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cussicht derartiger ernahrungswirtschaMcher und politischer Gefahren sich nicht auf die Bärenhaut legen und abwarten, wie weit die durch Währungsnot und Hungerelend zermürbte Geduld der breiten Massen reichen würde. Infolgedessen war die Aufstapelung großer Getreidereserven eine Not- wendigkett. Und es war auch notwendig, diese Reserven abzustoßen, als sie im neuen Wirtschaftsjahr zu verderben drohten. Die Wirkung der Verkäufe der Reichsgetreidestelle wird freilich auch vielfach überschätzt. Die Krise der Landwirtschaft datiert nicht nur daher, daß die Verkäufe zu einer Zeit er» folgten, wo die Kapitalkraft der Landwirtschaft durch die gleichzeitig wirksam werdenden Steuern stark in Anspruch genommen war; viel schärfer wirkte auf den allgemeinen Markt die Tatsache, daß die Kaufkraft der breiten Massen außerordentlich geschwächt war und noch ist und daß heute noch Hunderttaufende, wenn nicht Millionen von Deutschen auf eine richtige Ernährung verzichten müssen. Die Inflationswirtschaft und ihre Liquidation durch die stablle Währung hat den gesamten Warenmarkt, nicht nur den für Agrarprodukte erschüttert. Um die Stärkung der Kaufkraft der Verbraucher aber haben sich die Lcmdbündler nie gesorgt, obwohl diese eine, vielleicht sogar d i e Vor- bedingung für einen besseren Preisstand der Agrarprodukte ist. Lügenhaft jedenfalls ist es, wenn man heute die Reservenbildung an Brotgetteide als einen Mißgriff aus Un- fähigkett oder gar als einen beabsichtigten Streich gegen die Landwirtschaft hinzustellen sucht. Nach der Aufhebung der Umlage war die Qfctreidereseroe notwendig und kein anderer als Graf Westarp hat diese Notwendigkett vor aller Oeffentlichkeit und mit hinreichendem Nachdruck begründet, als er darauf hinwies, daß ohne eine stabile Währung das Volk bei vollen Scheuern zu verhungern drohe. Ein zweites Moment, das die Agrarkrise noch wesenttich verschärst, ist die enorme Spanne zwischen den durch eine künstliche, bereits im Schwinden begriffen« Ungunst der Marktlage niedrig gehaltenen Preisen für Agrarprodukte und denjenigen für Industriefabrikate, die von der Landwirtschaft benötigt werden. Merkwürdiger- weise findet sich zur Kritik der überteuerten Jnduftrieprodut- tion in dem Anikcl v. Natzmers kein Sterbenswort. Das ist in der Tat auffallend. Merdings hat der Landbund reichlich Grund, die Ueberteuerung der industriellen Produktion in einem Zeitpunkt zu verschweigen, wo man gegen die Reichs- regierung und gegen den Reichshankpräfidenten die bittersten Vorwürfe schleudert, während gerade im Verfolg dieser Wirt. schaftspolitik die Preise für Industriewaren zu sinken beginnen. Und man hat zu der Schweigsam- keit noch größeren Artfaß, wenn man sich daran erinnert, daß der Lcmdbund, der, obne ausreichend dazu autorisiert zu fein, sich als berufene? Vertreter der Landwirtschaft aufspielt, Schutzzölle für die Industrie gerade jetzt fordert, obwohl diese die Verteuerung der landwirtschaftlichen De- triebsmittel oerewigen müssen. Offenbar sind Herrn v, Ratz- mer Kohle, Kali, Stickstoff, die Maschinen und die Bekleidung feiner Arbeiter schon viel zu billig. Oder er hat, was an- gefichts der starken Belastung eines Landbundführers mit Phrafendlufch nicht verwunderlich ist, keine Zeit mehr dazu, in seinem Beirieb die Wechselwirkungen von Rohstoff- und Betriebsmittelpreisen und Gestehungskosten der Landwirt- fchäft zu verfolgen. Wir empfehlen ihm daher, stch bei jenem Großgrundbesitzer in führender Stellung der Berufsorgani- sation zu informieren, der zufällig am gleichen Tage imBer- liner Börfen-Eourier� die Anpassung der Preise der Betriebs- mittel, besonders des Kunstdüngers, an die Preise der Land- Wirtschaft fordert und weiter schreibt: Das braucht nicht ausschließlich durch Erhöhung der Preise der landwirtschaftlichen Produkte geschehen, wie die« hier und da in führenden Schichten der deutschen Landwirtschaft durch Schutz- zölle gefordert wird: im Gegenteil Schutzzölle wären noch

Ein König öer Wissenschaft. Von Karl Fischer. Die Akademie der Wissenschaften ist ein« Körper- schaft, in der dl« gelehrtesten Köpf« von ganz Preußen sitzen. Wie gelehrt all« dies« Doktores und Professore« sind, da« erkennt man erst aus denMitteilungen", die sie herausgeben und dl« so gelehrt sind, daß sie niemand versteht. Di« Sitzungen der Akademie der Wisssns<hasten sind zum Glück geHelm. Nur zweimal Im Jahr, am Friedrichstag im Januar und am Leibniztag am Z. Juli, öffnen sich die Pforten zu den heiligen Hallen einer beschränkten und dreimal gesiebten. Oeffentlichkeit. Dann findet stch in dem prunkvollen Sitzungssaal der Akademie Unter den Linden, der von Gold nur so strotzt und in dessen Nischen allerlei vergoldete Kaiserbüsten stehen, ein andächiig-erwartungsvolles Publikum ein. Die Diener tragen Leibröcke und überhaupt ist alles so feierlich, daß man kaum zu atmen, geschweige denn laut zu sprechen wagt. Wenn das Publikum Platz genommen, erscheinen feierlich�?- messenen Schrittes dt« Mitglieder der Atademi« auf der Estrade, alles erhebt stch und verbeugt sich respektvoll. Viel« der Mtglieder der Akademie tragen breite, goldene Ketten um den Hals, an denen. ähnlich wie bei den Schützenkönigen, allerhand Medaillen baumeln. Der Frack ist über und über bedeckt und besteckt mit Orden und Ehrenzeichen, die außerdem verschiedenen auch noch zum Halse her» aushängen. Dagegen ist es unrichtig, daß die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften Perücken tragen mit langen Zöpfen hintendran. Die Zöps« haben sie verschluckt. Herr R o« t h« trägt außerdem im Knopfloch des Frack» an einem langen breiten Band ein großes Eisernes Kreuz , das ihm seinerzeit wegen persönlicher Tapferkeit vor dem Feinde verliehen worden istl Herr Roethe ist der Vorsitzende der Preußischen Akademie der Wissenschaften , jener Herr Roethe, den unsere Leser aus verschiedenen Artikeln imVorwärts" kennen, jener Herr Roethe, der eines Tages im Krieg«, aller Ekstase voll, in das Kolleg, allwo er nur über Goethe lesen sollte, gestürzt kam und ausrief: Meine Herren, entschuldigen Sie mich! Ich kann aber heute nicht zu Ihnen sprechen. Ich bin zu aufgeregt. Ich kann Ihnen aber die freudige Mitteilung machen, daß soeben der unbeschränkte U-Boot- Krieg erklärt worden ist." Die Studenten begriffen natürlich sofort die engen B-'ziehungen, die zwischen Goethe und dem unbeschränkten U-Boot-Kricg bestehen, und trampelten begeistert Beifall. Der Herr Geheimbde Rat, Professor Dr. Gustav Roethe ist mit einem Wort ein wahrer König der Wissenschaft, und wie die Könige, so liebt auch er«s, zu seinem Volk zu sprechen, golden« große Worte, programmatisch zugespitzt, geschöpft au» der Rot der Zeit und zu- rcchtgcschnitzt für Kinder der Zeit. Wohlgemerkt, aber nur' für Kinder der Zeit. Wie e« König hielt auch gestern Herr Roethe ein« Ansprach« an das versammelt« Volk. Und also sagte und klagt« Herr

Ansicht erfahrener und erprobter Landwirte jetzt ein großes Uebel, denn es gibt eine große Meng« Landwirte, die geben noch das Aeußerste her, was an Leistung gegeben werden kann, und diese Leute, zu denen viele Kriegsgewinnler zu zählen sind, die sich Güter als Sachwertanlagen gekauft haben, würden dann in dem jetzigen Dreh weiter murksen, ohne ein« derart rationelle Betriebsführung durchzusetzen, wie sie eben notwendig ist. Wenn wir jetzt schon Schutzzölle bekämen, würde uns das Ausland um so sicherer überflügeln, denn auch im Aus- lande wird mit einem Höchstmaße von Intelligenz gearbeitet, um die denkbar höchsten Ergebnisse dem Boden abzurinHen. Aber was die Landwirtschaft fcrdern muß, das ist ein« ganz wesentliche Senkung aller Erzeugnisse, die die Landwittschaft haben muß, um ihre Wirtschaft nach modernen technisch-wirtschaftlichen Grundsätzen betreiben zu können. Es ist unbedingt notwendig, daß die landwittschaftlichen Maschinen, daß der Kunstdünder, daß alle Betriebsstoffe und nicht zuletzt auch das Saatgut im Preise weserrtlich herabgesetzt wird, wenn nicht ander», so durch Mitwirkung der Reichsregierung. Sie kann nitch tatenlos zusehen, daß die Landwittschaft ihre Produkte um 30 bis 40 Proz. unter den Preisen des Borkrieges abgeben muß, während die Industrie, der doch diese Senkung in erster Linie zugute kommt, da sie in der Lage ist, ihre Arbeiter dadurch billiger und so zu ernähren, daß sie wieder in den Stand gesetzt wird, die Leistungen zu vollbringen, die von ihr gesordett werden, s i ch darauf oersteift, um Zy bis 66% Proz. höher« Preise für ihre Erzeugnisse zu bekommen und dadurch hauptsächlich die gr o ß e Differenz mitverschuldet, die aber tatsächlich doch zwischen den Preisen der landwirtschaftlichen und industtiellen Erzeugnisse besteht. Es ist für die Industtt« natürlich doch auch wertvoll, sich einen leistungsfähigen Inlandsmarkt zu schaffen, den zu einem erheblichen Teile die Landwirtschaft abgeben kann." Man sieht, selbst in den Kreisen der Groß- grundbesitzer sind die Meinungen darüber, wer an der Agrarkrise die Schuld trägt und wie ihr abzuhelfen ist. sehr geteilt. Die Meinung, die in der zitierten Zuschrift zum Ausdruck kommt, ift richtig. Sie muß auf die Führer des Landbundes geradezu vernichtend wirken, die jetzt einen Prügelknaben für die eigenen Fehler suchen. Der Lanii- bund ist es gewesen, der rn seinem Eifer, für die Landwirte Weltmarktpreise zu erreichen und dem Dollar ja recht rasch algen zu können, mit der Grenadier st raße er- olgreich konkurriert hat und dem Abbau der Zwangswirtschaft in einem Augenblick durchsetzt«, wo er die deutsche Ernährung auf das schwerste gefährden mußte. Aber selbst wenn man ihm das nachsieht und wenn man daran glaubt, daß der Abbau der Zwangswirtschaft im Herbst v. I. eine sachliche Notwendigkeit gewesen ist, so bleibt doch die Frage offen, warum die Landwirtschaft nicht vorher ihre Macht ausgenutzt hat, um bei dem gewagten Experiment der freien Wirtschaft sich die notwendigen Rod st off« und Betriebsmittel zu billigen Preisen si cherzu> stellen. Bei einer derartigen Forderung war die Land- Wirtschaft der Zustimmung der Verbraucher gewiß. wenn diese auf Gegenleistungen rechnen konnten. Der sozial- demokratische Ministerpräsident Otto Braun war es, der eine solche Lösung mit der ganzen Kraft seiner Persönlichkeit verfocht, unterstützt dop einem Staatssekretär, der selbst prak» tischer Großlandwirt ist. Die Agrarier haben auf jede der- artige Hilfe verzichtet. Und wen« die gegenwärtige Krise wirklich das Grab der deutschen Landwirtschaft wäre, so waren es die deutschen Landbündle r, die dieses Grab geschaufelt haben. Glücklickierweise besteht die Gefahr einer Vernichtung der Landwirtschast nicht.. Die landwirtschafttichen Preise sind im Steigen, während die Industriepreise sinken. Ein gewisser natürlicher Ausgleich findet so statt. Auch jetzt gibt es niemanden im deutschen Volke, der die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung der deutschen Landwirtschast nicht an- erkennte. Auch die Sozialdemokratie ist bereit, nach wie vor an der Lösung der Krise das ihrige zu tun. Und sie wird sich in ihrem Weg nicht beirren lassen von Verleumdungen, deren Form und Inhalt nur ihre Urheber kenn zeichinen.

Roethe: Wir haben heute keine Helden mehr, wir leben in einer Gegenwart, die so ganz ohne Helden ist, wi« seit Jahrhundetten nicht mehr. Aber der Klopstock, das war«in Held, denn ihm lebten nur Heimotshelden: Hermann der Cherusker, der deutsche Kaiser Heinrich. Luther und Leibniz. Der Leibnlz allerdings war immerhin ein»er- dächtiger Kerl: denn er hat Oden verfaßt, in denen er Ludwig XIV. umschmeichelte, trotzdem der doch ein französischer König war. Wir Armen von heute in einer verarmten Zeit leben unter dem Zeichen einer Schulreform, die e«, weiß Gott , noch dahin bringen wird, daß bald kein junger Mensch mehr die lateinische Sprache versteht. Statt der Helden von einst herrschen heute die Vielen und Allzu- vielen. In der Kunst und in der Wissenschaft so sagte Herr Roethe ist das nun zwar nickst ganz so schlimm. Aber in der Politik ist es wahrhaft katastrophal. Wir Heutigen haben nichts anderes als stärkende Heldenverehrung in der Vergangenheit. Wir sehen zwar, daß Bestrebungen im Gange sind, die«die und echt attstokratische Bildung aus der Welt zu schaffen, weil sie eben attstokratisch war, aber die Mitglieder der Akademie der Wissen» schaften, die die alte deutsche groß« Zelt erleben durften, die wissen, daß die Zeit schon wiederkommt, in der die Aristokraten statt des Volkes herrschen werden. Dieses letztere sagte Herr Rotthe vielleicht aus einer weisen Vorsicht heraus, auf griechisch. Was sonst noch gestern in der Sitzung geschah, war so unwichtig, daß es nicht Erwähnung verdient. Außerdem wäre es respektlos, nach so rassigen Worten eines Königs der Wissenschaft von Reben- sächlichem zu reden. Schade nur, daß in der Akademie der Wissen» schaften nicht gesungen werden darf. Sonst würde der Präslde, Herr Roethe, sicher zum Schluß mit Stenorstimm« kommandieren: Es steigt das erste allgemeine:Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"__ Schopenhauers Geüankenspäne. Die meisten Werke Schopenhauers sind in ihrer Form durch Zu- jälligkeiten bestimmt morden, und eigentlich fein IugendwertDie Welt als Wille und Vorstellung " ist in einem Guß entstanden. Der Philosoph hat an seinem Lebenswerk unermüdlich weitergearbeitet: da er aber bei dem gettngen Absatz seiner Schttften nur selten Ge- legenheit zu einer Neubearbeitung hatte, so stopft« er in neu er- scheinende Werk« olle mögüchen Zusätze hinein. Der unmittelbare Ausdruck seines späteren Philosophierens ist uns auf diese Weise oerborgen geblieben: unermüdlich i<buf er weiter an dem Ausbau seiner Gedankenwelt, und wieviel er noch zu sagen hatte, bemessen die untröstlichen Wart« des 72 jährigen, der beim Herannahen des Todes erklärte,«r habe noch so wichtige Zusätze zu feinem Parergies zu machen. Aus diese Weise konnte es geschehen, daß der größte Teil der Geistesarheit seiner reifsten Jahre unbekannt geblieben ist. Es sind dies die zwanglosen, tagebuchartigen Aufzeichnungen in Aphorismensorm, die in zehn stattlichen gebundenen Heften mit einem Umsang von nahezu 4 00 0 Seiten den un- mittelbarsten und intimsten Niederschlag seines Schasiens darstellen. Aus diesem Aphorismenfchatz des Nachlasses, der vollständig in der

Das Echo öer Gewerkschastsaktion. Geschrei der Landbündler. Die klassenbewußten Agrarier haben sich von jeher syste- matisch von gerechter Steuerleistung gedrückt. Wenn man im deutschen politischen Leben ein Symbol sucht für den bru­talsten und unersättlichsten Egoismus, der auf das Wohl der Allgemeinheit pfeift, der nach Wohttaten und Sonderleistungen durch den Staat schreit, das Steuerzahlen aber anderen über- läßt fo ist es gegeben in der Figur des teutschen Agraners. Diese Leute haben seit fünf Iahren die Staatsfinanzen fabo- ttert. Seit nmh nicht einem Jahre zahlen sie ungefähr eben- soviel Steuern wi« andere Gewerbsstände schon schreien sie wieder nach Steuernachlaß, Steuerabbau, Begünstigung der Landwirtschaft. Angesichts des skandalösen Treibens des Reichsland- bunds, der der Reichsregierung gewissermaßen ein Ulti» matum stellte, das mit der Aushungerung der Städte drohte, haben die freien Gewerkschaften von der Reichsregierung eine Untersuchung gefordert, um die gerechten Forderungen der Arbeiter zu vertreten. Das hat die Wut der Landbündler hervorgerufen. Unter der Ueber- fchriftKlaffenpolitik der Gewerkschaften" schreibt dieK r e u z- Z e i t u n g": Zweifellos stellen die Forderungen der Gewerkschaften einen Druck aufdie Regierung dar. Man versucht die Beratungen innerhalb des Kabinetts über die zukünftige Reparationslastenver- Verteilung im Sinn« sozialistischer Gewerkschaftspolitik zu b ee i n- f l u ss« n." Die Forderungen des Reichslandbunds stellten natürlich keinen Druck auf die Regierung, keinen Beeinfiussungsversuch dar. Die Drohung mit der Aushungerung der Bevölkerung ist ebenso natürlich keine Klassenpolitik. Es ist ebenso natür- lich, daß der Reichslcmdbund berechtigt ist, Untersuchungen von den Regierungen zu fordern, die Gewerkschaften aber nicht. Die ganze Frechheit der Leute vom Reichslandbund pricht aus diesem Geschrei über die Kundgebung der Gewerk- chaften. Sie wollen sich auf Kosten der breiten Massen des Volkes von den Leistungen für den Staat und die Befreiung Deutschlands drücken. Sie sind entschlossen, die Staatsfinan- zen und damit Deutschland noch mehr zu ruinieren, als sie es bereits getan haben. Aber diesmal wird der Kampf um die Lastenverteilung hart auf hart gehen. Die Gewerkschaften werden trotz des agrarischen Geschreis der Reichsregierung keinen Zweifel darüber lassen.

flgrarierwirtsthast in Thüringen . Steuerstundung und Steuerfreiheit für die Landwirtschaft. wttmar, S. Juli.(Eigener Drahtbericht.) In den Ausschüssen des Landtages wurde«in Antrag des Landbundes verhandelt, der für dl« Landwirtschaft die zinslose Stundung ooa Steuern bis nach der Ernte oerlangt. Außerdem geht die Ab- ficht des Landbundes soweit, daß in Fällen, wo der Zusammenbruch eines landwirtschaftlichen Detttebes möglich fein könnte, völlige Steuerfreiheit eintreten soll. Daß mit der Verwirklichung der Pläne des Landbundes gerechnet werden kann, geht wohl daraus hervor, daß die Rentämter schon jetzt von der Regierung entsprechende An- Weisungen erhalten hab«n. Man rechnet also in der Regierung be- stimmt mit der Annahme des Landbundan trage Todesstrafe im Graff-prozeh beantragt. Skettiu. 3. Just.(TU.) Im Stettiner Graff-Prozeß erklärten die Vertreter der Staatsanwaltschaft es als durch die Stettin er Verhandlung unwiderleglich bewiesen, daß nicht die von den Belgiern Berur teilten, sondern die Stettiner Angeklagten des Mords« an dem belgischen Leutnant Grast schuldig sind. General- staatsanwalt Speltzahn beantragt« gegen die Angeklagten Kaws, Engeler und Schwirrst die Todesstrafe. Von der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrecht« beonttagte er ab- zusehen.

kritsschen Gesamtausgabe der Werke Schopenhauers veröstentlicht werden soll, gibt Otto Weiß ein« systematische Auswahl in feinem soeben im Insel-Verlag erschienenen WertAtthur Schopenhauers philosophisch« Aphorismen". Die Taqebuchblätter Schopenhauers, die inhaltsreich und künstlerisch so einzigartig und wertvoll sind, werden hier in großen Gruppen nach dem System des Philosophen zusammengestellt und gewähren einen großartigen Einblick in den Reichtum seiner Gedankenwelt. Die Arbeit an diesen Aufzeichnungen galt Schopenhauer als der wichtigste Teil seiner täglichen Beschästi- gung. Nach kalter Waschung und einsam eingenommenem Frühstück widmete er diesen Aufzeichnungen die besten Morgenstunden von 0 bi» 11 Uhr, während deren er sich durch niemanden, auch nicht durch den Bnefboten. stören ließ. Seit femer Niederlassung in Frank- futt a. M. versagte er sich jede mehrtägige Reise, um diese Gewohn- hett nicht unterbrechen zu müssen. Schopenhauer hat in diesen alltäglichen Niederschriften das Ge- Helmste seine» Denkens osfenbart. Er spricht der Skizze ein« viel eindringlichere Wirkung zu, als dem ausgesühtten Werk, und be- kennt:Meine Werke bestehen aus lauter Auffätzen, wie dieser, wo «in Gedanke mich erfüllte und ich ihn. seiner seiibst wegen, durch Ausschreiben fixieren wollt«: daraus find sie zusammengesetzt, mtt wenig Kolk und Mörtel : darum sind sie nicht schal und langweilig, wie die der Leute, die sich hinsetzen und nun nach emem gefaßten Plan Seite nach Seite ein Buch schreiben." Schopenhauer gehört durch dlckfe Schöpfungen zudengrößtenMeisterndes Apha- rismu« aller Zeiten._

Di« werkbundschauDie Form" in Stuttgart . Seit der Grün» dung des Werkbundes im Jahr« 1907 hat die Werkbundide« in Deutschland aus breiter Front Boden gewonnen. Statt unerlebter Imitation gibt dem Handwerk und dem Kunstgewerbe heute die Mannigsenigkeit aus Zeit und Ort heraus entwickelter Eigen- schäpsungen das Gepräge. Gebilde sind Norm geworden, bei denen hie allgemeine ästhetische Forderung mit den individuellen Forde- rungen des Zwecks und der Materie verschmolzen wurden. Solche Fortschtttt« konnten auch jenseits der Grenzen nicht unbeachtet bleiben. In England haben unter dem Eindruck der Kölner Werk- bundausftellung 1914 schon im ersten Kriegsjahr amtliche Stellen zur Gründung eines parallelen englisckxn Werkbundes aufgefordert, und selbst in dem kunstgewerblich so reaktionären Frankreich legt man heut« die Fundamente einer großen Scharr, deren Motto heißt: Los von der: Königsstilen." Das Ziel aber, das in diesen wie auch den übrigen Nachbarländern erst als fern« Losung ausgegeben! wird, ist in Deutschland und Deutschösterreich schon lange zu einem guten Teil«rreilyt. Unter dem MottoBesser machen" übte der Wertbund an den Ergebnissen der Münchener Geroerbeausstellung 1822 scharfe Eigenkritik und fand, daß zwar die ornamentale Frag« weitgehend geklärt sei. daß aber die ornamental« Vollkommenheit sich geradezu zum Deckmantel sür manche formal« Unvollkommen- hert herausaebildei Hab«. Und so beschloß man die Veranstaltung einer ausschließlich dem Fernproblem gewidmeten Schau. Diese fand als Höhepunkt des Stuttgarter Kunstsommers im Handelshof zu Stultgatt ihr« Eröffnung. Selbst ein kurzer Rundgang zeigt«, daß schon die Ankündigung der Schau einen starken Antrieb zur Emporzüchtung des Rein-