keinem der anderen Länder von ähnlichen Maßnahmen(je folgt worden ist. Aber ist oie Fremdherrschaft am Rhein und an der Ruhr, mit deren Abbau auch nach den neuesten Er- klärungen der Regierungen Englands und Frankreichs nicht gerechnet werden kann, bevor Deutschland sich nicht einer letzten Kontrolle durch die interalliierte Militärkommission unterworfen haben wird, weniger verletzend iür die Ehre des deutschen Volkes als die Inspektionen eines Dutzend fremder Offiziere in den deutschen Kasernen und Waffendepots? Das deutsche Volk hat sich allzu lange irreleiten lassen von den fal- schen und hohlen Ebrbegri�.'wisser führender Schichten. und es wäre eine Begriffsv eung mit geradezu kata- strophalen Folgen, wenn jetzt eine deutsche Regierung durch aussichtslosen Widerstand gegen die jüngste Note der Bot- schafterkonferenz die in greifbare Nähe gerückte Räumung der Ruhr und mit ihr die baldige Befreiung wenigstens eines Teils des linken Rhetnufers aufs Spiel setzen würde. Nach dem Friedensvertrag läuft am IE. Januar 1925 die Frist für die Besetzung des Brückenkopfes von Köln und seines Hinterlandes ab, unter der Voraussetzung, daß Deutschland bis dahin die ihm im Friedensvertrag auferlegten Verpflich- tungen erfüllt hat. Die von den Vorgängern der jetzigen fron- zösifchen Regierung wiederholt vertretene These, daß die im Friedensvertrag festgesetzten Laufzeiten für die Okkupation an- gesichts der deutschen Nichterfüllung noch nicht begonnen hätten, ist von der englischen Regierung bisher nicht anerkannt worden. Was der rein imperialistische Ziele verfolgenden Politik eines Poincar6 niemals gelungen ist, scheint die ab- solut ehrliche und loyale Verständigungsbereitschaft Herriots in London erreicht zu haben: die Zusicherung, daß Eng- land die Räumung der Kölner Besatzungs- zone von der Voraussetzung abhängig machen wird, daß Deutschland denBeweisfürdietatsäch- lich zu Ende geführte Abrüstung erbracht hat. Auf der einen Seite steht also auch für Deutschland die Politik der Realitäten? sie bedeutet die Unterwerfung unter die unvermeidlichen Folgen des verlorenen Krieges, läßt aber dem deutschen Volk die Möglichkeit zum Leben und mit der Freiheit die Aussicht auf einen raschen Wiederaufstieg. Auf der anderen Seite die Politik der nationalistischen Phrase, die die Fremdherrschaft an Rhein und Ruhr verlängert, die wirt- schaftlichen Schwierigkeiten aufs neue zum Chaos steigern und das deutsche Volk den verhängnisvollsten politischen Aben- tcuern aussetzen muß. Die skrupellose Demagogie deutschnatio- naler Maulhelden mag sich für die letztere entscheiden. Für eine ihrer Verantwortung bewußte deutsche Regierung aber darf und kann es kein Schwanken geben. Die Schutzzölle kommen! Sandmirtschastsdebatte im Reichstag. Die gestrige Reichstagsdebafte brachte die lange vor- bereitete Aussprache über die Agrarkrise. Nicht weniger als 37 Interpellationen und Anträge lagen zu dieser Frage vor. Die Bürgerlichen haben es sich einiges Schreibpapier und vielen Siimmenaufwand kosten lassen, um Dinge auszu- sprechen, die längst bekannt sind, und in mehr oder minder starken Tönen die AbHilfsmittel anzupreisen, erhöhte Kredite, geringere Steuern, Hochschutzzoll für die Landwirtschast. Die Anträge, deren Einzel- heiten schon wegen ihrer Fülle in der Plenarsitzung kaum ge- streift werden konnten, bedürfen besonderer Beratung durch die zuständigen Ausschüsse. Sie bildeten aber den Rahmen für eine Regierungserklärung, die im ganzen nichts anderes ist als ein Zurückweichen vor den landbündlerischen Jnteressentenwünschen, ein Rückfall in die Politik der Faul- heitsprämien der Vorkriegszeit, in das System der P r i v i- legierung eines einzelnen Berufsstendes ohne die Spur eines wirklichen Produktionsprogramms, dessen Ab- ficht einer Steigerung des Bodenertrags in wirksamen produktionspolitischen Maßnahmen einen Aus- druck finden müßte.
Vor der Regierungserklärung hatte Gen. Georg Schmidt die bekannten Forderungen der Sozialdemokratie zum Agrarprogramm begründet. Rückhaltlos erkannte er die gegenwärtigen Schwierigkeiten in der Landwirtschaft an, aber ebenso rückhaltlos wandte er sich gegen die einseitige, von Uebertreibungen strotzende Darstellung der Deutschnatio- ualen und ihrer Freunde vom Landbund, deren deutliche Ab- ficht der Wiederaufrichtung des reaktionären Wirt- fchaftssystems an dieser Stelle deutlich genug gekennt- zeichnet worden ist. Er stellte den Hochschutzzollwünschen der Agrarier die Forderung nach einem allgemeinen Abbau der Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe und Be- triebsmittel gegenüber. Er verlangte weiter eine Steuer- und Bodenpolitik!m Sinne der Bestrebungen einer gesunden Bodenreform, wie sie besonders durch die einheitliche reine Grund st euer herbeigeführt werden kann, und fand starke Worte und beredte Vorschläge zur Abwehr der sozialen Uebergriffe der Großgrundbesitzer gegenüber den Land- arbeitern. Die bürgerlichen Redner bliesen unentwegt das Lied von dem„unentbehrlichen" Schutzzoll, der heute schon deshalb wirkungslos ist, weil die Inlandspreise unter den Weltmarktpreisen liegen. Daß die Befürchtungen, die Regierung werde den Agrarforderungen weitgehend Gehör schenken, vollauf ge rechtfertigt waren, ergab die Erklärung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft. Daß man den Land wirten im Hinblick auf die gegenwärtige Knappheit an Be triebsmitteln weitgehend Steuerstundung und darüber hin aus neue Kredite beschaffen will— wozu allerdings die Durchführung des Dawes-Berichtes Vorbedingung ist— soll hier nicht weiter beanstandet werden, obwohl der Plan einer Umgestaltung der Rentenbank für Agrarzwecke mancherlei Bedenken auslösen muß. Tatsache ober ist, und diese Feststellung ist für die kommende Wirtschaftspolitik gegenüber den breiten Massen von ganz außerordentlicher Bedeutung, daß die Regierug bereits in nächster Zeit einen neuen Zolltarif vorlegen wird, der den Schutz des deub schen Großgrundbesitzes gegen die ausländische Konkurrenz in umfasiender Weise für fernere Zukunft sichern soll. Also eine Verteuerung der Lebenshaltung zum Vorteil der wenigen Großgrundbesiotzer. die ollein Nutz nießer der Hochschutzzollpolitik sind. Unnötig zu sagen, daß eine Regierung, die so die künstliche Verteuerung der Lebens. mittel sich zum Ziele setzt, nicht auch für die Verbraucher einen Brocken übrig hatte. Sie will die Verbrauchssteuern herab- setzen, um keine allzu hohe Verteuerung durch Zölle herbei- zuführen. Nimmt man an, daß nun die Schutzzölle die von ihnen erwartete Wirkung haben, so wird nach alter Erfahr rung die Lebcnshalwng durch die Zölle stärker verteuert als deren Ertrag für die Reichskasse ist. Selbst wenn man also an der übrigen Verbrauchsbelastung etwas abstreicht, verbleibt eine Sonderbe st euerung der breiten Massen zu- gunsten der Großlandwirtschaft, die aus Reichsmitteln jeden- falls nicht kompensiert werden kann. Das„neue" Agrarprogramm setzt an derselben Stelle an. wo man schon 1879 und in den folgenden Jahrzehnten mit kurzer Unterbrechung erfolglos den„Schutz der natto- nalen Arbeit" betrieben hat. Erfolglos war dieser Schutz, weil es keinen Zolltarif gab, bei dem die Großgrundbesitzer nicht noch immer höhere Forderungen auf- gestellt hätten— was nicht notwendig gewesen wäre, wenn der Zollschutz eben das Heilmittel wäre. Jetzt geht das alte Spiel von neuem los. Man darf auf die bevorstehenden Verordnungen mit Recht gespannt sein. An ihnen wird sich ermessen lassen, wie weit die Re- g i e r u n g die Preisgabe der breiten Massen an den Brot- wucher deutschnationaler Patrioten treiben will.
Abermals verbalen wurde vom Reichsinnenmlnifter der neuer. dings auf den 29. Juni einberufene kommunistische«Reichsarbeiter. kongreß".
Zum 2s. Iunk. 1914 Attentat von Sarajewo — 1919 Unterzeichnung in Versailles . Heute vor zehn Jahren fiel in Sarajewo das ö st e r- reichische Thronfolgerpaar unter den Schüssen der serbisch-irredentistischen Feme . Heute vor fünf Jahren wurde Deutschland durch stärkste Drohung gezwungen, jenes u n- moralische D o k u m e n t zu unterzeichnen, das die For- derungen der Sieger an den Besiegten mit dessen angeblicher Schuld am Kriegsausbruch moralisch zu begründen versuchte. Schon die Chronologie der Geschichte, schon das Verhängnis- volle Datum des 28. Juni allein ist geeignet, der zum Kriegs- gebrauch erfundenen Legende von der deutschen Allein schuld am Kriegsausbruch einen empfindlichen Stoß zu versetzen. Es ist unbedingt richtig, daß die Ermordung Franz Fer- dinands noch keinen ausreichenden Grund für Oesterreich bot, Serbien demütigende Bedingungen zu stellen und den mili- tärischen Einmarsch zu vollziehen. Diese Auffassung ist von der Sozialdemokratie stets vertreten worden, sie hält auch heute noch an ihr fest. Es ist ebenso richtig, daßHetzerundJn- t r i g a n t e n dennoch in allen Lagern am Werke waren, und daß die deutsche Regierung, obwohl schwach und gar nicht kriegslustig, eben wegen dieser Schwäche nicht die Kraft fand, ihr Spiel zu durchkreuzen. Aber daß man Schwachen— aus geringeren Anlässen als den des Mordes von Serajewo— demüttgende Bedingungen stellt und sie durch militärischen Einmarsch vergewaltigt—, das ist nach 1911 auch vorge- kommen und ist gerade von denen, die Deutschlands Allein- schuld am Kriegsausbruch am lautesten behaupten, keineswegs als ein Verbrechen bettachtet worden. Der hauptsächlichste Unterschied zwischen der österreichischen Kriegserklärung an Serbien 1914 und dem französischen Ruhrein- marsch von 1923 besteht doch darin, daß Serbien , im Ver- trauen auf seine Bundesgenossen sich zur Wehr setzte, woran das isolierte und entwaffnete Deutschland nicht denken konnte. Die deutsche Regierung hätte 1914 Oesterreich nicht ge- währen lassen dürfen, weil sie als Folge einen Weltkrieg und die Niederlage Deutschlands in ihm hätte voraussehen müssen. Das Fehlen dieser Voraussicht war ihre Schuld und ihr Ver- hängnis. Der deutschnationale Reichstagsabgeordnete und Kanzlerkandidat, Herr v. T i r p i tz, hatte schon recht, als er schrieb, daß Deutschland in den Weltkrieg„h i n e i n g e- schlittert" sei. Dieses wahre Wort bedeutet die schärftte B e r u r t e i l u n g.d e s alten Systems, an der es be- kenntlich ja auch sonst in den Briefen des Herrn v. Tirpist nicht fehlt. Allmählich beginnt die Weltmeinung sich auch in der Frage der Kriegsschuld umzustellen. Insbesondere ist im Lauf der Ereignisse das wahre Bild Wilhelms II. so klar geworden, daß der Glaube, dieser durch Mut doch wahrlich nicht ausge- zeichnete Mann hätte den größten aller Kriege mit Vorbedacht — Wilhelm und Vorbedacht!— herbeigeführt, vollends haltlos geworden ist. Wenn aber etwas den heilsamen Läute- rungsprozeß stören kann, so ist es der Lärm, den gerade die- jenigen in Deutschland um die Krisgsschuldfrage aufzuführen belieben, die am meisten Grund hätten, über sie zu f ch w e i- gen. Die Verantwortlichen sind 1914 hineingeschlittert, aber g e st o ß e n haben sie die U n verantwortlichen, die auch heute noch bei jedem internationalen Konflikt die schlimmsten Hetzer sind._ die kein Denkmal haben... Frank— Meding— Erzberger— Rathenau. Die Abgeordneten Sollmann und Loebe haben im Reichs- tag beantragt, zum Gedenken an die im Welttrieg gefallenen Mitglieder des Reichstages Ludwig Frank und.Hans v. Meding und an die ermordeten Reichsminister Erz- b e r g e r und Rathenau ein Erinnerungsmal an würdiger Stelle im Innern des Reichstagsgebäudes zu schaffen.
Jitöien maöe in Vemblep. Von PaulChr. Plottke. Wenn du das Glück hast, dich in London aufzuhalten, brauchst du gar nicht weit zu fahren, um einen recht lebendigen Begriff von Indien zu bekommen: Nur eine halbe Stunde mit der Untergrund- bahn nach dem Wembley-Park, wo zurzeit die«British Empire Exhibition" täglich Zehntausend« von Besuchern anlockt. Dies« Ausstellung ist eine Darstellung des englischen Weltreichs im kleinen. Unter Aufwendung ungeheurer Kosten ist sie auf einen solchen Grad der Vollkommenheit gebracht worden, daß man wirklich mit den bürgerlichen Zeitungsschreibern in Bewunderung ersterben könnte— wenn man nicht gerade Antiimperialift wäre und nicht wüßt«, welche Unterdrückung und welches international« Proletarierelend hinter all diesen technischen und künstlerischen Wundern steckt.... Natürlich bekommt man auch von„Indien ", das in einem zwei Hektar Land bedeckenden palastartigen Gebäude untergebracht ist, nur die glänzende Seite zu sehen— wie es sich gehört, wenn einem Volke«Weltteichempfinden" anerzogen werden soll. Den Hauptweq entlang, zu meiner Rechten die Ausstellung»- hallen„Australien " und„Kanada " nähere ich mich dem Indischen Palast? doch nichts spüre ich von dem asiatischen Märchenhauch, den dieses weiße, von vielen Türmchen überragte Gebäude ausstrahlen würde, wenn es nicht eingeklemmt wäre zwischen«inen gondeln- bedeckten künstlichen Teich, Zigareteenbuden, eine Gruppe europäi- scher Pappe!,: und staubige Wege, auf denen sich sonntagsgepußdes Großstadtpublikum drängt. Durch«in weites Tor trete ich in den geräumigen Hof ein, der von einer klosterartigcn Kolonnade begrenzt ist. Inmitten ist eine Art Planschbecken, dessen Boden blau an- gemalt ist. Das soll den Widerschein des indischen Himmels dar- stellen. iKein Mensch käme auf diesen Gedanken, wenn«s nicht im Führer stände.) Von der Kolonnade aus führen zahlreiche Gange nach den«ölen der 27 verschiedenen Provinzen, die oertreten sind, z. B, Bengalien, Kaschmir , Punjab . Basare im besonderen Stil der betreffenden indischen Landschaft liegen zu beiden Seiten der Rund» gang«. Indische Verkäufer halten Waren feil: Gewebe aller Art, Teppiche. Metall-, Holz- und Elfenbeinerzengnisse, Tabake, Schmuck- gegenstände. Zur Begründung der märchenhaften Preise sind, über- all sichtbar, Schilder angebracht, welche die Garantieerklärung ent- halten, daß die feilgebotenen Waren auch wittlich echt indische Er- Zeugnisse sind.— Indische Eisenbahn--und Dampfergesellschasten haben ihre Tätigkeit und ihre Ausbreitung durch Modell« und graphische Darstellungen veranschaulicht: ein« Missionsgesellschast zeigt durch Bilder und anderes Anschauungsmaterial ihre„erziehe» tische ", soziale, ärztliche und literarische Tätigkeit in Indien : eine andere Abteilung g'bt Zeugnis von d r Konsum- upd Produktiv- genossenlchaitsbewegung in Indien : die Mitgli oderzahl, die 1996/7 nur 899 betrug, ist bis 1922/23 auf 2,1 Millionen angewachsen! Das ist bei einer Gesamteinwohnerzahl von 329 Millionen natürlich nur ein bescheidener Anfang. An einer anderen von Menschen wahrhaft belagerten Stelle sind Handwerker bei chrer Arbeit zu sehen: ein Töpfer, der mit übereinandergeschlagenen Beinen dasiZt und mit einem Griffel an noch rohen Gefäßformen, die neben ihm " stehen, Berzierimgen anbringt, sowie ein Holzarbeiter, der an einer k prinntioen Holzbearbeitungsmaschine auf der Erde kauert und Holz-
gefäße herstellt. Eire unsagbar« Traurigkeit lagert auf ihren braunen Gesichtern und wirft tiefe Schotten in die scharfblickenden Augen. Ab und zu erheben sie ihre Köpfe und werfen räffelschwere Blicke auf die interessiert zuschaumden Vertreter der mitteleuropäi- schen Zivilisation. Noch größeres Interesse findet aber die„Ma> dras Chow Chow", das find Vorführungen einer aus 8 Indern be- stehenden Künstlertruppe, die ihre Bühne inmitten des Hauptteils errichtet hat. Zuerst tritt eine Tänzerin auf, die zu einem ganz leisen Ge- sang kindliche Tanzbewegungen macht. Nach ihr kommen zwei Jungen angesprungen, jeder zwei Schwerter in den Händen, mit denen sie sich tanzend um die Köpfe fuchteln. Man kann jeden Augenblick denken, sie wollen sich eigenhändig enthaupten. Sie können kaum 14 Jahre alt sein, doch strahlt eine fast männliche Reife aus ihrem braunen Antlitz. Danach kommt ein Flötist an die Reihe der aus einem sehr einfachen Blasinstrument feine weiche Töne hervorzaubert. Sie scheinen aber keinen Widerhall zu finden. Mit einer traurigen Verbeugung oerläßt er die Bühne unter ttadi- tionellem, hohlem Beifall. Dann folgt ein kleines Lustspiel, halb englisch und halb indisch gesprochen: Zwei Gauner bringen einem Eingeborenen das eine englische Wort ,,yes" bei. Sie weisen ihn an, auf alle unoerstandenen Fragen„yesl zu antworten. In einem englischen Basar wird er dann ob seiner Sprachenkenntnis tüchtig hineingelegt. Durch fein immer und immer wiederholtes«yes wird der Vettäufer veranlaßt, das Bananenlied:«Yes we have no bananas to-dav" zu singen. Das soll komisch wirten— doch der Zwiespalt zwischen der Inbrunst, mit der der junge Inder singt, und der Hohlheit und Sinnlosigkeit dieses Schlagers wirkt einfach auffchreckend. Noch tiefer empfand ich den Kontrast, als am Schluß, nachdem noch ein Schlangenbeschwörer und Zauberer allgemnnez Staunen erregt hatte, die gesamte Truppe„(loci save the kingl" sang. Diese englische Königshnmne bildet den Beschluß jeder Theater-, Kino. und sonstigen Vorführung. Außer dem Bananen-Liede war auch sie eine Bereicherung des Kulturgutes dieser indffchen Truppe. Fluchtartig verließ ich die Halle; doch hörte ich noch eine wohl- erzogene junge Enaländerin, die neben mir gesessen hatte, zu ihrer Freundin lagen:«Furchtbar neit! nicht wahr?!" Sie war äugen- scheinl'ch eine bessere Schülerin für«Weltteichempfinden" als ich. Die Dirke. Von K n u l p. Am Abend ging der Bauer hinaus zum Waldesrand und hieb sie mit einem blinkenden, singenden Axthieb nieder. Rauschend stel sie zu Boden— aus ihrem Wipfel flüchtete ein Vogel, aus ihrem Stamm stöhnte ein Aechzen. Dann griff sie der Bauer mit groben. hatten Händen und ttug sie davon, hm zu seinem Hause, stellt« einen Eimer vor das Tor. schüttete Wasser hinein und stellte den todwunden Baum in den Eimer. Die Birke weinte die ganze Nacht. Der Wind mochte ihr sagen, was er wollte, sie war nicht zu trösten. Sie schüttelte nur ihr Haupt und weint«. Auch das Mondeslicht glitt mit zarten Fingern über ihren weißen Stamm— sie zitterte > nd war bleich wie ein« verlasstne Braut. Die Morgensonne sah die letzten Tränen... Dann starb sie. Es war aber Frühling und die Leute schritten vorüber und sprachen mit froher Zufrieden-
heil vom„Fest der Auferstehung". Einige zeigten auch auf die Birke und sagten: seht, wie schön sie ist, wie sie für die Freude lebt! Der Bauer aber saß im blauen Kittel auf der Bank vor dem Tore neben der Birke, glotzte dumm in den Tag hinein und wußte nichts davon, daß sich der Tod an sein Haus lehnte..., Die Siinstler und der Achtstundentag. Zu ftmt Auftuf der Künstler für den Achtstimdentag, den wir vor«inigen Tagm- ver- öffentlichten, ist es vielleicht von Interesse, auf die Ausführungen hinzuweisen, die Lujo Brentano in der„Sozialen Praxis" <19. Mai 1923) über den«Ansturm gegen den Achtstundentag und die Koalitionsfreiheit der Arbeiter", gemacht hat. Er nimmt Bezug auf die Verhandlungen im Vorläufigen Reichswiltschaftsrat und schreibt u. a.:„Die beiden Parteien, die sich im Reichswirtschaftsrat gegenübetttanden, waren, wie Herr Marcus, ein Vertreter der freieften aller Berufe, ein Künstler, am 13. Dczemer 1922 im Reichs- wirtfchaftsrate gesagt hat. vom allerbesten Willen beseelt und waren einander so nahe gekommen, daß nur noch die Vermittlung durch einen unparteiischen Wissenschaftler nötig schien, um sie zur Heber- cinstimmung zu bringen. Zu meinem größten Schmerze sind meine diesbezüglichen Erwartungen nicht erfüllt worden. Gerade von wissenschaftlicher Seite sind Aeußerungen erfolgt, die in ihrer Ein- stiiigkei: wirken mußten wie Del ins Feuer. Kein Wunder, daß sie von de? Arbeiterschaft wie eine Kampfansage der Wisse». schaft an die Arbeiter empfunden wurden, und zwar nicht auf feiten der freien, sondern nicht minder auf feiten der christlichen Gewerkschaften und der Hirsth-Dunckerfchen Gcwerkoeieine." Infolge der Sporsamkcttsmaßnahmen ist der Reichswirtschafts- rat auf die Hauptausschüsse reduziert worden, die Künstlervertreler sind in diesen nicht Mitglied. Sie sind jetzt ganz ausgeschaltet und die Wissenschaftler behaupten das Feld. Die Lücke ist sehr bedauer- lich, denn viele wirtschaftlich« Fragen lassen sich nicht ausschließlich auf dem Wege wissenschaftlicher Beivchnung und Beweissührung lösen. Das Gefühlsmäßige spielt vielfach mit. das Auge des Kunst- lers aber dringt in Tiefen, in die weder der Wissenschaftler noch der Geschäftsmann einen Einblick hat. Es ist leicht, recht zu behalten. wenn man unbequem« Kritik fernhält, und leider ist wieder einmal die Sparkamkeitsaktion zu diesem Zweck benutzt worden. Prof. Richard willställer. der berühmte Chemiker und Träger des Nebclprcises, hat sein Lehramt an der Münchener Universiiät niedergelegt. Nationalistische Intrigen haben ihn vertticben. Er hatte den Dorschlag gemacht, den Münchener Lehrstuhl für an- organisch« Chemie dem Professor Heinrich S o l d s ch m i d t an der Universität Christiania zu übertragen. Dieser Vorschlag wurde von den Kollegen Willstätters abgelehnt, weil Goldschmidt. ein Deutsch. Schweizer ,„Ausländer" fei. In Wirklichdnt soll es sich bei dieser Ablehnung um antisemitische Treibereien handeln. Arth Reuker über den Allen Friß. In einem bisher unver- öffentlichten Briefe an den Breslauer Professor Felix Eberty vom 11. April 1867 bespricht Fritz Reuter dessen Buch„Preußische Ge- schichte" und äußert dabei seine Meinung über Friedrich II. „Sie fordern mich aus"— heißt es—„Ihnen ein Urtheil über Ihr Buch abzugeben: das kann ich nicht: ich kann blas von dem Eindruck sprechen, den es auf mich gemacht hat, und das ist est, so lebhafter