notlage zu Bersammlungen unter freiem Himmel führte, die gegen die zu­nehmende Erwerbslosigkeit protestierten, als im Gefolge davon un­verantwortliche Demagogen die hungernden Massen zur Selbsthilfe aufforderten, als in Berlin   der Sturm auf die Lebens­mittelgeschäfte begann, da hat zunächst der Polizei­präsident von Berlin   für Berlin   allein das Verbot erlassen. ( Buruf b. d. Komm.: Das war auch ein Sozialdemokrat!) ein Sozialdemokrat, der ein berechtigtes Intereffe daran hatte, die von Ihnen verführten Arbeiter= massen vor Schlimmerem zu bewahren.( Stürmische, langdauernde Unterbrechung b. d. Komm. Abg. Scholem  [ Komm.] ruft: Elender Berleumder!) Als das Verbot der öffentlichen Um­züge für Preußen erlassen wurde, hat kein Deutschnationaler dagegen protestiert.( Fortgesetzte stürmische Unruhe auf der äußersten Linken. Bizepräsident Garnich: Sie scheinen bewußt den Minister nicht reden lassen zu wollen; in fordere Sie auf, die Ruhe und Ordnung zu bewahren, und werde, wenn das nicht geschieht, daraus die Kon­sequenzen ziehen. Lebhafter Beifall rechts.)

Ja,

Im Februar 1924 haben fogar die Deutschnationalen gegen die Aufhebung des militärischen Ausnahmezustandes protestiert. ( Abg. Scholem   ruft: Severing, alle Entschuldigungen nützen ja doch nichts!) Ich muß es auch ablehnen, Herrn v. Lindeiner als Pro­tektor der Schupo gelten zu lassen. Wir sind zwar über die In­flation hinweg, aber wir fommen jetzt in die Folgen der Kreditnot hinein, und da haben wir ganz besonders uns zu fragen, wie es in den nächsten Monaten bei uns aussehen wird. Die Folgen der Kreditnot werden auch in einer sehr großen Arbeitslosigkeit zutage treten, und da müssen wir auf alle Fälle die Straße freihalten. Herrn v. Waertig erkläre ich, daß die Erlaubnis zu einem Deutschen   Tage in Halle nicht erteilt worden ist. Herr Heidenreich von der Deutschen Volkspartei tam zu mir mit der Mitteilung, wie ich mich zu einer feierlichen Ein­weihung des wiederhergestellten Moltke Dent­mals in Halle stellen würde. Ich erklärte, gegen eine Feier im engen Rahmen sei nichts einzuwenden; ich sei gern bereit, eine Ausnahme zu bewilligen, er solle sich mit dem Bolizeipräsidenten Runge in Verbindung sehen. Als Lenin verstorben war, haben die Kominunisten für ihn eine Gedenkfeier in Gestalt einer großen öffentlichen Kundgebung veranstalten wollen; sie sind deshalb zu mir gekommen und ich habe bei dem Inhaber der vollziehenden Gewalt diese Feier ermöglicht. So wie ich für eine Ehrung eines der Ihrigen eine Ausnahmebewilligung erwirkt habe, bin ich auch jetzt verfahren, wo es sich um die Ehrung eines großen Deutschen   handelte.( Großer Lärm b. d. Komm.) Ich habe Herrn Runge von meiner Entscheidung Mitteilung gemacht und um seiner Bericht ersucht; die Wahlbewegung kam da= zwischen, meine Mitarbeiter im Ministerium erhielten zahllose im einzelnen begründete Anträge, gegen die sie sofort die lebhaf= testen Bedenken äußerten, fie glaubten aber, die Feier nicht gänzlich verbieten zu können und haben mir das nach meinem da maligen Aufenthaltsort mitgeteilt. Ich habe ihre Bedenken geteilt, fie später aber zurückgestellt und die Feier in dem damals beabsich tigten Umfang genehmigt.

Der Umzug zur Rennbahn ist unterblieben, aber der Abzug von der Rennbahn iff verbotswidrig in geschloffenem Zuge erfolgt. Wenn nun behauptet worden ist, daß die Polizeikräfte nicht mit voller Kraft eingesetzt worden sind, um die Umzüge zu zer­streuen, so hat sich herausgestellt, daß sie nicht gelangt haben. ( Lärm und Gelächter b. d. Komm.) Die Vorgänge nach Beendigung der Feier, die Vorgänge, die auch ich betlage und perurteile, haben sich in den späten Nachmittagsstunden abge= spielt, die Polizei war aber an verschiedenen Punkten der Pe­ripherie schon seit dem frühen Morgen festgehalten. und zwar durch Thr( zu den Kommunisten) Verschulden.( Burufe b. d. Komm.: Bolkspark!)

Die Einschließung der Versammlung im Boltspart ist vom Polizeipräsidenten erst angeordnet worden, nachdem die Borgänge im Böllberg ihm befannt geworden waren und nach dem er erfahren hatte, daß auch die Besucher des Volksparts sich zur Rennbahn begeben wollten. Wenn die Kommunisten auch alles auf geboten hatten, um ihre Anhänger auf Halle zu tonzentrieren, so

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nationalen und die vaterländischen Organisationen. Hätten die Männer vom Volkspark ihre Absicht wahr gemacht, zur Rennbahn vorzustoßen, und hätten das auch die 500 von Böllberg durchgesetzt, dann hätte es eine Keilerei oder ein Blutbad gegeben, wo Ihre Anhänger sehr böse abgeschnitten hätten. ( Andauernder tobender Lärm b. d. Komm.) Die Polizei ist dazu da, die Ruhe und die Ordnung im allgemeinen aufrechtzuerhalten und jedem Staatsbürger polizeilichen Schutz zu gewähren. Darum hat der Polizeipräsident den Besuchern des Volksparts angeboten, sie einzeln in Trupps von je hundert unter polizeilicher Begleitung herauszulassen, damit sie nicht von den Faschisten verprügelt wür­den. den. Das ist abgelehnt worden. Weiter hat der Polizeipräsident Kraftwagen zur Verfügung gestellt, auch das wurde zuerst abge= lehnt und erst in den späten Abendstunden angenommen.( Abg. Scholem   ruft: Das war ja keine Polizei, das waren Mordbuben! Ordnungsruf.) Wenn in der sozialdemokratischen Großen An­frage davon gesprochen ist, daß die Polizei sich bei ihrem Borgehen auf bloße Verdachtsmomente gestützt habe, so stimmt das nicht; es lagen Tatsachen vor. In den erwähnten Richtlinien heißt es, daß der Anmarsch auch troz des Widerstandes der Sipo unter allen Umständen angetreten werden soll, daß auf keinen Fall eine Rück­wärtsbewegung stattfinden darf; schon vorher hatten die Kommu­nisten in ihren Organen verlautbart, daß die mitteldeutsche Arbeiter­schaft sich das Recht auf der Straße erzwingen werde, daß der 11. Mai ein Siegestag für das revolutionäre Proletariat werden müsse. Die Polizei mußte sich darauf gefaßt machen, daß diesen Barolen zum Teil Folge geleistet werden würde; hier ist also ein Zeugnis für geplante Gewalttaten von jener Seite vorhanden. Die Vorgänge in Böllberg sind nicht derart, daß von einem rigo­rosen Vorgehen der Schupo gegen die eine Seite gesprochen werden fann.( Der Minister verliest den Bericht des Polizeipräsidenten im Wortlaut.) Die Zurückdrängung der Menge war bereits gelungen, ohne daß von der Waffe Gebrauch zu machen nötig geworden war, da schlug die Menge plötzlich auf die Vorüberziehenden los und gleichzeitig fiel aus der Menge ein Schuß. Da begann der Kampf, in dem die Polizei sich zurückzog, und zwar mit sechs Verlusten. Es ist eine direkte unwahrheit, wenn gesagt wird, sie sei unter dem Kommando: Marsch! Marsch! mit gefälltem Bajonett vorgegangen; sie hat sich vor einer vielhundertföpfigen Menge zurückgezogen, um ein Blutbad zu vermeiden.( Abg. Frau Wolfstein: Lüge!)' Sie eine Partei gibt, die die Lüge zu ihren Kampfmitteln erhoben hat, haben kein Recht, von Lüge zu sprechen, Frau Wolfstein  ; wenn es so sind es die Kommunisten.( Betäubender Lärm b. d. Komm.) In einem Aufruf der Veranstalter des Deutschen Arbeitertages ist zu die Durchführung des Sachverständigenplanes zur Auspreffung der lesen, daß die Zusammenziehung der konterrevolutionären Massen Arbeiterschaft zum Zwed hatte.( Schallende andauernde Heiterkeit.) Der Reichsminister hat mich autorisiert, zu erklären, daß Bersammlungen unter freiem Himmel meinen er in der Frage des Verbotes öffentlicher Umzüge bei Standpunkt teilt! Demonstrationen rufen Gegendemonstra­tionen hervor. Das können wir nicht zulassen. Die Ausführungen des Abg. Lindeiner halte ich für sehr bedauerlich; die Deutschnationale Bartei sollte lieber die Staatsautorität stügen. Wir sind aus dem Gröbsten noch nicht heraus.

Erst wenn unsere außenpolitische Lage sich gebessert hat, wenn das Wirtschaftsleben sich gebessert hat, tann man die Stellung in der Frage der öffentlichen Umzüge ändern.

Die politische Einsicht muß lehren, daß wir ohne Zucht und Ord­nung nicht leben können. Ich fürchte, daß die nächsten Wochen uns den Ernst unserer Lage sehr deutlich vor Augen führen. Ich hoffe, daß die politische Einsicht der einzelnen Parteien dem Rechnung trägt.( Lebhafter Beifall in der Mitte. Lärm, Unruhe und Zischen auf der äußersten Rechten und Linken.)

Die Besprechung wird beschlossen.

Abg. Heidenreich( D. Bp., von den Kommunisten mit dem Rufe empfangen: Er fieht aus, wie der Geist von Halle! Große Heiter­feit.) stellt fest, daß die Polizei Uebermenschliches in Halle geleistet, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Polizei halle vier Verwundete, ehe sie von der Waffe Gebrauch machte.( Buruf bei den Kommunisten: Woher wissen Sie denn das?)

Ich bin doch aus Sachsen  .

( Stürmische Heiberkeit.) Es war Bflicht der Polizei, einzugreifen Der Minister hat ganz recht, ich glaube, einige der Herren Kom­munisten find ganz froh, daß sie im Boltshaus abgeriegelt wurden. ( Große Heiterfeit.) Auch Herr Kilian! So wandelt sich die Bolksgunft. Er, der ehemalige König von Halle, eingeschlossen im Volkshause!( Erneute Heiterkeit.) Wenn die Arbeiter den Zutritt erzwingen wollten, der ihren verboten war, dann mußten fie auf Widerstand stcßen. Wir sind doch noch nicht eine russische Kolonie! Wir haben es fünf Jahre lang mit ansehen müssen, wie Sie( zu den Kommunisten) Ihre roten Lappen durch Halle getragen haben.( 3u­rufe bei den Kommunisten: Hakenkreuz!) Das Hakenkreuz ist ein altes Runen- und Glückszeichen der Germanen! In Halle hat Gott sei Dank die Kommunistische Pariei die Hälfte ihrer Anhänger verloren.( Widerspruch bei den Kommunisten.) Unüze politische Demonstrationen müssen unterbleiben! Der gefunde deutsche Geiſt( 1) muß sich durchsetzen. Den vaterländischen Ber­bänden siehe ich nahe und fördere sie, wenn sie das Sammel becken für alle deutschen Männer und Frauen darstellen, geeint im deutschen Gedanken. Meine Fraktion und ich wissen uns darin cins, daß diese gesunde deutsche Bewegung nicht durch Demagogen und Parteifanatifer einseitig parteipolitisch eingespannt werden darf, denn das würde das Ende dieser deutschen Bewegung sein. Wir wollen uns wieder bekennen zum deutschen Gedanken und zur deutschen   Art! ( Lebhafter Beifall rechts. Lärm bei den Kommunisten.)

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Abg. Schreiber- Halle( Dem.) führt das Anwachsen der Reaktion in Halle auf das Verhalten der Kommunisten zurück. Das Sprengstoffattentat auf das Moltke- Denkmal wird von allen anständig denkenden Menschen verurteilt. Die Tat jugend licher Menschen ist gefühnt worden; sie haben ihre Strafe gefunden. Das Denkmal ist wieder hergestellt. Die Feier hätte schlicht sein sollen; das hätte dem Geist Molttes beffer entsprochen. Man hat aber eine einseitige politische Demonstration, eine huldigung Ludendorffs daraus gemacht. Dem Wesen des großen Schweigers hat man damit nicht Rechnung getragen.

Fast jeden Sonntag werden riesige Feiern veranstaltet, zu denen Hunderttausende lange Bahnfahrten machen; den Ar­beitern aber ruft man immer wieder zu, sich einzuschränken und zu arbeiten. Das muß böses Blut machen. Herr Luden­dorff hat fogar ein Kaiserhoch ausgebracht.

Das ehrliche nationale Empfinden ist parteipolitisch miß­braucht worden.

Dagegen wenden wir uns, nicht etwa gegen nationale Gedenkfeiern. Wir halten es auch nicht für richtig, daß man mit einer Strafe von 5 Mark diejenigen belegt, die nicht an diesen Feiern teilnehmen. Als ich einen Juden fragte, weshalb er denn schwarzweißrot geflaggt hätte, ob er denn ein solcher Monarchist sei, erwiderte er mir, er hätte es nicht deshalb getan, weil es die alte Kaiserfahne set, sondern sie sei die alte Sturmfahne des Stammes Levi.( Lachen rechts.) Halle hat gezeigt, daß

mit zweierlei Maß gemessen wird. Der Arbeiterschaft verbietet man den ersten Mai, deutschvölkischen Kreisen, die noch nicht den Beweis erbracht haben, daß sie für Ruhe und Ordnung sorgen fönnen, erlaubt man solche Demonstrationen. Daß die Kommunisten die Republik   retten wollten, ist natürlich ein aufgelegter Schwindel. Das Einschreiten der Behörden gegen die Kommunisten war durchaus richtig. Die Polizei hat bis zum Aeußersten Zurückhaltung bewahrt; wir sprechen ihr unsere aufrichtige Anerkennung aus.( Beifall.)

Die Kluft im Volte ist durch die Vorgänge in Halle erweitert worden. Deshalb verurteilen wir solche Veranstaltungen; fie zeugen nicht von wahrhaft nationalem Geift.

Ich bitte Sie auch, über innere Zwistigkeiten nicht die auswärtige Politik zu vergessen.( Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.) Abg. von Lindheiner- Wildau( Dnat.) erkennt die Notwendigkeit an, in Zeiten der Erregung große politische Demonstrationer. zu ver­hindern. Ueberparteiliche nationale Kundgebungen dürften aber nicht verboten werden. Das Verbot von Regimentsfeiern und Denkmalsenthüllungen sei geradezu ein Beweis für die Schwäche der Republik  . Minister Severing habe das selbst indirekt anerkannt durch die Aufstellung neuer Grundsätze, die sich dem deutschen   natio­nalen Standpunkt erheblich nähern. In Halle sind die polizeilichen Weisungen durchaus beachtet worden. Die Vereine, die mit entrollten Fahnen zurückmarschierten, sind nur wegen der starken Beteiligung nicht von dem Verbot erreicht worden.( Lachen. Abg. Riedel( Dem.): Das waren zufällig die Hakenkreuzfahnen!) Wir können die Art nicht billigen, in der man glaubt, alle Kreise, die sich auf dem Boden gemeinsamer dankbarer Erinnerung an unsere große Ver= gangenheit, von der ja doch auch die deutsche Republik lebt, ver­den Kopf stoßen. Sie( nach links) beschweren sich, daß die politische einigen, mit törichten Redensarten abtun zu wollen und zu erklären, der Feind stehe rechts. Man sollte diesen Kreisen nicht ständig vor Parität nicht gewahrt wird! heiligsten Gefühlen verletzt, wenn fie die Farben Schwarz- Weiß- Rot Und doch fühlen Sie sich in Ihren helm sehen. Sie sind es, die die Verbände zurückstoßen. Wir lehnen oder das Ordenszeichen des Jungdeutschen Ordens oder den Stahl­es nicht, wie der Minister meint, subjektiv ab, auf die Verbände ein­zuwirken, sondern Sie( nach links) machen es uns objektin unmög­üben möchten. Wir müssen zu der Ueberzeugung kommen, daß das lich, den Einfluß auszuüben, den wir im Intereffe des Friedens aus­preußische Innenministerium das Recht der Genehmi­aung völlig unrichtig handhabt, daß es das Recht des Handelns fich von den Kommunist en diktiren läßt. Das ist unerträglich. Einen frisch fröhlichen Krieg mit Minister Severing fürchten wir nicht. Wir werden den Kampf weiter führen, und er wird dem preußischen Staate zum Vorteil gereichen.( Lebhafter Beifall rechts.)

Miniffer Severing:

Gegenüber den Ausführungen des Vorredners über die Schutz­polizei und mein Verhältnis zu ihr darf ich mich auf dasjenige be= rufen, was ich seinerzeit dem Abg. Hoffmann- Münster auf das gleiche Thema erwidert habe.

Für Halle frage ich die Verantwortung, aber ich ziehe daraus die Schlußfolgerung: es darf sich etwas Aehnliches nicht wiederholen.

Meine Haltung wird nicht bestimmt von den Drohungen der Kom= wird bestimmt durch die Deutsch nationalen! munisten.( Abg. Dr. Meyer- Ostpreußen  ( Komm.): Nein, sie Stür= mische Heiterteit.) Meine neuerliche Entschließung wegen der Behandlung von Anträgen von Korporationen auf Genehmigung von Festfeiern usw. ist gefaßt worden, ehe mir der Wortlaut der An­frage der Deutschnationalen   und ihre Begründung durch Herrn von Lindeiner bekannt sein fonnte. Die vom Jungdeutschen Orden für Ende Mai und Anfang Juni geplante Feier in Kassel  soll alle Heerführer vereinigen; über die Einladung der neuen" Reichsregierung( stürmische Heiterkeit), soll der Zentralaus­fahne als politischer Demonstration haben sich in Halle die vater­ländischen Organisationen nicht gefehrt. Soviel als Erwiderung auf die Frage des Herrn v. Lindeiner, was als Provokation auf­der Pazifisten als Provokation der Rechten bezeichnet!( Stürmisches hört, hört!)

schuß Beschluß faffen! An das Verbot der Hafenkreuz­

zufassen sei. Herr v. Lindeiner hat ja seinerseits Veranstaltungen

Abg. Dr. Cohn( Soz.): Die Interpellanten von rechts versuchen, die Feiern, um die es sich hier handelt, loszulösen von dem Auf­marsch der Konterrevolution, der inneren Mobilmachung gegen die deutsche Republik. Damit werden sie kein Glück haben. In einem Gerichtsverfahren, das eine Auseinandersetzung zwischen Stahl­helmleuten und Kommunisten darstellte, haben die Stahlhelmleute jogar das Auftreten des Verteidigers Dr. Cohn als Provokation bezeichnet.( Bewegung und Heiterkeit links.) Schlageterfeiern und Dreyerfeiern zu veranstalten bedeutet heutzutage einen politischen Schabernack, der uns außenpolitisch sehr teuer zu stehen fommen fann; derselben fragwürdigen Wirkung leistet die neue Nationalhymne at entreuz am Stahlheim" Borschub. Nur nebenher weise ich darauf hin, daß nach den neuesten For­schungen das Hakenkreuz eine jüdische Erfindung ist.( Große Heiterkeit.) Wie konnte es geschehen, daß drei Reichsminister an der Leichenfeier für Dreyer teilnahmen? Leider ist Severing durch seine Abwesenheit von Berlin   verhindert worden, die Berichte der nachgeordneten Behörden, die auf die Notwendigkeit des Ver. bots der Halleschen Dentmalfeier hinausliefen, genügend zu beachten. heute muß man tatsächlich

das Maß voll Duldung anstaunen, welches der moderne Staat allen zuteil werden läßt, die an seinem Bestande, an seinen Grundlagen rütteln.

Wie anders ging man gegen Sozialdemokraten, Gewerk­schaften usw. unter dem alten Regime vor, wo sogar hinter jedem Streit die Hy dra der Revolution" lauerte! Die Republik  ist verloren, wenn sie in die Hände der vaterländischen Verbände fällt. Schüßt die Republik   vor diesen nationalen Verbänden! Abg. v. Lindeiner- Wildau( Dnat.) weist gegenüber dem Minister

( Abg. Heidenreich( D. Vp.): Er hat ja gar nicht gesprochen.) Nach Severing darauf hin, daß er seinerzeit dem Polizeipräsidenten mit­meinen Informationen ist es so.

Herr Düsterberg hat das einige deutsche Kaiserreich herbeigefehnt.

Das kann man bei einer deutschnationalen Parteiveranstaltung aus­sprechen, aber nicht bei einer Feier, zu der das ganze Volf ein­geladen ist. Das Spielen von Heil dir im Siegerkranz  " durch die Reichswehr   war auch wirklich nicht am Blaze.

geteilt habe, daß das Auftreten von Ausländern in Berliner  Versammlungen, die während des Ruhrkampfes unter dem Motto Nie wieder Krieg" stattfanden, von den nationalen Organisationen als Provotation aufgefaßt werden mußte. Daraus könne man ihm doch unmöglich einen Vorwurf machen.

Das Haus vertagt sich auf Donnerstag 12 Uhr: Haus haltsplan für 1924. Schluß Uhr.