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Nr. 28641.Jahrgang

Wirtschaft

Die Krise in der Textilindustrie.

2. Beilage des Vorwärts

Armer Marx!

Freitag, 20. Juni 1924

Die Krediteinschränkungen der Reichsbank haben eine Hochflut ven Zahlungseinstellungen, Geschäftsaufsichten und Konkursen in der Textilindustrie, hauptsächlich im Groß handel, ausgelöst. Der Auftragseingang ist mangelhaft und be­reits erteilte Aufträge werden in vielen Fällen annulliert. Diese Zuspitzung findet schon in Arbeiterentlassungen und Betriebsein­schränkungen ihre Auswirkungen. Am schlimmsten sieht es in der Tuchindustrie aus; aber auch in den übrigen Textilbetrieben find Kurzarbeit und Entlassungen angekündigt worden. Die Laufizer Tuchindustrie in Spremberg , Forst und Guben ist im allgemeinen schon zur Kurzarbeit übergegangen; auch die Aachener Tuch­industrie ist schon seit langem schlecht beschäftigt. Aus Sachsen wer­den Entlassungen und Kurzarbeit gemeldet, in Crimmitschau arbeiten eine Anzahl Betriebe wöchentlich nur 3 bis 4 Tage. Schlesien be­richtet von Betriebseinschränkungen aus Reichenbach , Bunzlau , Ober­langenbielau usw. Auch im Greiz - Geraer Industriebezirk wird teil­meise verfürzt gearbeitet. Dagegen ist die Baumwollindustrie noch voll beschäftigt. Es sollen Aufträge bis zum Herbst vorliegen. Jedoch wird befürchtet, daß, wenn die Kreditnot weiter anhält, auch sie zum Erliegen kommt und die erteilten Aufträge, soweit es Inlandsauf­träge sind, nicht ausgeführt werden können.

Während der Inflation war der Binnenmarkt für Textilien wenig aufnahmefähig; dagegen kam das Ausland als Käufer in Frage. Nach der Martstabilisierung verlief die Entwicklung in um­gefehrter Richtung. Die entscheidenden Ausfuhrziffern( Fertigfabri­fate) find von Monat zu Monat gefallen. Dabei hat sich aber der Geschäftsgang seit Anfang des Jahres 1924 bis ungefähr in das erste Drittel des Mai hinein in aufsteigenber Linie ent midelt. Der Inlandsbedarf war so groß, daß noch im Februar bis März ungeheure Mengen Textilfabritate eingeführt wurden. Dabei wurde der Kaufkraft der Bevölkerung zuviel zugemutet; der stockende Auslandsabsatz und die Kreditdroffelungen gaben der Hochkonjunktur Frühjahr 1924 den Rest.

Am bedenklichsten ist der Rüdgang der Ausfuhr, dessen Ursache in der hohen Preisgestaltung deutscher Textil­erzeugnisse zu suchen ist. Die Preise für Fertigerzeugnisse deutscher Tertilmaren liegen um 20, 30 und auch 40 Proz. höher als in dem für Deutschland in Betracht kommenden Konkurrenzgelände. Daraus erklärt sich ja auch die Steigerung der Einfuhrziffern für Fertigfabri­tate in den Monaten Februar bis April. Die hohen Tertiipreise haben aber nicht nur die deutsche Handelsbilanz belastet, sondern auch deutsche Unternehmen veranlaßt, große Aufträge nach der Tschechoslowakei , dem Elsaß und der Schweiz zu vergeben, die zum Teil bis in den Herbst hinein die Textil­industrie dieser Länder mit Arbeit versorgen. Für die deutsche Wirt­schaft ist das ein recht bedenklicher Zustand.

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An der hohen Preisgestaltung selbst trägt zweifellos die Kar­tellwirtschaft ein gut Teil der Schuld. Es ist kein Geheimnis, daß die Preiskonventionen der Textilindustrie die Kalkulationen auf die unrentabelsten Betriebe einstellen. Selbst Unter­nehmerblätter haben diese Tatsache wiederholt festgestellt. Ferner ist noch zu beachten, daß die Textilindustrie, namentlich die Tuch industrie, technisch von den Konkurrenzländern über holt ist. Die Betriebe in der Tuchindustrie sind meistens in jeder Beziehung technisch und betriebsorganisatorisch rückständig. Neben anderen Branchen hat z. B. die Baumwollindustrie es ver­sucht, technisch auf der Höhe zu bleiben. Ob dies in allen Fällen gelang, ist durchaus zweifelhaft. Einen besonderen Beitrag für das Rapitel überlegte Tertilpreise liefern weiter die enorm hohen 3ins= forderungen. Auch der Zahlungszwang in Devisen, der auch von Firmen angewandt wird, die Deviefen nicht bedürfen, verteuert arbeiten und deshalb gezwungen sind, sich Devisen zu leberpreisen arbeiten und deshalb gezwungen waren, sich Devisen zu leberpreisen auf dem freien Markt zu kaufen. Selbst die legale Beschaffung von Devisen verursacht Spesen und besondere Ausgaben, die verteuernd

wirken.

Die Unternehmerpreffe, vor allem die Fachpresse, schiebt die Schuld der hohen Textilpreise der Umfagsteuer zu. Sie berech­nen, daß die Steuern bis zu 15 Proz. des Wertes ausmachen. Die Umsatzsteuer beträgt aber nur in den seltensten Fällen bis zu 15 Proz. In der Regel beschränkt sie sich auf 2 bis 2% Proz., da durch die Umsatzsteuer nur das Ausgangsprodukt belastet wird. Das trifft auf mindestens 70 Proz. der Betriebe zu. Daß in der Umsatzsteuer nicht ganz und gar der Verteuerungsfaktor zu suchen ist, beweisen schon die übersegten Preise in der Tuhindustrie. In dieser Industrie beträgt die Umsatzsteuer 2 Broz., da in ihr vom Rohstoff bis zum Fertigfabrikat jede Arbeits­sparte in ein und demselben Betrieb vereinigt ist.

Die Textilindustrie gebraucht zu ihrer Gesundung neben nor­malen Verhältnissen auf dem Geldmarkt und technischen Verbesserun­gen hauptsächlich Einschränkung des Kartellun fugs, damit der Preisausgleich der freien Konkurrenz nicht durch Preis­diktate unterbunden wird. Zu beachten ist ferner, daß die Weltmarkt­basis sich für die Textilindustrie sehr verengt hat. Amerika , Japan , China und Indien haben in den letzten Jahren ihre Textilindustrien start ausgebaut und sind für unsere Industrie eine schwere Ron­furrenz geworden.

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Bauhüttenberichte.

Gleichzeitig mit den zahlreichen Geschäftsberichten privatkapita­listischer Unternehmungen erscheinen jetzt auch die Jahresberichte einer Reihe sozialer Baubetriebe. Die Abschlüsse, aus denen wir nur wesentliche Einzelheiten veröffentlichen können, find ausführlicher mitgeteilt in der Zeitschrift ,, Soziale Bauwirt. schaft", die vom Verband sozialer Baubetriebe herausgegeben wird. Uebereinstimmend spricht aus ihnen das Bestreben, die sozialen Baubetriebe als Reimzellen gemeinwirtschaftlicher Batwirtschaft zu Musterbetrieben zu gestalten und mit möglichst geringen Ge­stehungskosten vorbildliche Arbeit zu leisten. Man schreckt dabei auch nicht vor rücksichtsloser Selbstkritik zurüd, wo der Erfolg den Er­wartungen, nicht entsprach. So berichtet die Bauhütte Erz­

( Marx)

Scholem

Rut Fischer

200

Katz

HABEKING 24

Der da? Hat er Trompete geblasen? Nich mal auf zwei Fingern hat er pfeifen können! Das war doch ooch nur so'n kleinbürgerlicher Sozialverräter!"

gebirge" in Aue, daß der größte Teil seiner Mitglieder die eigenen Interessen von den Geschäftsinteressen nicht zu trennen ver­mocht habe. Diese Art der Selbstkritik ist gut und nüglich, wenn sie zu höherer Leistung anspornt. Daß sie gerade in dem vor= liegenden Falle sich nicht von den an sich günstigen Ge= fchäftsergebnissen die Bauhütte konnte ebenso wie eine Reihe anderer Unternehmungen ihr Stammkapital und die aufge­nommenen Darlehen in Goldmart aufwerten beirren läßt, ist ein erfreuliches Zeichen dafür, daß man die Aufgabe der Bauhütten ernst nimmt und mit der größten Gewissenhaftigkeit an der Er­reichung der Ziele arbeitet.

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Dem steht auf der anderen Seite gegenüber, daß die Art der genossenschaftlichen Betriebsführung tatsächlich auf die Erfolge der Betriebe von großem Einfluß gewesen ist. So berichtet die Bauhütte Leuoeburg": Die Sicherheit, während des ganzen Jahres Arbeit zu haben, hat die Arbeitsleistung der Arbeiter und Ange­stellten aufs wohltätigste beeinflußt." Die Malereigesell­schaft Hamburg verzeichnet mit Befriedigung, daß die Un­kosten des Betriebes hinter den Unkostensägen, wie sie von der Hamburger Malerinnung festgelegt worden waren, stets zurück­blieben. Trozdem fonnte dieses Unternehmen nicht nur ihrem Personal erhebliche materielle Vergünstigungen gewähren und auf die gründliche Ausbildung der Lehrlinge, denen sämtliches Wert. zeug unentgeltlich geliefert wird, besonders achten, sie fonnte damit

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Preisnotierungen für Nahrungsmittel. Durchschnittseinkaufspreise in Goldmark des Lebensmittel- Einzelhandels je 16,25-18,25| Röstgetreide, lose.... 15,75-17,50 15,00-15,75 Kakao, fettarm

Gerstengraupen, lose Gerstengrütze, lose Haferflocken, lose

Hafergrütze, lose Roggenmehl 0/1... Weizengrieẞ Hartgrieß 70% Weizenmehl Weizen- Auszugmeh! Speiseerbsen, Viktoria Speiseerbsen, kleine... Bohnen, weiße, Ferl Langbohnen, handverles. Linsen, kleine Linsen, mittel Linsen, große Makkaroni. Makkaronimehi

Kartoffelmehl

Schnittnudein, lose... Bruchreis

Rangoon Reis Tafelreis, glasiert, Patna Tafelreis, Java. Ringäpfel, amerik..... Getr. Pflaumen 90/100.. Pflaumen, entsteint Cal. Pflaumen 40/50 Rosinen in Kisten, Candia Sultaninen Caraburnu.. Korinthen, choice Mandeln, süße Bari

Zentner frei Haus Berlin .

80,00-95,00

14,25-15, Kakao, leicht entölt 96,00-110,00 15,50-16,25 Tee, Souchon, gepackt 350,00-430,00 11,00 12,50 Tee, indischer, gepackt. 425,00-500,00 16,75-18,00 Inlandszucker basis mel. 33,00- 35,00 21,50-24,50 Inlandszucker Raffinade 36,00- 38,00 12,75-14,- Zucker Würfel....... 40,00-42,00 15,00 21,00 Kunsthonig. 25,00-32,00 13,50 15,75 Zuckersirup hell in Eim. 38,00-43,00 10,00 13,00 Speisesirup dunk. in Eim. 25,00-29,- 20,50-24,00 Marmelade Einfr. Erdb. 85,00-100,00 27,00- 30,50 Marmelade Vierfrucht 35,00 40,00

63,00-64,00

21,00-29,50 Pflaumenmus in Eimern 37,00- 40,00 31,00 37,50 Steinsalz, lose....... 3,10- 3,70 39,00-46,00 Siedesalz, lose... 4.00 4,70 18,75-21,00 Bratenschmalz in Tierces 64,50-65,50 36,00-42,00 Bratenschmalz in Kübeln 66,00-67,00 33,00 35,00 Purelard in Tierces 14,00-18,00 Purelard in Kisten 14,00-15,00 Speisetalg in Packung 15,25 17,00 Speisetalg in Kübeln 48,00-50,00 23,50- 31,00 Margarine, Handelsm. I 60,00 30,00-36,00 desgl. II

42,00-45,00

64,00-65,00 50,00-52,00

auch ein Verständnis für die Notwendigkeiten der Gemeinschaftsarbeit bei ihrem Personal wecken, das alle Aner­fennung verdient. In diesem Geschäftsbericht wird hervorgehoben, daß die gesamte Belegschaft für die Erhaltung des Betriebes großen Idealismus und viel Opfermut gezeigt hat. In der Zeit der großen Geldknappheit hat sie durch Darlehen, die all­gehalten und so gestellt, daß immer neue. Aufträge hereingebracht wöchentlich von dem Lohne eingezahlt wurden, den Betrieb hoch­und ausgeführt werden konnten. Dieser Geist verbürgt den Erfolg. Tatsächlich stellt der Bericht fest, daß die Malermeister in Harburg den Kampf gegen die gemeinnüßige Gesellschaft aufgegeben hätten, weil der Betrieb nach ihrer eigenen Aussage do ch nicht taputt machen sei". Auch die Produktiv Baugesellschaft in Königsberg führt die erzielten Erfolge wesentlich darauf zurück, daß der größte Teil ihrer Arbeiter das rechte Verständnis für das Wohl des Betriebes hatte und an seiner Förderung Anteil nahm.

=

Ueberall ist man bestrebt, den Stand der Betriebs­

mittel auf die durch die kapitalistische Bautechnik gebotene Höhe zu bringen, die Arbeitsintensivität der kapitalistischen Betriebe jedoch So berichtet Königsberg , daß mit der wirt­noch zu übertreffen. fchaftlichen Betriebsführung verschiedentlich Erfolge gemacht worden find. Die Mittelfränkische Bauhütte in Nürnberg flagt darüber, daß ihr die Verfolgung des Zieles, einen Musterbetrieb zu schaffen, und die dazu erforderlichen Baumschinen und Lagerschuppen zu erwerben, durch Mangel an Mitteln noch sehr erschwert wurde. Andere Unternehmungen berichten von einer Erweiterung des Inventarbestandes. Die Erfolge der Bauhütten im Kon­furrenzfampf mit privatfapitalistischen Unternehmern werden wiederholt gewürdigt. Go fonnte die Bauhütte Rastenburg " bei der Vergebung der Arbeiten für das Ostpreußenwert 18% Proz. unter dem niedrigsten Unternehmerangebot bleiben. Die Bauhütte Teutoburg" in Bielefeld vermerkt, daß Privatunternehmer vor der Abgabe von Angeboten an den Geschäftsführer der Bau­hütte die Frage stellten, ob sich die Bauhütte an der Berdingung heteilige, und daß sie ihm auf eine entsprechende Gegenfrage naiv anworteten: Bei Nichtbeteiligung der Bauhütte tönnte man höhere Preise fordern."

"

Alles in allem ergibt sich aus den vorstehend gewürdigten Be­richten das Bild erfreulichen Aufwärtsstrebens bei den fozialen Baubetrieben. Sie sind in der Tao geeignet, die Privat­betriebe in schärfster Konkurrenz zu einer vernünftigen Preispolitik zu zwingen und so der Uebervorteilung der All­gemeinheit, die heute die Bauten bezahlt, einen Riegel vorzuschieben. Die Handelskammern für die Reichsbankpolitik.

Die Spitzenorganisation der deutschen Handelskammern, der Deutsche Industrie- und Handelstag nahm auf einer 54,00 57,00 Tagung in Stuttgart folgende Erklärung an:

80,00-84,00| Margarine, Spezialm. I.. 76,00 desgl. II. 63,00-65,00 50,00-55,00 Margarine III 46,00-50,00 68,00-72,00 Molkereibutter i. Fässern 152,00-160,00 70,00-82,00 Molkereibutter in Pack. 155,00-162,00 72,00-90,00 Landbutter 132,00-135,00

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70,00-76,00| Auslandbutter in Fässern 168,00-172,00 143,00-155,00 Auslandbutter in Packg. 174,00-178,00 Mandeln, bittere Bari .. 135,00-150,00 Corned beef 12/6 lbs p. K. 33,00-35,00 Zimt( Cassia)....... 106,00-115,00 Speck, gesalzen, fett... 62,00-72,00 Schwarzer Pfeffer Singap. 95,00-105,00 Tilsiter Käse, vollfett. Kümmel, holländischer. 110,00-115,00 Quadratkäse. 18,00-33,00 85,00-100,00 Weißer Pfeffer 125,00-130,00 Bayr. Emmenthaler 150,00-160,00 180,00-215,00 Echter Emmenthaler ... 178,00-185,00 Rohkaffee Brasil..... Rohkaffee Zentralamerika220,00-285,00 Ausl. ungezuck. Condens­Röstkaffee Brasil. 230,00-280,00 milch 48/16. 19,50-23,00 Röstkaffee Zentralam... 300,00-375,00 Inländische desgl. 48/12 16,50-17,50 Malzkaffee gepackt 20,00-22,00 Inl. gez. Condensm. 48/14 26,00- 26,50 Heutige Umrechnungszahl 1000 Milliarden.

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" Der Deutsche Industrie- und Handelstag anerkennt mit rüdhaltlofem Dante die Bemühungen der Reichsbant, die deutsche Währung stabil zu halten und bittet um unbedingte Fortführung einer auf dieses Ziel gerichteten Politik, unbeschadet der Notwendigkeit gewisser Aenderungen in Einzelheiten der Kreditgewährung. Angesichts der großen Kredit­not von Handel und Industrie bittet indes der Deutsche Industrie­und Handelstag die Reichsbant, die Lage dauernd daraufhin zu prüfen, ob nicht ohne Gefährdung des obigen Zieles Erleich terungen gewährt werden können und dies zu tun, sobald es möglich ist."

Voraus ging ein Referat des Vizepräsidenten der Reichsbank, von Glasenap p. Er wandte sich in der Hauptsache gegen die Vorwürfe, die in letzter Zeit im Anschluß an die Zunahme des Noten­

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