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verfaffungskonflikt in Dänemark ! (SSon unserem dänischen Korrespondenten.) K o p e n h a g e n, den 10. Juni 1924. Die politische Lage in Dänemark hat sich zu einem Kampf der zwei Kammern des dänischen Reichstages, des Folkethings gegen das Landsthina, zugespiht. Das dänische reaktionäre Bürgertum, durch einen seit 1849 bestehenden Parlamentaris- nms in allen Kampsmöglichkeiten der dänischen Verfassung geschult, benutzt seit dem Amtsantritt der sozialistischen Re- gierung dasNebeneinanderderzweiKammern, um systematisch die neue Mehrheit des Folkethings, Sozial- demotratsn und Raditale und die auf chr basierte sozialdemo- tratische Regierung an ein Regieren nach ihrem Programm zu hindern. Mittel zu diesem Zweck ist die reaktionäre, aus Konservativen und Nationalliberalen bestehende Mehrheit des Landsthings. Diese Mehrheit entspricht nicht der Mehr- heit der dänischen Wähler, wie die Folkethingswahlen vom 11. April bewiesen, sondern ist ein Ausdruck des veralteten Wahlrechts für den Landstbing. Die Hälfte seiner Mitglieder werden alle vier Jahre durch indirekte Wahl aller stimmberech- rigten Frauen und Männer über 35 Jahre ergänzt, so daß die augenblickliche Zusammensetzung der Wählermeinung vor vier und acht Jahren entspricht. Im Herbst ist die Wahl der Hälste der Landsthingsabgeordneten also der vor acht Jahren gewählten fällig. Die Reden, die am dänischen Berfassungstag, am 5. Juni, von den Parteiführern gehalten wurden, beschäftigten sich naturgemäß mit diesem verhängnisvollen Zustand, daß die eine Kammer mit ihrer Mehrheit der bei den letzten Wahlen geschlagenen Partei eine Regierung auf Grund des letzten Wahlergebnisses völlig zu sabotieren droht. Das war bei der Verlängerung der Mister- schutzgesetzgebung schon der Fall, indem der Landsthing die von der sozialdemokratischen Regierung und der hinter ihr stehenden Folkethingsmehrheit beschlossenen Maßnahmen zu- gunsten der Hausagrarier einschränkte. Sabotiert wurde der von der Regierung Stauning vorgeschlagene Valuta- und Jmportregulierungsplan, den die' Lands- thingsmehrheit einfach abgeschlagen hat. Verfassungsmäßig hat der Landsthing in solchem Falle Gegenvorschläge zu unterbreiten, aber noch nicht einmal das tat er. Während feine Konservativen den alten Ladenhüter: Goldzoll hervor- holten, gegen den sogar ihre eigenen Bundesgenossen, die Nationalliberalen, sind, begnügten sich diese und damit die Mehrheit des Landsthings damit, dem Jmportregulierungs- gesetz trotz der Annahme durch das Folkething die G e n e h- migung zu versagen. Diese Politik droht sich zu einem Verfassungskonflitt auszuwachsen, da Konservative und Nationalliberale den Landtag weiterhin als Waffe gegen die sozialdemokratischen Pläne bezüglich Steuerreform, Banken- und Jilktiengesellschaftskontrolle, Abrüstung benutzen wollen. Sowohl Genosse Stauning wie der Führer der Radi- kalen, R o h d e, nahmen in ihren Reden zum Berfassungs- tage den zugeworfenen Handschuh auf. Die Lage ist insofern besonders schwierig, weil eine Vernichtung der reaktionären Landsthingsmehrheit durch die Neuwahl im Herbst, die nur die Hälste seiner Mitglieder ergänzt, so gut wie ausgeschlossen erscheint. Die Verfassung ist unklar in der Bestimmung des gegenseitigen Machtverhällnisses von Folkething und Lands- thing, aber bisher war es Tradition, daß der Landsthing sich ohne weiteres den Grundlinien der vom Folkething beschlösse- nen Gesetze anschloß und seine Aufgabe in der Kontrolle der Versasstmgsmäßigkeit und Durchführbarkeit der Gesetze sah. Dieser Zustand wurde vor allem von den Konservativen und Nationalliberalen, als sie regierten, als richtig und rechtlich angesehen jetzt, nachdem sie durch die Entscheidung der Wähler als unzulänglich der Leitung des Landes erklärt wur- den, pochen sie plötzlich wie es der nationalliberals vor- herige Staatsminister Neergaard in seiner Versassungs- rede tat auf dasSelbstbestimmungsrecht" der würdigen

Das Surzschrlftsystem(Babelsberger und die Reichsbahn . Durch Erlaß der deutschen Reichsbahn vom 12. April d. I. wurde das Kurzschriflsiistem(Babelsberger für den gesamten Bereich der deutschen Reichsbahn zum Einheitssystem. Dies wurde zum Gegenstand einer Kleinen Anfrage im Preußischen Landtag gemacht und es wurde daraus hingewiesen, daß durch diesen Erlaß dos in Preußen vorherrschende System Stolze- Schrey zum Schaden einer wirklichen Forderung der Kurzschrist benachteiligt werde. Nach der letzten Zählung der beiden größten Kurzschristschulen seien in Preußen 192021 in Stolze-Schney 127 627, in Babelsberger nur 23211 Personen u.Uerrichtet worden. Ferner hätten sich im Lause der Zeit olle pmißischei, Eisenbahndlrettioncn bis auf drei für Stolze-Schrey entschieden, und außerdem Hobe das Kultus- Ministerium am 29. Dezember 1920 aus Stolze�Schrey empfehlend für den wahlfreien Unterricht an mittleren und höheren Schulen hin- gewiesen. Das Staatsministenum wurde gefragt, ob es hicnwch bereit sei, auf die Verwaltung der deutschen Reichsbahnen hinzu- wirken, den erwähnten Erlaß dahin abzuändern, daß für den Bereich der Reichsbahnen Preuße» Stolze.Schrey als Einheitssystem bis zur Einführung einer etwa noch kommenden Einheitskurzschnst be­stimmt wende. Wie der Amtliche Preußische Ppessedienst mitteilt, führt der Kultusminister in seiner Antwort aus, er sei an die Hauptoerwal- lunfl der deutschen Reichsbohnm mit der Bitte herangetreten, die Ausstihrung des Erlasses vom 12, April vorerst auszusetzen, um nicht das Zustandekommen einer Einheitskurzschrist zu gefährden. lieber da, Ergebnis dieses Schrittes behält stch der Minister weitere Mitteilungen vor. Hosen unter Streifband. Die Indische StochenschristIhe Raiistan" erzählt, folgende lustige Geschichte: Eine Frau sandte ihrem Sohne ein paar Hosen unter Streifband, was natürlich be- deutend billiger ist als ein Postpaket. Sie bekam sie zurück mit der Bemerkung des Postamts: Kleider tonnen nicht unter Streifband oelondt ivcrdm Wenn Sie m den Postvorschriften nachlesen. werden Sie finden, was unter Streifband �sandt werden kann." Nach einigen Tagen antwortete die Frau:Ich habe die Postvor- Ichristen eingesehen und finde, daß Sendungen die auf beiden Seiten offen sind unter Streifband gehen. Und wenn Hosen nicht an beiden Enden offen sind, dann mochte ich gerne wissen, was eigentlich auf beiden(�nb�n offen ist. ®ne neue Over oo« Strauß. Richard Strauß hat lein» neueste Oper .Jniermez-o- eine bürgerliche KomSdie, deren Text«benfall» von ibm stammt, der Dresdener Ttaatsvper zur Urautlührung übeilaüen. Diese ilt für den 80. Oktober unter Leitung von Sener-lmusitdirettor Fritz Busch m Aussicht genommen. Operette in der Don am iiSnigsplah iluf vielfachen Wunsch wird unter den gleichen B-dinaunacn wie für die Opemvorslellungen ein tag. I, che s Abonnement ab SO. Juni ausgegeben«erden. Die Prelle werden niedriger als dlelenioen der Op-rnvorftellnngen fein. RntrSge aus Ueberlaffung von AbonnemcniSpIähcn können b!« zum 20. Juni an die �eneralv-rwo lung der StaatStbeater. Doiotbcenstraß- 3, gerichtet werben. Judi mub daicld't im tzlmnier 4S mündlich Auskunft erteilt. m �reiUchltheairr in bät-lifcher«egie. DaS bekannte O h b i n e r LS a I d l p e a t e rt von der Stadt Zittau in städtische Regie über- nommen und Biu dem Stadttheater Zittau vereimgt worden.

alten Herren im Landstbing. So sieht dasfair play" aus, das auch die dänische Reaktion einer Arbeiterregierung zu gewähren versprach! Diese Zuspitzung des innerpolitischen Kampfes in Däne- mark kann auch einen überall interessierenden Beitrag zu dem Thema: Königtum und Arbeiterregierung brin- gen. Denn Genosse Stauning wird bei einem Andauern der Landsthingobstruktion als letztes Mittel zu einer vor- zeitigen, außerordentlichen Auflösung und Neu- wähl des gesamten Landsthings zu greifen versuchen. Eine solche ist aber ohne Zustimmung des dänischen Königs unmöglich. König Christian X. hat, seitdem der Generalstreik der dänischen Arbeiterschaft im Jahre 1920 ihn belehrte, daß in Dänemark eine Politik der Hofkamarilla auf äußersten Widerstand stoßen würde, eine innerpolitisch durchaus neutrale und anzuerkennende demokratische Haltung eingenommen. Wird er diese konsequent durchführen, wenn es gilt, die demokratisch zu Recht handelnde und von ihm selbst, als im Einklang mit Buchstaben und Geist der Verfassung stehend, gerufene Arbeiterregierung von der Obstruktion der Reaktion zu erlösen? Das sind die Fragen, die Dänemark in einen Zustand politischer Hochspannung bringen, der im Sommer oder Herbst sich in Neuwahlen, vielleicht sogar in i n n e r p o l I t i- schen Machtkämpfen anderer Art entladen kann. Und doch wäre nichts dringender, als daß die sozialistische Regie- ning zu schneller durchgreifender Arbeit kommt. Die Staatskasse erweist sich, je tiefer der sozialistische Finanz- mimsder B r a m s n a e s in sie hineinsieht, um so leerer, der Staatshaushalt der vorhergegangenen nationalliberalen Re- giemng weist mehr und mehrVergeßlichkeiten" auf der Aus- gabsnseite auf, die Steuerverteilung rund 70 Proz. indirekte gegen 30 Proz. direkte Steuern, schreit zum Himmel, wichtige Gesetze warten der Erledigung. Was die sozialdemokratische Regierung bisher durchführen konnte, war meist administra- tiv Streichung der Herbstmanöver. BegnadigunMN, Nach- laß von Armenhilfe. Sie ist sich aber bewußt, daß nun G e- s« tz a r b e i t geleistet werden muß, um endlich freie Bahn zu schaffen. Selbst vor einem nochmaligen Appell an die Wähler beabsichtigt sie nicht zurückzuscheuen.

völkische Ehrenmänner. Tr. Grandel«. Co. Der nationale Berteidiger-- so nannte sich einer der Herren Verteidiger im Grandel-Thormann-Prozeß, wohl weil er die natio- nolen Mörder in ihren hanebüchenen Lügen, mit deren Hilfe sie vor Gericht elendiglich kneifen, in allen Prozessen unterstützte also der nationale Verteidiger hat seine nationalen Klienten In einem blumengeschmückten Auto vom Gefängnis abge. holt. Weil ein deutsches Gericht, selbst Cmmingerscher Prägung, für feststehend erklärt hat, daß Dr. Grandel die Ermordung des Leiters der deutschen Wehrmacht gewünscht und ous deren Herbei- führunq planmäßig hingearbeitet hat: weil ein deutsches Gericht diesen Meuchelmörder, der nur durch Zufall nicht Mörder geworden Ist, als moralisch minderwertig gebrandmarkt hat. weil endlich dieser völkische Held nur dank der ihm so günstigen Auslegung des Ge. setzesparagraphen straffrei ausgegangen ist, aus allen diesen Gründen und eben aus diesen holt der nationale Verteidiger seinen nationalen Klienten in einem blumengeschmücklen Auto aus dem Gefängnis. Wir wollen hoffen, daß der Sieg über die Verminst, über die Moral, über alle menschlichen und göttlichen Gesetze, bei Sekt und Austern, wenn auch nicht mit Damen, ge- feiert worden ist. Und es würde uns gar nicht wunder nehmen, wenn wir erführen, daß auch Iustizrat Naß. den Dr. Grandel noch kurz vor dem Attentatstage besucht und zu dem auch die Frau Dr. Grandels nach dessen Verhaftung sofort den Weg gefunden hat, auch dabei gewesen ist. Ebenso wenig würde es uns wundern, wenn auch die Herren v. Tettenborn. Köpke und selbst Gilbert, der ja zweifellos nicht nur Herz und Wohnung mit Herrn Tettenborn teilt, sondern auch sein« Informationen aus dem Reichslommissariat für öffentlich'« Sicherheit, zu dem Iubelgelage geladen gewesen wären. Denn gut national, antisemitisch, amimarxistisch sind st« ja alle mitsamt und v. Seeckt war ja für sie alle in gewissem Sinne ein Schädling. Weshalb denn nicht bei Sekt die Versöh- nung feiern, nachdem der Mordplan gegen v. Seeckt so zur Zu- sriedenheit aller verlaufen ist. Ja, eine feine Gesellschaft! Das ist doch ganz etwa» anderes, als so ein simpler Proletarier. Bei dem gab es kein« Kinderstube, keine Komments, keine Schmisse, keine Offiziersehre allerdings auch keinen Meuchelmord, keine Judasküsse, keine dreißig Silber- llnge, für die man seine politischen Gesinnungsgenossen dem Scharf- richter ausliefert. Dafür sind es sa auch nicht Ehrhardt- und Roh- bach-Leute, kulturpolitische Baterlondsretter. wie das chemische Finanzgenie Dr. Grandel, nicht geldgierige Arier, wie die Leutnant Köpke und der Major Gilbert snach der Sachverstöndigen-Termino- logie Dr. Grandels, der auch die Verantwortung für diesen Aus- spruch trägt), nicht Geschäftsreisende in nationalen Angelegenheiten wie Thormann, und auch nicht Sekretäre der Deutschvölklschen Frei- heitspartei, wie der aus Anlaß des Parchimer Mordprozesses per- haftet gewesene Herr v. Tettenborn. Blumen, Champagner, Austern alles nichts. Wenn doch endlich einmal ein genialer Halunke käme, der einen speziellen Orden, auch einenPour le rnerite", für Meuchelmörder entwürfe. Trotz juristischer Freisprechung hätten dann Dr. Grandel und Thor- mann, auch nach Bekundung de» Gerichtes über ihre moralische Minderwertigkeit, zweifelsohne einen Anspruch auf diesen Orden. Und ihre völkischen Freunde wurden sie ihnen auch gern gönnen. Eines wäre aber dabei zu bedenken: Tettenborn und Köpke würden vor Neid vergehen. Doch kommt Zeit, kommt Rat. Sie könnten sich ihn ja auch noch verdienen.

vergeuüete Summen. Die Verschwendung der Besattungstruppen'. Ein erschütterndes Bild der finanziellen Kriegsfolgen bietet die soeben erschienene vierte Denkschrift über die Be- satzungskosten, herausgegeben von dem Reichsmwlster für die besetzten Gebiete. Demnach stehen zurzeit im altbesetzten Gebiet, in Düsseldorf -Duisburg und an der Ruhr etwa 206 600 Mann fremde Soldaten, für deren gesamte Bedürfnisse das Reich auskommen muß. Seit dem Ende des Waffenstillstandes sind on unproduktiven Aus- gaben für di« Vesatzungsarmee 8145199022 Goldmark, also weit über 8 Goldmilliarden aufgewendet worden. Hinzutreten die in den französischen Haushaltsplänen zu Lasten Deutschland » aus- geworfenen Mittel für den Unterhall der Vesatzungsarmee und die Ausgaben anläßlich der Ruhraktion, so daß Deutschland nach vor- sichtiger Schätzung etwa noch weitere 266 bis 866 Millionen Gold- mark für die Besatzung wird vergüten müssen. Die Verwendung dieser Summen ist sehr vielseitig. Sie er- streckt sich nicht nur auf die Unterhaltungskosten der Befatzungs- truppen, Verpflegung, Requistionslosten und Beschlagnahmimgen,

sondern auch auf Grund st ückserwerhungen, NeHi- bauten und Umbauten, Beschaffung und Unterhaltung von Einrichtungsgegenständen und vieles andere. Die Rheinlandkom- Mission in Koblenz , die im Artikel 2 des Rheinlandabkommsns mit nur 4 Mitgliedern genannt wird, hat sich zu einem sehr bedeutenden Apparat ausgewachsen. Allein ihre französische Abteilung hat 21 Unterabteilungen, von denen wegen ihres offenbar politischen Einschlags folgende besonders zu erwähnen sind: Spezialabieilung für öffentlichen Unterricht(Rechtsschulen, Wissenschaft und Handel), technischer Unterricht, Studium der deutschen Verhältnisse, Ackerbau- schulen usw. Das Gesamtpersonal der Rheinland . k o m m i s s i o n besteht aus über 1366 Köpfen. Allein im Jahre 1923 betrugen die Gesamttosten für diese Behörde 21,5 Goldmillionen. Sehr bedeutend sind auch die Ausgaben für Offizierskasinos, Soldatenheime und D a m e n h e i m e. Die letzteren sind für di- weiblichen fremdländischen Angestellten der Besatzungsbehörde be- stimmt. Um nur auf eines der Kasinos, noch nicht einmal das teuerste, näher einzugehen, greifen wir das französische Offiziers- tasino in Wiesbaden heraus. Für die Lieferung von Kuchen- geraten, Silber, Porzellan, Geschirr, Ergänzung der elektrischen Licht- anlagen wurden im Kalenderjahr 1923 rund 1 287 417 Goldmark aus- gegeben. Auffallend groß sind auch die Aufwendungen für land- wirtschaftliche Betriebe, die die Besatzung für landwirtschaftlichen Unterricht und landwirtschaftliche Versuche glaubt in Anspruch nehmen zu können. Eine Reihe von Domänen und privaten Höfen wurden zu diesem Zweck« beschlagnahmt. Hinzutreten die Beschlag. nahmungen wertvollen Landes für Schießplätze, Uebungsplätze, Exerzierplätze, Reitplätze, Schießstände. Allein die von der Be- satzungstruppe beschlagnahmten Neuanlagen also außer den früheren deutschen Truppenplötzen umfaßten Ende 1922 rund 4666 Hektar. Bemerkenswert ist, daß im französischen Haushalt zu Lasten Deutschlands auch die Summen erscheinen, die die Besatzung?- truppen für Suppenküchen ausgegeben hat. Diese find von deutschen Armen lebhast benutzt worden: jedoch durften die wenig- sten missen, daß diese französischen Spenden dem deutschen Reiche in Rechnung gestellt werden. Außerordentlich groß ist die Belastung der Städte durch die Beschlagnahmung von Wohnungen, Geschäfts- räumen und Schulen. Allein im preußischen Sanktion»- und besetzten Ruhrgebiet sind 56666 Schulkinder von den Beschlag- nahmungen bettoffen. In Mainz sind 2366 Wohnungen mit 13 655 Räumen beschlagnahmt. Außerdem erstrecken sich dort die Beschlagnahmungen noch auf 1853 Teilwohnungen mit 2679 Räumen. Aehnlich liegen die Verhälwisie in zahlreichen anderen Stödten. Bettöchtlich sind auch die Ausgaben für die Interalliierte Kom- misston. So betrugen die Kosten für die Ueberwachungsausschüsse bisher 36122 820 Goldmark, für die Reparationskommisston 47 867 205 Goldmark, für die Restituiionsstellen, die für Rücklieferung de» von Deutschland während de» Krieges weggeführten Geldes und Materials zu sorgen haben, insgesamt 17,2 Goldmillionen. Be- satzungskosten und Kosten für die Kommissionen zusammen belaufen sich auf 5 254 229 656 Goldmark. Zum Vergleich sei folgende Zahl genannt: In den letzten vier Iahren vor dem Kriege gab Deutschland für Heer, Flotte und ReichsmilttLrgericht jährlich im Durchschnitt etwa 1 Goldmilliarde aus. Di« Besatzungskosten am Rhein verschlingen also noch mehr als der deutsche Vorkriegs. Militarismus. Die Politik aller vernünftigen Menschen in Europa muß darauf gerichtet sein, diese Ausgaben in Fortfall zu bringen und die Summen der Wiedergutmachung und dem Wiederqufbau zuzuführen._ Erneuerung öer Micumverträge. Ben unterrichteter Seite wird über' die augenblicklich stattfinden­den Derhawdlungen betr. die Erneuerung de r Micum- perträge im Bergbau und in der Eifenindustris u. a. mitgeteilt: Das bisherig« Micumabkommen für den Bergbau steht vor, daß von der Kohlenförderung des Ruhrbergbaus 27 Proz. unent- geltlich zu Lasten des Ruhrbergbaus an die Entente abgegeben werden müssen. Dazu kommt de? Zechenfelbstverbrouch einschließlich Deputatkohle mit 12 Proz. der Fövdleruitg, das sind 39 Proz. der Gesamtförderung, für die der Ruhrbergbau keinen Ei lös erzielt. Die Folge ist, daß der Gefamtruhrbergbau feit Oefsnung der Bettiebe nach Abschluß des passiven Widerstandes eine Schuldenlast kontrahiert hat, die zwischen 250 bis 300 Mil­lionen Goldmark liegen dürfte. Di« notwendigen Kredite sind oder nur unter den drückendsten Bedingungen zu erlangen. Don einer Profitrate kann im Ruhrbergbau daher kaum mehr ge. sprachen werden. Würde die Absatzmöglichkeit der Ruhrkohle nicht durch das Mirumabkommen erdrosselt worden fein, so wäre eine er- hebliche Umstellung der Belegschaft in predukttvem Sinne möglich gewesen. Gegenüber der Tagesförderung im Durchschnitt des Jahres 1922 mit 320 000 Tonnen hätte man ohne die Micumlast mit einer 16- bis 18prozentigen Fördersteigerung rechnen können. Da» Micumabkommen aber zwang dazu, alle Flöze und alle Be- triebspunkte mit zu teuren Gestehungskosten stillzulegen, sonst wären die gemachten Zubußen noch ungleich größer, ganz abgesehen davon, daß die erhöhte Förderung zu dein durch die Micumlasten hinauf­getriebenen Preis weder auf deusschen noch auf fremden Märkten abgesetzt werden konnte. Tatsächlich stehen de? durchschnittlichen Tagesförderung von 326 666 Tonnen im Jahre 1922 nach Oeffnung der Betriebe unter dem Micumabkommen folgende Tagesförderung». Ziffern gegenüber: Dezember 1923: 186 666 Tonnen, Januar 1924: 246 666 Tonnen, Februar 1924: 291666 Tonnen. März 1924: 569666 Tonnen. Di« Förderung blieb also um mehr als 16 666 Tonnen täglich hinter dem Tagesdurchschnitt von 1922 zurück, während sie ohne die Micumlast zwischen 366 bi» 386 666 Tonnen liegen müßte. Das Micumabkommen vermindert also die bettiebs- technisch mögliche Kohlenförderung ganz zwangsläufig um täglich mehr als 56 666 Tonnen.__ das Jubalanüabkommen. eondon. 16. Juni. (Eigener Drahtbericht.) In London ist durch die britischen und italienischen Sachverständigen ein Uebereinkommen über die sogenannte Iubalandfrage zustande gekommen, das in der kürzesten Zeit von den beiden Regierungen ratifiziert werden wird. Durch den Vertrag tritt Großbritannien einen Teil von Britlsch-Somaliland an das italienische Somaliland ab. Die Bedeutung dieses Uebereinkommen« liegt darin, daß. wie die Tim«»" sagen, nunmehr zwischen Italien und England nicht die geringste Streitfrag, mehr besteht. Die Abtretung de» Iubalandes durch(Bwßbritflnnlen ist ein weiteres Zeichen der immer stärkeren ltalienifch-englischen Annäherung. die Italiener auf Nhoüos. Rom , 10. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die Landung von 2666 italienischen Truppen mit Malchinengewehren auf der Insel Rhodos hat den Zweck, die dortige Italienische Garnison. dauernd zu verstärken. In römischen Regierungskreisen herrscht die Aufassung, daß nunmehr mit Kraft die italienischen Inter­essen in Kleinasien gefördert und ausgebaut werden müssen. Di« italienische Expansionspolitik in Kleinasien findet die Untere stützung Englands..