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Grutte-5ehöer in Ungarn verhastet. Wien . N. Zuni.(TU.) Die.Neue Freie presse- melde«: Das Berliner Polizeipräsidium Halle zu Anfang Mai dieses Zahre» die wiener polizeidireklion um die Verhaftung des tSjährigen angeblichen Aoufmonn, Robert Grütte-Lehder au» Hannover -Linden wegen Raubmorde, ersucht. Der junge Mann, der sich auch Gras Anton Lenz und Gduard Falstafs-tSyorffy genannt hatte, ivar. wie das Sicherheitsburcou dann sesislellte, tatsächlich in Wien gewesen und hatte in einer Snopffabrit in hernal» im 17. wiener Be- zirk gearbcilet und zuletzt im hochjchulerheim in der Asylgasie ge- wohnt. Er war aber schon am 23. April 1924 aus seiner Arbeit und aus seiner Wohnung verschwunden. Run wird heute aus Raab (Ungarn ) gemeldet, dah Grötte-Lehder dort festgenommen worden ist.
Grütte-Lehder wird von der Staatsanwaltschaft wegen Raub- morde? verfolgt. Es handelt sich bei ihm um jenen völkischen Burschen, der mit Ausweisen vom Abgeordneten Wulle und von dem völkischen Generalsekretär K u b« versehen, angeblich die „Aölkische Freiheitspartei" in Pommern organisieren sollte. Er hat seinerzeit damit renommiert, daß er«inen gewissen Leutnant Müller ermordet und oerscharrt habe. Als er dann verhaftet wuide, gestand er die Tatsache ein. Eine im Tegeler Walde aus- fundene Leiche wurde jedoch nls diejenige eines Selbstmörders fest- gestellt, woraus Grütie-Lehder sein Geständnis widerrief und als eitel Renommage hinstellte. Er wurde daraufhin wieder aus der Unter- suchungshait entlassen.' Nun wurde aber Ansang Mai in einer Schonung des Tegeler Forstes durch Spaziergänger«in« Leiche gefunden, die bei näherer Untersuchung als diejenige des angeblichen Leutnants Müller fest- gestellt wurde, der in Wirklichkeit Heinz Dammers hieß und ebenfalls tu völkischen 51 reifen eine Rolle gespielt halte Als mau fetzt de:, angeblichen Kaufmann Robert Grütte-Lehder wieder suchte, war er selbstverständlich längst verschwunden. Auf Grund des Steckbriefes, den die Staatsanwaltschaft hinter ihm erlassen hatte, wurde er auch in Wien gesucht, wohin seine Spur führt«. Er hat sich aber auch in Wien nicht lange aufgehalten und war nach Horthy -Ungarn geflüchtet. Nachdem er dort jetzt in Haft genommen, hat der Berliner Oberstaatsanwalt sofort das Aus- lieferungsverlangen gestellt und das Verfahren ist bereit« eingeleitet. Da Grütte-Lehder wegen Raubmordes verfolgt w:rd, ist anzunehmen, daß der Auslieferung kein« Schwierigkeiten bereitet werden.
entscheide« die Möglichkeit, auch über die volkischen Saboteur« zu Gericht zu sitzen. Bis dahim können die Leute um Henning und Ludendorfs ruhig ihre Protestschreiben erlaflen. An den tatsächlichen Verhältnisien werden sie dadurch nichts ändern.
Wichtigmacher. Teutzchvöltische«rl» Berfaffungöftütze«. Die Fraktion der sogenannten„Nationalsozialistischen Freiheits» Partei" hat sich bemüßigt gesehen, cm den Reichstagspräsidenten eln Schreiben zu richten, in dem sie die Behauptung wiederholt, nach der Erledigung ihres Vertrauensantrages durch Uebergong zur Tagesordnung habe die Regierung kein Recht, im Amte zu bleiben! Sie stellt weiter die Behauptung auf, es fei mit der Berfassimg unvereinbar, daß eine Regierung mit einfacher Stimmenmehrheit ermächtigt werde, Bindungen gegenüber dem Aus- lande einzugehen, deren Durchführung eine Zweidrittelmehrheit erfordert. Eine solche Zweidrittelmehrheit sei zur Ermächtigung der Regierung schon am 6. Juni erforderlich gewesen. Da sie nicht vor- banden war, so legt die Freiheitspartei„feierlichst Verwah- runz ein" und warnt vo/ den praktischen Folgen und der eventuell sich ergebenden Lage vor dem In« und Auslande. Bin. düngen der Reichsregierung hinsichtlich des Sachverständigengut- achtens werde sie niemals anerkennen. Das ganze Schreiben, ha» die Unterschrift des Abgeordneten Henning tragt, ist eine geschwollen« Wichtigmacherei. E» ist selbstverständlich, daß die Regierimg Bindungen nur so weit ein- gehen kann, a!s sie dafür der Mehrheit des Reichstages sicher ist. Sollte sie an irgendeinem Punkte der Durchführung des Sachoer- ständigengu lachte»? einer Zweidrittelmehrheit bedürfen, so werden die Abgeordneten dann vor die Frage gestellt werden, ob sie dos Scheiteru der Abkommen verantworten wollen oder nicht. Mög- licherweise hätte dann das Volk in neuen Wahlen oder mittels Volts-
Deutscher Lehrertag. Allgemeine Anerkennung sozialistischer Kulturarbeit. Breslau , 11. Juni. (Eigener Drahtberichl.) Auf dem Deut- fchen Lehrertag, der zurzeit in Breslau stattfindet, sprach gestern Prof. Aloys Fischer- München über Staatsrecht und Elternrecht auf dem Gebiete der Schule. Er wies nach, daß das Elternrecht«ine Rechtsschöpfung des Staate» sei, da es in der vorstaotlichen Stmnmesverfassung noch nicht«xistieit Hab«. Schulgründer sei vor allem in der neueren Zeit in«ntschei- dendem Maß» der Staat gewesen. Der Staat hatte dem Kinde vi* etwas genommen, ihm immer nur gegeben. Die Erziehung dürfe nicht im Dienst einer Weltanschauung stehen, sondern müsfe den heranwachsenden Menlchen fähig machen, sich selbst em« Weltanschauung anzungrui Der Staat solle sich in einer Zeil der VÄgestaltigkeit der Weltanschauungen nicht mit einer Weltanschauung identisi- zieren. Andererseits hätten die Lehrer alle Ursache, die Mit- arbeitder Eltern an der Schulerziehung von sich aus zu fördc.n. In diesem Sinne wurde auch ein« Entschließung ange- nommen, die den Mißbrauch des Elternrecht» für parteipolilische und konfessionell« SrnderziÄ« verurteilt, aber die weitergehende Heran- Ziehung der Elternschaft zur Schulerziehung empfiehlt. Eine lebhaste Debatte ergab ein Referat über den Stand der Lehrer- bildungssragen. wobei sich, entgegen einem thüringischen Redner, die große Mehrheit der Versammlung zu einer lebhaften Anerkennung der sozialistischen Lehrerbildung s- Politik in Sachsen und Thüringen bekannte. Auch die Tätigkeit des sozialistischen Unterrichtsministers Dr. Strecker in Hessen fand Anerkennung, während an der Politik Dr. Boelitz' nach den Worten eines Sprechers mehr die Reden als die Taten zu loben seien. Ein» Entschließung verlangt, daß am Grundschulgesetz nicht gerüttelt wird l»ib daß der Abbau der Reichskulturpolitik für die Volksschulen rück- gängig gemach; werde. Die Besoldungspolitik der bürger- lichen Reichsrsgierung wird als unsozial in einer besonderen Entschließung oerurteilt, die ganz im Sinne der bereits gestellten sozialdemokratischen Abänderungsforderungen liegt. Die Behanp- tungen über den Rückgang der Dolksschulleistungen seien als Ma- nöoer der Befürworler von Sonderoorjchulen zurückzuweisen.
Kommunistische Gemeinüepolitik. Helfershelfer der Teutfchnationalen. Aus Chemnitz wird uns geschrieben: Getreu den Weisungen ihrer neuen Berliner Zentrale haben die Chemnitzer kommunistischen Stadtverordneten in der Sladtverord- netensitzung vom 5. Juni eine Kette von Schildbürger- streichen begangen. Der dümmste ist solgender: Durch den Tod des Genossen Kraus« war die Stelle des be- soldeten Stadlro's erledigt, dem das Arbeitsamt untersteht. Die Bürgerlichen fielen im Wahlausschuß mit dem Antrag, die Stelle nicht zu besetzep. hinunter. Die BSPD. schlug den Genosten S t r o b« l vor,«inen langjährigen und rüchtigen Gewerkschaftler, die Kommunisten aber einen gewissen H a u» d i n g, der erst in diese Sitzung wieder Proben seiner politischen Unfähigkeit und seiner Ruppigkeit gegeben hat:«. Bon den Bürgerlichen war im Ausschuß kein Borschlag erfolgt. Daß sie aber«lwas im Schilde führten, mußie ein Blinder werken!,... In der Sitzung schlugen sie. nachdem ihr Antrag abgelehnl. worden war, die Stelle öffentlich auszuschreiben, durch den de uts ch- nationalen Fraktionsvorsigenden den rechtsgerichteten Sladirechtsrat Dr. D i« t« r l e vor. der 28 Stimmen der Rechts- Parteien erhielt. Die 4 Demokralen gaben weiße Zettel ab. Die 1K SPD .» und 14 KPD.-Bertreler wählten ihren Kandidaten. Nun kam es zur Stichwahl zwischen dem deutschnatio- n a l e n und dem sozialdemokratischen Kandidaten. D i« Kommunisten wählten aberwals Hausding.. Dadurch waren ihre Zettel u n g ü 1 t i g i> und der deutschnatio-
nole Dr. Dieterl« wurde mit 28 Srimmen gewählt, während der sozialdemokratische Strobel mit IS Stimmen unterlag. Vorher besaßen die Kommunisten die Dreistigkeit, zu behaupten, die SPD . hätte, weil die Bürgerlichen im Ausschuß keinen Kandidaten aufgestellt hätten, mit der Rechten«inen Kuhhandel abgc- schlössen! Hinlerher schimpften sie in hundsgemeiner Weise auf die Verräter von Sozialdemokraten und rieten ihnen, dem kowmu- nistischen Antrag auf Abberufung sämtlicher besoldeten Srodträ'e zuzustimmen. Dann würde der der SPD . nicht genehme Dr. Diererle auch mit abberufen! Sie vergaßen dabei zu sagen, daß dann Dr. Dielerle K Jahr« lang auf das volle und bis ans Lebensende auf das halb« Stadtraiegehalt Anspruch gehabt hätte, obwohl er nur eine 1-2 Stunde Stadtrat war. und daß die Kommunisten in einer Neu- wähl abermals«fnem bürgerlichen Kandidaten zum Siegs verholten hätten._ Die„Vinter�verfammlung von Crastroüa. Erlebnisse mit der Reichswehr in Thüringen . Als die Reichswehr in Thüringen einmarschierte, nahm sie eines Tages auch in Ernstroda bei Gotha Haussuchungen und Per- Haftungen vor. Dort sollte nämlich ein« proletarische Hun- dertschaft bestehen. Auf Grund«ine- angeblichen Milgliedervcr- zeichnisics wurden drei Arbeiter verhastet und von ihnen zwei je 23 Tage und einer 7 Wochen in Schutzhaft behalten. Außerdem wurde gegen diese drei und gegen 33 weitere Arbeiter ein Strasoer- fahren wegen Teilnahm« an einer verbotenen Hundertschaft ein- geleitet. 3ö Arbeitee erhielten gerichtliche Sirafbefehle über je 1 Monat Gefängnis. Also nicht weniger als 3 Jahre Gefängnis sollten wegen dieser Hundertschaft verbüßt werden! Die mit diesen Strasbefehlen Bedachten erhoben Einspruch, und die Berhandlung vor dem Schöffengericht Gotha sollte die Wahrheit an den Tag bringen. Sämtliche Angeklagten best ritten, daß in Ernstroda jemals eine proletarische Hundert- schoft bestanden hätte. Als der Zeug« der Reichswehr und der Staatsanwaltschaft, ein Gastwirt aus Ernstroda , oernommen werden sollte, stellte der Staatsanwalt den eigentümlichen Antrag, daß während der Vernehmung dieses Zeugen sämtliche Angeklagt« den Saal verlassen sollten, damit der Zeuge unbeeinflußt aus- sage. Das Gericht lehnte den Antrag ab. Bei seiner Vernehmung versagte der'Zeuge völlig, er konnte nicht das geringste bekunden, was die Angeklagten belastet«. Die von dem Verteidiger als Zeugen gestellten Gemeinde rätsmitglieder bestätigten sogar, daß in Ernsttoda niemals«ine proletarische Hundertschaft existiert hat. Auf Verlangen des Gemeindsraisvorfitzenden wurde das angeb- lich« Mitgliederverzeichnis im Termin vorgelegt. Der Zeuge sah sich dies Schriftstück an und— es stellt« sich nun heraus. daß durch einen„Schreibfehler" aus einer harmlosen„Mieter"- Versammlung«ine höchst verdächtige geheimnisvolle„W i n t e r"- Versammlung geworden war. Da« Gericht sprach sämtliche Angeklagt« frei und legte die Kosten des Verfahrens der Staatskasse aus. Damit ist das gegen die drei Arbeiter verübte U n- recht ober nicht gesühnt. Weder für die verbüßte Schutzhaft, noch für die Aufregungen des Prozesses gibt es eine Entschädigung. vom Parteitag. Vor Beginn des Parteitags trat heute im Landtags- gebäude der sozialdemokratische Parteiaus- i ch u ß zusammen. Hauptsächlichster Gegenstand seiner Be- ratungen war der. sächsische Parteikonflikt. Der Parteitag wird cheute abend- um 6 Uhr erössnet werden. Genosse Künstler wird ihn im Auftrage der Per- liner Organisation begrüßen, worauf Genosse Crispien im Namen des Parteivorstandes die eigentliche Eröffnungsrede halten wird. Ihr werden Begrüßungsansprachen der aus- ländischen Gäste folgen.__ Neye Siedlungen in Pommern . Die preußische Domänenver� waltung Hai, wie die„Swinemünder Zeitung" meldet, die 2 8 0V Morgen große Staatsdomäne G r o ß- E o r b s h a g« n, Kreis Franzburg in Pommern , her deutschen Gesellschaft für inner« Kolonisation in Berlin -Dohlem zu Siedlungszweckcn zur Verfügung gestellt. Neben einem Rübenbaurestgut werden besonders 3 0 u n d 60 Morgen große Siedler st«llen gebildet. Ein« Reihe von Flüchtlingen wird bereits im Juli diese, Jahres angesetzt.
Aufwertung.
Von Lena. Man wird berühmt als Mitarbeiter des„Vorwärts", auch wenn man's nur unter dem Strich ist, dos Hobe ich immer gewußt, aber gefreut hat«s mich doch, als ich neulich folgenden Brief bekam: „Liebe Lena! Wir kennen Ihr bewährtes Urteil und Ihren Scharfblick, denn wir lesen Ihre Artikel unter dem Strich im„Borwärts", und des- halb bitten wir um Ihren Rat in einer für uns und für ganz Deutschland wichtigen Angelegenheit. Wir erwarten Sie am... in.... um....(Folgen die Unterschriften.)"- Als ich zur bestimmten Stunde am bestimmten Tage den be- stftnmten Raum betrot, fand ich dort bereits eine Anzahl, ich muß jagen höchst eindrucksvoller und gewichtig ausschauender Persönlich- leiten versammelt. Einer von ihnen erhob sich, hielt eine kleine feierliche Begrüßungsansprache an mich, in der er betonte, daß er unentwegt deutschnational sei, und fuhr dann fort: „Sie wissen, daß wir Dentschnattonaien uns letzthin besonders mit der Frage der Aufwertung besaßt haben. Ganz unter uns ge- sogt, wir denken uns dadurch populär zu machen, denn wir fürchten, daß es mit unserer Herrlichkeit von der letzten Reichstagswahl sehr schnell vorbei sein wird, weil wir zwar große Redensarten machen, - mis aber darum drücken, eine Verantwortung zu tragen, wenn es gilt. Taten zu zeigen. Nun möchten wir in der Aufwertungsstag» etwas Neues, noch nie Dagewesenes bringen,— Gott, Hypotheken, Sparkassenguthaben, Reichsanleih«—, als ob es nichts anderes gäbe, das aufgewertet werden müßte, dos wertloser geworden ist als dos Papiergeld in der Jnslativnszeit und wichtiger als diese,?" „Wollen Sie mir derartige Dinge nennen, so will ich nach bestem Wissen und Gewissen versuchen. Ihnen Vorschläge für die Aufwer- tung zu machen," oersetzte ich bescheiden. Denn Bescheidenheit ist nun einmal mein« starte Seite. „Also," sagte der deutschnational« Sprecher,„können Sie Herrn Poincare aufwerten? Wenn er w:eder Einfluß bekäme in Frank- reich, dos käme uns sehr zustatten. Ihm verdankten wir doch wesent- lich unsere Stimmenzunahme bei der letzten Reichstagswahl." „O." erwiderte ich,„ihn aufzuwerten sind Sie bereits ganz auf dem richtigen Wege. Halten Sie nur weiter nationalistische Hetz- reden, stören Sie den Gang der Reichspolitik, agitieren Si« man- orchistisch und militaristisch, dann werden Sie Ihr Ziel schon et. reichen. Wieviel Prozent die Poincare-Aufwertung betragen wird, das dürste allein von Ihrer eigenen Totkraft abhängen." Neben dem deutschnationolen Redner auf der linken Seit« faß ein anderer, der ihm recht ähnlich sah, nur schien er«in wenig un. sicherer und ängstlich.
„Ach, hören Sie," sagte er,„können Sie nicht helfen, die Zu- oerlässigkeit der Deutschen Volkspartei aufzuwerten? Sie ist so wackelig schon von der Zeit her, als wir noch Nationalliberale war-n und man uns„Fraktion Drehscheibe" nannte. So haben wir uns ja auch jetzt bei der Regierungsbildung von links nach rechts und wieder zurück gedreht." „Nichts leichter als Sie aufzuwerten," antwortete ich.„Mar- schieren Sie nur künftig, wie beim Militär, stramm„Augen links", ohne einmal nach der anderen Seite zu schielen, dann geht's." Jetzt mischte sich ein geistkicher Herr in das Gespräch., „Mich interessiert die Aufwertung der christlichen Näkhstenliebe," sagt« er.„Sie ist sehr in Verruf gekommen. Kein Mensch gibt mehr viel darauf." „Kein Wunder," sagt« ich.„Aber lernen Sie vom Sozialismus wieder neu, daß die Menschheit ein Ganzes ist, daß man nicht hosten und töten darf, daß jeder Geborene gleiches Recht hat an dos Leben." „Vielleicht könnte uns«in« Auswertung durch den Sozialismus nichts schaden," meinte er nachdenklich. „Nun noch«in Letztes," nahm der Deutschnoyonale wieder das Wort.„Wie wertet man den Ruhm Ludendorff », die Roman « der Evurts-Mahler und dos Anstandsgefühl der kommunistischen Par- lamentsvertreter auf?" „Nein, meine Herren," sagte ich,.Unmögliche» dürfen Sie nicht von mir verlangen. Wo keine Substanz vorhanden ist, da kann man auch nicht aufwerten. Da» ist bei den drei Letztgenannten der Fall. Geben Sie den nutz- losen Versuch auf!" Ich glaube, man wird allseitig einsehen, daß ich recht hatte, um so mehr, als selbst der deutschnatianaie Herr mir beistimmte.
Benjamins Gigli in der Stoalsaper. Zuerst ist das Erstaunen größer ol» die Bewunderung über diesen Gast, der den Rudolfo in der Boheme singt. Ein kleines, dickes, flottes Männchen mit schwarzem Rock und Leichenbitter bewegt sich quecksilbrig zwischen lauter Riesen. Braun, Scheidl, auch die Jurjewskaja müssen sich bücken, um dem Gast Gigli ins Auge zu sehen. Dos unentwegt Geschäftige mit Hand und Fuß ergibt allerlei drollig« Nuancen der Selbstverspottung. Ein Poet? Eher ein Beamter. Dann aber, als er das eiskalte Händchen der Mimi faßt, wandelt sich Verwunderung in Bewunderung. Ein« metallische, helle, wundervoll ansprechende große Tenorstimm« schwebt in allen Nuancierungen aus meister- baftem Atem dahin, über das Orchester hinweg. Ohne Krampf liegt eine Arie da, auch wenn sie sitzend, vom Stuhl aus, gesungen wird. Der Caruso-Seuszer bleibt nicht aus, und in der stürmisch verlangten Wiederholung wird jede Schönheit des gesungenen Ausdrucks noch einmal unterstrichen. So hält sich der berühmte Mann, der kein italienischer Natursänger, sondern einer von Kultur ist, in völliger Kraft. Menschlich darstellerisch entwickeft er«in Bild des Rudolfo aus lauter kleinen Emzslzügen. Ob er große darstellerische Ausgaben so bewältigt, daß er mit Recht Carusos Nachfolger genannt werden
kann, dos bleibt abzuwarten. Die Mimi der Frau Jurjewskaja be- stand in. allen Ehren. Nicht so das Orchester, das Prätorius besonders im ersten Bild sich überschreien ließ A. S. Residenztheater:..Da» Extemporale". Di« Schul«, insbesondere die höher« ii-chul«. mit ihrer Pedanterie und Tyrannei und der Aus- lehnung der Jugend dagegen ist von jeher ein beliebtes Thema der humoristischen und satirischen Literatur. Mit dem Auskommen des Naturalismus würde die Sache dann ernster genommen. Di« Verfasser dieser Komödie, Sturm und Färber, bewegen sich noch ganz in den altüberlieferten Bahnen de» traditionellen Lustspiels, das komische Situationen auf Kosten aller Wahrscheinlichkeit schafft, den Blödsinn auf die Spitze treibt und dann für«inen guten Ausgang sorgt: Man fürchtet, daß die wackelnd- Pagode, die immer höh-'- aufsteigt, jeden Augenblick zusammenkracht, aber che es dazu kommt, hilft«in neuer Einfall über die Schwierigkeit hinweg, und schließlich ergibt sich man sich dem Genius des Sommertheaters, der lachen will— koste e», was es wolle. Lufttg und ulkig genug sind dt« komplizierten Situationen, in die ein Gymnasiallehrer auf Freiersfüßen zu seiner Tochter aus erster Ehe und der Sahn der zweiten Frau, sein Schüler, geroten. Der Direktor ist ein Frauen- se'.ird. und darum muß ihm die Verlobung seines Lehrers verborgen bleiben. Da aber das Fräulein Tochter für den Schüler ein Extein- poral« abgeschrieben hat und er darüber in«ine hochnotpeinlich« Untersuchung gerät, in deren Verfolg einer den andern decken will und sich schließlich Pier als Abschreiber bekennen, so gibt e»«inen Nattenkontg von komischem Durcheinander. Aber Lotte, ein« Spitz- bubin von Backfisch, die all da» Unheil«nrgerichlet, entwirrt den Knoten und bezaubert sogar den mürrischen Gymnafiarchen. Die flott« Darstellung half über all« Klippen hinweg, Hede Gruhl (der Backfisch) und Ernst B r i n g o l f(als Schüler) waren famos 1»ng. und die Typen des Direktors wie des ängstlichen Oberlehrers kamen durch Georg Wie zo reck und Gustav Rovs zu charakteristischer Ausprägung. Des Lachens aber war kein Ende.-r. Eine glänzende Entschädigung. Einen recht grotesk anmutenden Sprung Hot sich der berühmt« deutsche Amtsschimmel wieder einmal in dem westfälischen Städtchen Haltern geleistet. Am 2ö. Oktober 19ZZ ging ein von einer dortigen Firma abgesandtes Paket mit fünf Paar Strümpfen verloren. Die Firma meldet« Schadenersatz hei der Post. Jetzt im Juni 1924— also„schon" nach sieben Monaten— waren die Recherchen so weit gediehen, daß die Firma die ihr zu- stehende Entschädigung ausgezahll bekommen konnte. Und wirk- lich lief bei dem hocherfreuten Inhaber dieser Tag««ine Postanwei- iung ein mit einer Entschädigungssumme in dem staunenswerten Betrage vgn— einem Rentenpfennig! Nach siebenmonatigem Recher- chierey und Rechnen— bei dem mindestens«in Dutzend Dienststellen in Bewegung gesetzt worden sind, hatte die Post als Ersatz für fünf Paar Damenftrümpfe diesen Betrag herausbekommen. Volksbühne. Sei derUraufsührungdei Einakter»„Der Heimatlose» von Charle» Bildrac am Sonntag mittag 1l>/, Uhr wirken mit- Erwin Koiler vom Staatlichen Schausoielbau«. Paula Sazer. Jaharma Koch.«au»r und Fränze Roloff . Regie: Fri, Holl. Mu dieser Ailifiibruna kommt seit
——-,,--- u————ii- i-- ö——■■~—— i*„*, i um m der Derhängung de« oerfchSrsl-n Botzkott» gegen sranzösische Sühnenwerke "'- c ein junger Franzose io Berlin aus die Bühne.
zum erstenmal wieder