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Nr. 268 41. Jahrgang

Ausgabe A r. 138

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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Rebattion: Douhoff 292–295

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Dienstag, den 10. Juni 1924

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Eintagsministerium Marsal.

Millerands Rücktritt unvermeidlich.

teilen werde. Eine ähnliche Mitteilung ist dem Senatspräsidenten| ohne Debatte eine begründete Tagesordnung angenommen Doumergue zugegangen.

Den Journalisten erklärte heute nachmittag der zukünftige Mi­nifterpräsident, sein Rabinett werde feinen Unterstaatssekretär haben und dieselbe Anzahl von Ministern wie das Kabinett Poincaré , das jezt zurücktrete.

Paris , 9. Juni. ( WTB.) Ministerpräsident François Marsal wird heute nachmittag um 5 Uhr dem Präsidenten der Republit seine Mitarbeiter vorstellen.

Kammerfihung am Pfingstfonntag.

Paris , 9. Juni. ( WTB.) Die Rammer ist Sonntag nachmittag zu einer Sigung zusammengetreten, die nur etwa 20 Minu ten dauerte. Es wurde lediglich das Protokoll der gestrigen Sigung verlesen und genehmigt, worauf Rammerpräsident Painlevé mitteilte, es sei ihm folgende Tagesordnung zugestellt worden:

,, Die Kammer, die entschlossen ist, die Beachtung des Willens des allgemeinen Stimmrechts sicherzustellen, beschließt, morgen um 6 Uhr abends eine Eizung abzuhalten."

werde: oder aber es würde eine Interpellation eingebracht und zur Debatte gestellt werden. Wahrscheinlich werde für die Minder­heit der Abg. Reibel eine andere Interpellation einbringen. Die Fraktionen der Minderheit würden vermutlich eine Debatte ver­langen, falls die Mehrheit gegen diese Interpallation märe.

Fraktion der Radikalen bereits beschlossen habe, daß nach Ber­Paris, 9. Juni. ( WTB.) Oeuvre" glaubt zu wissen, daß die lefung der Botschaft des Präsidenten und nach Eingreifen eines Mit­gliedes der Minderheit von der Linken eine Resolution eingebracht werden solle, in der der Regierung die Anerkennung vers fagt und daran erinnert werde, daß sich das Land am 11. Mai unzweideutig für eine entschloffen republikanische und friedfertige Politik ausgesprochen habe.

Die proletarische Einheit.

V. Sch. Paris , 9. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Das politische Frankreich ist in zwei feindliche Heerlager gespalten, in deffen beiden Hauptquartieren fieberhafte Borbereitungen getroffen werden. Das eine Hauptquartier befindet sich im Elysee, wo Millerand seine Getreuen empfängt, also die führenden Minister und Parlamentarier des nationalen Blocks, die Chefredakteure der Boulevardpresse, das andere Hauptquartier im Balais Bourbon, wo sich die Führer des Lintsblods im Arbeitszimmer des Präsidenten der Deputiertenkammer Painlevé regelmäßig versammeln. Am Dienstag nachmittag 3 Uhr beginnt mun die Entscheidungsschlacht zwischen dem Präsidenten der Republik und der Kammermehrheit, wenn sich das Ministerium Marsal den beiden Kammern vor­stellen wird. Ueber den Ausgang dieser Kraftprobe besteht, someit die Deputierten fammer in Frage kommt, nicht der geringste Zweifel: mit über 320 gegen höchstens 200 Stimmen dürfte das Ministerium gleich am ersten Tage gestürzt werden. Es war ursprünglich die Absicht der Linken, jede Debatte über die Programmrede des neuen Minifteriums abzulehnen und so­fort nach deren Berlesung zur Abstimmung zu schreiten. Indessen wird sich dieser Wunsch schwer verwirtlichen lassen, da eine schein­bare Interpellation vom ehemaligen Minister Reibel im Auftrage Millerands eingebracht worden ist, um eine solche Debatte zu er zwingen. Millerands Tattit geht nämlich offenbar darauf hinaus, heftige Meinungsfämpfe im ganzen Lande um feine Demiffion zu entfeffeln. Es muß auch zugegeben werden, daß ihm das mit Hilfe der Boulevardpresse auch bis zu einem gewissen Grade gelungen ist. Die großen Blätter des nationalen Blocks haben die Barole ausgegeben, daß Millerand und seine Freunde die ein zigen wahren Hüter der Berfassung seien, während das Borgehen der Linfen einen Angriff auf die Verfassung darstelle, weil fie versucht haben, das Staatsoberhaupt auf Grund eines Beschlusses einer außenparlamentarischen Tagung der linken Parteien zum Rücktritt zu zwingen. Das ist natürlich eine Heuchel ei ärgfter Art, denn niemand ist bekanntlich mit dem Geifte der Ber faffung fo rücksichtslos umgefprungen wie gerade Miller and. Diese sind ungefähr so aufrichtig wie die der deutschen Kommunisten im Reichstage, als sie die Ablehnung der Kan- Mittel bedient. Wir werden unser Kabinett nur zu diesem Zwed 3wed der Roten Gewerkschaftsinternationale ist die Bekämp­

didatur Kazz auf den Bizepräsidentenposten als eine ,, Mißachtung der Gepflogenheit des hohen Hauses" bezeichneten.

Trotzdem wird dieses Argument der Millerandschen Verfaffungs­treue mit einem solchen Aplomb von seiner Preffe vorgebracht, daß es nicht verfehlt haben dürfte, einen gewissen Eindruck auf einen Teil der öffentlichen Meinung und vielleicht sogar auf einen Teil des Senats zu machen.

Diese Tagesordnung ist mit 348 gegen 5 Stimmen ange. nommen worden. Die Mittelparteien und die Rechte haben an der Abstimmung nicht teilgenommen.

Ein Anhänger der Rechten ruft bei Berlesung des Abstimmungs. ergebniffes: Romödianten! Der Kammerpräsident hebt die Sigung auf mit der Ankündigung, daß die nächste Sigung Montag um 6 Uhr zweds Festsetzung der Tagesordnung stattfinde. Als er feinen Siz verläßt, applaudiert die Linke, während man von rechts und aus der Mitte ironische Zurufe hört.

Marsals Absichten.

den anwesenden Journalisten: Wir werden uns erst Dienstag Paris , 8. Juni. ( WTB.) François Marsal erklärte gestern nachmittag dem Parlament vorstellen. Ich werde eine Botschaft des Präsidenten der Republit verlesen, dor mit dem Barla­ment in zu treten er sich

tilden. Nach der Botschaft werde ich eine sehr kurze minifterielle Erklärung verlesen, um auseinanderzusehen, daß unsere Rolle lediglich darin besteht, eine Botschaft des Präsidenten zu übermiffeln, um eine Abstimmung über die aufgeworfene Präsidentenfrage zu erzielen.

Die Abwehr der Kammermehrheit. Paris , 9. Juni. ( WIB.) Nach der Morgenpresse beabsichtigt der der sozialistisch- republikanischen Fraktion angehörige Abgeord­nete Autériou die Resolution, die 1877 gegen das Kabinett Rochebouet eingebracht wurde und den

Rüdfritt des Präsidenten der Republif, des Marschalls Mac Mahon ,

Ueber die Entwicklung der Dinge im Senat ist man bisher nicht unbedingt so sicher wie in der Kammer. An sich entspricht es .zwar der Tradition, daß der Senat über eine Regierungserklärung nicht abstimme, so dürfte es auch diesmal vor sich gehen. Es geht jedoch das Gerücht, daß der frühere Ernährungsminister Cheron eine Debatte und eine Abstimmung im Senat unbedingt vor der Entscheidung der Kammer herbeiführen will. Es wird jedoch bezweifelt, daß ihm dies gelingen wird. Eine Uleberraschung von dieser Seite ist immerhin denkbar: aber selbst wenn die Regie rung Marsal, d. h. Millerand ein fnappes Vertrauensvotum im Senat erhielte, so würde dies nnur eine weitere Verschleppung der Präsidentenkrise um wenige Tage bedeuten. Dann würde das ge bildete Ministerium in der Kammer gleichfalls gestürzt werden und schließlich müßte der Präsident der Republik doch den Kürzeren ziehen. Eins ist jedenfalls absolut sicher: Selbst wenn Millerand eine tnappe Mehrheit im Senat für seinen Berfaffunugsstandpunkt zusammenbeläme, eine Zuffimmung des Senats zu einer Auflösung tyr kammer ist absolut ausgeschlossen. Der wahrscheinliche Gang der Dinge wird eher dem Programm der kommenden Woche entsprechen, das so gar der Millerand freundliche Matin" heute morgen aufgestellte Behauptung zu widerlegen, daß anläßlich der mehrfachen

gestellt hat.

n

Das Kabinett Marsal.

Paris , 9. Juni. ( WIB.) Die endgültige Zusammen­Jehung des Kabinetts François Marsal ist folgende: Borsitz und Finanzen: François Marsal , Juffiz: Senator Rafier, ußeres: Abg. Lefebvredu prey. Inneres: Senator de Selves Krieg: Abg. Maginet, Marine: Abg. Défiré Ferry, Kolonien: Abg. Fabry, Deff mtliche Arbeiten: Abg. Ce Trocquer, Arbeit: Jourdain, Befreite Gebiete: Abg. Louis Marin, Wirtschaft: Abg. Capus, Deffentlicher Unterricht: Abg. Landry, Handel: Abg. P. E. Flandin.

Die Formalitäten der Bildung. Paris , 9. Juni. ( BTB.) Heute vormittag hat Senator François Marfal dem Rammerpräsidenten Bainlevé einen Besuch abgestattet, um thm mitzuteilen, daß er Dienstag nach­mittag um 3 Uhr das Kabinett der Kammer vorstellen und der Kam­mer eine Botschaft des Präsidenten der Republik mit

herbeiführte, faft wörtlich wiederaufzunehmen und am Dienstag nach erklärung einzubringen. Die Resolution lautet in der neuen Faffung: Verlesung der Botschaft des Präsidenten und der Regierungs­sich dem Parlament vorstellt, die Berneinung der Rechte Die Kammer steht auf dem Standpunkt, daß das Ministerium, das der Nation und des Parlaments ist, daß es also die Krife nur verschärfen kann. Die Kammer er flärt, daß das Haus nicht in Beziehungen zu dem inifterium treten kann, und geht zur Tages. ordnung über."

J. St. Wien, 7. Juni.

Internationale wies nur wenige Augenblicke auf, in denen vor­Die gestern abgeschlossene Tagung der gewerkschaftlichen handene geringfügige Unstimmigkeiten durch die Leidenschaft­Augenblide galten dem Antrag der englischen Delegation, die lichkeit des Tones ihren Ausdrud fanden. Diese wenigen Berhandlungen mit den russischen Gewerkschaften wieder aufzunehmen und dem Vorschlage, in den Borstand des Internationalen Gewerkschaftsbundes drei Vertreter der inter­nationalen Berufssekretäre aufzunehmen.

Beide Borschläge betrafen in Wirklichkeit dieselbe An­gelegenheit. Es ist bekannt, daß die Moskauer Inter nung von Moskau eigene Gewerkschaften und dann eine so­nationale auch in die Gewerkschaftsbewegung die Spaltung hineingetragen hat. Die Kommunisten gründeten auf Anord­genannte Rote Gewerkschaftsinternationale. Der in den Satzungen dieser fommunistischen Gründung ausgesprochene

bundès und der ihm angeschlossenen Organisationen. Mit Gewertschafts weichen Mitteln dieser Kampf durchgeführt wird, braucht hier nicht näher dargelegt zu werden.

Unsere Gewerkschaften und der Internationale Gemert­schaftsbund unterscheiden sich von den kommunistischen Gemert­schaften vornehmlich dadurch, daß ihr Kampf dem Kapital und seiner Beseitigung gilt, und daß sie bemüht find, in diesem Kampfe die gesamte Arbeiterschaft zu einer einheitlichen Kampf­front zusammenzuschließen. Die fommunistischen Ge werkschaften dagegen sind unter der Maste der Einheitsfront einzig darauf bedacht, die Gewerkschaften aller Länder zu zertrümmern.

In dem Bestreben der Zusammenfassung aller gewerk­schaftlich organisierten Arbeiter haben sich insbesondere bie ver­auch die russischen Gewerkschaften zum Anschluß zu be schiedenen beruflichen Internationalen bemüht, Bungen nicht frei sind, sondern von den in Rußland herrschen­wegen. Die russischen Gewerkschaften, die in ihren Entschlie­den Diktatoren abhängen, haben diesen Bestrebungen der be­ruflichen Internationalen mit dem Versuch beantwortet, auch diese zu spalten oder wenigstens zunächst in Gegensatz zum Internationalen Gewerkschaftsbund zu bringen. Dadurch haben sich eine Reihe von Unstimmigkeiten ergeben, die aller­Paris, 9. Juni. ( WTB.) Der unabhängige Sozialist A u briot dings ohne Tragweite sind, die aber in der Folge zu bedauer­beabsichtigt, die von den dem Einsee nahestehenden Blättern auflichen Konsequenzen hätten führen können. Um die Einheit der internationalen Gewerkschaftsbewegung zu sichern, ist nun innerpolitischen Stellungnahme des Präsidenten der Republik die in Wien der unseren Lesern bereits bekannte Beschluß gefaßt Regierung in feinem Falle von der Kammer interpelliert worden, daß drei von den internationalen Berufsfefretariaten worden fei. Er nimmt zu diesem Zwed eine Interpellation wieder gewählte Bertreter dem Internationalen Gewerkschaftsbund auf, bie er am 15. Oftober 1923 eingebracht hatte und die die angehören sollen, und daß die internationalen Berufsorgani­Gegenstand hatte. Sie verlangt Auskunft über die Maßnahmen, fationen, bevor sie eine Organisation aufnehmen, die keiner die die Regierung zu treffen gedenkt, um die Durchführung des in Landesorganisation angehört, die dem Internationalen Gewert­Evreux vom Bräsidenten der Republik entwickelten politischen Bro- schaftsbund angeschlossen ist, sich mit diesem ins Einvernehmen gramms zu sichern. zu sehen haben.

Rede des Präsidenten Millerand in Evreur zum

Debatteloser Uebergang zur Tagesordnung. Paris , 9. Juni. ( BTB.) Ueber die parlamentarische Lage nach Bildung des neuen Kabinetts schreibt Havas, obwohl die Gruppen der Mehrheit erst am Dienstag vormit tag über die einzunehmende haltung beraten würden, fönne man schon jetzt zwei Möglichkeiten ins Auge faffen: Entweder würden nach der ministeriellen Erklärung die Mit­glieder der Mehrheit ihrerseits auf der Kammertribüne eine ge= meinsame Erflärung verlesen lassen, in der die Haltung des Kartells der Linken auseinandergesetzt und verlangt würde, daß

Die englischen Gewerkschaften glaubten nun, die not­wendige gewerkschaftliche Einheit dadurch schneller herbei­zuführen, daß man den internationalen Berufsorganisationen völlig freie Hand bei der Aufnahme von Organisationen läßt und daß man die immer wieder versuchten, aber von den Russen immer wieder sabotierten Verhandlungen mit den russischen Gewerkschaften trotz alledem nochmals aufzunehmen versucht.

Im Grunde handelt es sich bei dem Antrag der Enge länder nur um ein Mißverständnis, das übrigens im Laufe der Verhandlungen vollkommen beseitigt worden ist.