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ffmcrt hier der Ministerpräsident das Beispiel gegeben, indem er in seiner Rede an die Kammermchrheit unlängst die Min- dcrheit alsmiserabel" bezeichnete, in derselben Rede, in der er der Mehrheit empfahl,Stil" zu haben. Wenn sich nun aber die Minderheit an diesen Stil, der etwas nach Ballonmützen riecht, nicht gewöhnen kann, so stehen ihr nur.zwei Wege offen: das letzte Experiment ge» stallet sich zu einem chronifchenRauf.und Schimpf- d u e l l zwischen Mehr- und Minderheit, was eine empfind­liche Konkurrenz für alle Vorstadtkneipen bedeuten würde, oder die Minderheit bleibt einfach.zu Hause, in der Hoffnung daß die Nerven und die Erziehung der jungen Erneuerer des Landes zu einem anständigen Benehmen unier sich wenigstens ausreichen mögen. Hat man dann auch kein Parlament mehr, so doch wenigstens keine Rauferei. Der Faschismus hat eine merkwürdig unglückliche Hand in all den Lagen, in denen er etwas verpatzt bat. Ein Vize- Präsident der Kammer beschimpft die ganze Minderheit(sei es auch, ohne die Absicht, zu beschimpfen, da er ein Wort seines täglichen Wortschatzes gebrauchte): der«lemen- tarsteTakt geböte dem Kammerpräsidenten, ihn zur Ordnung zu rufen und ihm etwas, wie eine formelle Zurücknahme zu ermöglichen. Statt dessen ver- hält sich der Präsident völlig passiv, dasLumpenpack" bleibt, wie ein klerikaler Abgeordneter bemerkte, auf der Opposition sitzen, und die ReZierungspartei veröffentlicht eine Resolution. die in kurzen Worten bedeutet:Wehe Euch, wenn Ihr's wieder tut!" Der General Bencivenqa wird sich nun mit Giunta schlagen, dasPopolo d'Jtalia" hetzt gegen dieGiustizia ", die beschuldigt wird, durch ihre Titel... zum Ausstand auf» zureizen, kurz, wir werden erdrückt von lauter Normalität. Nur in e i n e m haben die faschistischen Behörden der Nerven- Verfassung ihrer jungen parlamentarischen Truppen Rechnung getragen., indem sie nämlich die Faschisten, die sich zum Zweck beständiger Provokation auf den Sitzen der äußersten Linken angesiedelt haben, ersuchten, sich andere Sitze zu wählen. Als Mahnahmetechnischer Nothilfe" mag das anerkannt werden. Um aber demletzten Experiment" einige Chancen.zu geben, nicht in eine blutige Farce auszu- lausen, ist es doch etwas wenig...

Neues zur drepfus-�ffaire. TreyfuS und Fechenbach. Von den Publikationen des Auswärtigen Amtes ist soeben ein neuer Band erschienen, der u. a. auch bisher geheimgehal- tene Akten st ückezurDreyf us-Affare enthält. Diese Dokumente werden besonders in Frankreich lebhaftes Interesse finden, da sie den letzten unwiderleglichen Beweis dafür ent- hatten, daß der des Landesverrats verdächtigte und im Jahre 1896 verurteilte Hauptmann-m französischen Generalstab, Dreyfus, das unschuldige Opfer einer antisemitisch-inilitaristi- schon Hetze und eines militärischen Justizmordes gewesen ist. Dreyfus war beschuldigt worden, zu dem deutschen Militärattache in Paris , Oberstleutnant v. Schwartz- kappen, Beziehungen unterhalten und ihm Nachrichten ge- liefert zu haben. Nun enthalten die neuesten Veröffentlichungen folgenden Geheimbericht Schwartzkoppens aus Paris vom 22. November 1898: Nr. 23. P a t i s. den 22. November 1896. PP. Was den Fall Dreyfus selbst betrifft, so hat weder die Broschüre Bernard Lazar« noch die Interpellation zur Klärung der Angelegenheit beigetragen, dieselbe bleibt vielwehr ebenso mysteriös wie bisher. Es kann von hier aus nur nmner wiederholt werden. daß p. Dreyfus auf der hiesigen Botschaft absolut unbekannt war und ist, daß weder mit ihm direkt noch miteinem Zwischenhändler jemals Beziehun. gen stattgefunden hoben, daß somit auch ein an- .geblich von Dreyfus geschriebenes und auf der deutschen Botschaft entwendetes Schrift stück. welches zu seiner V e r u rt« i l uin g geführt haben

Entzauberung Ses Frühlings. Won Lola Landau . Er hatte sie unter dem falschen Licht von hundert elektrischen Sonnen einen Abend geliebt, als sie in der Maske einer indischen Tänzerin ihren Arm wie«in« Schling« um seinen Hals gelegt botte. Besinnungslos über dos weiche Moos des Saales, das irgendwie schwer nach einem Giftwald duftete, hatte er sie im Tanze fortge- schleist, bis sie sich endlich, in einer grünen Papierlaub« verbargen. Tropisch wuchs allmählich die Laube um sie zu, das Licht kreist« zu ihren Häupten wie ein« Rakete,«ine irr« fremde Sonne, sie schmiegten sich fest aneinander, wie nur Liebende es tun. Sie kannten sich nicht, sie wußten nichts von einander, und doch waren sie in ihrer Fremd- heit dem Liebesgeheimnis näher als Liebend« selber, die erst nach Kampf, Qual und Mühen in das letzt« Vergessen eingehen. Sie vir- sagten sich nichts. Aber sie begannen mit dem Ende der Leidenschaft und liehen die zaghaften süßen Attorde der Erwartung aus. So waren sie sich am Morgengrauen nur ein Spuk. Trolle, die am Tageslicht zersprangen. Monate später auf einer Beranda, über einem blühenden Garten trafen sie sich wieder. Als sie eintrat mit dem Porzellanlächeln der Gesellschaftsdame, eingepreßt in den schmalen Gang des jungen wohl- erzogenen Mädchens, zuckt« sofort das Erkennen in ihnen beiden auf. Zum erstenmal hörten sie ihre Namen nennen, die scharf in ihr Bewußtsein einschlugen. Während er sich vor ihr verneigte, tastet« er heimlich ihr« Züge ab. War dies die indische Tänzerin, dt« sich in europäische Kleider eingezwängt, in diesen Raum verirrt hatte? Waren ihre Pupillen damals nicht größer gewesen? Auch sie suchte sein brennendes Gesicht jenes Abends, das hinter dem ernsthaften gedankenschweren Antlitz irgendwo eingegipst war. Unerbittlich über- sprühte sie beide das helle starke Frühlingslicht, in dem draußen die Bäume ihre Blätter wie grün« Raupen aufrollten und sich mit ihren Armen zum Himmel aufbäumten. In einer jähen Scham der Erinnerung hüllte sich das junge Mädchen in Worte ein, in hundert schillernde Sätze begann sie sich einzuwickeln: auch er warf ihr prahlend sein Wissen zu, ein schnelles Gespräch lief zwischen ihnen im Kreise. Da mitten im Satz ver- stummt« er. Es war wie ein Schrei. Trägst du jetzt eine Maske oder trugst du damals die Larve?' dachte er gequält.Welches ist deine wahr« Gestalt? Damals um­armte ich ein mänadisch wildes Wesen, heute ist es ein Wesen mit erschreckten nachdenklichen Augen." Sind wir uns nicht schon einmal begegnet?' fragt««r schroff mit lauter Stimme. Ich entsinne mich nicht,' sagte sie zögernd. In der kurzen Paus« hatte sie sein Gesicht jenes Abend» hinter dem Gitter seiner Züge erhascht und auch sein wirkliches Antlitz hart«

soll, auf der Botschaft niemals exifflert hat. Ist die Verurteilung des p. Dreyfus aber, wirklich auf«in angeblich von ihm stammendes auf der deutschen Bo'schaft entwendetes Schriisstück erfolgt, so ist die Verurteilung eine falsche und die französische Regie- ruug hcif noch der Erklärung des deutschen Botschafters gegenüber dem französischen Rlinister der Auswärtigen Angelegenheiten, daß die votscha:! keinerlei Beziehungen mit Dreyfus gehobt habe, die schwere Berankwcrtung für diesen Justizmord allein auf sich zu nehmen. gez. v. Schwachkoppen. Die deutsch « Regierung hatte damals, wie aus.dem Schriftstück hervorgeht, der französischen Regierung die Er- klärunq gegeben, daß sie zu Dreyfus in keinerlei Beziehungen gestanden halte. Dieser Erklärung wurde damals von der französischen Militärjustiz keine Beachtung geschenkt, sie meinte, es sei eben die Gepflogenheit jeder Regierung, ihre Spione zu decken. Es ist interessant, daß im Fall Fechenbach eine ganz ähnliche Erklärung von der eng- lischen Regierung abgegeben wurde, der in Deutschland genau mit derselben Begründung, deren sich die französische Militärjustiz im Fall Dreyfus bediente, jede Be- deutung adgesprochsn wurde. Fechenbach erhielt wegen seiner Beziehungen zu einem Korrespondenchureau, das angeblich ein Organ der englischen Regierung war. zu den zehn Jahren Zuchthaus, die er wegen der Veröffentlichung des Ritter-Telegramms in einem Schwei - zer Blatt erhalten hatte, ein weiteres Jahr Zuchthaus. Die Mitbeschuldigten im Fechenbach-Prozeß G a r g a s und Lemke bekamen wegen dieser Beziehungen allein 12 und 10 Jahre Zuchthaus. Wann wird sich Deutschland von der Schande befreien, die es durch diesen dreifachen Justizmord auf sich geladen hat?_

Kemmtzerei» Der Ausgeschlossene über sei««» Hruauswurs. Hans Arthur von Kemnitz, Kaiserlicher Gesandter z. D.. M. d. R. das ist die Besuchskarte its Mannes, der soeben aus der Reichs- tagsfraktton der Deutsch :» Volks Partei schimpflich hinausgeworfen wurde und nun die hohe Ehre hat, mit den Ouaatz und Maretzky bei der Westarp-Partei Unterschlupf zu finden. Ein echter Renegat muß der Welt kund und zu wissen tun. worum er aus der bisherigen Partei austrat oder ausg,:treten wurde. Also auch Hans Arthur von Kemnitz, Kaiserlicher Bs- sandter z. D.. M. d. R.I ImTag' seines neuen Parteigenossen Hilgenberg veröffentlicht er einen Leitartikel über das weltbewegend« ThemaWarum ich zu den Deutschnationalen ging". Die lang« Epistel ist in wenjg« Sätze zusammenzufassen: Di« Wahlen haben«inen Rechtsruck gezeigt. Folglich mußte die Deutsch « Volks. partei die Politik nicht Streseinanns, sondern Hergls und Westarps machen, ihrenKurs auf dm Bürgerblock einstellen. L>e Reichs- tagssraktion tat es willig, die Parteiführer ungern". Stresemanu hat die..Groß« Koalition" ersonnen und sie istihm mehr als ein Experiment, sie ist ihm Herzenssache gewesen". Di« Reich»- tagssraktion der Volkspartei hätte nach Kemnitz den Beschluß fassen müssen, nicht ohne die Deutschnattonalen in die Regi-emng einzutreten und Stresemann zu opfern. Da dieser Beschluß, auf den Kemnitz mit seinen engeren Freunden hinarbeitete,an dem inneren Wider- streben des Parteiführers gescheitert' ist, so hat Kemnitz nicht etwa seinen Austritt erklärt und fein Mandat niedergelegt, sondern der Regierung, an der seina Parteigenossen und sein Parteisührer be- teiligt sind, das parlamentarische Mißtrauen ausgesprochen. Cr hat sich erst hinauswerfen lassen, da er selbst nicht begriff, was feine Pflicht wäre., l Der Fall Kemnitz zeigt aufs Neu« die völlige Zersetzung der Volkspartei, die einst die Well von roten Ketten befreien wollte. Er zeigt aber auch, wie außerordentlich ausgeprägt das C hrgefühl gewisser Kreise ist, die sich auf ihre Abstannnimz und ihrenkaiser. liehen" Titel so viel einbilden. Man kann es verstehen, haß.jemand,. der als Neuling in einer politischen Partei Enttäuschungen erlebt, nach langen inneren Kämpfen der Partei den Rücken kehrt. Aber daß ein Mann, dor schon fett 1929 der volksparteilichen Reichstags- fraktion cngekiört, der seit vielen Jahren im polittschm Leben steht, sich eben erst wieder«in Mandat von einer Partei verschaffen läßt

sie neu zu lieben begonnen. Und als das Gesprach wieder zwischen ihnen surrte, ließ sie auf der gespannten Saite einen lockenden und zärtlichen Ton mitschwingen. Aber vergebens, er hört« ihn nicht mehr. Seinem Gefühl war sie unerreichbar geworden; wie konnte Lieb« in ihm aufkeimen, da er sie ja schon in einem Spuklicht be- sessen, ihr« eigenen Gespenster sich einmal umarmt hatten. Ein falscher Frühling hatte sie beide in einer Stunde zusammengeworfen und vor der Zeit das Blatt aus der Knospe gezerrt. Ihr war, als hörte sie seine Gedanken. Sic donnerten laut unter dem unerbittlichen Blau des Himmels. Niemals haben wir uns gesehen,' sag"« sie kalt.Ich habe ein« Doppelgängerin in dieser Stadt. Sie verwechseln mich wohl mit ihr.' Und leicht grüßend wandte sie sich zur Tür und schritt hinaus, während die Spur ihres Wesens noch hinter ihr in der Lust stehen blieb, eine zart gefiederte traurig« Wolke.

Cia fcieüliches Volk. Krieg hat es immer gegeben, sagen die Verteidiger des Völker- mvrdens und ein dauernder Frieden widerstrebt de? menschlichen Natur. Böller als Ganzes, bchaupten sie, sind und waren noch nie Anhänger des Friedensideals. Da» stimmt nicht ganz, wenn anders derkaiserliche Geheim- schreiber Maximiüanus Transsylvanus" recht hat. Er berichtet aus Balladolid am 23. Oktober 1S22 an Matthias Lang, den Kardinal» erzbischof von Salzburg , über di« Resse Magalhaens, die dieser zur Entdeckung der später noch ihm benannten Straße und der Moluttcn unternahm, und schreibt u. o. von der Insel.Porue'(Borneo )" Frömmigkeit und Gerechtigkeit gilt bei den Bewohnern dieser Ge- biet« viel. Besonders geschätzt wird von ihnen Frieden und Ruh:. Sie sind Verächter des Krieges. Ihren König verehren sie wie einen Gott, namentlich wenn sich feine Tätigkeit auf Erhal­tung des Friedens richtet. Wünscht«r aber Kamps dan ruhen sie nicht«her. als bis er von der Hand des Feindes im Streit erschlagen worden ist. Wenn ze einmal der König beschlossen hat, einen Krieg zu unternehmen, was übrigens selten vorkommt, dann wird er von seinen Untertanen in di« erste Schlachtreihe gestellt, wo er den Anprall der Feinde aufhalten muß.... Nie hat«s bei ihnen einen Herrscher gegeben, der nicht in einer von ihm begonnenen Schlacht gefallen wäre. Deshalb hüten sich ihre König« vor einem Krieg Vor allem halten sie es für unrecht, ihren Landbesitz mit Gewellt zu vergrößern. Aus diesem Grunde geht ihr« Hauptsorge dahin, einen Angriff auf«inen anderen Stamm zu vermeiden Werden sie aber angearissen. dann setzen sie sich grimmig zur Wehr und suchen bald Frieden zu erlangen. Um Frieden zu bitten, gilt bei ihnen für ehrenvoll. Man oerachtet es geradezu, wenn«in Gegner sich um Frieden bitten läßt. Schändlich und hassenswert ist es. wenn einer den Frieden verweigert, selbst in dem Fall«, wo er der grundlos Ueberfallene ist...." Wären di« Völker im Weltkriege nach ähnlichen Grundsätzen ver. fahren, hätten sie ihr« Fürsten und sonstizen Götzen in die erst« Schlachtveihe gestellt,«s wäre wenig:? vomDurchhalten' di« Red« gewesen und mehr von einem Frieden, der zum aushalten ist. p.

und dann, vier Woche« nach der Wahl, ZKef« feiner Parität in den Rücken fällt, das zeigt ein solches Maß von politischer Unwahr- liastigkeit, wie es bisher noch wirklich unerhört war. Das senM« Ehr- gesühl, auf das sich die Offiziers- und Adelskreise sonst zu berufen pflege», zeigt sich hier in einer grellen Beleuchtung. Man kann die Fraktion Hergt wegen des Zuwachses aus dem Kemnitzev-Lager ebenso wenig beneiden, wie des Gewinnes halber, der ihr durch die Quaatz und Maretzky geworden ist!

öazilleukurs in Schwaben . DerFrcmdstämmling" als Ministerprässdeat. Aus Stuttgart wird uns geschrieben: Der Württembergische Landtag hat das Fasztt au» den Dahlen des 4. Mai gezogen. Die aus Bürgerpartei und Danernbund be» stehenden Deutschnationalen haben zusammen mit dem Zentrum bei offener Unterstützung der Deutschen Lolkspartei und versteckterer der Völkischsozialen eine Regierung gebildet. Die neu« Regierung kann sich<mf 45 und wenn man tue Völlisch- sozialen hinzuzählt, sogar aus 48 unter 89 Abgeordneten des Land- toges stützen. Sie ist sich ihrer..Machipositton' durchaus bewußt. Wie sie 14 Tage vorher in dem bauerndbündlerischen Abg. Körner «inen Präsidenten gewählt hat. dessen Person«ine Provokation für den größten Teil des schwäbischen Volkes bedeutet, so hat sie auch in dem neuen Staats- und Ministerpräsidenten Wilhelm Ba- zi ll e«inen Mann an die Spitze gestellt, der bis tief in die Reihen seiner eigenen Partei schrofsster Ablehnung begegnet. Herr Bazille ist nicht nur Staatspräsident, sondern auch Kul» tusminister und verwaltet so ganz nebenher noch das angeblich abboureife Arbeits- und Ernährungsministerium. Es sst wunderbar anzuschauen, wenn unser« Nationalist«« ihren v ö l- tischen Ehrgeiz durch die Wahl eines F ran z os enstäwm- lings befriedigen. Völlig« Klarheit über seine Herkunst zu schaffen. ist leider unmöglich. Der Sohn eines französischen Ein- Wanderers möchte sich selbst gerne als einen harmlosen Savoyardenknaben" geben, doch besteht seine Aehnlichkeit mit einem solchen wohl nur darin, daß er gleich zwei Parlaments- seltortn vollerMurmeltierchen" zu hüten hat. Bezeichnend genug haben die drei Bölkischsozialcn nicht nur ihr soziales, sondern auch ihr völkisches Gewissen so gut zu unterdrücken verstanden, daß sie ohne inner« Schwierigkeiten«inen Halbfranzosen an die Spitze eines deutschen Bundesstaates zu stellen vermochten. Bazille» Wunsch ging auf eine Personalunion oo« Staats- Präsidium und Innenmini st erium. Dogegen sträubte sich aber mit aller Macht da» Zentrum, das diese stärkst« Posiiiion de? württembergiflhen Politik nicht dem gefährlichen Nachbarn über- lassen wollte. Und so erlebt man als zweit« unfreiwillige Selbstver- spvttting unserer Rechtsparteiler, daß sie, die stets nachFach- m i n i st e r n" sckirien, einen Mann der inneren Verwaltung ohne jede Fühlung mit den Fragen des Kirchen-, Kultur- und Schul­wesens zum Kultusminister machen mußten. Dem Zentrum und d«r Deutschen Volkspartei ist bei dieser Ent- Wicklung der Ding« nicht ganz wohl gewesen. Das sehr weit rechts- stehende Stuttgarter Zentrumsblatt tadelt zwcr die Demo- traten wegen ihrer Weigerung, in dieser Regierung miizumachtn. gibt aber zu.daß die Hervorhebung gerade dieses Führers der Rechten bei den Demokraten A n st o ß erregen mußte". Neben Bazille verschwindet sein Parteifreund Dehlinger. ein in weiteren Kreisen unbekannter und als engstirnig verschriener Bureau- trat aus dem württembergischen Finanzministerium, fast vollständig. Schärfer hebe» sich die Konturen der beide» Zentrumsminister ob, die auch in der früheren Minderheitsregierung bereits dieselben Ressorts innehatten. Beide sind die Exponenten d».äußersten rechten Flügels im Zentrum und ersten«» sich des Wohl- Möllens de»' oberschwabsschen Adels, de» Klerus und der hohen Vureankrane. Das scharf gegen links gerichtet« Polizeiregime des Herrn Bolz dürfte jetzt noch um einige Nuancen schärfer verde« und di« Hilsspolizei mit den Hakenkreuzlerorgonssattonen endgültig zu einer Einheit verschmelzen. Roch weiter rechts steht der Justiz- minister Deyerle, der für den Rechtsstaatsgsdanksn nur wenig Sym- pathien aufzubringen vermag. Der Bauernbund, der den bei weitem größeren Flügel der Deutschnationalen bildet, begnügt sich mit der Unterstützung der bürgerparteilichen Minister, ohne eigen« Leute in die Regierung zu senden. DieBauern-

Tamara karsawina tanzte an zwei Abenden im Berliner Theater. Sie gilt neben ihrer Landsmännin Anna'Pawlowa als di« größte Vertreterin des Balleitstils, der im zaristischen Ruh- land noch eine Nachblüte gezeitigt hat. während er i« der Kultur- weit bereits abgestorben war. Die Kennzeichen dieses Stils sind akrobatische Virtuosität, dekorative spielerische Grazie und natura- listische pantomimische Schauspielerei, die mit Tanzkunst nichts zu tun hat. Die Karsawina war«inst Meisterin dieses Stils. Die Leichtigkeit und Ausdauer ihrer Spitzentänze, ihre Riesensprünge, ihre natürliche Anmut und ihre ungewöhnlich starke schauspielerische Begabung wurden mit Reckst bewundert. Bewundert von einem Publikum, das noch nicht ahnte welche Wirkungen der Tanz, di« Kunst der rhythmischen Körperbewegung, auszulösen fähig ist. Heute besitzen wir eine solche Kunst, heute wissen wir, daß verblüffende Akrobatik, schmuckvolle Niedlichkeit und schauspielerisch« Effekt« gegenüber dem tiefen, seelischen Ausdruck rhythmffch bewegter Korper gar nichts bedeuten, baß sie nur ablenken von dem. was das Wesentliche und Wertvolle im Tanze ist. Die Karsawina zeigte «inen ihrer staunenswerten Spitzentänze, sie gab in zwei Pas"de Deuz Proben einer noch innr.er gediegenen Technik, aber wenn sie imOrientalischen Tanz" den Versuch seelischer Gestattung machte, so erkannte man die Grenze» ihrer Begabung und die Unzuläng. lichkeit des von ihr vertretenen Stils. Ihr Partner Wladi- mir off. der ihr in akrobatischer Virtuositöt noch fast überlegen ist. hat überhaupt kein« eigentlich tänzerischen Qualitäten. Er ist «in grandioser Springer, weiter nichts. I. S. Boudoirs für Hunde. Die englische Hundemode hat einen neue« Star entdeckt In dem sogenanntenAermelhund". Es sind dies chinesische Hündchen, die viel kleiner sind als die gewöhnliche Peking - rass«. und di« stüher in China sehr beliebt waren. Sie wurden Aermelhündchen" genannt, weil die chinesischen Domen sie in ihren weilen Aermeln mit sich trugen. Diese winzigen Tierchen müssen natürlich auch die Behausung hoben, die ihr« Würde und Kostbar- kctt«nsspricht, und es werden daher für sie besondereBoudoirs" eingerichtet, die mit bunten chinesischen Stickereien ausgeschlozen sind und an den Wänden chinesische oder japanisch« Holzschnitte haben. damit die vierfüßigen Kind« des himmlischen Reiches ein« stilgerechte Umgebung besitzen. Die Wohnungsnot, unter der ganz Europa leidet, scheint sich i« den besser situienen englischen Hundekressen gottlob noch nicht fühl. bar zu machen. Besondere Freude dürften die vi« beinigen Hrrr- schasten an dem künstlerisch vornehmen Wandschmuck ihrer Boudoir» hoben, der sicherlich zur Hebung ihres seelischen Wohlbefindens psti bei trogen wird. Erflauffühnioge» d« Sache. Alivw. GtaaUtheati»:SEedea'. Sannab. Volksbühne:Schneider SSihfiel*. UranIa -vartrSge Iheoter tZglich:Der Berg des Schicksals" Hörsaal Sonnt, bis Freit. 6 Ubr. Sorw-b. SV, Uhr:..D i e Bestei-una des Mount Everest ". Sonnt., Dienst. S Mr:Bon der�ua. spitze zum Watzmann". Moni.. S-nnt. 8 Ubr:.Riesenaebira»" Mittw. 8 Ubr:Rüge n*. DonncrSt. 8 Uhr:Der Hat SonnaS.' 8 Ubr:.Vi-rv-alöstätterlee-. 8° Volksbühne. Müller-Schlösser» rheinisch« Komkdi«Schneid er Slbbel", kommt Sonnabend, den l 4. Juni, abend» 7 Uhr mit Paul HenckelS in der Titelrolle zum ersten Mal« im Tdeater am Bülowplatz zur«nssührung.