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deutsche Setetbk Hr. Pfeiffer begab fich, sobald«-»«« de« Wertet erfahr«!, hatte, zu dem Spitot, um sich nach dem Ve- finden d«z Vunde-kanzlcrs zu erkundigen. Aussagen ües Attentäters. wie«.!. Sunt. tWTB.) Wie die Viätter weiter melden, wurde l<l der Leibesvifttation des Tüters Jaworei ein Dolch zutage gefördert sowie mehrere Photographien, die Jaworek in öfter- reichischer Marineuniform darstellet,.. Vei der SScr« nchmung gab er nach an, daß er mit niemanden nach Wien ge. kommen sei und ihm«in Beamter de» Südbahnhofe« gesagt habe, daß er Dr. Seipel abtun solle. Auf die Frag«, wer dieser Auftrag. geber gewesen sei. antwortete er nur:Ich bin beaustragt!" Er Hobe auch nie Waffen getragen und fich nur zur Autführung der Tat einen Trommelrevoloer und zum äußersten Notfall den Dolch zu- gelegt. Wenn man von ihm mehr erfahren wolle, dann solle man sein« M u t i er nach Wien kommen lassen, er werde dann alle« sagen. Noch weiteren Blättermeldungen wurden bei Zaworek außer den Waffen noch ein Taufschein und eine Mitgliedskarte der Sozialdemokratischen Partei. Omgrupp« Otten­heim. vorgefunden. Alien. 2. Juni. (WTB.) Zu dem Attentat auf den Bund«»- kanzler Dr. Seipel erfahren die Blätter in später Nachtsrunde, daß der Täter bei der Vernehmung von einem Brief gesprochen habe, der Auskunft über die Ursachen der Täterschaft geben werde. Mi teer- nacht wurde dieser Brief auch gefunden. Er war an die Frau de« Arbeiter» gerichtet und enthielt da» Geständnis, daß er in feine? Fabrik eine Veruntreuung begangen hätte. Infolgedessen habe «r sich entschlossen, au» dem Leben zu scheiden. Wenn er aber au« dem Leben gehe, so wolle er noch eine zweit« Person, und zwar den. dem die Arbeiter ihr Elend verdanken, mitnehmen. Alle« Nähere werde in den Morgeublätiern zu lesen sein. Seipels AustaaS. Alien, 1. Juni.<WTB.) Heute früh 7K tlhc wurde au« dem ttrankenhau» über den Zustand Dr. Seipels folgender Bericht au»« gegeben: Noch gut»erbrachter Nacht allgemein zufriedenstellend. Pul«, Atem 23. Temperatur 26,7. Blutansammlungen de« rechten llnterlappen, nicht gestiegen. Sehr geringer Blutouawurs. Dr. Seipel muß absolut« Ruhe haben. Spmpathiekunügebung ües NeichSprSfiüenten. Der Reichspräsident hat an den österreichischen Bundes- Präsidenten ch a i n i s ch folgendes Telegramm gerichtet»Tief erschüttert durch die Nachricht von dem ruchlosen Anschlag auf den um Oesterreich hochverdienten, auch von mir sehr geschüft. ten Bundeskanzler Seipel versichere ich Sie und das öfter- teichische Brudervolk meiner herzlichsten Teilnahme: dem ver- letzten Bundeskanzler bitte ich meine herzlichsten Wünsche für seine baldige Wiederherstellung, zu übermitteln. Reichspräsi- dent Eberl." Außenminister Dr. Stresemann hat im Austrage der Reichsregierung durch den Gesandten in Wien , Dr. Pfeiffer, dem Bundeskanzler Dr. Seipel die Entrüstung über die un- selige Tat und die besten Wünsche für baldige Wiederherftel- lung zum Ausdruck bringen lassen. SicherheitskommissariatunüSeeckt-Msntat Aussage deS OberregierungSratS Mühleisea. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung durch Landsgericht«. direttor Tolk wurde zunächst Oberreg.-Nat Mühleifen vom Neichskommissariat für die öffentliche Ordnung, vorläufig unvereidigt, vernommen. Er erklärt: Ich bekam«n 5. Januar durch Gilbert die Mitteilung von dem geplanten Attentat gegen General v. Saeckr. Gilbert hatte Bedenken beziigsich der Persönlichkeir Thormanns, den er al» Waffenschieber bezeichnet«. Veneralstaot«an«alt unterbrechend: Ich sehe, haß der Zeuge Claß vor der Geschwve-nenbau? sitzt und sich umdreht. Zch title, einen Berkehr mit Geschworenen zu oerhäten. Justizrat C l o ß: Ich bitte, Herr Präsident, mich gegen einen so unerhörter. Angriff in Schutz zu nehmen. Ich sitz« vorn, well ich schlecht höre.

Mühleksen fortfahrend: Dm?. Januar üheretalb mir©ifbert «inen geöffneten Brief Tettenborns. Darin hieß c«, daß Tettenborn den Thormonn in Begleitung Jancziks kennengelernt habe und daß Thormann ihm die Ermordung Seeckt » angeboten und 20 Dollar an­gezahlt habe. Für den 10. Januar feien ihm 400 Dollar versprochen worden. Ich hatte den Eindruck, daß Tettenborn durch den Brief sich ein« Deckung schaffen wollte. E« fanden in der Sache noch weiter« Bruche Gilbert» statt und Tettenborn wollte durch Köpke, der au» Mecklenburg geholt»urd«. Thor­mann enttaroen. Am 14. Zanaar Härten wir, daß Thormann au» München zurück sei und daß Thormonn zur Tat dränge. Am gleichen Tag« erschienen Tettenborn und Kopple bei mir und ich hatte den Eindruck, daß ihre Erzählung auf Wahrheit beruhte und ich glaubt« sicher, daß sie mit der Sache nicht sympaiisierten. Sie machten keinen Hehl, daß sie rechtsradikal feien und für Herrn v. Seeckt kein« Srpnpchhi« empfanden, aber sie wollten nicht, daß den Deutschvölkischen die Tat in die Schuh? geschoben würde. In der Tat häiire den Deutschvölkischen die Ermordung auch nicht, genutzt. ver München er Putsch war niedergeschlagen. Hitler und Krtedel waren verhafiet und so hieß«- mit Rücksicht auf die Wahlen auf- bauen. Di« Partei hatte sich, obwohl sie oniiparlamemarisch ist. ganz aus den Reichstag eingestellt. Tettenborn freute sich, daß er endlich«in« Behörde gesunden, die sein» Aussage, weil er Deutsch - völkischer ist. nicht unter den Tisch geworfen hat. Tettenborn schilderte, daß Grandel den Sndrnck mache, al» feite er da, ganze Unter- nehmen. Köpke sollt« zu dem Redakteur Soden st ern von der»Deut­schen Zeitung" gehen und fich die Beleg« über die Mordtat Adler » geben lasten, damit er feine Roll««l« nationaler Befreier lernen konnte. Gegen die Tatsache, daß die Deutschvölkischen hinter der Tat steckten, stand die Tatsache, daß Tettenborn selbst zu mir gekommen ist. Ferner war noch eine Be- wegung vorhanden, die als Konkurrenz gegen die Völkischen arlbeuete, ff eil ich nicht mit der Tolpatschigkeit«ine» Hitler. E» sind die Elemente, die mit den Vaterländischen Verbänden ihr« Stütze gefunden haben und zu denen der All- deutsche Verband gehört, dessen Organ dieDeutsche Zeitting. ist, für deren Stoatsffindlchkeit ich Beleg« habe. Bekanntlich er- regt« der Abbau de? Ruhrkampfes Entrüstung, der in dem R u f nach der Diktatur gipfelte. Dm Gedantog« schrieb E l a ß «inen Artikel in der.Deutschen Zeitung", der«inen Auftakt zu den komm enden Dingen war. Di« Situation war so, daß die Forderung nach der Diktatur in den weitesten Kreisen Verständnis ge- fanden hat, obwohl sie auf verßasstmg»mäßigem Weg« nicht zu er- reichen war. Die Diktatur wollt« sich vor allem auf die Reichswehr . und deren Chef stützen. Herr Sontag von den vaterländischen verbänden hat Herrn Major Ahlem«:« gesagt:Das Rennen macht nicht die Dentsch. völkisch« sfreihettsparkel, sondern Claß im Band« mit Seeckt. In Kreisen de? V. V. hatte man die Hoffnung, mit Seeckt« Hilfe die Sache durchzuführen. Nun kam der Ausnahmeztistond. Vors.: Das ist alle« ffbr interessant, ober ich möchte von Ihnen Tatsächlich«»«ifien. Was ging in der Wohnung Gilberts vor? Dr. Sack: Der Herr Zeuge scheint stch rechtfertigen zu«ollen, daß er die Sache mitoe macht hat. Oberreg.-Rat Mühleisen: Daß Ihormann zur Tat drängte. glaubten wir mit der baldigen Beendigung des Ausnahmezustandes in Zusammenhang bringen zu können. Am 12. Januar wurde ich nacht» um 12 Uhr angerufen und es wurde mir mitgeteisi, daß am nächsten Tage da» Attentat inszeniert werden wurde. Tettenborn meinte, daß evtl.«ine zweite Kolonne angesetzt sei« könne. Ale Grund, worum die Politische Polizei au»- geschaltet wurde, gebe ich an, daß Herr v. Tettenborn, erklärt«, er werde nur al» Zeuge aussagen, wenn die Politische Polizei ausge- schaltet wird. Ich war auch der Ansicht, daß möglichst»tele Kreise mit de? Sache befaßt würden. Se wandt« ich mich direkt an Staatsanwalt Burchardi, der die Haftbefehle ausstellte. Was G i l- bert anbetrifft, so erklär� ich, daß er mit meinem Wissen nicht mehr tat, als der liebermittler des Tettenbornschen Briefes zu sein. Er hat an keiner Besprechung teilgenommen. Bon Grandel wußten wir wenig, von Thormann glaubten wir, er sei Waffen- schieber. Warum die Anzeige unterblieb. Vors.: Sie unterließen also di« Anzeige bei der Voitze , auf Wunsch Tettenborn». Wozu ist nun der Reichzkonmusiar da? Zeuge: Wir find eine politische Nachricht-msommelstell« für da« Reich. Exekutiv « haben wir nicht.

Bors.: Also wäre«« um so mehr Ihre Pflicht gewesen, die Polizei zu benachrichtigen, anstatt die Sache in die Hand Tettenborns zu legen. Zeug«: Die Polizei här« doch nichts herausbekommen. Außer? dem wäre es Herrn v. Tettenborn unangenehm gewesen, in die Beobachtungen hineingezogen zu werden. Vors.: Wohin soll es denn aber führen, wenn jeder Polizei spielen will? Zeug«: Das beschaffen von Nachrichten ist Recht jede?' Menschen. N.-A. Dr. S a ck: Ist es also die Aufgabe de, Reichskommissars , einem»eent provocateur den Rücken zu stärken? Zeug«: Das weife ich zurück. Justizrat EI alz: Ich bitte, Herrn Mühleffen zu ffagen, ob e? das Urteil des Staatsgerichtshofes über die Auflösung des All- deutschen Verbandes kennt. Ich kann mich doch hier nicht hinrichten lasten. General st aatsanwalt: Spätestens am 14., Herr Mühl- eisen, war Ihnen klar, daß das Attentat nicht stattfand. Wäre es nicht besser gewesen, am 14. Januar am Potsdamer Platz zuzufassen, wo Grandel, Thormann, Tettenborn und Köpke sich trafen. Zeug«: Das wußten wir nicht. General st aatsanwalt: Herr Regierungedirettor Weiß deutet? darauf hin, daß sofort nach dem Attentat Publikationen in der Press? erschienen sind, die aus dem Retchskommtssartat stammen sollten._ Zeuge: Wir geben überhaupt kein« Nachrichten an die Presse. Regierungsdirektor Weiß: Ich habe nicht gesagt, daß di« erste Nachricht aus dem Reichskommffsariat stammt. Ich habe vielmehr Gilben im Verdacht. Gilbert: Ich habe keine Zeitung informiert und mich jeder Information enthalten. Justizrat Hahn: In welchem»erhältni, steht Gilbert zum Reichskomisiar und welche Summen hat er erhalten? Mühleffen: Ich glaub«, daß die» über mein« Aussage? erlaubnis hinausgeht._.. v, Justizrat Hahn: Hat Gilbert für Tettenborns Brief oder ffine weitere Mitwirkung Geld erhalten? Zeug? M ü h l e i s e n: Ich glaub«, daß ich das nicht sogen dar'. Iustizrat Hohn: Welche amtliche Lussogebelchränkung des Zeugen liegt hier v�r? Vors.: Bei nur gar kein«. Justizrat Hahn: Dann bitte ich um die Aussage. General st aatsanwalt: Ich pflichte Herrn Justizrot H�hn b«>-, Justizrat Ha h n: Welch« Enffchädigung hat Gilbert vom Reich». kommistar erhalten? General st aatsanwalt: Vielleicht setzt stch der Zeuge mit dem Reichskommissar in Verbindung. Zeuge Mühleisen: Ueber gewist« Ding«, d« sich zwischen mir und anderen vertaulich abgespielt haben, kann iw mcht» sagen. Das soll nicht on die Oeffentlichkeit. Iustizrat Hahn: Wer sich beim Reichskommistanat zu loich«« Dingen hergibt, muß die Konsequenzen tragen. Tie Vorbereitungen zum Attentat. Iustizrat Hahn:Was geschah in Trepte» Wohnung tu Ihrer Gegenwart?" Zeuge:Köpke bat um W i ck elg a m as�ch« n zum Reffonzuq. Ich hatte kcine Vedcnk-n,.sie ihm zu geben Jmbzrat Hahn:Wie war es mit der Pistole?" Zeuge:Ich habe sie ge» geben. Dos spiel!« sich alles Nachts ab und es mußte lchnell gehen, da Thormann sonst mißtrauisch geworden wäre. Wir hatten Interfftr. di« Sache zu fordern, damit sie steigen konnte. 1 Justizrat Hahn: der Reichskommissar 5 0 Dollar bekommen, die Tettenborn er. halten hatte? Tettenborn erklärte, er hätte sie Ihnen angeboten Zeuge:Ich will da» nicht als ausgefchlosten halten, aber'ck wcch aar nichts mehr."' Iustizrat Hahn:Was wurde au» dem Geld? Zeuge:Tettenborn und Köpke haben es vielleicht al» Auslagen ver-- wendet." Dr. Sack:..Hat Gilbert Ihnen erzählt, daß Thormann mit eine»«önchemr Austrao käme?" Zeug«: aMobcta glaubte daran nicht, daß Exevenz Ladend oeff darin vernffckelk fei. Dr. t-ack: Den Gang der Ermittelungen leitete also Tettenborn. Zeug«: .Lmpohl." Dr. Sack:Dann hoben Sie dem Mann« den Rücken ge- stärkt und den Auftrag gegeben." Zeuge:Einen Auftrag gab ich ihm nicht." Dr. Sack:Die weiteren Einzelheiten de» Planes sind also mit ihrem Wissen gesechehen." Zeuge:Bis zum 14. Januar dielt Gilbert die Verbindung ouffecht, dann erst kamen Tettenborn und Köpke." Dr. Sack:Tettenborn kont« also durch di« Berbinduna nzit Gilbert glauben, daß Sie alle sein« Schrine sanktionierten. Wußten Sie. daß Gilbert dos Schreiben Tettenborns«ingenmSchtig geöffnet habe?" Zeuge:Es war Gilbert für uns übergeben wot- den." Dr. Sack:welche Angäben hol Ihnen Tettenborn-» 14. Zannar gemocht?" Zeug«:Er erweiterte Gilberts Angaben.'

hartleben und Lilienccon. Persönliche Erinnerungen von Zohn Schlkowskl. Morgen, am Z. Juni, würde Detlev v. Liliencran SV. Ott» Erich Hartleben 60 Jahr« alt geworden sein Zwei Charakter« van grundverschiedener Struktur, die nur darin fich glichen. haß sie echt« Pvetennaturen waren und im Leben nicht« ernst nahmen als ihr« Kunst. Zwar hatte jeder sein Ideal, bei dem einen war e« das Doldatentum, beim anderen der Sozialismus, dem er trotz mancher Abschweifungen in d!« Zavctthuftra-Welt im Innern treu geblieben ist bis zum Tod«. Aber ich Hab« stet» den Eindruck gehabt, daß die Begeisterung für diese Ideal-, sowohl bei Liliencron wie bei Hortlcben vorwiegend artistischer Natur war. Die Romantik de» Kriegerlobens zog Lüiencron an, die Romantik des Rebevenwm» gegen die Philister reizte Hartleben . Ich tonnt« sie beide persönlich, bin mit Otto Erich«ng be- ffeundet gewesen, und ich muß sagen: ttn Grund« seine» Herzen» war der freiherrlich:.Hauptmann viel mehr Demokrat al, der bürgerliche Freigeist Hartleben . Liliencron sah, wertete und genoß im Menschen da; Reinmenschliche, und da? fand«r in den sogenannten unteren Ständen klarer und schönet ausgeprägt als in den Kreisen, denen er «nfftammt«. Hattleben sucht« in der Persönlichkeit da» Absonderlich», da- sie au» der Mass« heraushob, er verehrte in B« b« l den großen Loltstribun, während Lilffneron feinen Freund Moltenbuhr als den Prachtmenschen liebt«, in dem er alles Tüchttge ihrer ge- nteinkamen holsteinisch-n Heimat verkörpert sah. Wenn der Polizei- chef mit dem roten Wühler auf«insomer Hollig beim Grog zu- sammensaß, dann haben die beiden sicher von allem gesnackt, nur nicht von Politik. Hartleben hatte im Bertehr etwas Exklusive» und sein« Unterhaltung wahrte selbst in spätester Nachfftund« am Kneiptisch nnwer ein gewisff« geistigesNiveau". Er war kein temperamentvoller Plauderer und urwüchsiger Geschichtenerzähler wie Liliencron� er liebt« di« ernst« Diskussion und auch de? verrücktest« Ulk mußte Esprit und Point« haben. Beide brachten«inen%ett ihres Lebens in derVerbannung" zu. Als Liliencron wegen Schulden feinen Leutnantsdienst ouittieren mußte, macht« man ihn zum Kirchspielvogt auf einer Hallig. Was er dort gelitten hat, erzählen uns seine Briefe aus jener Zeit. Sein« einzige Freude war der Verkehr nnt den Tinge- borenen. Jeden Sonntag durfte getanzt werden, bi» zum frühen Morgen dos hott« der Bogt, der stet, begeistert mitwalzt«,«in für allemal verordnet und er erhielt dafür von seinen dankbaren Unter- wnen den EhrennamenDer Tanzbaron". Aber dl« ffamm« Geistlichkeit dacht« anders, sie wandte sich an Liliencron ? vorgesetzt« Behörde und e» erfolgt««rn strenge» Monitum von wegen Förderung d»r Unmoral. Sofort setzte Liliencron sich nieder und pcrfaßt««in antlich«» Rechtffrffgunasschreiben. Ihm sei bekannt 4- hi«ß«, btrin, daß dt« Sittlichkeit auf der Hallig leider noch immer viel zu wünschen übrig last«, und er habe zu seinem Schmerze feststellen müss«. daß gerade di« Sonntagabende zu ärgerni serregenden Aus» schweituNgen benützt würden. Daher suche er an diesen Abenden die ?>völk«rung möglichst auf einen Punkt, den Tanzboden, zu kon-

zentrieren, und er habe e» fich zur amtlichen Pflicht gemocht, stet« selber bis zum Schluß dabei zu fein. Diese stöndtz« Kontrolle durch die Behörde biete die sicherst« Garantie dafür, daß nicht. Anstößiges geschehe. Wenn e» für nötig erachtet werde, sei«r übrigen, gern berett, auch den Herrn Pfarrer zu seiner Unterstützung zuzuziehen. Otto Erich vertrieb sich als Referendar in Stollberg die Longe- weil« damit, daß tr die Spießer foppi« und allerhand Ulk mit ihnen oeransialtet«. ImGastfreien Pastor" und imEinhorn- apotheker" hat er seiner diesbezüglichen Tätigkeit unsterblich« Denkmal« gesetzt. Aber nicht nur der Todfeind, der Phihlister, galt ihm al» vogelffeie» Objekt souveräner Spähe, sondern euch di« guten Freund« mußten zuweilen daran glauben. Zu den Mitgliedern de« Verbrecher-Stommtisches", der in den ISSOiger Jahren all« Sonnabende unter Harilebens Vorsitz in der alten Künstlerklause in der Dorotheenstraße sich versammelt«, gehört« auch der Dichter und Astralpsycholvge" Paul Scheerbart , dessen Phantasie vor den tollkühnsten Gleitflügen im Räume de» Weltalls nicht zurückschreckt«, der aber als Erdenbewohner nur wenig Zivilcourage besaß. Scheer- bart Hot'« sich eines Abend» über den abweffnden Maler K., de? ebenfalls zur Korona gehört«, den er aber persönlich nicht kannte, in schwer beleidigender Weise geäußert. Otto Erich beschloß ihn dafür zu strafen, und als der Dichter am nächsten Sonnabend am Tisch erschien, stellt« ihm Hartleven den Schauspieler Hermann Müller als Mal«? K. vor imd flüsterte ihm zugleich in» OhrtEx hat von deinen Schimpfereien gehört, nimm Dich in Acht, der Kerk ist lebensgefährlich, besonder» wenn er bettunken ist!" Hermann Müller , in dos Komplott«ingeweiht, spiel« nun sehr bald den Be- schwippsten und attakierte Scheerbart mit anzüglichen Bemerkungen, die immer drohender wurden, je mehr die Trimtenheit zuzunehmen schien. Der Astralpsychologe aber saß in größten Aengsten schwitzend da und erwartete jeden Augenblick einen tätlichen Angriff. Schließlich hielt er«e nicht mehr au» und verließ fluchtartig das Lokal. Müller ober hotte die Roll? des bezechten Wüterich» so überzeugend gespielt, daß der Kellner, der an«in« Betrunkenheit noch sieben Glos Bier bei einem Freunde Hartleben » nicht glauben wollte, ihm 17 Pilsener ankreidet«, di« der geschmeichelt« Künstler, stolz auf ff tuen schauspfele- rischen Triumph, denn auch schmunzelnd berappt«. Liliencron wollte von denRrroten" nicht« wissen. Sein Per. kehr bestand aber in der Zeit, wo ich ihn in Leipzig näher kennen lernte, fast ausschließlich au» jimgen sozialdemokratischen Studenten und Literaten.Ich bin Offizier, ich bin Rovalist, ich binKreuz- Zeitungsmann" durch und durch. Euch all« soll der Deubel holen!" schmettert« er nn schneidigsten Kommandoton uns entgegen.Und Molkenbubr..'.?"Pardon! Ausnahm«! Ein Prachtkerl! Wahr- hastig! Pardon!".Hartleben hat der Sozialdemokratie auch per- fönlich immer nahegestanden. Er war«in intim« Freund bekannter Parteiführer und was heute nur noch weniq« wiffen«ine Zeit lang Theaterkritiker desVorwärts". Im Jahr« 1591 schrieb er für unser Feuilleton über die Vorstellungen der damals eben «gründeten Freien Volksbühne. Unter seinen Kritiken findet sich auch«in interessanter Bericht über jene Polksbühnenauffühmng von Gundermann»Ehre", der Henrit Ibsen beiwohnt«. Im allgemeinen hatte«.allerdings«ine fwrk« Abneigung gegen journa- Lftffche Tätigkeit und der Gedanke, Zeitungsschreiber werden zu

müssen, d« ihm in Zeiten der Geldklemme manchmal drohend nahe- getreten war, erschien ihm stet» als der schrecklichste der Schrecken. Er wollte ein freier Poet bleiben, der fich das Leben zum Kunstwerk gestaltete. Aber das hat er nicht geschafft, di« Wirklichkeit war stärker als der ideale Wille. Als er mich bei seinem letzten Aufenthalt in Berlin besuchte unvermutet, denn ich glaubt« ihn noch in Salö, machte er den Eindruck eines völlig Veränderten, hilflos Zusammen- gebrochenen. Seinen Humor hatte« nicht ganz verloren, ober«s war«in wehmütiger Humor geworden. Er klagte mir sein« törper- liche, seelische und finanziell« Misere. Damals habe ich ihn zum ersten und letztenmal weinen gesehen. Wir tranken dazu«in« Flasche Kognak. Als er mein Zimmer verließ, drehte er sich in der Tür noch einmal um, zeigt« auf die leere Flasche und die zwei Glos« und sagt«:Wenn Dein« Frau nach Hause kommt, wird sie sagen: Nanu, Otto Erich ist wieder in Berlin ?" ftonzerferfebniffe von Schalsapin. Schaljapin , d« große russisch« Sänger, der augenblicklich wieder in London auftritt, erzählt in einem englischen Blatt allerlei Erfahrungen, di« er mit dem Publikum der verschiedenen Länder gemacht hat.Trotz allem, was man hört." meint er,soll man den Engländer nicht für unmusikalisch halten. Er fft es nicht. Er springt zwar nicht aus, küßt und umarmt einen, wenn man gut singt, wie es die Italien « tun, aber er fft doch sehr aufmerksam, wenn er auch ruhig auf seinem Platz sitzt. Außerdem bezahlt der Engländer mit Pfunden, und da» ist auch nicht zu ver- achten. Bei einem meiner letzten Kvn.zerk« in Rußland , da» ich in einer kleinen Stadt Luogo gab, wurde ich 6 Monate nachher folgender- maßen bezahlt: mit 10 Pfund Getreide, einem Schinken, 5 Pfund Zucker und einem Korb schlechter Kartoffeln. Bei diesem Konzert vassieri« überhaupt allerlei Merkwürdige». Während ich«in« sehr sonst« Arie sang, wurde in der vordersten Reih««in Baby geboren. Nacbher begann«in Mann in einer hinteren Reihe, augenscheinlich durch«einen Gesang gerührt, herzzerreißend zu schluchzen. Der Mann neben ihm. der da» Schluchzen seines Nachborn für ein« Kundgebung des Mißfallens hielt, verfetzt« ihm einen Schlag, der ihn zu Boden streckte." Kampf gegen den Kropf in Oeffertrtch. ver österreichische Staat will jetzt energffch gegen die> Kropskrankheit vorgehen. Zu diesem Zweck ist ein« Kropfkommisston ernannt worden, die au» Aerzten besteht und die dieser Tage ihr- erste Tagung abgehalten hat. Die Aeizte versprechen sich sehr viel von der allgemeinen Einführung de» jodierten Kochsalze»,vollsalz" genannt, das künftighin allen Schulkindern unentgeltlich verabreicht werden soll und da» auch vielen öffentlichen Jtfftituttonen in großen Mengen zugeführt wird. Der Stadtphystk« Dr. Rühm von Wien machte di« Mitteilung, daß noch ein« Statistik in Wien selbst mehr al, 50 Pro», aller Schulkinder mit Kropf behastet seien. KrUlporztr».INedea' wirft recvnttlich«st nach Pfrngften int Staat«" t h tatet zur Ouffähtung lommtn. Die Karten behalten ihre Eültigkett. »ackeselfer.SNflvng für ffnvzöfisch« Sauten. Wie ft-S französische«»Ken- «imsterium amtlich bekannt gibt, bat Jahn D. Rockeseil« jr. der französischen Regierung 1>/, Millionen Dollar zur Restauration der Schloff« in BersailleS miS Fontainebleau und d« Kathedrale von Reim» überwies«!.