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Ordnungspolitik- Abenteurerpolitik.

Der Handel um die Republik  .

Der Handel um den Bürgerblock ist ein Handel um die Republik  . Nicht nur das Wesen der deutschen   Republit, auch ihre Form ist bedroht, wenn aus dem Handel um die Regie­rung ein Bürgerblod herntorgeht, in dem die Deutschnationalen die wichtigsten Reichsämter, die causschlaggebende Macht( im Staate erhalten. Die Deutschnationalen wollen die Macht. Sie wollen ihre Stellung, zu der ihnen die Schwäche der Mittel­parteien zu verhelfen droht, jo fest verankern, daß sie niemals Sie fordern nicht wieder hinausgeworfen werden/ fönnen. wenig, das Innenministerium und das Außenministerium, im Reiche, die Ministerpräsidentschaft und das Innen­ministerium in Preußen. Mögen sie immerhin in den Fragen der Außenpolitif nachgiebig bis zur Charakterlosigkeit sein- fie rechnen damit, daß die innere Machtpofition ihnen sehr bald gestatten wird, über alle Vereinbarungen und Bindungen hin weg ihre Außenpolitik zu verfolgen, wenn es fein muß, auch gegen die Mittelparteien, gegen die Bindungen der Verfassung. Sie glauben, eine praktische Widerlegung des Reideschen Sazes vom Primat der äußeren Politik liefern zu können.

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Sie fordern die Macht in Preußen, um das Reich hem mungslos beherrschen zu können. Sie erwarten, wie der Tag" mitteilt, ein schriftliches Angebot der Zentrumsfraktion des preußischen Landtags, in dem die Willfährigkeit zur Kurs­änderung in Preußen ihnen angeboten werden soll. Ihr Wille ist flar. Was wollen die Mittelparteien? Haben sie überhaupt einen politischen Willen?

Die demokratische Presse zeichnet die Gefahr für die Re­publit in aller Schärfe. Die Bossche Zeitung" schreibt heute

morgen:

Wenn es ihnen gelingt, die große Koalition in Preußen zu zerschlagen und dort eine Regierung zu erreichen, in der sie das Bräsidium führen, das Innere bejeßen, das Unterrichts ministerium erhalten und womöglich auch noch die Justiz, dann haben sie nicht nur die Macht in Breußen in Händen, son dern auch die Macht im Reich. Dann dürfen sie sich ruhig im Reichsministerium mit zwei Sigen, dem Innern und der Er­nährung, begnügen, denn sie können der Reichsregierung ihren Willen von Preußen aus aufzwingen. Bleiben sie im Reichskabinett auch in der Minderheit: die Reichsregierung ist macht­los, wenn der größte deutsche Freistaat ihre Politik sabotiert pder ins Gegenteil perfehrt."

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Die Germania  " spricht offen aus, daß sie die Ueber­fieferung der Macht an die Deutschnationalen als den Beginn Der Staatsumwälzung fürchtet:

Die Frankfurter 3eitung" endlich warnt die eine unerträgliche Lösung sein würde, wenn beide wichtige Demokraten sehr ernsthaft vor einer Beteiligung am Bürger- ffen Regierungsposten, das Kanzleramt und das Ministe. vor Bürgerfen in ihren Händen rium des Auswärtigen, nicht in ihren Händen wären.

block:

Aus alledem ergäbe sich eben doch, gewollt oder ungewollt, die Gesamtfituation einer Regierung des Bürgerblods, er­gäbe sich die Klassenscheidung mit ihrer Rüdwirtung ver. schärffter Klassenfelbst sucht auf beiden Seiten und wachsen den Klassen hasies. Das tann, wie gesagt, die Deutsch demokratische Partei nicht mitmachen, ohne den Kern ihres Wesens zu zerstören und in der Tat wohl, ohne sich selbst den Todesstoß zu verseßen. Zum allermindeſten würde ein erheblicher Teil der Demokraten nicht bereit fein, eine solche Politik und wäre sie tausendmal nichts als Tattit. und gerade, weil sie nichts als Taftit wäre mit zu tragen und mit zu verantworten."

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Was aber will die Volkspartei? Ihre Untlarheit und Zweideutigkeit wird von Tag zu Tag größer. Auf der einen Seite friecht fie vor den Deutschnationalen, auf der an deren Seite muß sie die beißende Kritik der anderen Mittels parteien ertragen. Die gesamte Presse der Mittelparteien redet eindringlich auf die Bolkspartei ein, sie solle endlich ein eigenes politisches Gesicht zeigen und sich nicht zum Büttel der Machtansprüche der Deutschnationalen machen. Eine charakter­losere, politisch unfertigere und unzuverlässigere Fraktion als die der Volkspartei hat es in der deutschen   Parlamentsgeschichte noch nicht gegeben. Die alten Nationalliberalen waren da­gegen ein Geschlecht zielbewußter Politiker!

So sind die Absichten und Strömungen der Parteien, die untereinander darüber handeln, ob die deutsche   Republik   den Deutschnationalen ausgeliefert werden soll. Fällt Preußen und das Reich in die Hand der Deutschnationalen, dann find die Aussichten auf eine Festigung der inneren Verhältnisse in Deutschland   auf lange Zeit dahin. Die Ordnungspolitit", die die Deutschnationalen nach bayerischem Vorbilde im Reiche betreiben wollen, wird die schwersten inneren Kämpfe hervor rufen. Ordnungspolitik" gegen die Arbeiter zur Aufrich­tung der brutalsten Unternehmerherrschaft bedeutet die schlimmste Abenteuerpolitif im Innern, die denk bar ist. Sie gefährdet die Entwicklung, die die Sozialdemo­bar ist. Sie gefährdet die Entwicklung, die die Sozialdemo­fratie nach der Revolution von 1918 tonfequent weitergeführt hat. Sie muß Gegenkräfte hervorrufen, die nicht mit brutaler Gewalt niedergehalten werden fönnen. Sie wird Deutschland  in ein politifches und wirtschaftliches Chaos stürzen, sie ist innenpolitisch der Sprung ins Dunfle- von den außenpolitischen Wirkungen ganz zu schweigen.

Die republikanischen Mittelparteien wissen wohl, worum der Handel geht. Die Germania  " erklärt:

Jm Reichstag hielten heute vormittag die De motraten, das 3entrum und die Deutsche Boltspartei Fraktionssitzungen ab, die Deutschnationalen werden am Nachmittag um- 5- Uhr zujammentreten.

Um die Teilnahme am Bürgerblock.

Der demokratische Parteivorstand trat heute vore mittag im Reichstage unter dem Borsiz des Borsigenden Ertelen& zusammen. Die Sigung war aus allen Teilen des Reiches gut be schickt. Nach dem einleitenden Bericht des Parteivorsitzenden Koch  über die politische Lage schte eine lebhafte Aussprache über die

Frage ein, ob die Demokraten sich an einer Regierung beteiligen tönnten, an der auch die Deutschnationalen teilnehmen. Ein Be schluß wurde vom Parteivorstand nicht gefaßt, sondern die Entscheidung einer gemeinsamen Sigung des Parteivorstandes und der Reichstagsfraktion überlassen, die sich sofort an die Parteivor standssitzung anschloß, und zu der auch die demokratischen Abgeord neten des Preußischen Landtags   geladen waren.

Das Erwachen" des deutschen   Michels.

Erste Folgen des Rechtskurses.

Die deutsche   innere Politit wird gegenwärtig von den bürgerlichen Parteien so gehandhabt, als gäbe es außer Deutschland   niemand auf der Welt oder als wäre Deutschland  machtpolitisch noch stärker als die Vereinigten Staaten   von Amerifa und als könnte es daher auf die Meinung der übrigen Völker pfeifen. Damit werden wir allerdings sehr weit kommen. Die ersten Früchte dieser selbständigen" Politik be­ginnen schon zu reifen. Ganz abgesehen von den Zeigner­Anfragen im Unterhaus, die wir an anderer Stelle erwähnen, dürfte die neue Note der Botschaftertonferenz in der Frage der Militärkontrolle bereits im Zeichen der glor­reichen Reichstagswahlen vom 4. Mai und der seitherigen Ent­widlung stehen. So drahtet der Pariser Berichterstatter des " Berliner Tageblatts", dem übrigens nicht nachgesagt werdent fann, er sei ein fanatischer Linksdemokrat und Pazifist, unter dem 29. Mai:

Die erste Quittung über bie inner politische t Vorgänge in Deutschland   war die Note der Botschafter­fonferenz, die ganz anders ausgefallen wäre, wenn die Wahlen in Deutschland   einen demokratischen Erfolg gebracht hätten. Es wird mitgeteilt, daß diese Note einstimmig beschlossen worden ist Ich glaube gut unterrichtet zu sein, wenn ich mitteile, daß noch vor ,, Die Deutschnationalen sollen entsprechend ihrer Stärfe im einigen Wochen diese Einmütigkeit nicht bestanden hat, und daß fogar der französische   Vorsitzende der Konferenz, Cambon, für eine Antwort gewesen ist, die auf die nationalen Empfindungen Deutsch­ lands   Rücksicht nehmen sollte. Heute schreibt Herrios in der Information": Wie Demokraten   wissen ebenso gut wie alle übrigen, daß wir dem deutschen   Nationalismus nicht trauen dürfen. Wir werden die Ueberwachung des deutschen   Militarismus nicht aufgeben und wir haben Grund zu der Hoffnung, daß England feft an unserer Seite steht, wenn es darauf ankommt, die Wiederkehr des Revanchegeistes zu unterbrüden,

man fann ihnen, den grundsäglichen Gegnern der Ver­faffung, unmöglich das Schidsal dieser Verfassung in die hand geben, man fann ihnen nicht gestatten, den Staat von innen auszuhölen und das ganze Band in eine Abenteurerpolitit zu stürzen."

Uns sind zuverlässige Mitteilungen über Gespräche eines deutsch  - Bolte auch in der Leitung der Staatsgeschäfte vertreten fein; aber nationalen Abgeordneten mit Journalisten gemacht worden, wonach bie Deutschnationalen versuchen wollen, unter allen Unst än den in die Regierung zu kommen, um dann die kommunistische Gefahr zum Ausgangspunkt für eine Ordnungspolitit" zu machen, die nötigenfalls auch über das Barlament gehen foll. Man sieht hier beiläufig wieder, wie trefflich die Sturmtruppe Solche Erkenntnis nötigt zu verantwortlicher Entscheidung. tes Herrn Scholem   den Deutschnationalen in die Hände arbeitet. Das hirnlose Treiben dieser wüsten Gefallen schwächt die Abwehr­pofition derer, die gegen deutschnationale Dittaturgelüfte kämpfen." Sie erklärt, daß im Zentrum niemand gesonnen fei, den Deutschnationalen die ausgesprochene Führung zu überlaffen, angesichts der Tatsache, daß die Deutschnationalen bei jeder angesichts der Tatsache, daß die Deutschnationalen bei jeder Gelegenheit ihre grundsätzliche Gegnerschaft gegen die Republit betonen. Sie zitiert die Forderung der Deutschen Tages­zeitung", daß Marr für die Deutschnationalen nur akzeptabel wäre, wenn die Spitze der Regierung die Tatsache einer grundsäglichen Umdrehung des Steuers nach rechts in feiner Weise verwischen würde", und stellt im Anschluß daran fest:

Hier wird also die Macht der Deutschnationalen in einer Weise reklamiert, die alle anderen Parteien zum Anhängsel der Deutschnationalen und zum Feigenblatt für ihre Bolitit maden muß. Damit wird dem Zentrum eine Rolle zugemutet, die es nicht übernehmen tann und nicht über nehmen wird."

Der Bürgermeister von Himbeerhausen.

Bon Lena.

Man darf sich nicht die Mühe machen, Himt eerhausen auf einer Landkarte oder in einem Reiseführer zu suchen, denn es steht sicher lich in feinem von beiden verzeichnet. Himbeerhausen liegt im Mondland, über dessen Städte und Dörfer wir noch feine genaueren Angaben besitzen.

Der Herr Bürgermeister hielt gerade ein Hörrohr mit der linken Hand vor die Ohrmuschel, als ich das Zimmer betrat.

Entschuldigen Sie, sagte er, ich bin gerade von Berlin   aus angerufen worden."

Der Herr Bürgermeister lauschte einen Augenblick in den Appa­rat hinein, dann sagte er: Frieda hat gestern gefündigt."

Pause. irgendeine Rücäußerung aus Berlin  , mir unverständ.

lich, murmelte durch den Appara

" Ja, es wird wohl nichts zu machen sein. Ich habe ihr zwar gefagt, ich könnte die Kündigung nicht annehmen, bis du zurüd­fummit Sollte die Ehehälfte des Herrn Bürgermeisters drüten am Apparat hängen?

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Berlin  

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,, Hast du deine Einfäufe bald beendet?": Pause, ,, Heut ist Mittwoch. Pause,-

Bann fommst du zurüd?" Berlin  

So, dann bist du fertig. Sonntag also? Nachmittag um 4 Uhr 30? Schön. Sa. Ich werde es Frieda sagen. Amüfiere dich! Auf Wiedersehen!"

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Der Herr Bürgermeister hängt den Hörer an und wendet sich zu mir: Jetzt stehe ich zur Verfügung. Ich sehe ihm auseinander, daß ich fomme, um gewisse bereit gestellte Mittel eventuell zum Besten schwacher und erholungs bedürftiger Kinder von Himbeerhausen flüssig zu machen. Speziell wolle ich Erhebungen machen über die in der Stadt allgemein wolle ich Erhebungen machen über die in der Stadt allgemein übliche Heimarbeit, bei der auch Kinder beschäftigt werden. Der erzielte Lohn folle so außerordentlich gering und nicht für die nötigsten Lebensbedürfnisse ausreichend sein.

,, Glauben Sie nur das nicht," versichert der Herr Bürger­meister." Den Leuten, geht es ausgezeichnet. Da verdient der Mann und die Frau und der Sohn. Und dann rauchen die Männer den ganzen Tag Bigaretten. Die Kinder liegen den ganzen Tag auf der Straße herum. Es geht ihnen vorzüglich., Warten Sie, ich rufe Ihnen den Wachtmeister, der in den Familien Erhebungen macht.

Der Wachtmeister kommt. Er hat ein nettes altes Gesicht, das mir Bertrauen einflößt. Der Bürgermeister sagt: Herr Malte, ich sage der Dame eben, daß es der Arbeiter­schaft hier ausgezeichnet geht. Sie haben es nicht nötig, noch die Kinder arbeiten zu lassen. Habe ich nicht recht?"

Der Wachtmeister sieht nach unten und murmelt etwas. Bei gutem Willen tann man es für Zustimmung nehmen.

Die Deutschnationalen verlangen das Kanzleramt und das ministerium des Aeußeren. Sie wollen das Schicksal der Verfassung in die Hand bekommen, sie wollen die Hände frei haben zu einer Abenteuerpolitik nach außen wie nach innen. Wenn die Mittelparteien diesen Forderungen nachgeben würden, so würden sie aufhören republikanische Mittelparteien zu sein.

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Neue Verhandlungen.

Die deutschnationalen Bedingungen.

Die offiziellen Verhandlungen über die Neubildung der Regierung find nach der gestrigen Unterbrechung heute früh wieder aufgenommen worden, und der Reichskanzler empfing einzelne Parteiführer zur Besprechung. Ueber den Gang der Berhand­lungen ist vorläufig nur zu berichten, daß der Standpunkt der Deutschnationalen dahin zu kennzeichnen ist, daß es für sie

Ich: Ja, Herr Bürgermeister, wenn hier alles fo ausge: zeichnet ist, dann ist wohl teine Unterstützung durch unsre Mittel nötig,

Der Herr Bürgermeister wird der Antwort überhoben, da er wieder an das Telphon gehen muß, das flingelt.

Was fagen Sie? Morgen? Ja, ich tomme, ich mache mit, natürlich! Nur dämpfen Sie, bitte, den völkischen Fimmel etwas, ein ganz klein wenig, bitte! Den völlischen Fimmel bann ich aus bestimmten Gründen nicht mitmachen, nicht ganz wenigstens." Er hängt wieder an.

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,, Ja, also, der Wachtmeister fann Ihnen alles fagen, und die Ge­meindeschwester Sie ja auch in Familien führen, aber was den Lohn anlangt, ich gebe Ihnen den guten Rat: ,, Ruhendes nicht auf rühren!"

und sagt:

,, Ob diese Fragen ruhende sind, Herr Bürgermeister?" Ich gehe mit dem Wachtmeister in sein Zimmer. Er macht die Tür sorgfältig hinter sich zu, sieht sich unt, daß ihn niemand hört, leicht mal einer, der leicht lebt, ,, Das ist nicht so, wie der Bürgermeister fagt. Es tommt piel aber sonst, die Arbeit wird sehr schlecht bezahlt. Meine Tochter muß auch welche machen mit den Rindern, weil der Mann nicht genug verdient, und fie, na, fie ver­dient feine 10 Pf. die Stunde. Wissen Sie, hier gerade dem Rathaus gegenüber wohnt eine Frau, die murfft den ganzen Tag mit ihren acht Kindern dabei, Sie haben eine Stube, da schlafen sie, und da figen sie den ganzen Tag am Tisch und knibbeln, die Kinder, die zur Schule gehen und schon vorher, und die, die aus der Schule sind. Wenn Sie aus der Tür vom Rathaus gehen, fönnen Sie sie durchs Fenster figen sehen, alle neune. Nein, der Herr Bürgermeister weiß nicht Bescheid.".

Und ich trat aus der Tür und sah drüben ein mageres Frauen­

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Auch die B. 3. am Mittag" berichtet aus Baris, daß die Wahl des Deutschnationalen Wallraf zum Reichstagspräfi­denten in ganz Frankreich   von der Rechten bis zur Linken einen sehr üblen Einbrud gemacht hat. Das Sprach rohr des Linksblods, die Ere Nouvelle", ist zwar objetfitn genug zu betonen, daß der Rechtsrud in Deutschland   nicht zuletzt auf die Politit Poincarés zurudzuführen fei, aber es gibt deutlich zu verstehen, daß die französische   Linke nicht daran dente, mit den deutschen   Nationalisten zu pattieren oder gar sich durch sie einschüchtern zu lassen.

Das Ganze nennt der deutsche   Spießer das Erwachen des deutschen Michel  ". Uns will es vielmehr scheinen, daß der deutsche   Michel, als dessen markanteste Repräsentanten gegen­wärtig die Herren Scholz und Stegerwald Politik machen", mehr und mehr taumelt und daß das wirkliche Ers wa chen noch bevorsteht.

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auch um Genies, die beinahe noch unsere Zeitgenossen waren. Er hat Dor Jahren ein künstlerisch bewegtes Publikum in das Wert Gottfried Kellers   eingeführt, und als er diese Vorträge nachher in einem Büch lein sammelte, war eines der anmutigsten und erbaulichsten Werklein entstanden. Ebenso beschäftigte er sich eingehend mit Theodor Storm  . Röster wußte mit der zarten Psychologie der lyrischen Dichter Be­scheid. Das Geheimnis der musikalischen Rhythmik blieb ihm nicht verschlossen. Wie sehr er die Gegenwart liebte, geht daraus hervor, daß er es nicht ablehnte, vor zwei Jahren während des Aufsehen erregenden ,, Reigen"-Prozesses für Artur Schnigler einzutreten.

Sehr interessiert war Röfter an den Dingen des Theaters. Er hat in Leipzig   ein Seminar für Theatergeschichte eingerichtet, eins der ersten an deutschen   Hochschulen. Hier wollte er den Studierenden die Möglichkeit verschaffen, das Theater in seinem Werden zu be trachten. Hier sollte der Student fennen lernen, wie der Regisseur, der Maler und Schauspieler die Visionen des Dichters in die plastische

Wirksamkeit übersetzt. Die Einrichtungen Köfters wurden beispiel. gebend für die übrigen deutschen   Hochschulen. Das Studium des Theaters ist seit Röster erst zu einem wichtigen Gegenstand deutscher  Universitäten geworden. Der Verstorbene war ein schöner Redner, manchmal auch ein Schönredner, aber er hütete sich im ganzen doch davor, der Flachheit zu verfallen. Die Literaturforscher, die aus seiner Schule hervorgingen, werden es nie verleugnen können, daß fie für den guten Geschmad und für die Liebe zur Dichtung erzogen wurden,

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gesicht, und fah acht blaffe Kindergefichter, alle gebückt über einen Menschen im Gewicht von 150 Pfund in seine Bestandteile auflöſt, Tisch. und ihre sich hastig regenden Finger..

Wie tommt es, daß der Herr Bürgermeister das nicht sieht, wennn er aus der Rathaustür tritt? Vielleicht hat er zuviel über die Ein­

fäufe nachzudenken, die seine Frau noch vom Sonntag bis Mittwoch in Berlin   machen muß. Oder vielleicht hat er zu schwere Sorgen, weil Frieda gekündigt hat, wer weiß es?

Ja, es ist kein leichtes Amt, Bürgermeister zu sein von Himbeer­hausen im Mondland!

Albert Köster+

Albert Köster  , Ordentlicher Professor für deutsche   Literatur. geschichte an der Leipziger   Universität, ist im 62. Lebensjahre in Leipzig   gestorben. Röster, der stets zu den lebendigen Dienern der Literatur, durch sein Temperament und feine Kunstliebe geführt wurde, hat seine Schüler früh angehalten, bei Betrachtung des Dicht wertes die Seele des Künstlers nicht zu vergessen. Er war ein Philologe, der sich an den Geistesströmungen der Gegenwart erbaute und seine historischen Studien jo einrichtete, daß sie den Studierenden den Genuß am Kunstwert erleichterten, und förderten. Eo bemühie fich Köster nicht nur um die altertümlichen Erscheinungen, sondern

Der Mensch ist 4,12 m. wert. Auf Grund umfangreicher ana augen­Intischer Untersuchungen ist der amerikanische   Dr. Pierler fcheinlich ein ausgeruhter Kopf zu der Feststellung gelangt, daß der materielle Handelswert des Körpers eines Menschen von, mittle­rem Wuchs 98 Cents beträgt. Wenn man den Körper eines so ergibt sich nach den Erklärungen Bierles, daß er eine Quantität Wasser enthält, die ausreicht, um zwei Laken zu waschen, genügend Eisen, um einen großen Nagel zu schmieden, Kalt in ausreichender Menge, um einen Hühnerstall zu weißen, und genug Schwefel, um würde man für 98 Cents beim Drogisten kaufen können. Da lohnt die Flöhe eines fleinen Hundes zu töten." Alle diese Substanzen Bestandteile aufzulösen. Nicht mal einen Dollar Gefäme man dafür! es fich also nicht, den Menschen erst mühsam in feine chemischen

Henry F. Urban  , der bekannte Journalist und Schriftsteller, ein ge borener Berliner, ist im Alter von 63 Jahren in New Yort gestorben. Eine deutsche   Radicausfiellung wurde am Himmelfahrtstag in der St. Banli Turnhalle in Hamburg   eröffnet.

Das Haus des Deutschtums". In Stuttgart   fand am Donners tag die Grundsteinlegung des vom deutschen   Auslandsinstitut zu errichtenden " Hauses des Deutschtums" statt.

Neue Einwanderungsquoten der Bereinigten Staaten. Nach dem neuen Gesez über die Einwanderung verringert sich die Gesamtzahl der im Jahre in die Bereinigten Staaten zugelassenen Einwanderer von 357 801 auf 161 990 Stopje. Die von dem Gesetz meistbegünstigten Nationen find Deutsaland und Großbritannien  . Die Quote für Deutschland  wird nur von 67 607 auf 50.529, die für Großbritannien   und Irland bon 77.342 auf 62 558 berabgefekt. Die einschneidendsten Einschränkungen müssen sich die Länder Dit und Südeuropas   gefallen lassen, deren. Eins wanderungsquoten im Durchschnitt. um neun Zehntel verkürzt wurden.