Abendausgabe
Nr. 323 41. Jahrgang
5 Goldpfennig
50 Milliarden
= Vorwärts=
Ausgabe B Nr. 162
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Tel.- Moreffe: Sozialdemoteat Beclin
11. Juli 1924
Berlag und Angetgenabteilung
Geschäftszeit 9-5 Uhr Berleger: Borwärts- Verlag Gmb Berlin S. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-2507
Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Am Mittwoch Konferenzbeginn.
Condon, 11. Jul.( WEB.) Den Bläffern zufolge ift die Erbfnung der interalliierten Konferenz für Mittwoch vormittag Uhr im Foreign Office festgesetzt worden. Die Stärte der einzelnen Delegationen fei der britischen Regierung noch nicht mitgeteilt worden. Es werde jedoch erwartet, daß insgesamt etwa 150 Regierungsvertreter der beteiligten Nationen anwesend fein werden.
Werden die Dominions auf der Konferenz vertreten sein? Condon, 11. Juli. ( WIB.)„ Daily Mail" berichtet, daß eine wichtige Zusammenkunft betr. die Vertretung der Dominions auf der interalliierten Reparationstonferenz heute nachmittag im Unterhaus zwischen dem Premierminister und den Oberkommissaren der Dominions stattfinden werde. Es sei bekannt, daß Macdonald be strebt fei, jede Mißstimmung, wie sie infolge des Nichteinschlusses der Dominions in die Lausanner Konferenz entstanden sei, zu vermeiden. Es werde jedoch auch anerkannt, daß die Bertretung aller Domonions am Konferenztisch zu schwer zu gunsten des britischen Standpunktes in die Wage fallen würde. Dem diplomatischen Berichterstatter des" Daiiy Telegraph" zufolge werde Macdonald in der Erklärung, die er am Montag im Unterhaus abgeben werde, die Natur der Bereinbarung andeuten, die bezüglich der Vertreter der Dominions auf der inter alliierten Konferenz erreicht wurde.
Sicherheit. Neben dem nationalistischen Deutschland gäbe es in demokratisches und friedliches Deutschland , und deshalb müsse man nicht unnüz die öffentliche Meinung alarmieren. Er zweifelt nicht an der eBrnunft des deutschen Volkes. Aber die Zeit fei noch nicht gekommen, wo man die Politik ausschließlich auf das gute Recht aufbauen könne, und deshalb verlange Belgien von seinen Berbündeten Garantien für feine Sicherheit und Unabhängigkeit. Das belgische Berteidigungsbündnis mit Frankreich müsse in einem Baft mit England seine Ergänzung finden.
Die Gretchen- Regierung.
Ich habe schon so viel für dich getan,
Daß mir zu tun fast nichts mehr übrig bleibt.
Eine neue Intrige gegen die Regierung Marr- Stresemann ist in vollem Gang. Die englisch - französischen Berlegenheiten. haben nicht nur die Poincaristen, sondern auch die deutschen . Nationalisten und Reaktionäre wieder auf die Beine gestellt.. Drüben geht es gegen Herriot , um den Poincarismus wieder aufleben zu lassen, diesseits der Grenze gegen die Regierung der Annahme der Gutachten, um die Durchführung der Gutachten zu hintertreiben. Wir sind in der berühmten letzten Sekunde, in der es die stärkste Nervenprobe gilt.
Gegen die Intrigen der letzten Sekunde gilt es hart und, entschloffen zu sein, gilt es, die Intrigen im Kampfe niederzuschlagen. Die Regierung hat das Gegenteil getan. Sie hat den Intriganten und Verderbern des Reichs im reaktionären Lager dargebracht, was immer deren Herz erfreuen mochte. Sie weigert sich standhaft, das Washingtoner Abkommen zu ratifizieren. Sie brüstiert die Arbeiterschaft, um die Gunſt der Reaktion zu gewinnen. Sie bringt dem deutschnationalen Großagrariertum das Geschenk des Zollwuchers dar, um die Stimmen der Deutschnationalen für die eigene Eristenz zu gewinnen. Je mehr sie darbringt, um so sicherer werden die anderen, um so höher ihre Forderungen!
Es ist nicht das Ziel der Deutschnationalen, diese Regierung zu halten! Sie wollen sie beiseite schieben- Herrn Marr und vor allem Herrn Stresemann . Sie wollen den Bürgerblod, den Block der Kapitalisten und Agrarier unter deutschnational- agrarischer Führung. Sie wollen von diefer Regierung noch ein letztes, um sie dann um so sicherer beiseite zu schieben. Diese Regierung der Marr- Stresemann, diese Gretchenregierung ist bereit, ihnen die letzte politische Tugend zu opfern! Sie hat so viel schon für sie getan, daß ihr zu tun fast nichts mehr übrig bleibt!
fizung ergriff Kriegsminister Nollet das Wort, um die AmParis, 11. Juli. ( WTB.) Im Laufe der geftrigen Kaminer nestie, soweit sie sich auf die von Kriegsgerichten Berurteilten bezieht, zu rechtfertigen und um sich über die einzelnen im Laufe der Debatte vorgebrachten Verurteilungen durch die Kriegsgerichte auszusprechen. Auch der ehemalige Minister des Innern, Maloy, ergriff das Wort. Er unterstrich, daß der Staatsgerichtshof ihn von der Schuld des Hochverrats freigesprochen habe. Einer seiner Richter habe gesagt:„ Sie haben nicht Frankreich verraten, sondern die Pflichten ihres Amtes." Auf Grund dieses Wortspiels sei er verurteilt worden. Malvy appellierte dann an den Mann, der jetzt Ministerpräsident sei, denn er wisse, Eine Erklärung des belgischen Außenministers. daß er mit ganzem Herzen mitgearbeitet habe an der Verteidigung Brüffel, 11. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) In der belgischen Frankreichs . Auch Briand engriff das Wort, um Malvy zu verKammer hat am Donnerstag der Außenminister Hymans in einer teidigen. Ich war Ihr Chef, sagte er, und es ist meine Pflicht, zu längeren Erklärung ausgeführt: Belgien habe von Anfang an in der fagen, daß General Joffre, General Nivelle und alle anderen großen militärischen Befegung deutschen Besitzes nicht ein Ziel, fon- militärischen Führer Ihre Mitarbeit anerkennen. Es fei tra u bern nur ein Mittel gesehen. Jede Lösung, die unter Bah- rig, daß ein Mann in seiner Ehre getroffen werden dürfe, der rung der belgischen Rechte und Intereffen dieser Besehung ein nur Lob verdient habe. Ms auch Abgeordneter Thomson für Maloy Ende mache, fönnie deshalb der belgischen Zustimmung sicher sein. eintritt, wird durch einen Zwischenruf die Affäre Mata Hari qngeschnitten. Malvy ruft: Es ist Beit, daß diese Legende verschwindet. Man hat gefagt, ich wäre der Liebhaber diefer Länder sozialen und agrarischen Reaktion das Opfer des StandUnd doch noch eins: nach der völligen Kapitulation vor gerin. Er fönne einen Eid ablegen, daß er nie Beziehungen punktes gegenüber den Gutachten, des klaren und eindeutigen zu ihr gehabt und sie niemals gesehen habe. Fabry erhebt Entschlusses zur Annahme und Durchführung der Gutachten. sich und erklärt, obschon er zur Rechten gehöre, müffe er erklären, mit dem Beschluß des Zentraloorstands der daß er in den Akten, die er eingehend geprüft habe, teine Spur Bolfspartei fing es an. Herr Stresemann hat sich eines Borwurfs des Hochverrats habe finden können. der letzten Hingabe an die außenpolitische These der Deutschgenähert. Jene Kapitulation, die in den wochenlangen Vernationalen in seiner törichten Rede in Elberfeld noch mehr handlungen um den Bürgerblock die Deutschnationalen for= mann nahe daran, das Gutachten aufs Spiet u setzen.
-Der Plan Dawes enthalte eine solche Lösung
und sein Brestige werde erhöht durch die Mitwirkung Ameritas, das fich erneut für europäische Angelegenheiten zu interessieren beginne. Hymans gab dann feiner Genugtuung über die Ergebnisse der jüngsten Aussprache zwischen Herriot und Macdonald Ausdruck. Sie eröffneten die Aussicht auf eine gemeinsame Aktion aller Alliierten für eine baldige und endgültige Lösung des Reparationsproblems. Offen sei einstweilen noch die Frage der
Gegen Zollwucher für Achtstundentag.
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Beschlüffe des Parteivorstandes.
Darauf wurde, die Generaldebatte über das Amnestiegefeh geschloffen. Heute vormittag tritt die Kammer in die Einzelberatung.
öffentlicher Unsicherheit in Bayern ist es, daß die Horde neben ihrer Friedhofsschändung fich auch in nächtlicher Ruheftörung und Belästigung der jüdischen Bürger ergehen konnte, ohne daß die Polizei einschritt.
Der Parteivorstand beschäftigte sich heute vormittag mit her politischen Lage, die durch die Einbringung der SchuhDer Ex- Kronprinz und die Diplomatie. 30 Ilvorlage und die ablehnende Stellungnahme der ReAmfterdam, 11. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Die Meldung gierung gegen die Ratifizierung des Abkommens von über das Diner des niederländischen Gesandten in Washington über den Achtstundentag entstanden ist. Das Berlin zu Ehren des deutschen Extronprinzen hat in der niederBerhalten der Regierung in diesen beiden entscheidenden länischen Bresse das größte Aufsehen und Befremden erregt. Die Fragen der Lastenverteilung fand allgemein schärfste Berfozialistische Partei hat an den niederländischen Außenminister eine urteilung. Zur Einleitung eines Feldzugs gegen die ländischen Preffe das größte Aufsehen und Befremden erregt. Die Zollvorlage und die Haltung aller bürgerlichen Anfrage gerichtet, in der fie um nähere Auskunft und Aufklärung Parteien dieser Lebensfrage des arbeitenden ersucht. Bolfes wurden die Borbereitungen getroffen. Es werden Rededispositionen und Flugblätter herausgegeben merden. Die Absicht der Gemertschaften, die Ratifizierung des Abkommens von Washington zum Gegenstand eines Boltsentscheids zu machen, wird die lebhafteste Unterstützung der Partei finden.
in
Die fünf Punkte.
Bie aus der schon veröffentlichten Antwortnote der Botschafter fonferenz in der Frage der Militärfontrolle hervorgeht, wird die Interallierte Militärfontrolle mit der bevorstehenden Generalinfpet tion noch nicht beendet sein, sondern erst nach Durchführung der fünf Punkte, die in der Note vom 29. September 1922 aufcezählt waren. Diese fünf Buntte betreffen die Ausführung einer Anzahl Artikel des Versailler Vertrages, die folgendes verlangen: Erstens Reorganisation der deutschen Bolizei, zweitens Umstellung der Fabriten, drittens Auslieferung des Restes des nicht zugelassenen Kriegsmaterials, piertens Auslieferung der Schriftstücke, die sich auf die Bestände an Kriegsmaterial zur Zeit des Waffenstillstandes und auf die Tätigkeit der Fabriken während des Krieges und nach dem Waffenstillstand be. ziehen; fünftens Veröffentlichung von gejeblichen Be stimmungen auf legislativem oder administrativem Wege, je nach den Umständen des Falles, die notwendig sind, um das Ver. bot der Ein- und Ausfuhr von Kriegsmaterial wirksam zu gestalten und die Rekrutierung und Organisation des Heeres mit Sen militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages in Ein Ilang zu bringen.
Hakenkreuzler- Banditismus.
München , 11. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) In Binswangen bei 3sburg hat ein Trupp von etwa 50 Hakenkreuzlern, die in der ähe des Ortes eine sogenannte Felddienstübung abhielten 1 nd bewafierten, den dortigen jüdischen Friedhof in vandalischer Beise verwüstet. 22 Grabsteine wurden umgeworfen und so demo1ert, daß ein neues Setzen der Steine völlig ausgeschlossen ist. dere Grabdenkmäler wurden mit Hafenkreuzen beschmiert und die Gräber in der gemeinsten Weise besudelt. Der Staatsanwalt hat bereits 4 Mitglieder dieser Horde ausfindig gepacht. Bezeichnend für die noch immer herrschenden Zustände
Die spanische Amnestie.
Madrid , 9. Juli. ( WTB.) Der König hat auf Borschlag des Militärdirektoriums eine Amnestie erlassen, unter die politische und Preßvergehen, sowie gewiffe Bergehen gegen die Militärstrafprozeßordnung und gegen das bürgerliche Recht fallen. Bemerkens wert ist vor allem, daß alle Todesstrafen in Gefängnisstrafen umgewandelt werden.
Die Amnestie ist die größte, die jemals in Spanien erlassen wurde, da sie sich sowohl auf bereits abgeurteilte Bergehen wie auf noch schwebende Prozesse erstreckt. Die Amnestie hat in aller Streifen Spaniens lebhafte Genugtuung und Befriedigung hervor gerufen.
Unter den Amnestierten befindet sich Spaniens größter Schriftfteller und Denker Miguel Umanomo, der zur Verbannung megen seiner Protesttundgebung gegen die Diktatur Primo di Ri vera verurteilt worden war.
einigten Staaten von Amerika in Worten. herzlicher AnteilDer Reichspräfident hat dem Präsidenten der Ber. nahme telegraphisch sein Beileid zu dem schmerzlichen Verluste ausgesprochen, welchen der Präsident durch den jähen Tod seines Gohnes erlitten hat.
Neunte Unterhausschlappe der Arbeiterregierung. Das Rabinett Macdonald hat im Unterhaus gestern seine neunte Niederlage er litten, indem mit einer Mehrheit von 10 Stimmen ein Zufazantrag zur Vorlage über die Löhne der Landarbeiter angenommen wurde, der vom Landwirtschaftsminister befämpft worden war. Der Minister erklärte darauf, die Bedeutung biefer Niederlage erscheine ihm fo ernst, daß bie Regierung die Folgen in einer ihrer nächsten Sigungen prüfen werde.
In Maroffo ist plöglich ein neuer schwerer Aufstand der Eingeborenen ausgebrochen. In Madrid herrscht darüber Be stürzung.
berten, ist im Gange. Um sich zu retten, ist Strefe
Die Deutschnationalen nehmen das Opfer hin, wie sie die anderen hingenommenn haben. Sie fonstatieren den Zug der Regierung nach rechts und fordern mehr. Heute morgen veröffentlicht die deutschnationale Parteileitung eine längere Mitteilung, die die Schwenkung Stresemanns unterftreicht. Ausgehend vom Beschluß des Zentralvorstandes der Bolkspartei heißt es:
" Der Beschluß bringt in der Tat eine wesentliche Ben. dung in der Haltung der Boltspartei und ihres Borjizenden zum Ausdruck. Indem er die militärische Räumung der vertragswidrig besetzten Gebiete ausdrücklich zur Bedingung der Annahme des Gutachtens macht, indem er auch sonst eine ganze Reihe von politischen und wirtschaftlichen Zielen aufstellt und sie nicht bloß als eine bei den Berhandlungen zu verfolgende Aufgabe, sondern als Voraussetzung der Annahme des Abkommens bezeichnet, tommt der 3 entraidorstand weit den deutsch nationalen For derungen entgegen. Bei den Berhandlungen über die Regierungsbildung konnten die Deutschnationalen nicht erreichen, daß Bedingungen dieser Art für die Annahme des Gutachtens ausdrüc lich in die abzugebende Regierungserklärung aufgenommen wurden".
,, Es muß für den weiteren Verlauf der Verhandlungen über das Gutachten von ausschlaggebender Bedeutung werden und kann Deutschland nur zum Vorteil dienen, wenn die Welt weiß und ciamentlich beim Ausbleiben voller militärischer Räumung der vertragswidrig darauf achtet, daß unter den bekannten Bedingungen besetzten Gebiete nunmehr auch der deutsche Außenminister und seine Partei, inhaltlich der Frant furter Entschließung darauf festgelegt sind, das Gutachtenabkommen abzulehnen, gegen dessen Annahme in diesem Falle also nicht allein von den Deutschnationalen
und ihren unmittelbaren Nachbarn heftiger Widerstand zu er
warten ist."
Die nationalistische Presse sekundiert. Die Regierung hat den Pfad der politischen Tugend verlassen, nun wird sie weitergezerrt! Lensch schreibt in der Deutschen Allge= meinen Zeitung":
,, Da Stresemann Mitglied des Rabinetts ist, so wäre aus feiner Haltung zu folgern, daß das gesamte Rabinett hinter der öffentlichen Stellungnahme Stresemanns und der hier ausgesprochenen verhaltenen Drohung steht, im Eventualfall das Gutachten abzulehnen."
Erweichte Faschisten. Die fortwährenden Niederlagen der„ Die deutsche Regireung foll in Paris wissen laffen, daß diesipaniihen Truppen in Marokko haben die Generalsregierung mal nicht bloß der Mund gespizt, daß jest gepfiffen au einer umfangreichen Amnestie für politische, militärische und werden muß. Wenn über die Bedingungen, die die DamesPreffeftraftaten veranlagt. Die auf die Kanarischen Inseln verinfolge der Amnestie nach Spanien zurüdgefehrt. bannten Profefforen Unamuno und Soriano find gestern Dentschrift für ihre eigene Durchführung aufstellt, dem deutschen Reiche die nötigen Garantien und bindenden, eingehenden ErKämpfe in Marotto verlaufen weiter für die Spanier sehr berflärungen verweigert werden, so hätte damit der Feind Iuftreich. bas Gutachten zerriffen"
Die