Etatberatungen in Thüringen . Der Finanzminister gegen Annahme des Sachverständigengutachtens. Weimar , 19. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der Haushalts- plan des. Landes Thüringen , der Ausgaben in Höhe von 83,7 Millto- nen Goldmark vorsieht und einen F«hlbetragvon7,4Millio- n e n aufweist, gelang« in der Donnerstagsitzung des Landtages zur Beratung. Der Finanzminister erkannte in seiner Etatrede die Leistungen der unter der Leitung des so viel angefeindeten Sozialdemokraten Wolter Loeb stehenden Thüringischen Staatsbank an, bezeichnete die Herausgabe von Schatzanweisungen durch den damaligen sozialdemokratischen Finanz- minister Hartmann als«ine äußerst geschickte Maß- nähme und brachte besonders zum Ausdruck, daß das Land Thüringen durchaus kreditfähig sei. Der in Thüringen durchgeführte Abbau der Beamten habe keine wesentlicher Er- s p a r n i s s e gebracht, und es sei zweifelhast, ob die im Etat einge- setzten Beträge an Grund st euer eingehen würden, da Stundungs- gesuche und Gesuche um Erlaß der Steuer durch die Landwirtschaft in großen Mengen eingehen. Das Land müsie aber darauf bestehen, die Gelder hereinzubekommen, wenn es selbst die jetzige schwierige Zeit überwinden wolle. Zur Deckung des Fehlbetrages schlug der Finanzministcr vor,' daß von den 18 900 Schülern der Wahlschulen, von denen jetzt ungefähr die Hälfte schulgeldfrei sind, nun- mehr 16<XX1 zur Zahlung des Schulgeldes verpflichtet werden sollen. Ferner sollen die Beamtengehätter von Gruppe III an eine Kürzung erfahren. Durch die Annohme des Sachverständigengutachtens«nt- fiele auf das Land Thüringen «ine Belastung von 16 Milliarden Goldmark, die von der Wirtschaft getragen werden müssen. Da das eine unmögliche Belastung wäre, müsse dahin gewirkt werden, daß es nicht zu einer Annahme des Sachverständigengutachten» komme. Genosse Frölich wandte sich in einer groß angelegten Rede gegen die Ausführungen des Finanzmieisters zur Reichspolitik und legte dar, daß die Stellung der thüringischen Regierung zum Sach- verständigengularlsten keine einheitliche sei. weit der volkspartei- lich« Minister Leuthäuser sich im Reichsrat für die Annahme des Sachverständigengutachtens ausgesprochen habe. Besonders verwahrte sich Frölich gegen die Kürzung der Beamten- gehälter und hielt ein« solche erst bei den oberen Gruppen für ange- bracht. Er macht« positiv« Vorschläge zur Beseitigung des Fehl- betrage». Schließlich brachte er noch zum Ausdruck, daß die sozial» demokratisch« Fraktion zur Regierung kein Vertrauen habe, daß sie wohl an den Beratungen des Etats teilnehme, um für die bedrückten Volksteile das Mögliche zu erreichen, daß sie aber gegen den Etat stimmen müsse. Der Redner des Landbund«, Baum, gab die Erklärung ab. der Thüringer Landtag halte den Anschluß Thüringen « an Preußen für unumgänglich notwendig. Die Wirtschaft und die Finanzen Thüringens müßten in, Hintertreffen geraten gegen» über denen anderer Länder, wenn nicht der Anschluß an ein andere» größeres Land vollzogen würde. »i« Die Rede des thüringischen Finanzmimsters bedeutet eine Blamage für das neue Kabinett und den Ordnungsbuich. Während des Wahlkampfes waren die Maßnahmen der Genossen Loeb und Hartmann von den Ordmmgsbündlern in Grund und Boden kritisiert worden, man hatte ihnen sogar unsauberes Geschäftsgebaren unterschoben. Heute muß der Finanzminister des O�dnungsbundes zugeben, daß die Finanz- Politik dieser Sozialdemokraten nicht nur einwandfrei, sondern sogar„äußerst geschickt' gewesen ist. Damit enthüllt sich die verlogene und skrupellose Schmutzpropaganda, die den thüringischen Reaktionären in den Sattel verhalf, in ihrer ganzen Erbärmlichkeit. Sehr bemerkenswert sind die Ausführungen des Finanz- Ministers über die Grundsteuer. Solange die sozialdemokratischen Minister die Grundsteuer eintrieben, wurde das Märchen Nlsgeftteut, das thüringische Kabinett bedrohe die Freiheit der Landwirtschast und die reaktionären Hetzer bestärkten die Landwirte in ihrem Bestreben, die Grundsteuer
zu sabotieren. Die Stsuersobotags ist dieselbe geblieben, die Minister haben gewechselt— und plötzlich ist die Grundsteuer ein notwendiger Bestand der Finanzen und die Sabotage ein Verbrechen! Am kläglichsten mutet es aber an, daß der thüringische F i n a n z m i n i st e r vor versammeltem Hause gegen die Annahme des Sachverständigengutachtens wettern kann, während sich sein K o l l e g e im Reichsrat s ü r seine Annahme ausspricht. So etwas wie Homogenität scheint es im neu- gebackenen Ordnungsbundministcrium nicht zu geben und man scheint es als zum guten Ton gehörig zu betrachten, wenn man die Methoden, die man früher gegen die Sozialdemokraten an- wandte, nun gegeneinander zur Anwendung bringt.
Das Ende einer Tenüenzlüge. Kein weiterer Personalabbau bei der Eisenbahn . Die Telegraphen-Union verbreitet« ein Interview ihre» Korrespondeneten mit dem englischen Eisenbahnsachverständigen Sir William Acworth. Diese Veröffentlichung sollte den Eindruck erwecken, als ob Sir Acworth eine weitere Vermindc- rung des Eisen bahnpersonols für nötig halte. Sir Acworth dementierte diese Tendenzmeldung. Trotzdem besaß die Telegraphen- Union die Stirn, ihve Behauptung aufrechtzuerhalten, trotzdem ihr gesagt wurde, daß ihr Vertreter das Interview unter falschem Vor- wand erschlichen hat. Nun wird durch Wolff-Bureau folgende Feststellung verbreitet- „Zu den neuen Tendenzmeldungen der Telegraphen-Union über die angeblich« Absicht der Sachverständigen, einen neuen Personalabbau der Reichsbahn zu fordern, wird der „Vossischen Zeitung" aus bester Quelle folgendes mitgeteilt: Die Sachverständigen, insbesondre die beiden Eisen- bahnfacksseute, be st reiten auf das entschieden st«, daß eine solche Forderung aufgestellt oder auch nur diskutiert worden sei. Bei den Vorarbeiten des Sachverstäitdigentomitee» um die Jahreswende war die Frage des Personalabbaus tt> Erwägung gezogen worden. Da aber inzwischen von der deutschen Regierung selbst der Personalbestand der Reichsbahn stark abgebaut worden ist, holten di« Sachverständigen feine weiter« Ber. Minderung nicht mehr für erforderlich. Es besteht bei ihnen daher auch keinerlei Absicht, dos Problem etwa erneut in Erwägung zu ziehen. Alle anderslautenden Nachrichten entsprechen nicht den Totsachen." Damit ist die Tendenzlüge der Telegraphen-Unlon zusammen- gebwchen.
Zur Umwanülung der Reichsbahn. Nach einem von der Sozialdemokratischen Reich«. beamtentagung angenommenen Antrag soll die Eozialdemo- ktatische Reichstags fraktion bei der kommenden Umstellung der Reichsbahn mit aller Entschiedenheit dafür eintreten, daß den Beamten und Beamtenanwärtern ihr« wohlerworbenen Reichs- beamtenrechte dem heutigen Veamtenrecht entsprechend ge- währleistet bleiben. Der Deutsche Eisenbahnerverbond und die Reichsgew erkschast haben sich zur Klärung dieser wichtigen Frage inzwischen mit einer Eingabe an die Reichsregierung. die Parteien des Reichstags, sowie an die Regierungen der Länder gewandt. Sie verlangen, daß vor der Vorlegung der tn Betracht kommenden Ge- fetzentwürf« die Frage in Verbindung mit den Vertretern der Reichs- eisenbahnbeamten besprochen wird. Dielfach wird innerhalb der Beamtenschaft auch die Befürchtung laut, daß mit der Umwandlung der Reichseisenbahn di« Beamten in Zukunft nur noch als Angestellte mit Beamtentitel zu betrachten stich. Das würde bezüglich der Besoldung(jetzt Reichs- besoldung), Pensionen, Hinterblwbenen und dergleichen eine andere rechtliche Stellung bedeuten. Wie wir dazu hören, bleiben die wesentlichen Rechte gesrch ert, wenn auch aus dem Reichseisen- bahnbeamten ein Beamter eigener Art wird. Bei der starken Be- tonung des kaufmännischen Gesichtspunktes durch die Sachverstän- digen und bei der politischen Bedeutung, di« nach der Umwandlung der Reichseisentohn tn der ungestörten Ausrechtsrhaltung de» Be-
triebes liegt, werden qualifizierte Arbeit und Disziplin in der Reichs- bahn eine besonders wichtige Rolle spielen. Um so selbstverständlicher ist es, daß das gesamt« Personal im Rahwon der außenpolitischen Notwendigkeiten wirtschaftlich und rechtlich zufriedengestellt wird. Ein weiterer Abbau des Personals kann, wie wir ferner hören, schon im Hinblick auf die sich mehrenden Unglücksfälle keineswegs unten, sondern höchstens oben, im Bureaubetrieb, vorgenommen werden.
von Rnstanö, Mut und anderem. Henning vor Gericht. — Er klagt einen Parteigenossen an. Am Donnerstag stand der Nationalsozialist Bock vor Gericht. Kläger war der Nationalsozialist Reichstagsabgeordneter Major a. D. H e n n t n g. Bock hatte in der Völkischen Freiheitspartei behauptet, daß Henning bei Ermordung des Grafen Mirbach, des deutschen Geschäftsträgers in Moskau geflüchtet sei, daß Hcn- ning den Verband Nationaler Soldaten beim Minister Severing denunziert und daß er sich schließlich geweigert habe, bei einer Protestkundgebung auf dem Platz vor dem Reichstag nach der Ermordun g M inister Rathenaus zu sprechen, aus Furcht, daß die Menge Henning verprügeln werde. Die interessante Klage kam leider nicht zum Austrag. Henning erschien zu der Verhandlung mit einem großen Hakenkreuz auf dem Ueberrock. Der Vorsitzende, Amlsgerichisrai Friedländer, ersuchte de« Abgeordneten, das hackenkreuz zu entfernen, da er im Gerichtssaal als Verhandlungsleiter das Tragen dieses Abzeichens nicht dulde. Er bezeichnet« das Verhalten des Privat- klägers als ungehörig. Henning� weigerte sich trotzdem, das Hakenkreuz zu«nt- fernen mit der Erklärung, daß keine Bestimmung vorhanden fei, die das Tragen des Hakenkreuzes in Deutschland verbiete. Das Haken- kreuz fei das offizielle Abzeichen der Deuffchoölkischen Freiheit»- partei, er lege es sogar zu den Reichstagssitzungen an und trag« es unbeanstandet bei all seinen Verhandlungen mit B«> Hörden . Amtsgerichtsrat Friedländer verlangte nun abermals in energischer Weis«, daß der Privatkläger sich seinen Anordnungen zu fügen Hab« und erklärte, es sei unerhört, daß«in Abgeordneter die Würde des Gerichtes nicht respektiere. Ein solches Verhallen deute mindestens auf«ine mangelhafte Erziehung hin. Das Hakenkreuz sei für weite Kreise des deutschen Volkes außerordentlich erregend und es habe dem Deuffchen Reiche mehr Schaden gebracht, als irgend etwas anderes. Henning weigerte sich zum zweitenmal, der Aufforderung. da» Abzeichen fortzunehmen und hierauf erftärt« der Vorsitzende, daß er den Privatkläger in eine Ordnungsstrafe nehmen werde. Als der Verteidiger Hennings, Rechtsanwalt Dr. Sack, ver- mittelnd eingreifen wollte, kam es auch zwischen ihm und dem Vor- sitzenden zu einem Zusammenstoß, da Amtsgerichtsrat Fried- t ä n d e r erklärte, der Anwalt hätte feinem Mandanten von vorn- herein darauf aufmerksam machen müssen, daß man mit einem Hakenkreuz Nicht vor dem Richter erscheine. Rechtsanwalt Dr. Sack erklärte, seinem Mandanten habe es ferngelegen, das Gericht etwa durch das Hakenkreuz provozieren zu wollen und an diese Bemerkung knüpfte sich eine sehr heftige Pe- batie, in deren Verlauf Amtsgerichtsrat Friedländer auch dem An- walt droht«, ihn in eine Ordnungsstrafe nehmen zu wollen. Weiter spitzt« sich die Situation zu, als nunmehr Henning in sehr scharfer Weise sich von dem Vorsitzenden politische Belchrungen ver- bat, die er als Reichstag»abgeordneter nicht nötig habe. Als Amis- aerichtsrat Friedländer nunmehr erregt aufsprang, erklärte Henning, der Richter möge sein Amt niederlegen, wenn er seine Nerven nicht im Zaum zu hellten imstande sei. Nunmehr erklärte Rechtsanwalt Dr. Sack, daß er den Bor - sitzenden als befangen ablehne und dieser Erklärung schloß sich der Beklagte B o ck an. mit der Begründung, daß ihm als Mit- glied der Völkischen Freiheitspartei. sowohl das Hakenkreuz alz auch die politische Richtung heilig fei. Nach diesen Vorfällen war eine Verhandlung nicht mehr möglich. Der Vorsitzende verkündete gegen den Abgeordneten Henning die Verhängung einer Ordnungsstrafe von 60 Goldmark. Es wurde beschlossen, die Angelegenheit an di« z u st ä n d i g e Kammer des Landgerichts zur weiteren Entscheidung zu übergeben.
Sleibe im Lande l Von Sylvia de Mayo. Di« Reichsregierung hat endlich di«»nSttisr- fperre aufgehoben. „Vier Meter lang, zwei Meter dick--*, Weser neue Bertiner Schlager wurde überall gesungen, wo sich Herr Taddeus Knorke blicken ließ. Allerdings mit Unrecht: denn Knorkes Länge betrug höch- sten» 1 Meter 10, wohingegen fein Leibesumfang mit vier Metern nicht zu gering bemessen war. Da» war de» Guten etwas zu viel, und auch der Hausarzt war dieser Ansicht und verordnet« Taddeus Knorke eine vierwöchige Kur in Marienbad . Run liegt dieser Badeort be- kanntlich in der Tschechoslowakei , und der Weg ins Paradies(Aus- land) ist für uns Deutsche mit 500 Rentenmark gepflastert. Und 600 Rentenmark aufs Pflaster(Finanzamt) zu werfen, war Taddeus Knorke bei der augenblicklichen Geldnot, schlechten Börse, steuerlichen Belastung usw. usw. nicht gesonnen. Und folglich tat Knorke, was 99X Prozent aller Ausreiselustigen tun, er begab sich zum Kreisarzt. Dieser untersucht« ihn aufs gründlichst« und fand bis auf Unter- ernährung und erhebliche geistige Defett« so ziemlich all« Grund- lagen, auf die ein amtsärztliche» Gewissen eine Ausreisegenehmigung empfehlen konnte. Nun war Taddeus Knorke aber«in Sichergeher. Er wußte wohl, daß die Autorität eines Amtsarztes dazu ausreichte, mit Hisse des ß 61«inen Raubmörder den Klauen des Henkers zu entreißen. Aber ob diese Autorität mich gegen die Klauen des Finanzamtes genügte? Sicherheitshalber begab sich Knorke deshalb in das, Reichsernährungsministeriüm, wo ihm bescheinigt wurde, daß er durch die ungeheure Menge Nahrungsmittel, die er täglich zu sich nehm«, die Ernährungslage des deuffchen Volkes auf das schwerste gefährde. Das Polizeipräsidium bestätigte Knorke, daß ein Mann mit solchem Leibesumfang' einen ganzen Bürgersteig für sich beanspruch«, also das personifizierte Verkehrshindernis fei. Das„Staats- kommissariat für öffentlich« Ordnung und Sicherheit" aber erklärte sogar, daß ein so provozierend' wohlgenährter Mann wie Knorke in einer Zeit, in der viele Lolksgenossen gezwungen seien, am Hungertuche zu nagen, die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf da» schwerste gefährden könne. Mit obrigkeitlichen Attesten reichlich versehen, begab sich nun Taddeus Knorke fiegesficher in die geheiligten Räum« des Finanz- amtes. Er erhielt di« Nummer 8342 und stand 7'/, Stünden später vor dem gestrengen Beamten, dem er mit gewinnendem Lächeln die übersichtlich geordneten Bescheinigungen überreichte. Der Beamte überflog sie und überflog Knorke. Dann hellte sich die Amtsmiene de» Herrn Steuerobersekretärs auf. und mit einem Lachen, das mit einem Glucksen im Zwerchfell begann und als Brüllen im Munde endet«, schrie er:„Glänzender Witz! Da sieht man, wie leichffinnig die anderen Aemter arbeiten!" Und der Grund dieses Heiterkeits- a usbruches? Durch das viele Stehen, Warten und Herumlaufen bei
den verschiedenen Behörden war Taddeu» Knorke spindeldürr ge- worden. Jawohl spindeldürr:«in Räucheraal hott« direkt die üppigen Formen einer Sultansfaoorittn gegen ihn. „Nee, Herr Knorke!" meckerte der Bevmt«,„gehen Sie statt in» Ausland lieber bei Muttern und lassen sie sich bei ihr auf- füttern!" Taddeu» Knorke fühlt« seine Aussichten schwinden, aber gleich- zeitig feine Energie wachsen und seinen Trotz in« Unenneßlich« steigen In seinem Gehirn reiste ein neuer Plan. Er hatte gehört, daß Journalisten von der Zahlung einer Ausreisebuße befreit würden. Glänzend! Taddeus Knorke mußte sich also journalistisch betätigen. Dabei war allerdings eine Schwierigkeit: Es mußte sich eine Zeitung finden, di««inen Artikel von ihm annahm. Dieses aber war nicht sehr wahrscheinlich. Indessen, ein wahrhast«nergffcher Eharatter scheut im Notfall auch vor dem verzweifeltsten Schritt nicht zurück: Taddeus Knorke gründete ein« eigene Zeitung. Für 3,60 M. kaust« er sich einen Kinderdruckkasten. Dann schrieb er zwei Schilder: ein«, für da» Haustor und«ine» für di« Wohnungstür: Verlag und Redakffon von„Snorke, Famllieablakk". Letzteren Titel gab er feiner Zeitung in der weifen Voraus- sichtt daß der Leserkreis des Blattes doch nur aus seiner engeren Familie bestehen würde. Dann ging Taddeus Knorke daran, den Leitartikel zu schreiben. Die Ueberschrift lautete w extra settgedruck- len Lettern: Die Schweinerei der Ausreisesperre!!! Offener Brief an den Herrn Reichsfinanzminister. Und dann legte Knorke los. In Worten, die teils Brehms „Tierleben", teils dem„Götz von Berlichingen " entnommen waren.. Das erste fertiggestellte Exemplar der Zeiffchrist sandte er dem Herrn Reichsfinanzminister: getreu der alten Erfahrung, daß man bei einer Behörde immer den ttefften Eindruck macht, wenn man sie angreift. Aber auch einige Theater erhielten Probenummern und beeilten sich ihrerseits Referentenkarten für di« nächsten Premieren einzusenden. Nun begab sich Knorke aus» Finanzamt, legitimiert« sich als Herausgeber und Cheftedakteur des„Knortsschen Familienblattes", legte dem Beamten jovial ein Exemplar der Zeitung, in welcher der ominöse Artikel mit Blaustift angestrichen war, auf den Tisch und erhielt sein« Ausreisebewilligung. Dos Ziel war erreicht: Er, Tad« deus Knorke, gehörte zu den wenigen Ausevwählten, denen es ver- gönnt war, die Grenzen seines Vaterlandes zu überschreiten. Auf dem Heimwege taufte er sich eine Zeitung. Er fteute sich schadensroh darauf, die schon ständig« Rubrik„Beschwerden über die Handhabung der Ausreisejperre" zu lesen. Doch was erblickten ftine Augen'? In fetten Lettern stand da:„Die Ausreise- sperre aufgehoben!" Knorke war bettoffen. Statt oller Mühen und Laufereien hätte er sich aus den Diwan legen können
und dos Resultat wäre schließlich dasselbe geworden: Heut« kann jeder Schultze und Müller ins Ausland reisen, folglich auch Knorke. Es war nur ein schwacher Trost, daß vielleicht der Arffkel im.Knorke- scheu Familienblatt" das Reichskabinett zur Aufhebung der Ausreife- Verordnung veranlaßt haben könnte. Doch dessen ungeachtet, Knorke betrat fein« Wohnung und be- gönn die Koffer zu packen. Da erschien ein Herr, der ihm die Mit- teilung brachte, daß gegen Herrn Taddeus Knorke ein Sttafverfahren wegen öffenfficher Beleidigung des Herrn Reichssmanzministers(begangen in einem Artikel der ersten Nummer des„Knorkeschen Famiüenblattes") eröffnet sei. Weil aber Knorke offensichtlich Vor- bereitungen zu einer Auslandsreise tteffe, liege Fluchwerdacht vor, und deshalb sei der Angeklagte sofort zu verhaften. Und das einzige„Ausländische", das Taddeus Knorke nun zu sehen bekam, waren„Spanische Gardinen"! Entdeckung einer neuen Menjchenraste! Ems geheimnisvolle Rasse mit goldfarbigen Haaren, blauen Augen und weißer Haut ist in den Urwäldern von Darien im östlichen Panama entdeckt worden. Schon seit Jahrhunderten ging das Gerücht davon, daß„blonde Indianer" im Innern von Darien hausten. Die Spanier des IS. Jahrhunders hatten von ihnen gehört und sprechen in ihren Berichten von„Albinos". Die eng- tischen Seeräuber des 17. Jahrhunderts verbreiteten ebenfalls das Gerücht, aber Genaueres war über diese weißen Indianer noch nie erforscht worden. Deshalb unternahm di« sogenannte Marsh- Dorien-Expedition, der neben dem bekannten Forschungs- reisenden Richard O. Marsh der Ethnologe Professor Baer von der Smithsonian-Institution und der Ichthyelege Dr. Breder pom New sgorker Naturwissenschaftlichen Museum angehörten, ein« fünf- monatige Forschungsreise in das wenig bekannte Innere des Landes, und nach vielen Mühen gelang es ihnen, die weißen Indianer zu entdecken. Zwei Exemplare dieser selffomen Rasse wrden mit nach New Park gebrocht werden. „Die weißen Indianer, die ich mitbringe," schreibt Marsh in einem vorläuftgen Bericht,„sind ein Jüngling von 19 Jahren und ein Mädchen von 21: st« sind goldhaarig, blauäugig und haben eine weiße Haut, die mit feinen weißen Haaren bedeckt ist. Sie machen durchaus nicht den Eindruck von Albinos, sondern sehen so aus, wie man sich primitive weiß« Menschen des Nordens vorstellt. Wir haben viele weiße Indianer auf einer primitiven Kulturstufe entdeckt und sind einer uralten Kultur auf die Spur gekommen. Wir haben sehr bedeutende ethnologische Sammlungen zusammengebracht und auch Filmausnahmen hergestellt, so daß man ein deutliches Bild von dem Aeußeren und der Lebensweise dieser geheimnisvollen Rasse, die seit Jahrhunderten gesucht wurde, erhalten wird."
Einstein hält die Todessftahlen für einen Bluff. In einer Unterredung, die Albert Einstein mit einem Mitarbeiter der„Voss. Ztg." hatte, wies der große Physiker zunächst darauf hin, daß die unvollkommenen Zeitungsnachrichten keine Grundlage einer wissen- schaftlichen Beurteilung bieten können. Di« ersten Mitteilungen, die von einer Todeswirtung auf Lebewesen sprachen, sind nun selbst