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Abendausgabe ttr. 252 41. Jahrgang Ausgabe L Nr. 127

vqngidedlngunz«» und Anz-izenp«!?, find>n der Morgenaurgabi onzegeben »edattion: Sw. v». cindenstrah» Z Zernsprecher: VSnhoft 292 19» lel.-AdreNe-Sozialdemorratvertti,

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Derlinev Volksblatt

5 Golöpfennig 50 Milliarden Ireitag . Z0. Alm 1924

Verlag und AnzelgenabtelliNilgl Geschäftszeit g-S Uhr Verl»zer:vorivarts-Verlag GmbH. verlin Sw. SS, Lindenfirade 3 Zernsprecher: DSnhoss 2606-2S07

Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutrd>land8

Ein nationales Unglück. Nach Geeckt Reinhardt. Die völkischen Verteidiger nnd Gras Reventlow bearbeiten Tettenborn.

Zu Deginn der Verhandlung teilte der Vorsitzende mit, daß General v. Sceckt erst am Sonnabend 10 Uhr k-ommen könne. Infolgedessen würde die weitere Vernehmung des Justiz- rats Claß auch auf Sonnabend vertagt. Dann wurde der Hauptzeuge v. Tettenborn aufge- rufen. Tettenborn,Arbeiter" der Deutfchvöltischen Freiheitspartei, war feit 1914 aktiver Offizier. Er erklärte: Thorwann wurde durch Herrn v. G l« i ch e n- R u ß w u rm aus demDe- wissenskrcis" mit Dr. I a n c z i k nach München zu Roßbach gesandt. Janczik wurde in München als Schwindler entlarvt, der Schweine­reien in den nationalen Dreisen machen wollte. Am 4. Januar kam Thormann zu uns in» Bureau und ich drängte Thormann aus dem Bureau heraus, damit er sich nicht an Wulle drängt«. Thormann bat mich um«in« Unterredung für den Nachmittag und«r sagte: Seeckt ist die größte Gefahr für uns. ich bringe Ihnen den Auftrag milzuhelsen an der Ermordung. Dorf. : Dos haben Sie in der Voruntersuchung nicht gesagt. Warum haben Sie dies«» wichtige Moment verschwiegen, Zeuge: Ich kann erst setzt alles übersehen. Ich habe Dr. Nochmann gesagt, daß Thormann erklärt«, er käme nach einer Rücksprache mit General Ludendorff zu mir. Ich betrachtete Thor- mann als Lockspitzel, um mich in«in« Sache hineinzuziehen. Ich habe Major Gilbert gebeten,«inen geschlossenen Brief auf dem Reich»kommissariat mederzulegen. der die Unterredung enthiett. Denn bei der Einstellung der Politi - schen Poiizei hätte man mir später nichts geglaubt. Wenn Thor- mann ein Lockspitzel war, dann kam er im Auftrage jeinandes, der unserer Partei Knüppel Mischen die Beine werfen wollte. Nach der Dechastung Ihormann» bat mich R.A. Sack(der Verteidiger Grandels) in seine Wohnung und sagte: Die Sache Thormann-Grandel ist ein nationales Unglück, wenn noch neue Verhaftungen hinzukommen, müßte ich die ver- leldigung niederlegen. Dann kam jemand zu mir, dessen Name ich noch nicht nenne, der mich bat, Thormann zu belasten, aber Grandel und Claß Hera: szulossen. Herr CMoß wäre bereit, mit Herrn v. Sraese eine Aussprache zu jähren. Dt« Unterredung mit Herrn v. Sraese Hat dann stattgefunden. In Moabit trat RA. Bloch aus mich zu, gab mir zwei Zeitung?- artikel und sagte: wenn Sie gewußt hätten� um was es sich handelt, hätten Sie wohl anders gehandelt und es wäre besser für Deutsch­ land gewesen. Elaß bei Geeckt. Am 23. September, nach einer Sitzung bei irgend jemand, ging Ckaß zu Seeckt, und es haben dann süddeutsche Bindungen statt- gesunden. Herr v. Sei ßer war bei Claß. Vors.: Das inter­essiert doch nicht. Zeuge: Claß ließ Kohr fallen, und sür uns ergab sich die Möglichleit, daß Claß die Ermord ung Seeckts beabsichtigt hatte. Vors.: Mit wem haben Sie darüber gesprochen? Zeuge: Mit Major Weberstedt von der Deutschvöltischen Frejheitspartei. R.A. B l o ch hält dem Zeugen vor, daß seine Darstellung bezüg- sich der Daten nicht stimmen könne. Auch Thormann erklärt, daß Tettenborns Bekundungen nicht stimmten. Tettenborn: Thormann hat mit verschiedenen Leuten mit uns über di« Ding« gesprochen, rechten Hitzköpfen, und ich bin froh, daß ich das vereiteln tonnte. Ich habe mir 20 Dollar von Ihormann geben lassen und habe mir noch mehr aeben lassen, um die Geldquelle zu erkunden, da Thormmm selbst kein Geld halte. Am 12. Januar erschien er abends bei mir, doch ließ Ich mich nicht sprechen. Am nächsten Tag fing Thormann mich vor dem Reichstag ab und erklärte: Secckt müsse vor dem 15. Zanuar fallen, da sonst die geplante Aktion nicht durchzuführen sei. Ich ging daraufhin am 14. Januar zu Obeircgierungsrat Mühlcile» und teilte ihm mit, daß das Attentat nicht aufzulzalten s-�i. da Thornman zur Ausführung dräerqte. Der wichtigste Tag ist der vor Tbormcmns Verhaftung. Thormann zeigte uns den Tatterfall in der Bendlerstraße, den Köpke noch nicht gesehen hattl:- Abends waren Köpke, ich und Lberregie- kungsrat Muhleifen bei Gilbert in der Wohnung. Am nächsten Morgen hat Thormann die von uns besorgk« Waffe geprüft, und Dr. Grandel brachte köpke fast bis an den Toltersall. Wir harten dann Sceckt gebtien, nicht am 15. zu reiten, da erentucll eine.zweite Kolonne eingesetzt se« konnte. Vors.: Wieviel Geld hat Thormann Ihnen gegeben? Zeug'-1: 9 5 Dollar, um zunächst eine Verbindung mit Reichswehrosfizieren aufzunehmen, bann, um einen Reitanzuz zu kaufen. Köpke sollte 5000 M. erhalten. Zch sollte mit Ihormann nach hohen- Schwalm dach fliehen, um das nächste Aitenkat gegen General Reinhardt vorzubereiten. Dorf. : Haben Sie gesagt: Wenn ich mchr Geld gehebt hätte, wäre Secckt längst erledigt? Zeug«: Ausgeschlossen, Vors.: Wie tarn die V kobredung bei Gilbert z-istand«? Zeuge: Ich bat Gilbert. «ine Waffe zu beschcisfen. Ich gurg vom Wemhaus Huth zu Gilbert. wo Oberreglerungsrat Mühleisen war. wir beschlossen die politische Polizei zu umgehen, da ich die Obseklioität von Weiß bezweifelte. Vors.: Wie können Sie. als einfacher Mensch, die Polizei umgehen? Zeuge: Auf Grund meiner Erfahrungen. Generaistaatscmwoll: Sie sagten. Ihormann habe Ihnen gesagt, er lMe den Auftrag, Herrn v. Seeckt zu ermorden. Was l>aben Sie zu Thormann gesagt? Sind Sie darauf eingegangen, oder haben Sie abgelehnt? Zeuge: Ich bin darauf eingegangen, aber nnd dem Borbehalt, das Attentat zu verhindern. Der Generalstaatsonwalt stellt fest, daß vi« von Tettenborn an- gegebenen Daten über seine Zusammenkunft mit Thormann nicht

stimmen. Generalstaatsanwalt: Wohnt« Gilbert damals schon bei Ihnen? Zeuge- Nein, ich wußte, daß Eilbert beim Reichskommissar arbeitete und rief ihn an. Generalstaatsanwalt: Nannte Thormann Ihnen den Namen Dr. Grandels? Zeug«: Nein, er sprach nur von seinem Geldgeber und seinervor- gesetzten Stelle". Neventlows schützende Hand. General st aatsanw alt: Wer ist der Wann, der Sie er­sucht«. Dr. Grandel nicht zu belasten? T e t t e n b o r n: Ev Ist ein Abgeordneter der Partei. Ich weiß nicht...(nach einigem Zögern) es ist Gras Reventlow. Dr. Bloch: Thormann hat Ihnen 50 Dollars gegeben. Was haben Sie damit getan? Dorf. : Herr Zeuge, ich bitte Sie, stillzustehen, man wird ja seekrank dabei. R.A. Bloch: Haben Sie die 50 Dollars Herrn Gilbert gegeben oder sie Herrn Mühleifen in die Hand gedrückt? Tettenborn: Ich habe das Geld behalten. R.A. Bloch: Sie sagten, daß Herr v. Seeckt erst in den Inter- essenkreis trat, weil zu besorgen stand, daß der A>usnohme- zustand am 15. Februar ausgehoben werden würde. Ist dem Zeugen bekannt, daß der Ausnahmezustand erst am 1. März aus- gehoben werden sollte? Der Zeuge hat von einer Unterredung mit mir gesprochen. Ist es richtig, daß dieses Gespräch meinerseits einem Mahnschreiben vorausging? Sie sollten die 150 Dollars zurückgeben. Sie sagten, daß Sie das Geld an Rechtsanwalt Herold geben wollten, weil Sie,- wie Sie sagten, die Gegennpartei nicht stärken wollten. Tettenborn: Das ist richtig. R.A. Bloch- Ich hot»e ferner nur gesagt: Sie haben mit Ihrer etwas zweifelhosten Polle großes Unglück über die Fa- milie Grandel gebracht. Als politischer Drahtzieher zu wirken. muß ich ablehnen. Ich stelle fest, daß Herr v. Tettenborn das Geld nicht zurückgegeben hat. Justizrat Hahn: Hecken Sie nicht mit dem Reichskomraissor all« Daten der Verabredungen mit Thormann festgelegt? Tettenborn: Nicht all«. R.A. Hahn: Haben Sie für das von Thormann gegebene Geld nun wirklich eine Reithose gekauft?

Parteitag und Zrauenkonferenz. Parteigenossen! Auf Grund des Organifotionsstatuts der Partei beruft der Parteivorstand den nächsten Parteitag auf Mittwoch, den lt. Juni 1924. abends K Uhr nach Berlin . Gebäude des Preußischen Landtags , Prinz- Albrecht-Etraße, ein. Als vorläufige Tagesordnung ist festgesetzt: 1. Bericht des Parteivorstandes s) Allgemeines. Berichterstatter: Otto Wels , K) Agitation, Organisation und Kasse. Bericht. erstatter: Fr. Bartels, K. L u d w i g. 2. Bericht der Kontrollkommission. Berichterstatter: Fried r. Brühne. 3. Bericht der Rcichstagsfraktion. Berichterstatter: Hermann Müller . 4. Das Organisationsstatut. Berichterstatter: R i ch. Lipinski, Leipzig . 5. Die Sozialdemokratie und die Landwirtschaft. Refe­rent: Wilhelm Helling. 6 Die Reichstag swahlen und die Sozialdemokratie. Referent: Dr. H i l f e r d i n g. 7. Wahl des Parteivorstandes, der Kontrollkommission und des Ortes, an dem der nächste Parteitag statt- finden soll. 8. Anträge, soweit sie durch die vorstehend« Tages- ordnung noch nicht erledigt sind. Am Sonntag, den 15. Juni 1924, v o r ni i t- tags 19 Uhr, findet im Landtagsgebäude in Berlin eine Frauenkonferenz statt. Borläufige Tagesordnung: Die Frauen und die Wahlen. «- Zur Teilnahme berechtigt an der Frauenkonferenz sind aus jedem Parteibezirk ein bis zwei Delegierte, die weiblichen Dell gierten zum Parteitag und die weiblichen Mitglieder des Reichstages. Sofern männliche Genossen von der Bezirks- lestung mit Mandat versehen werden, sind sie zur Teilnahme an der Frauenkonfelen.' berechtigt. * Wegen Wohmmgsbeschafsung unter Angabe, ob Hotel oder Privatwohnung, müssen sich die Delegierten rechtzeitig beim Lokalkomitee melden. Adresse: Theodor Fischer , Berlin SW. 98, Linden st roße 3. Berlin , den 16. Mai 1924. Der Porkeivorstand.

Tettenborn: Ich habe sie Köpke gegeben. Justizrat Hahn: Wann haben Sie Herrn Gilbert zum ersten Mal über die Sache gesprochen? Tettenborn: Nachdem ich den Brief an den Reichs- kommissor geschrieben habe. Justizrat Hahn: Warum gingen Sie nun zu Gilbert? Tettenborn: Ich wußte nicht, welche Rolle Gilbert dort spielte. Ich glaubte, er hätte die Stellung des 5xrrn Merz. Justizrat Hohn: Weshalb wohnt Gilbert bei Ihnen. Tettenborn: Er wohnt nicht bei mir. Justizrat Hahn: Das- behauptet Gilbert aber selbst. Er wohnt« bei Ihnen, als cr polizeilich gesucht wurde. Wo haben S>e am 15. Januar nach dem angebliäen Attentat gesteckt, T e t r e n b o r n: Ich ging zu Josty, wo Merz mit den Kriminal- beamten hinkam. Vors.: Wann und wo haben Sie Gilbert kennengelernt? Tettenborn: Im November 1923 bei einer Besprechung mit Freunden aus Mecklenburg , die mich als Zeugen zuzogen. Vors.: Ist«s bei Ihnen üblich, stets bei Unterhaltungen Zeugen zuzuziehen? R.A. Dr. Sack: Um f. Januar hatten Sie mit Gilbert eine Unterredung über das Attentat, dann ein« solche mit Herrn Merz. 3n allen Ihren Vernehmungen, die Sie hatten, fehlt Ihre heutige Erklärung, Thormann kacke mit einem Austrag Ludendorsss. Tetren dorn-: Es sollte ein versteckter Auftrag sein. R.A. Dr. Sack: Sie haben auch nicht gesagt, daß die Wos'e besichtigt worden ist, warm Sie dabei? Tettenborn: Nein, Köpke. R.-A. Dr. Sack: Was bearbeitete Herr Gilbert beim Rcichs- kommtssarial?'"War er dort beschäftigt? Zeug«: Scheinbar, ich habe Herrn Gilbert öfter bei Herrn Mühleisen getrosten. R.-A Dr. Sack: K e n n e n S ie D r. I a n c z i k? Zeuge: Nein. Dr. Sack: Erinnern Sie sich, daß Sie drei Stunden nach der Bei Haftung erklärten:Wenden Sie sich an Dr. oänezik." 3 enge; Das ist meiner Meinung nach unmöglich. R.-A. Sack: Wurde nicht am 13. abends irr der Wohnung Gilberts in Gczenwarc des Oberregicrungsrats Mühleisen Herr Köpke für das Attentat aufgezäumt? Zeuge: Jawohl. R.-A. Dr. Sack: War Jbn-en bekannt die Sache ist etwas heikel, daß zweitens in der r t t e m b er g i s ch e n Tscheka ein Plan zur Ermordung des Generals v. Sceckt bestand? Haben Sie nicht Interesse an den Akten der Tscheka bei der Poti- trsche» Polizei gehabt? Zeuge: Für die Akten der Tscheka habe ich Interesse. Aon dem Tschekn-Altentat höre ich zum erstenmal. Dr. Sack: Zu den Aussagen des Zeugen gegen mich erkläre ich: Justizrat Hahn sagte mir, ich solle in der Sache Grandel mitvertoidigm. Da ich Teilen­born in einer anderen Sache verleidigte, bat ich Herrn v. Tettenborn u mir, um nicht in Gewissenskonflikte zu komme». Ich ragte ihn, ob er in die Sache verwickelt fei.?lls er das verneinte. »gte ich, daß die Sache- ein nationales Unglück sei. In erncr Unterredung mit Herrn Henning habe ich gcsogi, daß ich auch als nationaler Benteittger mich nicht parteipolitisch ab- stempeln- loii«. .Hierauf wurde Untersuchungsrichter Dr. R o t h m o n n nochmals vernommen, der entschieden bestreitet, daß Tettenborn ihm etwas gesagt habe, daß Thormann mit einem Aufirag nach Berlin ge- kommen sei. Vors.: Wie ist das, Herr v. Tettenborn? Zeuge: Man will mich hier aus ein Wort.festlegen. Ich hielt diese Aenßcrung Thormanns für eine Finte und habe d«sl)alb dem Untersuchungsrichter das nicht mitgeteilt. Bors.: Das war aber doch, so wichtig, wer die Auftrag- g e b e r waren, daß Sie das-erwähnen mußten. Dr. Sack(zu TetUnborn): Haben Sie Herrn Gilbert den ersten Bericht an den'Rcichskommlssar diktiert? w). Tettenborn.: Der Brief, der erst geöffnet werden sollte, wenn mir etwas passiert, ist von Herrn Gilbert eigenmächtig geöffnet worden. Dr. Sack: Wie erklären Sie sich, daß Gilberl zu seinem Se­kretär sagte: Ls sind In der Sache bereits 4000 Dollar devonicrl worden? Zeuge; Weiß ich nicht. Köpke als Zeuge. Nach einer kurzen Pause wurde dann de? Student des Ma- schineickaufache», Köpke, vernommen. Er schilderte, daß Tettenborn ihm von dein bevorstehenden Attenmt erzählt und gesagt habe, daß dies verhindert werden müsse, damit nicht die Deutfchvölkische Freiheitspartei als Mörder- partei abgestempelt werde. Er. der Zeuge, sei mit Thormann zu- sammengebrach! morden, der sich Ianczik nannle, während köpke sich Schuhmacher nannte. Köpke schildert dann, wie«r mit Thor- mann durch den Tiergarjen und die Bendlerstraße gegangen sei. ImLeipziger Hof", wo sie Mittag gegessen, habe Thormann erklärt: Seeckt muß beseiligl werden, die nötige Umstellung sei ichon eingeleitet. Ich selbst sollte es mache», wie Friedrich Adler , und mich nach dein Altentat stellen. Ich würde dann Gelegen­heit zur Flucht haben. Meiix Mutter würde durch Kuriere 6000 Mark bekommen, da eine Stelle i n Morien bürg das alles regele. Abends waren Tettenborn, Thormann und ich bei Hutb. Thormann deutete mir an, ich würde um die Ecke gebracht werden, falls ich Verrat übte. (Schuß in der Morgenausgabe.)