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müßiett. Sollen eiwa durch indirekte Steuern, durch eine An- spannung der Besteuerung der breiten Massen die Mittel sür die Auswertung zunächst denen abgenommen werden, die den nächsten und berechtigsten Anspruch auf Entschädigung haben? Die Wirkung dieses agitatorischen Spiels mit dem Ge- danken de? Aufwertung wird eine grenzenlose Ent» t ä u s ch u n g jener Jnflationsopfer sein, die auf die unmög- lichen Versprechungen der Deutschnationalen bauen. Außer dieser ideellen Wirkung aber ist eine andere, wirtschaftlich über- aus bedenkliche Wirkung bereits eingetreten. Jene Kreise der Spekulanten und der Schieber, die an der Inflation reich ge- worden sind, haben sich auf die öffentlichen Anleihen vor allem auf die Kriegsanleihe, gestürzt, deren Auswertung sie nach den Versprechungen der Deutschnationalen und wohl auch nach so- genannten Informationen aus amtlichen Kreisen erwarteten. Es mag wohl sein, daß mancher Spekulant, der heute Kriegs- anleihen kauft, um damit Spekulationsgewinne zu machen, in Wahrheit selbst nicht fest an die Aufwertung glaubt. Die betrügerische Absicht dieser Spekulation aber liegt auf der Hand. Sie will denen, die noch im Besitze von Objekten sind, die für eine Aufwertung möglicherweise in Betracht kommen könnte, diese Objekte für Bettelpfennige entreißen, um an einer künftigen Aufwertung zu verdienen. Diese spekulative Be- wegung dient also dazu, die Aufwertung, die als gerechter Ausgleich für die Inflationsopfer allein Berechtigung hat. zu einem zweiten Raubzug für die Nutznießer der I n f l a t i on umzugestalten. Das wilde Spekulations- fieber hat sich an der Aufwertungsspekulation wieder belebt. Diese Bewegung ist eingetreten in einem Augenblick, wo die Geldknappheit allmählich zu weichen beginnt. Statt daß dem Weichen der Geldknappheit nun auch eine Erleichterung der finanziellen Situation, der unter dem Mangel an flüssigen Betriebsmitteln leidenden Industrie folgt, zeigt sich nur ein Wiederaussiummen des fieberhasten Spekulationsgeistes. Jenes Geistes des Betrugs und der Ausbeutung, der sich gegen die wendet, die schon einmal während der Inflotions- Periode feine Opfer waren. Die Parteien, die sich den von der Sozialdemokratie vor- geschlagenen zweckmäßigen Mitteln zur Bekämpfung der In- flation und zur Rettung der Inflationsopfer vor völliger Ent- elgmmg in der Zeit der Inflation in den Weg gestellt haben, die die politische Schuld tragen am Jnflationsbetnig, haben den berechtigten Gedanken der Aufwertung zur Grundlage eines neuen Betrugs gemacht. Räch der Inflationsspekulation die Auswerwngsspekulation, nach dem Jnflationsbetrug der Aufwertungsbetrug. So werden wir niemals zur Gesundung der Staatsfinan- zen, der Währung und der Wirtschaft kommen, niemals aber auch zu einer Gesundung des wirtschaftlichen Denkens im Geiste der Verantwortung und Ehrlichkeit!
Mißverftänüniffe� oöer Volkerverhetzung? Zugegeben, es sei nicht immer leicht, aus den gedrängten tele- graphischen Auszügen ausländischer Parlamentsberichte sofort volle Klarheit über den wahren Sinn und die volle Tragweite gewisser Acutzerungen, Zwischenfälle und Abstimmungen zu gewinnen, so sind doch bei einiger Kenntnis der gesamtpolitischen Situation und bei einem Mindestmaß von journalistischer Objektivität grobe Miß- Verständnisse aufgeschlossen. Dennoch bemüht sich die Rechtspress« seit einigen Tagen, solcheMißverständnisse" bezüglich der Vor- gänge in der französischen   Kammer zu schaffen. Wir nagelten be- veits vor wenigen Tagen die37 Jahre Ruhrbesetzung" fest, mit denenLokal-Anzeiger" undDeutsche Zeitung" operierten, um den Sinn einer polemischen Bemerkung Herriois gegen Magmot in ihr Gegenteil u m z u f ä l s ch« n. Am Montag leistet sich dieDAZ." etwas Aehnliches mit dem Zwischenfall am Schluß der Kammerdebatt« über die Ruhr- kredite. Nach der Erklärung von Blum, wonach die sozialistisch« Fraktion sich der Stimme enthalten müsse, weil sie stets gegen die Ruhrpolitik gewesen sei, riefen die Leute des Nationalen Blocks hohnisch dem Ministerpräifidenten zu:W i r aber stimmen für die
Der anbetende Solsthewismus. Bon Friedrich Wendel  . Seltsame Kunde kommt aus Rußland  : Lenin   wird nicht mehr Lenin   genannt, sondern Jijitsch(wie man nicht Friedrich von hohen- zollern, sondern Friedrich, nicht Piotr Romanow, sondern Piotr, nicht Augustinus Aurelius  , sondern Augustin sagt): man wollte das vor- wittemde Gebein Marxens von London   nach Moskau   schaffen, erstens damit es nicht läqer in ungeweihter Erde zu ruhen brauche, zwei- tens damit man ein Heiliges Grab habe; man hat Tolstoi nachträglich der Häresie überfiihrt und in einem regelrechten Ketzergericht seine Lehre als im Wioerspruch zur reinen Lehr« des unvergeßlichen II- jitsch stehend erklärt: man hört von Ritualgesängen, deren Konven- tion zu widerstreben nicht ratsam ist: man hört vom seltsamen Ge- brauch, von Handerhebung beim Aussprechen des Namens Jijitsch, man hört von einem Iljlllch-Kultus. Kein Zweifel mehr: eine neue Kirche ist im Entstehen begriffen. Wie ist das doch mit den Begrisien Religion uno Kirch«? Die Begriff« Religion und Kirche sind Gegensätze. Sie schließen «inander aus Wo Religion, da keine Kirche: wo Kirch« da keine Religion. Wie das kommt? Das kommt so: Religion ist«in Ge- fühl, nämlich das Gefühl der engen Verbundenheit des einzelnen zu feiner menschlichen und kosmischen Umwelt. Gefühl aber läßt sich nicht organisieren. Wo man es aber doch tut, passiert, wie die Ge- schichte lehrt, allemal ein Malheur. Es kommt nämlich zur Kirchen- bildung. Di« Kirche, gleichgültig welche, ist nicht etwa bloß eine Karikatur des religiösen Empfindens, es ist die Zerstörung desselben. Aus welchen Ursachen neue Kirchen entstehen? O, aus ebenso interessanten wie handgreiilichcn Gründen. Irgendeine herrschend« Klasse hat das Bestreben, ihr« Klassen- Herrschaft sicherer zu fundamentieren: sie erklärt also unter Benutzung vorhandener Gefühlswert«, daß Iehova   oder Jesus Christus   oder Mohammed oder Gautamo Buddha oder Jlsitsch mit ihr fei und daß daher von jedermann dieser Klasstngott alssumrnum bonurn", als das Beste und das schlechterdings erdenkbare Allerhöchste anzubeten sei. Was dann auch geschieht. Weil die Menschen nur ungern ge- foltert und verbrannt werden mögen. Die herrschende Klasse, die eine Kirche fingert, hat neben dem Interesse, ihre Herrschaft ver- mehrt zu sichern, noch die sehr begreifliche Absicht, das religiöse Ge- fühl zu korrumpieren, weil echtes religiöses Gefühl immer zu einem anständigen Zusammenleben der Menschen sichren muß, also ein Etwas ist, das der Gaunerei einer Klassenherrschaft höchst gefährlich werden kann. Es ging, man weiß es, ein« religiöse Welle von ungeheurem Ausmaß durch das russische Volk. Tolstoi, der gewaltig« Deuter dieser Beweguno. definierte die Religiosität des russischen   Volkes feit langen Jahrhunderten wieder die erste Religiosität, die dem Erd- ball beschieden war als die Erkenntnis von der Notwendigkeit, in Gemeinschaft zu leben. Di« Glut dieses erhabenen religiösen Ge- ftihls war so gewaltig, daß das morsche Gebälk einer fauligen G«. sellschastsordnung Rußlands   wie Zunder wegbrannte. Ja, aber leider ikt bisher noch fast jedes religiöse Cmporflammen zum Küchenfeuer der Küche der Schmarotzenden gemacht worden. Sie sind schon gerissene Jungens, diese Sinowjew  , Bucharin  , Radet c totti guanft, daß sie beizeiten Vorsorge trafen, das große
Kredite, fo daß Sie hiermit jene auswechselbare Mehrheit haben werden, gegen die sie sich jüngst sträubten." Daraufhin erwidert« H e r r i o t, mitten während der Verhandlungen könne das Ruhr- gebiet unmöglich geräumt werden, seine Programmerklä- r u n g bezüglich der Ruhrfragen werde aber durch diese Abstimmung nicht berührt, und er stelle die Vertrauensfrage. Auch hier war der Sinn dieser Worte ganz klar: sie richteten sich gegen den Nationalen Block und dienten als Rücken- deckung für die Sozialisten, denen sowohl von nationalistischer wie von kommunistischer Seite ironisch« Borwürfe gemacht wurden. Daraus macht nun dieD. A. Z." die Ueberschrist:Der E h a- rakter der Ruhrbesetzung unverändert." Da wir die Redakteur« derD. A. Z." ebensowenig für poli- tische Analphabeten halten können wie ihre Kollegen desLokal- Anzeigers" und derDeutschen Zeitung", so bleibt nur j o u r n a- listische Leichtfertigkeit, die an Unanständig. kert grenzt, als Erklärung fürMißverständnisse" übrig. Ab- gesehen davon, daß diese Ueberschrist tendenziös ist, weil sse dem Sinn der Worte Herriots wcherspricht, so ist sie geschmack» los und unwahr, wenn man, bedenkt, daß Herriot   bereits Zehntausenden von Ausgewiesenen die Rückkehr fn die Heimat ermöglicht hat. Wenn map, drei Tage nach dem dieses Entgegenkommen von der Reichsregierung in amtlicher Kund- gebung mit Genugtuung festgestellt wurde, es wagt, zu behaupten, es habe ssch am Charakter der Ruhrbesetzungnichts geändert", so ist dies«ine ebenso grobe wie dumm« Irreführung der deutschen Oeffentlichkeit zum Zwecke der Dölkerverhetzung.
5ür Sie Republik  . Bannerweihe Schwarz-Rot-Gold in Breslau  . Breslau  , 30. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Zwei eindrucksvolle Kundgebungen brachten am Sonnabend und Sonntag in der Stadt Breslau   die Farben der Republik   und des Sozialismus zu nach- drücklicher Geltung. Das Reichsbanner Schwarz-Rot- Gold veranstaltete am Sonnabend eine Bannerweihe in einem der bekanntesten größten Sommerlokale der Stadt, das ungeheuer überfüllt war, im besonderen auch von jugendlichen Teilnehmern Der demo­kratische Abgeordnete Böttcher-Aschhoff hiÄt ein« Ra­thenau-Gedenkrede. Anschließend fand die Bannerweihe statt, der dann ein zwangloses Sommerfest des Bundes folgte. Der ganze Stadtteil, in dem die Feier stattfand, stand unter dem Em- druck der schwarzrotgoldenen Kundgebung. Am nächsten Tage begann die Reichsarbeitersport« woche mit einem großen Zuge der Teilnehmer durch die Stadt, der ebenfalls die roten und schwarzrotgoldenen Farben zeigte und einen würdigen und nachhaltigen Emdruck hinterließ. Wettspiele und Wettkämpfe aller Art zeigten vielen Tausenden die Leistungen der Arbeitersportbewegung. Eine gleichzeitige Ruderregatta bürgerlicher Verein« hatte sich die Teilnahme des früheren Kronprinzen au» Oels   als Attrattion bestellt, die sich jedoch in der Stadt Breslau   nicht zu einer politsschen Kundgebung entwickeln und gegenüber der macht- vollen Arbeitersportkundgebung nur durch die größere Zahl der beteiligten Antvir.obile austrumpfen tonnte.
Republikanischer Tag in Westpreußen  . Zum erstenmal sindet im westpreußischen früheren Ab- stimmungsgebiet, das heute ganz besoiiders stark unter der gesell- schaftlichen Diktatur und politischen Anmaßung der Stahlhelm- leute zu leiden hat, ein republikanischer Tag statt. Am 6. Juli versammeln sich unter der Führung des Reichsbanners Schwarz-Rot- Gold die westpreußischen Republikaner   in Riesenburg zu einemDeutschen Tag  ", verbunden mit Ab- stimmungsfeier und Fahnenweih«. Als Redner ist u. a. Freiherr von Branden st ein gewonnen. Die Veranstaltung, die von den republikanischen Kreisen Westpreußens als ein lang ersehntes Gegengewicht gegen die dort überhand nehmenden deutschnationalen Demonstrationen begrüßt wird, verdankt ihre Anregung dem Führer der Republikaner   in Westpreuhen, Dr. von Holtum, der seiner- zeit der Leiter der deutschen   Organisation zur Vorbereitung her Volksabstimmung in Westpreußen   vom 11. Juli 1920 war und sich als solcher bedeutende Verdienste um die deutsche Sache erworben hat.
Gefühl der russischen Religiosität in die Form einer Kirche zu tun, damit es fürder keinen Schoden   zufüge dem Allerheiligsten, das es gibt, der Herrschaft eines ausbeutenden Gaunergesindels. Und so wurde denn Tolstoi in aller Form Rechten« für ver- dammenswert erklärt, und seine Schriften werden eingestampft werden. UndJlsitsch, Jlsitsch, Jlsitsch" soll es verzückt von den Lippen der Massen klingen. In einfachen Bauerngehirnen, die bisher bewegt waren vom großen religiösen Gefühl, sollen die magischen Silben Jlsitsch" jetzt wirken und weben. Die Priester der Mongolen, mit denen man sich ja auch politisch angevettert hat. werden Verständnis- innig grinsen. Di« Gebetsmühlen werden schnarren. Eine neue Kirche wird gefingert. Die Freien aber des Geistes sammeln sich, um zu erklären: Ber- ehrte Pfaffen des Ostens, wir speien auf euch und die Autorität eures Idols! Es lebe der Angriff! Ihnen gesagt, Herr Sinowjew  : es ist dem Prinzip der Autorität meist nicht gut bekommen, wenn es angegriffen wurde...
Ein neues Serum gegen Tuberkulose. Ein neues Serum, das geeignet sein soll, den Menschen gegen die Ansteckung mit Tuberkulose immun zu machen, wird von dem französischen   Forscher Prof. Ca l mett e in einer Mitteilung ange- kündigt, die er der französischen   Akademie für Medizin machte und die großes Aufsehen erregte. Calmette erNärt, er habe die Frage der Impfung gegen Tuber- kulose viele Jahre hindurch studiert. Er oerwendete einen besonderen Bazillus, den er aus 239 aufeinander folgenden Kulturen aus der Milz eines Ochsen erzielte, der die Eigenschaft der Bildung von Tuberkeln verloren hatte, und er hat durch Impfung mit diesem Bezillus bei jungen Kälbern eine solche Immunität erzielt, daß sie 18 Monate nach der Impfung noch der Impfung mit einem starken Bazillus widerstanden, der sonst in 8 Wochen den Tod hervorruft. Aehnliche erfolgreiche Versuche wurden an Affen ausgeführt, die in engster Gemeinschaft mit anderen, an schwerer Tuberkulose leidenden Affen zusammenlebten und trotzdem gesund blieben. Dadurch«r- mutigt, hat Calmette diese Methode bei jungen Kindern tuberkulöser Eltern angewendet, die ihm für diese Versuche anvertraut wurden. 217 solcher jungen Kinder wurden dreimal mit dem neuen Jmpfftoff in Zwischenräumen von 89 Stunden in den ersten Tagen nach der Geburt geimpft. Während 18 Monaten wurde keine schlechte Wirkung beobachtet, aber die Wirksamkeit der Behandlung als emer Jmmuni- sierung gegen Tuberkuloseansteckung kann nicht eher als sicher on- gegeben werden, als bis mehrere Jahre der Beobachtung verstrichen sind. Doch lassen die großen Erfolge bei Kälbern und Affen die Wahrscheinlichkeit zu, daß das Serum auch bei jungen Kindern wirksam sein wird. Calmette   empfiehlt allen Aerzten, die Behandlung bei Neu- geborenen in tuberkulösen Familien vorzunehmen, und besonders in Fällen, wo die Mutter tuberkulös ist: er erklärt aber, daß die Be- Handlung nur bei ganz jungen Kuchem wirksam ist, die noch nicht mit Tuberkulose angesteckt sind.
Ein neues TenÜenzurtett. Kassel  . 39. Juni.  (Eigener Drahtbericht.) Vor dem Schwur-, gericht wurde in dreitätiger Beratung der Meineidsprozeß Witt-, rock verhandelt. W. war angeklagt, in einem Prozeß gegen die deuffchnatimraleKasseler Post" wegen Beleidigung der sozialdemo«, kratischen Stadträt« Wittrock und Dr. Höhl« als Zeuge seine Eides» Pflicht dadurch verletzt zu haben, daß er die Verfasserschaft eines sogenannten Gutachtens verleugnet«, das in einem Wittrock be-, treffenden Wohnungstausch ein« nebensächliche Roll« spieUe. der als Zeuge die Existenz des Gutachtens verneinte, erklärte im jetzigen Prozeß, er habe allerdings in dem vom Staatsanwalt mit. ihm veranstalteten Kreuzverhör gesagt, daß er sich an ein Gut- achten nicht erinnern könne, denn ein solches habe auch nicht vorgelegen, sondern, was als Gutachten bezeichnet werde, das sei «in von ihm diktiertes Konzept, eine nur für ihn selbst bestimmt ge­wesene Gedankenüberzeichnung, ober ohne jede Bedeutung für den Wohnungstausch. Die-Beweisaufnahm« ergab auch, daß das so- genannt« Gutachten für die Wohnungszuweisung an W. tatsächlich in keiner Weise maßgebend gewesen ist. Selbst der Staatsanwalt gab das zu, wenn er sich auch der Auffassung an- schloß, daß von einem eigentlichen Gutachten keine Rede sein könne. Dennoch meinte der Staatsanwalt, habe sich W. im Kreuzverhör   dert Verfasserschaft erinnem müssen. Dadurch, daß W. die Verfasserschaft leugnet«, habe er zumindest die Wahrheit wissentlich oerschwiegen, deshalb sei eine Zuchthausstrafe von zweieinhalb Jahren angemessen. Diese Strafe beantragt« der Staatsanwalt, obwohl zuvor Prof. Dr. Liebmann-Berlin   als G u t a ch t e r sich auf den Standpunkt gestellt hatte, daß W. über, arbeitet und während der Verhandlung besonders erregt gewesen sei, zumal man ihn nicht als Zeugen, sondem als Ange­klagten behandelt und in ein ganz ungewöhnliches Kreuzverhör genommen habe, so daß die Möglichkeit einer Erinnerungstäuschung nicht ausgeschlossen sei. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Als- b e r g aus Berlin  , legte in einer wahrhaft glänzenden Rede dar, daß noch seiner Ueberzeugung der Staatsanwalt es sich leicht gemacht habe, über die gefährlichen Klippen der Anklage hinwegzukommen. Auf der Anklagebant sitze ein« politisch bekannte Persönlichkeit, ein Mann, der in der verdi« nsw ollsten Weis« in die Geschicke der Stadt Kassel   eingegriffen habe. Die Beweisaufnahme habe keinen festen Anhaltspunkt dafür, daß dieser Mann in schuldhafter Weise seine Eidespflicht verletzt habe, erbracht. Dennoch nahm das Ge- schworenengericht sechs Geschworene, drei gelehrte Richter eine solche Verletzung an und kam nach stundenlanger Be- ratung zu der außerordentlich hohen Strafe von zwei Iah- ren Zuchthaus. Das Urteil erregt in Kassel   bis weit in die Kreis« des Bürgertums hinein berechtigtes großes Auf- sehen._ Der Lärm üer wenigen. Das Badische Statistische Landesamt hat statistische Erhebungen Wer die den Jugendorganisationen angehörigen Mitgliedern in Baden veranstaltet. Diese Erhebung zeigt, daß die Stärke der rechtsstehenden Bünde   und Verbände im umgekehrten Verhältnis steht zu dem Lärm, den sie in der Oeffentlichkeit machen. Deutschoölkisch« Verbände zählen in ganz Baden ganze K39 Mitgliederl Deutschnational ist derBismarck- Bund" mit 1 9 9 M i t g l i« d e r n. An rein politischen Jugend- organisationen wurden dagegen gezählt 769 Mitglieder bei den Demokraten, 1999 bei der Volkspartei, 699 beim Zentrum, 3 350 im Verband der sogenannten Arbeiterjugend. Die Kommunisten verweigerten Angaben. Hier müßten aber auch die katholischen, jüdischen und gewerkschaftlichen Jugendorgan, satio- neu berücksichtigt werden. Die katholischen Organisationen zählen 68 600, die jüdischen 1100, die sreigewerkschaftlichen 18 900 Mit­glieder. Dazu treten noch 56 999 Mitglieder von sozialistischen Sport» und Turnvereinen. Aber die Rationalisten schreien: uns gehört die Jugend! Die Neparationsgesetze. MTB. meldet: Das Reichskabinett beriet heute in den Verhandlungen des Organisationskomitees in erster Lesung den fest- gestellten Entwurf des Bankgesetzes.
Ganze Wälder von Raupen gefressen. Vor einigen Monaten schon sind Warnrufe an die Oeffentlichkeit gedrungen, man solle irsergische Schritte gegen das Massenauftreten der Raupen, vor' allem in den s ch l e s i s ch e n Wäldern, unternehmen. Trotzdem die ver- schiedenen Forztverwaltungen und auch die Reichsregierung mancher- lei©arsuche zur Vernichtung dieser Raupen unternommen hat, hat sich die Raupe der Föhreule in den letzten Wochen derart oer- mehrt, daß jetzt schon Hunderte von Morgen Wald vernichtet worbrn lind und daß allem Anschein nach sich diese Plage noch weiter aus- dehnt. Am schlimmsten haben die Raupen, die in Miriaden auf- treten, in der Görlitzer Heide, im Bunzlauer Forst und in der Primkenauer Heide gehaust. Auch in den Forsten der Stadt G l o g a u ist unübersehbarer Schaden angerichtet worden. Die meisten Waldschläge in diesen Gegenden sind völlig kahl ge- fressen worden. In den Wäldern, in denen die Raupe aufgetreten fft, prasseln die Raupen wie Regen von den Bäu« wen hernieder. Auch der Boden ist völlig von dem Gewürm bedeckt. Sobald«in Waldstrich kahl gefressen ist, wandern die Raupen weiter, so daß zu befürchten ist, daß dies« Plage noch weitere Waldungen zerstören wird. Aus der Gegend von K otz e n a u wird gemeldet, daß die Raupe hier ganz plötzlich aufgetreten ist und im Laufe von zwei Tagen mehr als hundert Morgen herrlichen Waldes völlig kahl gefressen Hai Die Wälder bieten einen trostlosen Anblick: Hunderttaufende von Festmetcrn Holz sind vernichtet. In den Wäldern um Bunzlau   sind der Plage mehr als hundert Morgen Wald zum Opfer gefallen. Flugzeug und Archäologie. Professor R. A. Mac Lean von der Universität Rochester   sprach auf der Tagung des Archäologischen Instituts von Amerika  , die an der Nale-Uniöersttät staMmd, über die Dienste, die das Flugzeug der archäologischen Forschung erwiesen Nach einem Bericht in derUmschau" führte er aus:In irden, die, wie Mesopotamien  , nur in geringem Umfang kar- tiert sind, oder die, wie Arabien  , mit den üblichen Reisemitteln nur schwer zugänglich sind, hat sich das Flugzeug schon als ein ganz vorzügliches Hilfsmittel erwiesen. Um über größer« Geländestrecken einen ersten orientierenden Ueberblick zu gewinnen, und Ruinen oder mögliche Lageplätze längst verschwundener Städte festzulegen." Mac Lean erläuterte dies« Ausführungen durch zwei Beispiele, die aus seiner eigenen Erfahrung stammten.Im letzten Sommer flog ich von Amman   in Transjordanien nach der syrischen   Wüste, um römische Ruinen bei Kasr Azraq zu besuchen. Diese Ruinen, die in dem westlichen vulkanffchen Teil der syrischen   Wüste liegen, sind bisher wahrscheinlich von keinem modernen Archäologen besucht worden. Sie stammen von einer römischen Festung aus der Zeit Trojans. Bei ihnen befanden sich interesiaitterweise etwa 29 Wasser- löcher mit klarem, kaltem Trinkwasser, die- von einem Wall aus der Römerzeit umgeben waren. Die Trümmer dieses Walles heben sich für den gewöhnlichen Reffenden vom Böden kaum ab: ihr Grundriß und die Wafferlöcher, die sie einschließen, sind jedoch vom Flugzeug aus deutlich erkennbar." Mac Lean erläuterte dann die Nützlichkeit an einem Beispiel aus Mesopotamien  . Unter den Städten, die Tenophon in seinerAnabasis" erwähnt, hat sich die Lag« von zweien bis heute nicht genau festlegen lassen, da der Tigris, an dem sie lagen, seit Tenophons Zeiten seinen Laus stark oer» ändert hat. Durch Bodenbeobachtungen und aufnahmen vom Aug»