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Nr. 27041.Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Partei und Gewerkschaften.

Bon H. Schliestedt, Stuttgart .

Der bevorstehende Parteitag wird sich sehr ernsthaft mit Der bevorstehende Parteitag wird sich sehr ernsthaft mit dem inneren Parteileben beschäftigen und zugleich unsere grundsätzliche und tattische Haltung zur RPD. flären müssen. Dabei wird man auch der Gewerkschaftsbewegung gedenken, denn die KPD. lebt agitatorisch nicht nur von ihrem Haß gegen die Sozialdemokratie, sondern in nicht geringerem Maße von der Beschimpfung und Berleumdung der Gewert fchaften. Die Beherrschung der letzteren würde der KPD . erst die notwendige breite Basis geben für die Experimente ihrer Auftraggeber. Allerdings würde der Zusammenbruch der deutschen Arbeiterbewegung in kurzer Zeit erreicht sein. Aus diesen Gründen wird es notwendig, daß auch der Parteitag nicht achtlos an den Gewerkschaften vorübergeht.

Zwischen der Partei und den Gewerkschaften bestand seit bem Mannheimer Parteitag 1906 ein freund nachbar liches Verhältnis und bei Attionen, die beide Glieder ber Arbeiterbewegung betrafen, wurde eine Verständigung der leitenden Körperschaften gefordert. Der Parteitag 1907 in Effen bezeichnete die der Generalfommission angeschlossenen freien Gewerkschaften als allein zuständig für die Parteimit­glieder. Dieses Verhältnis wurde durch mancherlei Personal­union, besonders in der parlamentarischen Vertretung der Bartei noch weiter befestigt, ohne daß die organisatorische Selbständigkeit beider Teile beeinträchtigt wurde.

Die durch den Krieg hervorgerufene Spaltung der Partet brachte den Gewerkschaften naturgemäß Schwierige feiten, und der Gewerkschaftsfongreß in Nürnberg 1919 löfte deshalb das Verhältnis zur Sozialdemokratischen Partei und

fierten Wirtschaft. Deshalb ist es notwendig, die politische Wahrnehmung der gewerkschaftlichen Interessen bei einer politischen Partei zu suchen.

Der KẞD. fönnen die Gewerkschaften auch nicht das ge­ringste Bertrauen entgegenbringen; zu groß sind ihre beab­sichtigten und gelungenen Schädigungen der Gewerkschaften. Als einzige Partei bleibt die Sozialdemo fratie, in der die Gewerkschaften ihre poli­tische Vertretung finden können. So liegt nichts näher, daß der Parteitag seine Bereitwilligkeit ausspricht, das frühere Berhältnis wiederherzustellen, woran schon bisher nicht zu zweifeln gewesen ist. Zum Teil haben die Gewerk schaften bereits die Folgerungen aus der Entwicklung gezogen. Eine Anzahl hat bei den letzten Wahlen zum Reichstag ent­schlossen zur Wahl der sozialdemokratischen Kandidaten auf­gefordert unter Ablehnung aller anderen Parteien, einschließ­lich der Kommunistischen.

Die Klärung ist erfolgt, für die Gewerkschaften besteht heute feine Wahl mehr, und der Parteitag wird hoffentlich Gelegenheit nehmen, seine brüderliche Unterstügung der Gewerkschaften zu manifeftieren. Auch der soeben Bu Ende gegangene internationale Gemert fchaftstongreß in Wien hat sich für die sozialdemo­fratischen Parteien ausgesprochen, selbstverständlich unter Be­tonung seiner Selbständigkeit. Der Parteitag der VSPD. muß ein öffentliches Bekenntnis für die freien Gewerkschafts­organisationen aussprechen, denn wohl nirgendwo ist die Not­wendigkeit stärker wie in Deutschland für die neue Erfüllung des Bömelburgschen Wortes:

Partei und Gewerkschaften find eins!

Mittwoch, 11. Juni 1924

Ziel und Richtung zu geben in den uns bevorstehenden schweren Kämpfen. Die in Nürnberg erfolgte Einigung der beiden Sozialdemokratischen Parteien war der Anfang eines Gesundungsprozesses der gesamten deutschen Arbeiter­bewegung. Wenn bisher nicht alle auf die Vereinigung ge­fetten Hoffnungen erfüllt wurden, so liegt das nicht zuletzt in dem der auf der Arbeiterschaft schwer lastende wirt­daran, daß die Einigung in einem Augenblick vollzogen wurde, schaftliche Druck das ganze Fühlen und Denken der Arbeiter ungünstig beeinfußte. Wenn erst der außenpolitische Drud, der auf Deutschland lastet, beseitigt ist und wir konsoli­dierte Berhältnisse haben, wird auch das Proletariat mit ge= steigertem Intereffe am politischen Leben teilnehmen.

erflärte die Neutralität der Gewerkschaften in dem Der Parteitag und die Berliner . kunft die deutsche Republik entgegengehen soll, hängt zum

Kampf zwischen den bestehenden drei Parteien: SPD. , USPD . und KPD . Das war notwendig, solange mehrere Parteien bestanden, die sich in ihrer Haltung zu den Gewerkschaften nicht grundfäßlich unterschieden und die Selbständigkeit der Gewerkschaften nicht bestritten wurde.

Inzwischen sind grundlegende Wandlungen eingetreten. SPD. und USPD. sind vereinigt, während die KPD. sich immer weiter entfernt hat. Seit der Spaltung der USPD. in Halle durch die KPD . mit Hilfe der 21 Moskauer Bedingungen ist der Kampf der Kommunisten gegen die Gewerkschaften bauernd gesteigert, und ein lebermaß von Kraft mußte von den Gewerkschaften in den dauernden Kämpfen um ihre Selb­ftändigkeit gegen die KPD. vergeudet werden. In jahrelangen bitteren Erfahrungen ist die Gewerkschaftsfeindlichkeit der RBD. erwiesen, und wenn die Gewerkschaften heute erheblich geschwächt sind, so liegt die Ursache nicht allein in dem Ber­lauf der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Deutsch lands. An der eingetretenen Schwächung durch die innere 3er fetzung, dem größten Uebel, trägt die KPD . die alleinige Schuld. Eine Berständigung der Gemert schaften mit der KPD. ist zur Unmöglichkeit geworden, weil sie die Selbständigkeit der Gewerkschaften verneint.

Die Gewerkschaften sind teine politischen Parteien und fönnen es ihrem Wesen nach auch gar nicht sein. Sie sind die Klassenorganisationen des Proletariats, denn die Mitglied­schaft in denselben ist nur an die Zugehörigkeit zur Klaffe, nicht aber an ein politisches Glaubensbekenntnis gebunden. Dennoch müssen sich auch die Gewerkschaften um Politik be­fümmern, und nicht nur die Sozial- und Wirtschaftspolitik beeinflußt die Wirksamkeit der Gewerkschaften. Der Sozialist fieht in ihnen auch noch die zukünftigen Träger einer organis

Von Franz Künstler .

Der Beschluß der Zentralförperschaften unserer Partei, den ersten ordentlichen Parteitag der geeinten Sozialdemo­fratie in Berlin stattfinden zu laffen, ist von den Berliner Parteigenossen lebhaft begrüßt worden. Hier in der Reichshauptstadt, der politischen Metropole Deutschlands , hat die Sozialdemokratie feit der Vereinigung von Lassalleanern und Eisenachern im Jahre 1875 nur einmal einen Parteitag abgehalten.

Am 14. November 1892 eröffnete Paul Singer in den Konkordia- Festsälen den 3. Parteitag der Sozialdemokratischen Partei nach dem Fall des Sozialistengesetzes. Vor der Ber­einigung der beiden sozialdemokratischen Gruppen, im No­vember 1867, hielt der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein in Berlin eine ordentliche Generalversammlung ab, auf welcher J. B. v. Schweizer, der Nachfolger Laffalles im Präfi dium des Arbeitervereins, neben Brade und Fritsche über die Fragen: Preußen und die deutsche Frage", sowie das Allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht" referierten. Diese Generalversammlung des Arbeitervereins fann als der erste sozialdemokratische Arbeiterfongreß, der in Berlin tagte, bezeichnet werden.

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Nach dem unglücklichen Kriege, der zur Spaltung der Sozialdemokratie führte, hielt im März 1919 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei im Sizungsfaal des ehemaligen Herrenhauses einen Barteitag ab.

Die Zeit der Spaltung ist vorbei. Heute begrüßen die Berliner Sozialdemokraten den Parteitag der Vereinig ten Sozialdemokratischen Partei. Wir Berliner haben nur den Wunsch, daß es dem Parteitag in Berlin gelingen möge, der Sozialdemokratie wie auch der gesamten Arbeiterschaft

schlüsse viel dazu beitragen, die Werbekraft der Sozialdemo Der Parteitag fann durch seine Verhandlungen und Be­fratie zu erhöhen. Klar und eindeutig muß der Parteitag daher zu den in letzter Zeit vielumstrittenen Fragen Stellung nehmen. Nur dadurch wird die Partei ihre in letzter Zeit verlorengegangenen Positionen zurückerobern. In einer Zeit, wo das gesamte Bürgertum alle Kräfte und Machtmittel gegen die Arbeiterschaft und Republit mobilisiert, gibt es für die Sozialdemokratie nur eins, diesem Ansturm die ge= schlossene Front der Hand- und Kopfarbeiter entgegenzustellen. Ein solcher vom Parteitag ausgehender Kampfruf der Sozialdemokratie würde in den Herzen und Köpfen der deutschen Arbeiter lebhaften Widerhall finden und das die Arbeiterintereffen schädigende Treiben der Kom­munisten bald unmöglich machen. Mit größter Aufmerksamkeit werden die Parteigenossen die Debatten auf dem Parteitag verfolgen. Die dem Sozialismus und der Sozialdemokratie ergebenen Berliner Arbeiter erwarten vom Parteitag, daß er der gesamten Partei und Arbeiterbewegung neue Energien vermittelt. Belcher Entwicklung unsere Partei, welcher Zu­guten Teil vom Ausgang des Berliner Parteitages ab. Wie im ganzen Reich, so bewegt sich auch in Berlin unsere Partei wieder in aufsteigender Linie. Der Kom­munistensput verfliegt immer mehr. Das arbeiterschädigende und beleidigende Auftreten der fommunistischen Reichstags­fraktion hat selbst unter den Berliner Arbeitern helle Em­pörung ausgelöst, die bisher mit den Kommunisten sympathi­fierten. Seit der Reichstagswahl hat sich die Situation für die Sozialdemokratie in Berlin bedeutend gebessert, was zu­nächst in einem stärkeren Anwachsen der Mit­gliedschaft zum Ausdruck fommt. Ein Wahlkampf, heute ausgetragen, würde für uns in Berlin ein günstigeres Re­fultat zeitigen, als das vom 4. Mai. Auch die Berliner Ge­wertschaften gefunden. Der Einfluß der Kommunisten in den Gewerkschaften ist dauernd im Schwinden begriffen. Bei den Buchdruckern, Gemeinde- und Staatsarbeitern und, was besonders hervorzuheben ist, bei den Metallarbeitern, haben die vor einigen Wochen stattgefundenen Delegierten­wahlen zu den örtlichen Generalversammlungen ein starkes Anwachsen der Amsterdamer Richtung gebracht. Gerade die Generalversammlung der Metallarbeiter war durch die starke fommunistische Frattion faft zur Arbeitsunfähigkeit verurteilt. Nach der Neuwahl der Delegierten ist die Ortsverwaltung gegen 67 tommunistische Stimmen von 450 Delegierten ge= wählt worden. In der Zusammensetzung der Generalver­sammlungen der Gewerkschaften kommt deutlich zum Aus­druck, daß in den Betrieben der Einfluß der Kommunisten zurückgeht. Die aufgeklärten Arbeiter wenden sich von den Parolenfabrikanten ab, das ist das Wesentlichste und Erfreu­lichste, was allüberall zu beobachten ist. Die wüste Hehe der Kommunisten gegen die Führer der Sozialdemokratie und Ge­werkschaften, sowie das andauernde Geschrei vom Verrat bat

H.ABEKING 24

Hergt

Stresemann

Marx

/ Reichs.

Reichs- Ministerium

Ein letztes Wort! Drei kleine Portefeuillchen, und es wird alles gemacht!"