mcuji, daß der angesiedelte Arbeiter der Sozialdemokratie verloren» geht, ist falsch, wie auch die Praxis zeigt. In Deutschland sind 14 Prozent der SixllurflSche verpachtet. Um die Kategorie der Pächter muß sich die Sozialdemokratie ganz besonders kümmern. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die nur mit Pachtland arbeiten, beträgt allein in Westfalen und Hon- nooer 110 000, weil hier reiner Pachtbetrieb vorherrscht. Dieses Pächterstandes, der sogenannten H e:: e r li n g e. hat sich die So- zialdemokratie. mit aller Macht anzunehmen. Das ist schon nötig, weil die meisten Amtsrichter bei ihrer engen Versippung mn den Grundbesitzern selbst der Pachtschutz ordnung feinv- lich gegenüberstehen, so daß sie meist mir unter größtem Widerstreben ein Urteil gegen den Grundbesitzer fällen. Mit aller Energie muß gefordert werden, daß an Stelle der befristeten Pacht- schutzverordnung ein Dauerpachtgesetz tritt, welches die Pächter gegen die Entziehung des Landes schützt. Die Bodenren tnei, die Verpächter, sind für die Produktion vollkommene Para- s i t e n. Die Behausungen der Pächter sind vielfach menschenmi- würdsg. Diele Grundeigentümer benützen ihre Vormachtstellung zu politischen Bevormundungen,-viele Pächter werden zum Deutsch - nationalen Lavdbund gezwungen. Jehl erklären die Grundbesitzer: die Pächter müssen soviel an Dacht bezahlen wie nur möglich, wen sie am 4. ZNai sozialdemokratisch gewählt haben. Die Sozialdemu- kratie darf diese Leute nicht im Stich lassen, hier ist«in weites Felo für die Sozialdemokratie, um für diese Pächter einzutreten. Die endgültige Besteuerung der Landwirtschaft muß den Reichstag schon bald beschäftigen. Der Großgrund» besitz muß seine richtigen Anteil« bezahlen. Bor dem Kriege bezahlten Großgrundbesitzer, die dm Winter über an der Riviero saßen und 10000 M. im Monat verbrauchten, nicht mehr Einkommensteuer als der D o r f s ch u l l« h r e r. Das jetzig« Vielerlei der Steuern muß verschwinden und einer einfachm Veranlagung der Landwirtschaft weichen. An Stelle des Grundsatzes der Leistungs- fähigksit muß der Grundsatz der Produktivität gesetzt werden. Nicht nach dem wirklichen Ertrag, sondern nach der Er- tragsfähigkeit des Besitzes muß die Veranlagung geschehen und die Steuern zu einer Reichsgrundlvcrtfteuer zusammengelegt werden. Die Höhe derselben hängt natürlich ab von den Bedürf- nisim des Reiches und dann von der Leistungsfähigkeit der Land- Wirtschaft im allgemeinen. Der Staat muß die Grundeigentümer genau so behandeln, wie diese die unglücklichen Pächter. Dährmd gegenwärtig die Grundbesitzer 150 Proz. der vorkriegs- pacht fordern, erklären die Agrarier selbst, pro Morgen 40 ZN. zuzusetzen.(Zuruf: Warum geben sie das Land dann nicht her?) Bei der Steuerfrage bietet sich für die Sozialdemokratie eine aus- gezeichnete Gelegenheit, erfolgreich für die Interessen des Klein- dauern st andes einzutreten. Demokraten und ein großer Teil des Zentrums werden der Forderung nach einer Hektar st euer unter Ausschaltung der Buchführung beitreten. Im nächsten Jahre muß ernsthaft der Persuch in Deutschland gemacht werden, die land- wirtschaftliche Produktion zu hebm. Der Produktionswille kann in erster Linie gefördert werdm durch eine Produkt ionsfördernde Steuergesetzgebung, die zwingt, alles ans dem Boden herauszuholen. Die Reichsbahn muß ein« vernünftigere Tanfpolitik treiben, auch zum Vorteil der konsumierenden Stadtbevölkerung. Die landwirt- schaftlichen Forschungsinstitut« müssen ausgebaut und die landwirt- schaftlichen Fortbildungsschulen demokratisiert werden, damit auch die Söhne der Kleinbauern sie besuchen können. Durch Schutzzölle darf die polllische Dormachistellung der Großgrundbesitzer nicht gestärkt werden. In den nächsten Iahren wird es darauf ankommen, die Republik und ihre demokratische Verfassung gegen den Ansturm der Gegner zü verteidigen. Das deutsche Volk wird sich für die Republik unter Führung der Sozialdemokratie oder für die Monorchie unter Fllh- run� der Deutschnationoien zu entscheiden hoben. Die Sozialdemo- kratie hat deshalb zu prüfen, ob sie eine Partei der Lohnempfänger oder des arbeitenden Volkes in Stadt und Land sein will. Für eine Partei der Lohnempfänger erübrigt sich ein Agror- Programm. Wollen wir aber die Landbevölkerung gewinnen, müssen wir auch deren Bedürfnissen Rechnung tragen. Dies geschieht durch eine planmäßig« Arbeit in Boden- und Steuerfragen auf der Grund- lag« der jetzigen Verfassung. Die Sozialdsmokratie ist als Partei der Enterbten und Entrechteten berufen, Führerin der Boden» bearbeiter zu werden. Di« auf eigene Arbeit angewiesenen Volksschichten müssen in Stadt und Land unserem großen Ziele zu- geführt werden.(Lebhafter Beifall.)
Ein Antrag zur LanSfrage. Vorsitzender Wels: Inzwischen ist folgender Antrag Georg Schmidt und Genossen eingegangen: .Der Parteitag der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei zu Verlin im Juni 1924 begrüßt und unterstützt den erneut eingebrachten Antrag der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, in dem ent» sprechend den Artikeln 1S3 und 155 der Weimarer Verfassung eine Neurege lung der Bodenverteilung, der Loden- Nutzung und der Bodenbewirtschaftung verlangt wird. Er erwartet von der Fraktion, daß sie alle Kräfte für die baldige Beratung dieses Antrages im Reichstag einsetzt. Der Parteitag ersucht ferner den Parteivorstand, die Frage: Sozialdemokratie und Landwirtschaft nach Vorbereitung durch eine von ihm«inzusetzende Kommission auf die Tagesordnung des nächsten Parteitages zu setzen." vie Nachricht vom Serlinee Eisenbahnunglück. Vorsitzender Wels: Genossen und Genossinnen! Als ich heute Morgen des Meuchelmordes an unserem Genossen Matteotti gedachte, hat sich zur selben Zeit m unmittelbarer Nähe unseres Tagungs- lokals, vor dem Potsdamer Bahnhof, ein furchtbares Eisenbahnunglück ereignet.(Die Delegierten erheben sich von den Plätzen.) Der Frankfurter Schnellzug ist auf«inen Vorortzug aufgefahren. Handelt es sich bei der Tat an Matteotti um eine Mordtat von Banditen, so ist hier die Schuld un- zureichende Technik oder menschliches Versehen. Zwei Tote sind bis jetzt aus den Trümmern geborgen und 30 Schwerverwundete: die Gesamtzahl der Opfer steht noch nicht fest. Der Parteitag spricht durch sein Erheben von den Plätzen den Angehörigen der Getöteten und den Verwundeten sein tiefstes Beileid aus. Ich danke dem Parteitag. die Loge üer LanSarbeiter. Zunächst erhält dann zur Begründung seines Antrags das Wort der Borsitzende des Landarbeiterverbandes Georg Schmidt: Die Landbündler sind außerordentlich rührig in der Propaganda der Not der Landwirtschaft. In Wirk- lichkeit handelt es sich aber dabei' um Schilderungen der Not von Landwirten. Sie haben auch den Sachverständigen Sta- t i st i k« n vorgelegt, worin sie auf den großen Unterschied der Agrar- preise und Industrieprodukte hinweisen. Das ist jedoch deine deutsche, sondern eine internationale Erscheinung.(Sehr richtig!) Eharatte- ristisch ist, daß sich in all diesen Darlegungen fast nie die Lohn- kurven finden. Diese würden beweisen, daß die Löhne w der Landwirtschaft niedriger sind als in der Vorkriegszeit. Dabei ist in der Landwirtschaft das Lohnkonto unter den Produktionskosten be- deutend höher als in der Industrie. Die Löhne der Land- a r b e i t e r, Natural- und Borlohn zusammengerechnet, betragen heute im Reichsdurchschnitt 26 bis 30 Pf. Diese Zustände haben schon zur Abwanderung der deutschen Land- arbeiter geführt.(Hört, hört!) Vor kurzem haben die Land- arbeiter in Ostpreußen einen großen Kampf zur Heoung ihres Bar- lohns geführt, der 1,04 Pf. pro Stunde beträgt. Bei dem Schlich- tungswefen in den Kämpfen der Landarbeiter hat der Arbeits» minister Brauns vollkommen versagt und sich als Minister der Agrarier erwiesen. Die Deputate, mit denen in der Zeit der Inflation die Agrarier die Landarbeiter zu ködern suchten, um ihnen zu beweisen, daß sie keinen Verband und kein« Partei brauchten, werden heute in rücksichtsloser Weise abgebaut. Das muß dazu führen, daß die Landarbeiter zur klaren Erkenntnis der Sach- läge kommen. Am meisten haben der Landarbeiterbewegung die Phrchenürescherci und. das radikale Kraftmeiertum der K o m m u- nisten, das sich nur in Reden bemerkbar macht, geschadet. Aber die kommunistische Welle auf dem Lande ist überwunden: denn der Landarbeiter weiß ruhige, planmäßige Arbeit zu schätzen. Das Wichtigste ist, daß sich mehr Genossen zu Versammlungen auf dem eigentlichen platten Lande zur Verfügung stellen.(Sehr richtigl) Es gibt keine befriedigendere Tätigkeit als diese. Aus dem Lande hastet das gesprochene Wort viel länger und fester als in den Städten. Helsen Sie mit, daß wir das Land gewinnen: leisten Sie praktische Arbeit wie in Anhalt: da haben wir Landarbeiter und Bauern, die sich für die Partei betätigen.(Bravo !) Vorsitzender Wels begrüßt nun die inzwischen als Vertreterin der österreichischen Bruderparfei erschienen« Gen. Adelheid Popp. /... V. �._
Adelheid Popp : Die Sozialdemokratische Partei Oesterreichs steht nach wie vor mü den Gefühlen herzlichster Sympathie zu der Vereinigten sozialdemokratischen Partei Deutschlands . Wir haben keinen heißeren Wunsch, als daß diese Partei zur wahren Erbin der starken kämpf- und siegerprobien alten Sozialdemokran,'chen Partei Deutschlands werden möge.(Bravo !) Wenn wir auch in Oestetreich jetzr stark genug sind, um allen Bedrohungen der Reaktion ge- wachsen zu sein(bravo!), so wissen wir doch, daß keine Partei eines einzelnen Landes den Sieg erreichen kann ohne die Gemein- s ch a s t mit der Arbeiterschaft: aller anderen Länder. Wir sind bei Ihren Nöten und Ihrer Bedrückung mit unseren Herzen bei Ihnen gewesen und begrüßen es jetzt mit besonderer Freude, daß die BSPD. wieder im Auf- und Vormarsch begriffen ist.(Lebh. Beifall.) Vorsitzender Weis: Ich dank« der Genossin Popp. Es waren nicht nur Worte, sondern wirklich werktätige Liebe, die uns in der zurückliegenden Zeit aus Oesterreich geboten worden ist. Gerode in der Zeit der schlimmsten Inflation war es die öfter- r« i ch i s ch e Partei, die an, stärksten im Verhältnis zu ollen an- deren Ländern der Welt Deuffchland uruerftützt Hai. Das werden wir niemals vergessen. Wir wissen, daß die deuifche und österreichische Sozialdemokratie eins sind, weil sie eines Stammes und eines Geistes sind.(Lebhafter Beifall.) Die Lehren See Reichstagswahl. Hierauf erhielt Dr. Hilferding das Wort zu feinem Referat über die Reich.tagswahlen: In wenigen Wochen wird das erste Jahrzehnt seit Kriegsausbruch erfüllt sein. Wie hat sich die Welt seitdem ver- ändert? Oekonomisch ist festzustellen, daß durch Krieg und Revo- lution der Kapitalismus nirgends entwurzelt worden ist, am wenigsten in Rußland . Die Konzentrotionstendenzen in der Welt sind wesentlich gesteigert. Alle großen Kraftquellen der Industrie. Petroleum, Kohlen, Oele, alle wichtigen industriellen Rohstoffe, Eisen usw., sind in den Händen und in der Kontrolle weniger monopolistischen Vereinigungen. Die ver- arbettenden Industrien werden entweder diesen großen Monopolen angegliedert: sie sind wie früher das Handwerk kapitalshörig, so jetzt monopolzhörig geworden oder sie müssen sich selbst zusammen- schließen zu monopolistischen Gebilden, die mit den Rohstoffmonv- polen Vereinbarungen zu schließen haben. Andererseits hat die Kriegs- und Nachkriegszeit die gesamt« Arbeitnehmer« schaftausgerüttelt: auch die großen Schichten der Angestell- ten und Beamten sind geweckt und haben sich in dies« Gesamtfcwe- gung eingereiht. Die Privatmonopole suchen Staat und Wirtschast zu beherrschen, und die Frage der kapitalistischen Gesellschaft ist, wie man sie«inordnen kann in den gesellschaftlichen Rahmen, in die staatliche Organisation. Das Instrument, das dies« Einordnung zu vollziehen haben wird, sind die großen Organisationen der Arbeitnehmerfchaft, die damit nicht nur ein beschränk- tes Klosseninteresss der Arbeiterschaft vertreten, sondern auch das Interesse der gesellschaftlichen Freiheit, die sich nicht unterjochen lasten kann von einer kleinen Anzahl wirst chafllicher Interessenten. Der Sozialismus ist schon längst nicht mehr eine frage der Armut und des Elends(sehr ricytlg). kein Samvs der Beladenen und Aliihseligen gegen die Reichen und Glücklichen, er(st der Kampf großer organisatorischer Gewallen, und in diesem Komps muß infolge der kopUalistischen Entwicklung selbst die Macht der Arbeilnehmerorganstakionen immerfort wachsen. So steht heute der Sozialismus als Tagesfrage der Politik auf der Tagesordnung dieser Gesellschaft, ob diese das anerkennen will oder nicht. Es ist interessant, daß gerade in dieser Zeit, wo die Konzen- trationsgesetze, die Marx entdeckt hat. sichtliche Wirklichkeit geworden sind, wieder«ine neue Welle des Höstes und Unverstandes aegen den Marxismus, gegen uns schlägt. Man versucht jetzt, den Marxismus tot zu schimpfen, nachdem man ihn solange„widerlegt" und dann tot aesagt hatte. Der Kampf wird geführt von allen denen, die vom Morrismus nichts wissen wollen, einfach, weil sie von ihm nichts wissen.(Sehr gut!) DieGesKichtehatsichalsdia beste Marxistin erwiesen. Die. die heute der Sozialdem.o- krakie vorwerfen, daß sie nicht den Klassenkampf führk. haben noch nicht die Anfangsgründe des Marxismus begriffen. Im f o m m u u i. st i s ch e n Manifest heißt es: die Geschichte aller bisherigen Ge- fellschaften ist die Geschichte der Klassenkämpfe. Also schon die rSmi- schen Plebejer waren Marxisten, denn sie führten den Klastenkampf. Noch nie waren die Klassengegensätze so schalst und offen wie heute. Es handelt sich nur darum, wie der Klassenkampf mit größtem E r f o l g zu führen ist, und das stnd FrogenderTaktit. Aber prinzipiell ist die Partei in der Frage der Führunq des Klassen- kampfes geschlossen und muh es fein: denn schon da» Verhallen unserer Gegner zwingt uns zum Klassenkampf.
Zortsthritte üer volksbühnenbeVegung. „Das deutsche Theater wird sich mehr und mehr auf Volks- bühnenorganilationen stützen oder es wird aufhören, Kullurtheater zu fein," in diesem Sinne sprach sich vor einiger Zeit der Vertreter des preußischen Kultusministeriums aus. Tatsächlich zeigt sich in steigendem Maße, daß ein Theater, sosern es nicht mit unbegrenzten Zuschüssen wirtschaften kann, nur dort imstande ist, ein« gesunde Eristenz zu führen und einen künstlerisch wertvollen Spielplan zu pflegen, wo es sich auf eine kräftige Organisation von Theaterbe- suchern stützen kann. Da ist es npv besonders erfreulich, daß die Aoltsbühnenbewegung, die überall derartig« Theatergdmeinden ins Leben zu rufen sucht, wieder über erhebliche Fortschritte berichten kann. Im letzten Jahr war es möglich, in nicht weniger als 40 n e u e n Orten Volksbühnenorgamsation ins Leben zu rufen. Der Ver- band der deuffchen Dolksbühnenoeteine(Geschäftsstelle Berlin NW. 40) wuchs damit auf rund 130 Besuchergemeinden an, die zusammen berells über 500 000 Mitglieder umfassen. Wenn man bedenkt, daß jedes dieser Mitglieder gegen Entrichtung eines einheitlichen festen Beitrogs monatlich mindestens eine Vorstellung vermittell erhält, und daß bei diesen von de,, Volksbühnenorgani- satipnen veranstalteten bzw. in den bestehenden Theatern gepachteten Vorstellungen größter Wert auf ein künstlerisch einwandfreies Pro- gramm gelegt wird, so kann sich jeder ausrechnen, in welchem Um- fange die Theater durch dieses Azifblühen der Voltebühnenbewegung ein« neue Stütze gefunden haben. Es ist dabei auch zu berück- sichtigen, daß durch die Volksbühne gerade solche Kreise dem Theater neu gewonnen und zu regelmäßigen Besuchern gemacht wurden, die bis dahin für künstlerische Theaterdarbietungen kaum in Betrocht kamen. An der Spitze der zum Verband der deutschen Volksbühnenver- ein« gehörigen Organisationen steht nach wie vor die Berliner Volksbühne� die heute allein 160 000 Mitglieder zählt:, dann folgt die Freie Volksbühne in Hannover mit nahezu 35 000 Mitgliedern. Gs schließen sich die Volksbühnen in Hamburg , Ehem- Nitz. Breslau . Mannheim . Hall«. Stettin . Zwickau mll Mitglieder- zahlen zwischen 10 000 und 25 000 an. Aber auch in mittleren und ganz kleinen Orten konnte die Bewegung Fuß fassen und Mitglieder- zahlen gewinnen, die im Verhältnis zur Bevölkerungszahl jener Orte außerordentlich beachtlich sind. Besonders bemerkenswert ist schließlich, daß neben den 130 Or- ganisatianen, die heute zum Verband der deutschen Voltsbühnen- oereine gehören, in nicht weniger als 100 Orten vorbereitend« Ausschüsse beste-hen, die am Aufbau neuer Volksbühnengemeinden ar- bellen. Es ist also mit einiger Sicherheit darauf zu rechnen, daß die Bewegung auch weiterhin einen starken Abfschwung nehmen wird. In der Zeit vom 20. bis 22. Inn « findet in Hildes heim der fünfte Volksbühnsntag statt, der zugleich der viert« Ver-
tretertag des Verbandes der deuffchen Volksbühnenvereine ist. Eine öffentliche Kundgebung anläßlich der Hildesheimer Tagung wird Ansprachen des Reichskunstwarts Dr. Redslob und des Inten- dant«n Ießner bringen. Im übrigen sehen die Verhandlungen Vorträge von Paul E g g e r s- Breslau, Oberstudiendirektor Dr. T ö w e- G elsenkirchen, Reichstag -abgeordneten Max S e y d e w i tz- Zwickau, Julius B a b- Berlin, Pastor sie. M ö r t n g- Breslau und dem Direktor der Berliner Volksbühne Fritz Holl vor.
Der aussterbenüe Gorilla. Ein Protest gegen die sinnlose und grausame Vernichtung des ..nächsten Derwandlen des Menschen", des Gorilla, den der effrig« Borkämpser des Naturschutzes Albert Gray erhoben hat, findet in der englischen Presse starken Widerhall. Gray weist darauf hin. daß in den letzten drei Jahren die wenigen Herden dieses Tiere», die sich noch in den belgischen Kolonien finden, fast vollkommen vernichtet worden sind. Besonders die interessante Hochlandsart, die von dem deutschen Hauptmann von Beringe entdeckt wurde und sich in der Nähe des Kiwu-Sees im früheren Deutsch-Ostafrika befand, ist dem Untergange nahe. Außer dieser isolierten Form kommt der Gorilla nur noch im westlichen Aftika vor. Wie unter diesen interessantesten Menschenaffen gehaust worden ist, zeigen die drei kürzlich erschiene- nen Iadwerk«:„Unter Pygmäen und Gorilla»" vom Prinzen Wilhelm von Schweden ,„Durch das groß« Kraterland des Kongo " von T. A. Barns 3, Akeley 6 und sein Begleiter Foster 3, im ganzen 26. Nach Jägern hat Prinz Wilhelm mit seiner Gesellschaft 14 Gorilla» getötet. Barns 3, Aleley 6 und fein Begleiter Foster 3, im ganzen 26. Noch den Schätzunzen von Akeley gibt es überhaupt nicht mehr als 50 bis 100 Gorillas: es können aber auch weniger als 60 fein, und die Jäger treten selbst dafür ein, daß der Gorilla auf da» Energischste geschützt werden mühte. Die Reisenden wurden in ihrer Jagd auf das feiten« Tier durch die naturhfftorffchen Museen von New Port, London und Stockholm ermutigt. Gray klagt ,chie unheilvoll« Ver- bindung zwischen Museen und Sportsleuten" an und behauptet, daß der Gorilla überhaupt kein Wild für einen ehrlichen Jäger fei. Barns sagt:„Wenn man diese Affen jagt, so wird kein Mensch mit einem Funken Gefühl sich des Gedankens erwehren können, daß er diesen fast menschlichen Tieren gegenüber zu einer Art Mörder wird." Er tut es aber doch. Grays Appell hat vielfach« Zustimmung erfahren. So schreibt der Dichter John Gaisworthy:.Mächten doch unsere Sport». leute sich davon überzeugen, daß sie viel größeren Ruhm ernten. menn sie mit der Kamera schießen als mit der Flinte. Bortrefflich« Phoiozravhien geben ein besseres Bild von Tieren, als die ausge- stopften Exemplare in den Museen. Am traurigsten aber ist der Mord, der aus 5iandelszwecken um niedrigen Gewinns willen unter der Tierwelt angerichtet wird." Eine Reform der Goelhcgesellfchast? Auf der Tagung der Goelhegesellfchoft, die wie immer auch diesmal in Weimar statt- fand und sonst nichts von allgemeinem Interesse brachte, fiel eine Rede des Schriftstellers Friedr. L i e n h a r d-Weimar aus dem ge-
wohnten akademischen Rahmen. Er gab einige grundsätzliche An- regunaen über d«n künftigen Ausbau der Goethegesellschaft, an die 'ne für unser zerrissenes Vaterland notwendige Zusammenfassung aller geistigen Kraft« n«u« Aufgaben stellt. Um der Gefahr d«r Mumifzierung zu entgehen, müsse di« Gesellschaft, die bisher viel- fach alcxandrinisch gewesen sei, von jetzt ab schöpferisch sein und die geistigen Kräfte der Gegenwart im Nomen Goethes sammeln. Weimar , das bis jetzt mehr eine Museumstadt war, solle«in deuffches Olympia werden, und alljährlich«in« Festwoche veranstalten, in der tne geistig Schaffenden über di« großen Fragen der Menschheit zu uns sprechen oder durch ihre Kunst auf uns wirken. Aus alledem könnte später«ine Goetheakademi« in Weimar erwachsen. Frühere Versuche, die von Berlin ausgingen, die Goethegesell- schaft umzugestalten, haben zu nicht» geführt. Die Zukunft des drahllofen Verkehrs. Nach der„Evlogne-Post" hat M a r c o n i anläßlich feines Gespräches über die erfolgreichen 'Versuche am letzten Sonntag, bei denen«ine Rede aus England in Australien deutlich gehört wurde, erklärt, daß durch fein Strahlen- iystem ein drahtloser Schnellverkehr zwischen allen Weltteilen mög- lich je,. Dabei ist der Empfanasopparat von normaler Beschaffen- heit. Durch Anwendung des Strahleniystem» glaubt Marcont die für solch« Entfernungen erforderlich« Kraft bis auf«in Sechstel Pferdestärke zurückschrauben zu können, da die gesamte Energie sich dann in einer Richtung enffalten könne, statt wie bisher nach jeder Himmelsrichtung verbreitet zu werden. Lestaufführmigen der Woche. Mont Ren-issance-Theater:.Di« I u d e n— Millto. Tribüne:„Dr. Stieglitz".— freit. Schloh- p-n-Theater:„Da» Hau» am Reer". Zm deutsche» Opernhaus findet vom 17. bis«g. Auni em SyNu« von Borftellung-n zu ermähtgten Preisen statt. Jnb-gtissen find auch die DirigentengaNsviele von B r u n o W a l t e r am 17. und 20. Junt so- wie da» Gastsplel Michael Bohnen » am 19. Juni. Lrantootiröge. Theater. TZglich«. 7, g Uhr: Der Berg des Schicksal«-.- yiffaal. Täglich«Uhr:.Die vetteiaung be» Mount Evereft". Außerdem wechselnd:.Bon der Zugspitz« zumWatzmonn-,.Da»S«rdende»N«nsch«n'- Schau wieder ein« verkrachte deutsche Tournee. DI« südamerikanische Lpeictteniournee Leo stall« bat mit einem groven Krach geendet. In Wien stnd Depeschen eingetroffen, nach denen di« Kün iler völlig mittellos in Südamerika dastehen und nicht wissen, woher ste da» Geld zu der Heimreise nehmen sollen. Di« Gefandschast soll eingreifen, Sine gesunde Stadt. Unter den deutschen Städten, die unter 18000 Einwohner zählen, halte im Jahre 1923 Osterode -m Harz die ge- ring st e Sterblichkeit auszuwesten. S>« stellt sich im Vergleich mit der höchsten TodeSziffer einer deutschen Kleinstadt wie 5 zu 19. Zuaahwe der Tode»sälle i» den vereinigt«» Staufen , ein«bricht hei Stotistilchen Bureau« der Bereinigten Staaten macht aus die Tatiache aus- mertsam, daß die TodeSzisfer gestiegen ist. während die Geburt»- ziffer abgenommen bat, und zwar betrugen die Todesfälle 12.8 aus 1000 Einwohner im Jahre 1923 gegen IIB im vorhergehenden Jabr'e die «ebulttzisser dagegen war 22.3 gegen 23,1. Gründe für diese auffällige Erscheinung lassen sich nicht angeben." friedrich Spitta . Professor der Theologie an der Universität Göttinaen. ist 7Ljabrig gestorben. Er wirkte 1887-1919 an bei Strastbiwaer Unioerstiät, wurde aber dort durch die Franzosen ausgewiesen.