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Der italienische Faschismus ist eine unflare und vielgeftaltige Bewegung. Aber feine Substanz fann definiert werden als ein Staatsstreich, ausgeführt pon der Plutokratie Banfiers, Industrielle, Großgrundbefizer, die sich im Krieg bereichert haben zum Schaden des ungeschützten Staates.... Heute ist es nicht mehr möglich, mit ihm zu diskutieren. Das Kapital und die Regierung sind eins, und sie haben Ansehen und Methoden einer absoluten Macht angenommen. Rom , schließlich und endlich, Bundesgenossin der Großbanken, der Großindustriellen und Großgrundbefizer, distutiert nicht mehr Guglielmo Ferrero .
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es tommandiert.
Das tragische Ende Giacomo Matteottis, der als Opfer einer scheußlichen Banditentat des italienischen Faschismus fiel, bedeutet für den italienischen und den internationalen Sozalismus einen schweren Verlust. Matteotti , ein Mann lebhaften Geistes, durch drungen von hoher Kultur, nahm sehr jung die Ideen des Suzialismus auf und wirfte für sie zunächst in seiner Heimatproving Pole fino, dann weit über ganz Italien hin. Sohn einer sehr reichen Familie aus Fratta Polesino, verschmähte er es, auf Grund feines Herkommens und feines Vermögens ein Drohnenleben zu führen; er widmete sich ganz dem politischen Leben zum Nutzen der arbeitenden Klassen und spendete bedeutende Summen zum Besten der Bewegung.
Schon auf dem Kongreß der italienischen Sozialisten in Bologna erwies fich Matteotti als eine bedeutende Persönlichkeit. Er wurde 1919 zum ersten Male in die Kammer gewählt. Als Deputierter war er einer der mutigsten und attivsten Bertreter der italienischen Sozialisten. Man muß schon die italienischen Barlamentsberichte nachlesen, um sich annähernd eine Vorstellung davon zu machen, in welch unerschrockener und unermüdlicher Weise Genosse Matteotti durch Resolutionen, Interpellationen, Gesetzesvorschläge usw. für seine Sache kämpfte. Während der 25. Legislaturperiode der italienischen Rammer war er Mitglied des Finanzausschusses und brachte einen Gesegesvorschlag ein, der die Unwählbar feit aller an Staatsfieferungen interessierten Bersonen forderte. Matteotti war ein glänzender, hinreißender Redner, von einer ausgezeichneten Anpassungsfähigkeit, vermöge derer er in der Lage war, auch ohne besondere Borbereitung bei allen möglichen Debatten inner wie außenpolitischen-, bei ökonomischen wie finanziellen Fragen das Wort zu ergreifen. Bei allen feinen Reden wirfte er durch seine große Sachfenntnis und Sachlichkeit durchaus überzeugend.
Sein Interesse beschränkte sich jedoch keineswegs auf wirtschafts liche Fragen. In der Kammer geißelte er alle die scheußlichen ver brecherischen Laten, die die faschistischen Banden nicht scheuten, selbst gegen Frauen und Kinder zu begehen. Er selbst wurde mehrere Male das Opfer solcher Anschläge, bis ihn jetzt sein Schidjal ereilte. Trotz vieler ihm zugegangenen Drohungen ließ er sich nicht abhalten, die traurige Lage des italienifchen Lebens unter der Schredensherrschaft Mussolinis immer wieder öffentlich in erschütternder Weise darzustellen.
Matteotti war der Sekretär des ,, Partito Sozialista Unitario". Oft war er in fchwierigen Missionen im Auslande tätig. Noch in lebhafter Erinnerung ist seine leẞte Anwesenheit in Berlin anläßlich der Internationalen fozialistischen Repa. rationstonferenz. Hierbei äußerte er auch von Freunden fragt sich über die nächste Zukunft und die innere Lage in Italien sehr pessimistisch.
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Offiziöse italienische Blätter verbreiten die Nachricht, daß Metteotti den Plan gehabt habe, eine große antifaschistische Organi lation im Auslande einzurichten. Jeder, der das wirken Matteottis tennt, weiß, daß dieser unerschrockene Sozialist nicht im entferntesten daran dachte, durch Schaffung antifaschistischer Organisationen im Auslan be Mussolini zu bekämpfen, sondern daß er immer wieder im eigenen Lande, umgeben von Gefahren und von der Parlamentstribüne herab, die Gewaltpolitik Mussolinis bekämpfte.
Es ist daher nur zu leicht verständlich, daß Matteotti ben Faschisten als ein unermüdlicher, unerschrodener Gegner fehr un bequem wurde, besonders da er wegen seiner vornehmen Kampfesmeise große Sympathien auch bei den anderen Oppositionsparteien des italienischen Parlaments besaß. Er hat als ein Held gefämpft und ist als ein Held gefallen. Ein freies Italien der Zukunft wird ihn als feinen Märtyrer ehren.
Rom , 14. Juni. ( WTB.) Mussolini hatte gestern nach der Rammerfizung eine Unterredung mit Frau Matteotti , die ihn wohl auf Grund der umlaufenden Gerüchte von der Auffindung Mussolini versicherte bei dieser Gelegenheit Frau Matteotti , daß die der Leiche ihres Mannes bat, ihr die Leiche herauszugeben. Regierung alles aufbieten werde, um alle Schuldigen ausfindig zu machen. Da in dem Automobil, in dem Matteotti entführt worden ist, Blutspuren gefunden wurden, wird im allgemeinen angenommen, daß der Abgeordnete tatsächlich ermordet und seine Leiche entweder im Bicosee perfenft oder in den großen Wäldern der Umgegend vergraben worden ist.
Förderung des Wohnungsneubaues.
Zwischenkredite für Kleinwohnungen.
Die Ver
von Kleinwohnungen für die minderbemittelte Bevölkerung Zur Bewährung von Zwischenfredit bei der Herstellung find, wie der Breußische Minister für Boltswohlfahrt in einem Erlaß an die nachgeordneten Behörden ausführt, in beschränktem Umfange staatliche Mittel bereitgestellt worden. waltung dieser Mittel und die Gewährung des Zwischenkredits wird durch die Preußische Landespfandbriefanstalt in des Kredits gibt der Amtliche Preußische Pressedienst folgendes Berlin SW. 68, Schützenstr. 26, erfolgen. Ueber die Einzelheiten befannt:
Der Zweck des Kredits.
Der Zwischenkredit wird zur Herstellung von Kleinwohnungen für die minderbemittelte Bevölkerung in Kleinhäusern jeder Art, ins sekretär für Inneres und Vizekommissar für Luftschiffahrt, Finzi, besondere solchen, die auf gemeinnütiger Grundlage erNach einer Meldung der Agenzia Stefani hat der Unterstaats- besondere in Wohnheimstätten, ferner in Mittelhäusern, insda sein Name indirekt mit dem Berbrechen an Matteotti in Zurichtet werden, gewährt. Er soll grundsäglich zum Aufbau der Häuser fammenhang gebracht worden ist, unter energischer Bestreitung jeden solchen Zusammenhanges seine De miffion eingereicht, um so die notwendige Bewegungsfreiheit zu erhalten, um sich gegen die Berleumdungen feiner Feinde verteidigen zu können. Mussolini hat die Demission Fingis angenommen mit der Erflärung, daß er diese eble und mutige Handlung billige und daß er die Gegner Fingis einlade, ihre Behauptungen zu begrün. den. Angesichts ähnlicher Verdächtigungen hat der Breffe chef des Ministerpräsidenten, Cefare Groffi, der zugleich Mitglied des Biererausschusses der Faschistenpartei ist, ebenfalls feinen Rücktritt erklärt. Mussolini hat auch diese Demission angenommen.
Wer hat Matteotti ermorden lassen?
Mailand , 14. Juni. ( TU.) Zu dem Berbrechen an Matteotti stellt der Avanti" die Behauptung auf, daß die Regierung über das Verbrechen Bescheid weiß. In der Redaktion des Blattes sei ein Kommissar erschienen, um Mäßigung in den Kom. mentaren zu empfehlen, da die Regierung fonft jebe Berantwortung für eventuelle Folgen ablehne. Ferner berichtet das Blatt, in der Nacht auf Freitag sei von der Polizei in Mailand eine große Tätigkeit entfaltet worden. Einige von Faschisten besuchte Lokale seien darauf scharf überwacht und es feices aussuchungen und Verhaftungen vorgenommen worden. Von Mitternacht an sei auch auf dem Bahnhofe eine scharfe Kontrolle des Reisenden verfehrs durchgeführt worden. Der„ Secolo" schreibt, das Gerücht von einer Mitverantwortung hochgestellter Kreise nehme immer festere Form an. Man rede von sensationellen Berhaftungen, die bevorstehen sollen.
Paris , 14, Juni. ( UP.) Der Bollzugsausschuß der franzöfifchen Sozialistenpartei hat die parlamentarische Graffion der italienischen Sozialistenpartei ein Telegramm gefandt, worin die Entrüstung der französischen Sozialisten über die Ermordung Matteottis ausgedrückt wird.
sowie zur Abstoßung von Hypotheken und anderen auf diesem dienen, kann aber auch ausnahmsweise zum Ankauf von Bauland ruhenden Basten gewährt werden. Die Einräumung des Zwischen. fredits erfolgt durch Bermittlung der Preußischen Landespfandbrief. anstalt für Häuser, die von dieser mit Tilgungshypotheken beliehen werden sollen. Der Zwischenkredit ist vor weg genommener Grundkredit. Seine Höhe richtet sich nach der fünftigen Beleihung mit Grundkredit und darf den nach der Sagung der Anstalt beleihbaren Teil des Wertes der Häuser nebst Grund und Boden nicht übersteigen.
Die Sicherung des Zwischenkredits.
Die Sicherung des Kredits soll bis zur Eintragung von Til gungshypothefen auf den fertigen Häusern in den für die Landes. pfandbriefanstalt zu bestellenden oder abzutretenden Hypothefen oder. Grundschulden, in Bürgschaften sowie anderen Sicherheiten bestehen. zur Prüfung der Sicherheit des Kredits fann die Preußische Landespfandbriefanstalt die Vorlegung der erforderlichen Unterlagen ververpflichten, ihr jederzeit Auskunft über ihre Vermögenslage zu langen. Die Siedlungsunternehmer haben sich auf Verlangen zu geben.
Darlehusbedingungen.
gegeben. Erfolgt von feiner Seite eine Kündigung, so verlängert Der Zwischentrebit wird zunächst auf ein halbes Jahr sich die Bewilligungsdauer von Bierteljahr zu Bierteljahr, jedoch grundfäßlich nicht über den 1. April des auf die Kreditgewährung folgenden Jahres hinaus. Für die Verlängerung ist eine Provision von Proz. pro Bierteljahr zu zahlen. Der Zwischenkredit wird als wertbeständiges Darlehn gewährt. Der Zinssak beträgt bis auf weiteres 3 Pro3. Ueberreichsbankdiskont für das Jahr; daneben werden einmal 1 Broz. Unfostengebühren und 1 Broz. Bereitstellungsprovision für die Preußische Landespfandbriefanstalt erhoben. Werden diese Beträge nicht rechtzeitig gezahlt, so erhöht fich der Zinsfuß für die Dauer des Verzuges um die Hälfte des jeweiligen Reichsbankdisfonts.
Zur Frauentagung.
Heute tommen die Genofsinnen aus dem ganzen Reich zusammen, um miteinander zu beraten. Die Arbeit der hinter uns liegenden zwei Jahre, die Erfahrungen der Wahl, geben reichlich Stoff für einen Berhandlungstag.
neben der Erörterung der praktischen Dinge ein BeratungsEs war immer üblich in den Frauenkonferenzen der Partei, thema zu stellen, das eine Kulturaufgabe der Partei darstellt, wir uns diesmal in der Ankündigung mit dem einfachen Titel von dem aus wir Wege fuchten für unsere fernere Arbeit. Wenn „ Die Frauen und die Wahlen" begnügten, so bedeutet das durchaus nicht, daß wir auf die Erörterung zufünftiger Ent wicklungsmöglichkeiten verzichten wollen. Im Gegenteil. Die Frau in der Politik, die Frau als tätiges Mitglied der Partei, die Frau als Lernende und Lehrende, die Frau als Wählerin, das sind Problemstellungen für jeden, der sich mit der Frage beschäftigt, welche Aussichten die Sozialdemokratie in der zufünftigen politischen Entwicklung hat. Ob sie jemals zu jener Machtstellung gelangen wird, in der sie ihren ideellen Zielen Machtstellung gelangen wird, in der sie ihren ideellen Zielen näher kommt, und das aus eigener Kraft verwirklichen fann, was sie für die Massen der Arbeitenden wünscht.
Boltsbühne. Im Theater am Bülow plat feierte die rheinische Komödie aus der Franzosenzeit, Schneider Wibbel " von Hans Müller Schlösser ihre fröhliche Auferstehung unter der bewährten Regie des Baul Hendels, au dessen Glanz rollen der Schneidermeister Anton Wibbel gehört und zu deffen Ehren als leichtere Sommerfoft das Stück wohl auf den Spielplan gesetzt worden ist. Es macht feinen Anspruch darauf, literarisch ge mertet zu werden. Dafür ist es aber luftig, sehr luftig sogar, so daß die Zuschauer in die beste Laune versezt wurden. Die Komödie ist nicht nach dem üblichen Rezept der Schwantfabrikanten fonstruiert, sondern es entwickeln sich aus einer verschmitten Idee der Frau Bibbel die tomischsten Situationen, in denen der Schneidermeister und München , in einigen Bezirken Hamburgs , in Sachsen , Sehen wir uns die Zahlen an, wie sie sich in Nürnberg gerührt sein eigenes Leichenbegängnis mit ansehen kann und ge. Thüringen und dem Rhein aus der getrennten Abstimmung zwungen ist, einen lebenden Leichnam darzustellen. Die fleinen Schwächen und Eigenheiten seiner Mitmenschen hat Müllerergeben, so fommen wir zu verschiedenen Betrachtungen, BerSchlösser in seiner fölschen Komödie famtos gezeichnet, die Haupt- mutungen und Schlußfolgerungen. In Bayern fehen wir eine rollen des Schneider Wibbel , seiner Frau und des Schneidergefellen relativ starte Stimmabgabe der Frauen für den Bölkischen Mölfes bieten die beste Gelegenheit, in prächtiger Komit zu glänzen. Blod", während die Kommunisten fich feiner übergroßen SymBaul Hendels mit feinen schlaffigen Bewegungen, feinem teipathie der weiblichen Wähler zu erfreuen haben. Ist es so, weise larmoŋanten, teilweise bramarbasterenden Wesen, Thea wie mir jemand sagte, daß der militärische Klimbim und das Grodtczinsky als betuliche, nie um eine Ausrede verlegene, brutale Auftreten seinen Eindruck auf die Frauen nicht verbrutale Auftreten feinen Eindruck auf die Frauen nicht verlieb energische Ehefrau, Harry Berber in seiner fadenscheinigen fehlt, daß sich hier eigentlich ein Stüd Geschlechterpsychologie Grandezza und dem zur Schau getragenen dümmlichen Eigennus, ent enthüllt, wo man am wenigsten daran denft? Dem wider feffelten immer neue Lachstürme. Uebrigens kommt das echt wirkende Stüd nicht jedermann fo fprechen die Ziffern aus Sachsen und Thüringen , wo aus dem harmlos vor. Vor kurzem hat ein franzöfifcher Besatzungskom Stimmenverhältnis deutlich sieht, daß außer den engsten AnStimmenverhältnis deutlich sieht, daß außer den engsten Anmandant aus den Rheinlanden den„ Schneider Wibbel " verboten, gehörigen teine Frau einen völkischen Bettel abgegeben hat. meil im ersten Aft der angeheiterte Schneidermeister despektierliche Aeußerungen über die Franzosen macht. Woraus man erkennen fann, daß das schwer bewaffnete Militär einen nachdrücklicheren Dgr. Schutz nötig hat, als wir simplen Zivilisten.
Der Schafftall als Kriegerdenkmal. Die Stadt Dinkels.
Der Ent
bühl in Mittelfranken befigt eine 1371 erbaute gotische Rapelle, bie in Berfall geraten und zuicht als Safft ali benutzt worden war. Jetzt hat die Gemeinde das Gebäude renoviert und als Kriegsgedächtnis halle ausgebaut. nidlungsgang vom ehemaligen Gotteshaus über den Schafstall zum Molochtempel bedeutet jebenfalls ein Unifum in der Geschichte der Deutschen Architettur. Eine Abbildung des interessanten Baus, die Die Deutsche Tageszeitung in ihrer illustrierten Wochenbeilage veröffentlicht, zeigt übrigens, daß dem Tempel der Charakter des Sdafſtalls auch in feiner neuen würdigen Form" gewahrt ge
blieben ist.
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Führungen in Museum für Meeresfunde, Georgenstr. 34, Dienstag, den 17, 12 hr, Broj . Krumbach : Wie fich die Wassertiere ernähren. Dienstag, Ben 24., 12 Uhr, Prof. Brühl : Das
Baffer der Dzeane.
Infendantenteile in Hannover . Billi Grunwald, der Intendant der stäblischen Bühnen in Hannover , hat ein Gesuch um fofortigen Nüdtritt bon feinen mit als Sntendant eingereicht. Er will die Leitung der bereinigten Theater von Hamborn- Oberbaufen- Glabbed übernehmen. Die Gründe für den Rüdtritt Grunwalds liegen in seiner Unzufriedeheiz mit ben inneren Berhältnissen der Theaterverwaltung
Ueberall aber, ohne Ausnahme, sehen wir aus dem Bergleich der Ziffern eine starke Beteiligung der weiblichen Wäh gleich der Ziffern eine starke Beteiligung der weiblichen Wählerstimmen an dem Ergebnis für die Deutschnationalen und dort, wo es dominiert, natürlich auch für das Zentrum. Beim letteren, das wissen wir, ist es die starke Bindung durch die Kirche. Aus welchen Kreifen aber rekrutieren sich die deutschnationalen Wählerinnen? Es sind neben den sogenannten Mittelstandskreisen, neben dem eigentlich ihrer Klaffenlage nach zu uns gehörenden Schichten der Beamten, auch unzählige Arbeiterfrauen, die diesmal deutschnational gewählt haben. Es sind die Frauen, denen seit acht Jahren im Grünframteller, beim Kaufmann, beim Metzger, beim Bäder, wenn sie eintaubeim Kaufmann, beim Megger, beim Bäcker, wenn sie eintaufen gehen, eingehämmert wird, ja unter dem Kaiser war alles beffer. Hier ist in all den Jahren eine fyftematische Agitation getrieben worden, die jetzt ihre Früchte getragen hat. Eine Agitation demagogischer Art. In Augenblicken der Verzweiflung, mit geringen Mitteln vor viel zu teuren Waren stehend, wurde Tag für Tag auf die Frauen eingehämmert, ohne ihnen die wirklichen Ursachen der Inflation, der damit verbundenen Teuerung zu nennen, wurden sie hingewiesen auf die monarchistische Vergangenheit, in der die Sozialdemokraten nicht in der Regierung faßen. Es sind aber auch die Frauen, die aus einem begreiflichen Bedürfnis nach Freude und Glanz ein
oder zweimal in der Woche ins Rino laufen und dort in den verschiedensten, dem ungeschulten politischen Kopf so leicht ein. gehenden Bildern politische Aufklärung" empfangen. Es find aber auch die Frauen, die aus dem gleichen Bedürfnis nach Abwechslung in ihrem täglichen Einerlei die Unterhalneutralen" Beranstaltungen der hinter diefen Blättern stehentungs- und Familienblätter verschiedener Art lesen und die den Organisationen besuchen. Hier( im Blatt, wie im Unterebenfalls, für die Frauen ganz unmerklich, ein Stückchen polihaltungsabend) wird neben guten und schönen Darbietungen tischer Arbeit verrichtet, ohne daß es greifbar ist, werden die Frauen politisch beeinflußt, natürlich gegen die Sozialdemo fratie. Man muß es den Gegnern des Frauenwahlrechts lassen, sie verstehen es gut, die Frauen, die nach ihrer Meinung leider das Wahlrecht nun einmal haben, für sich zu gewinnen.
partei gibt es eine Reihe Aufgaben, die in einer ganzen Reihe Für die sozialdemokratischen Frauen und für die Gesamtvon Fragen ihren Ausdruck finden:
Wie gewinnen wir die Frauen für die Partei, mie geminnen und schulen wir diese für die Arbeit, auf welchem Wege welches sind die am besten geeigneten Arbeitsgebiete für die führen wir sie am besten zur wirklichen politischen Betätigung, tätigen Frauen der Partei, um ihr Interesse am öffentlichen Leben zu fördern, wie verteilen und verwenden wir am besten unsere Kräfte im Dienst des sozialistischen Gedankens, um zugleich damit einzuwirken auf die großen Scharen der Frauen, die in absehbarer Zeit nur als Wählerinen, nicht als Trägerinnen einer bestimmten Weltanschauung in Frage kommen?
Diese Fragen, die sich unendlich vermehren laffen, zeigen deutlich die Verbindung von Theorie und Praxis, führen uns bei dem Verfuch der Beantwortung auf ein so großes Arbeits feld, wo wir nach Herzenlust ackern, säen und auch einmal ernten fönnen. So weit, wie irgend möglich über diese Fragen zur Klarheit zu kommen, damit wir in den nächsten zwei Jahren gemeinsam so viel, wie möglich erreichen, das soll die Aufgabe der Frauenkonferenz fein, ich zweifle nicht daran, daß die Genoffinnen sie mit ganzer Hingabe lösen werden.
Manches erscheint einfach und nebensächlich, und ist doch trotzdem die Grundlage alles fünftigen Werdens. So wollen wir an die Arbeit gehen in dem Bewußtsein, daß das Bichtigste von allem für uns Frauen das ist, daß wir unsere Mitschmeſtern in ihren geistigen und seelischen Bedürfnissen fennen lernen müssen, um abfchäken zu können, wo und in welcher Weise wir mit unserer Aufklärungs- und politischen Schulungsarbeit einzusehen haben.
Wir wollen als Frauen, und richtiger noch ausgedrückt, wir wollen als politisch tätige Menschen in der Gesetzgebung, in der ganzen politischen Entwicklung mitwirken, in einer Weise, die uns das befriedigende Bewußtsein gibt, an Bflichterfüllung nichts schuldig geblieben zu sein. Die Grundbedingung dafür aber ist, daß nicht nur einzelne Frauen sich daran genügen laffen, ihr eigenes Wiffen der Allgemeinheit gegenüber durch ihre Tätigkeit zu falvieren, nein, Grundbedingung aller demofratischen Entwicklung ist die bewußte Teilnahme möglichst breiter Maffen am öffentlichen Leben. Diese Vorbedingungen zu erweitern und sie zu befestigen, find wir der Sozialdemofratischen Partei, sind wir der Allgemeinheit, sind wir dem Sozialismus schuldig.