Eine Zälschung. Zur Schutzzollpropaganda der Agrarier. In der„Deutschen Tageszeitung� nimmt der Landbund- führer und deutschnarionate Abgeordnete Freiherr v. Nicht» Hofen erneut zur Zollfrage Stellung mit dem selbswerständ- lichen Ergebnis, nämlich daß die Landwirtschaft die Schutz- z ö l l e brguche. Freiherr v. Richthofen stützt seine Beweis- führung in der Hauptsache daraus, daß die Industrie be- reits im Genuß von Schutzzöllen sei, daß also die Landwirt- schaft nur einen Anspruch auf Gerechtigkeit erhebe, wenn sie ihrerseits Schutz gegen die ausländische Konkurrenz verlange. Daß die industriellen Schutzzölle des Tarifes von 1902 sogar mit einzelnen Verschärfungen in Kraft sind, trist zu. Aber ebenso trifft es zu,— und das verschweigt der Landbund- führer seinen Getreuen— daß dieser Tarif der A b 2 n d e- r u n g bedarf und daß bei seiner Abänderung der Forderung der Landwirtschaft nach billigen Betriebsmitteln weitgehend Rechnung getragen werden kann, wenn sie ihrer- ssits von Schutzzöllen absieht. Jedenfalls ist ein Zolltarif, den die Regierung selbst für reformbedürftig hält, daß sie sich aus- drücklich zu seiner Abänderung besondere Ermächtigun- gen erteilen lassen will, keine geeignete Grundlage für die Forderung nach Getreide- und Fleischzöllen. Richthofen geht aber noch weiter. Aus der Tatsache, daß die Arbeitervertreier am S. A�ril und am£>. August 1923 der Wiederaufrichtung und Brschärfung des alten Zolltarifs zu- gestimmt haben, schließt er, daß sogar die Parteien der Linken und der Arbeiterschaft sich grundsätzlich mit einem lückenlosen Schutzzolltarife inverstanden er- klärt haben. Schlußfolgerung und Boraussetzung sind gleich baltlos. Als im Jahre 1922 und später die Zölle erneuert und revidiert wurden, handelte es sich überhaupt nicht um einen Schutz zoll, d. h. um die Begünstigung inländischer In- iwstriezweige vor der ausländischen Konkurrenz. Die Industrie liätte sie damals gar nicht notwendig gehabt, da sie ja ohne- hin durch die Hochschutzzollmauer der Inflation ausreichend vom Weltmarkt abgesperrt und vor der Konkurrenz auslän- bischer Waren am inländischen Markt geschützt war. Die Zoll- erhöhung verfolgte damals einen ganz anderen Zweck. Es handelte sich darum, dem Reiche erhöhte Einnahmen u erschließen durch die Wiedereinführung der Zölle, die da- mals die einzige einigermaßen dem Sinken des Geldwertes angepaßte Einnahmequelle war. Die regelmäßige Festsetzung des Goldzollaufgeldes sorgte für die Aufrechterhaltung des Goldwertes der Zolleinnahmen wenigstens in bescheidenem Umfange. Das war bei keiner anderen Steuer der Fall. Dieses finanzielle Interesse spielte die entscheidende Rolle. Es kam hinzu, daß man in der Zeit rapiden Marksturzes ein Interesse daran hatte, ausländische Luxuswaren vom inländischen Markt fernzuhalten, um Devisen einzusparen. Auch aus diesem Grunde wurden die Zölle in Kraft gesetzt und teilweise sogar erhöht. Es war dies aber kein Schutzzoll, der irgendeine heimische Industrie be- aünstigen sollte, sondern lediglich eine Abwehrmaßnahme im Kampf um die Währung. Die ganze Ermächtigung zur Inkraft- sctzung und Abänderung der Zölle war endlich nur ein P r o- v i s o r i u m. Wie man aus dieser Zustimmung der Arbeiter- � errreter zu einer Notmaßnahme, die nicht einen einzigen Schutzzoll enthielt, die Geneigtheit der Sozialdemokratie zu iodustriellen Schutzzöllen konstruieren kann, ist da» Geheimnis d?z Reichsland bundes. Die Gründe, die die Arbeiterschaft damals zu ihrer Hol- tung in der Zollftage veranlaßten, sind öfientlich bekannt. Sie sind aber entscheidend für die Frage, ob es sich damals um einen Schutzzoll oder nur um finanzpolitische Maßnahmen bandelte. Jedenfalls ist es eine Fälschung des Sachver- Halts, wenn man die Gründe, die damals die Arbeitervertreter leiteten, heute in ihr Gegenteil umdichtet, nur um damit das angebliche Recht der Landwirtschaft aus Schutzzölle zu be- weisen._ Demokraten gegen Zollwucher. Die Agrarzölle unmöglich und unerträglich. Der Parteiausschuß der Deutschen Demokratischen Partei Hamburg hat zu den drohenden Agrarzdllen Stellung genommen und einstimmig folgende Entschließung angenommen: „Der Parteiausschutz erkennt die Notwendigkeit an, der not» leidenden Landwirtschast zu helfen, sieht aber in den Lgrarzöllen rwder das einzige noch das richtige Mittel. Der Parteiausschuß er- kennt vielmehr in dem Rufe nach den AgrarzSllen die Taktik, die das deutsche Volk für die Stärkung der Rechtsparteien bei der Reichstags» mahl vom 4. Mai einftng. Der Parteiausschuß HSlt die in Aussicht genommenen Agrarzölle im Hinblick auf die drin» gcnde Notwendigkeit, die Ausfuhr der Industrieerzeugniff« wesentlich zu steigern, für unmöglich und im Hinblick auf die Wirtschaft» liehe Lage der großen Mass« der Verbroucher für unerträglich. Der Parteiausschuß erhält die Ermächtigung, die durch dl« Vorloge der Reichsregierung gegeben werden soll, nach den mit den bisherigen Ermächtigungsgesetzen gemachten praktischen Erfahrungen für un» denkbar. Der Parteiausschuß ersucht deshalb di« Vertreter der Deutschen Demokratischen Partei im Reichstag, dem vorliegenden Gesetzentwurf aus keinen Fall ihr« Zustimmung zu geben."___ Die �Sefrieüung� des Saargebiet. Genf , 24. Juli. (Eigener Drahtbericht.) DK Kommission für das Saargeblet hat dem Sekretariat des Völkerbunde» ihren Bericht für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1924 übergeben. Danach ist«in« Erhöhung der Produktion und ein Rückgang der Arbeitslostgkelt zu oerzeichnen. Um«ine Senkung der Kohlenpreise herbeizuführen. werden di« Transportkosten für Saarkohle vom 1. Juni ab herab» gesetzt. Die Verwaltung der Saargrube gibt ihren durchschnittlichen jährlichen'R« in gewinn mst 19822 407 Goldmark und den Rein» gewinn pro Tonne mit 2.06 Mk. an. Der Haushalt des Saargeb, erweist für di« Zeit vom 1. April 1924 bis 31. März 192« Gesamt. ausgaben im Betrage von 182 621 147 Franken auf, die durch die Einnahmen gedeckt sind. Zur Behebung der Kreditnot wurden 18 Millionen Fronten zur Verfügung gestellt. Den Vorwurf der Französierung der Schulden weist der Bericht zurück. Die Schulen der französischen Staatsgruben wurden von 4446 deutschen Kindern besucht bei einer Gesamtzahl von 112 000 schul. Pflichtigen Kindern im Saargebiet. Nach der Volkszählung vom 1. Januar 1924 hat da» Saorgebiet 749 797 Einwohner gegenüber 712105 im April 1922. Der Bericht stellt»um Schluß eine zu» nehmend« Befriedung und Besserung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse fest.
Der vizepräsidenlenkandidat der Dritten Parlel. Der dem» kratifch» Senator Wheeler hat erklärt, die Kandidatur al» Vizepräsident auf der Liste Lafolett« annehmen zu wollen.*
«�Sterne". Also der Lunapark hat ein« Sternwarte bekommen. Auf der Plattform des Novdturmes ist ein Zeitz . Femrohr mit löS-mm-Objek. twdurchmesier aufgestellt, das etwa sine ZOOsache Vergrößerung ermöglicht. Ein zweites Femrohr mit 200»wm.Objektio wird bald folgen. Ein alter Schuldirektor, der ja von Berufs wegen weniger zur Erde als zu den Siemen blickt, gibt sein Wissen von den Siemen, das ihm Lebensinhalt geworden ist, an jung und alt weiter. Und wer von dem irdischen Trubel de« Lunapark» genug hat, wan. dert die Stufen zur Sternwarte empor. Er tut einen Vlick in den Himmel und weitet sein astronomisches Wissen, das bei den meisten ja nicht über die Kenntnis des Großen Bären hinausgeht. In diesen Gewitterlagen freilich, als zu einer Besichtigung«ingeladen war, ver» deckten schwere Gewitterwolken die„Stemsicht": aber immerhin kennt« so der etwas pmnkoolle Rani« gerechtfertigt werden:„Wir warteten der Stemel' Es war recht gemütlich da oben. Alle bunten Lichter des Lunaparks leuchteten herauf, die flotten Klänge der Kapelle umgaugelton das Ohr. und schließlich verkürzte das Feuer» wert dk Wartezeit. Inzwischen wurde das Fernrohr durch Einsetzen«in«, anderen Okular» mit Umkehrprisma in em Erdfemrohr oer wandelt, und e s gab ander«.Sterne' zu sehenl Zehn und mehr! Zwei gewaltige Scheinwerfer beleuchteten sie, und all« Augen und Opem- gläser wandten sich zu ihnen. Wer das Glück hatte, sah s}« in 1?0facher Vergrößerung. Man konnte die graziösen Körper atmen sehen und ab und zu ein Auge, daß zur Seite blitzte. Unten am Rande des Halensees wurden gebende Marmorgmppen gezeigt. Es war immerhin.Sternersatz'. Doch jetzt wollt« sich der Jupiter nicht kumpen lassen. Er spiekfe zwar Verstecken, aber«ingefangen war er, und durch das inzwischen wieder befestigt« astronomische Okular sah man deutlich drei seiner Monde. Mehr Aussicht gaben die Wolken nicht. Au ftemklaren Tagen wird es mehr zu sehen geben. Ja, durch ein neulonstruiertes Okular kann man di« Sonnenflecken beobachten, und sicherlich ist es angenehmer, der Steme warten, d. h. sie beobachten zu können, als verurteilt zu fein, lange und vergeblich auf sie warten zu müssen.
�Gentlemanelnbrecher�. Die ganze Wohnung ausgeräumt. Eine Bande von Gmtlemaneinbrechern bat sich augenblicklich dk Gegend der Greifswalder, Wins» und Marknburger Straß« zum Arbeitsfeld erkoren. In den letzten Tagen wurde dort ein« Reihe von Einbrüchen verübt, bei denen jedesmal zwei oder drei elegant gekleidete Herren, auf dk zu» nächst niemand verdacht hatte, gesehen wurden. Ein Kaufmann in der Greifsroalder Straß« erhielt ihren Besuch, während er im Ge- schäft zu tun hatte und seine Frau verreist ist. Di« Einbrecher öffneten mit Hilfe von Bleittreifen e-n Sicherheitsschloß und stah» l«n bare» Geld, wertvoll« Schmucksachen, eine Kassette mit Inhalt, ISO Gramm geschmolzenes S o ld u. a. m. Zwei elegant« Herren hatten vorher geklopft und geklingelt und oerübten dann In der Zeit von 7 bis 11 Uhr abends den Einbmch. In der MavKnburger Straß« stahl die Bande bei einem Kaufmann ein« Kassette mit 1 8 00 M..«inen Posten Herrenstofle und Lrlllantschmuck, Ringe, Kollier» usw., während sich dk Familie nachmittag» in einem Gärtchen im zweiten Hof« aus. hielt. Bei einem Kaufmann in der Winsstraße drangen die Der» brecher ein, indem sie mit einem Stemmeisen die Tür ausbrachen. Sie erbeuteten für 7000 bis 8000 M., besonders Kleidungsstücke. Das Brecheisen lkßen sie zurück. Ein anderer Kaufmann in der Winssttoße wollte mit seiner Familie verreisen und hatte am Tage vor der Abreise alles sorgfältig gepackt. DI« hei» den eleganten Herren hotten es hier leicht. Sie erbrachen dk Koffer, holten das Lest« heraus, im Ganzen für 10000 M. und nahmen es in«inem Handkoffer mit. In der Prenzlauer Alle« wurde von drei Männern einer Frau, di« im Krankenhaus« lkgt, d i« ganze Wohnung ausgeräumt. Hier drangen sie mit Rachschlüffeln ein. Al» ein« Aufwärterin kam. um noch dem Rechten zu sehen, waren alle Wertsachen verschwunden.
Der Irrtum deS Postasfistetitett. Wie wir im April berichkten, hat ein Postasftftent beim Post» amt 8 in Charlottenburg (Aeplerstt. 42) einen Berlust von«200 M. erlitten, weil er beim Vertauf von Einkommen» skuermarken irrtümlich hohe Markwerte anstatt der verlangkn Psennigwerte<m da» Publikum abgegeben hatte. Inzwischen hat sich ein Käufer, dem für 800 M. unrichtig« Marken v er» abfolgtworden waren, gemeldet. Der Schaden für den Postbeamten beläuft sich somit immer noch auf 4 4 0 0 M. Da an» genommen werden muß, daß dk übrigen Empfänger der unrichtigen Cintommensteuermarken diesen Irrtum noch gar nicht erkannt haben, bittet der für den Verlust voll haftbar gemachte Postbeamte, der überdies durch einen Wohnungseinbruch schwer geichädiat worden ist, all« diejenigen, die seinerzeit bei ihm im Postamt 8 in Charlotten» bürg Einkommensteuermckrtien gekaust haben, herzlich darum, die empfangenen Marken einer genauen Durchsicht zu unterziehen und etwa unrichtig verabfolgte Marken zurück» zugeben. Sollten die hochwertigen Marken von den Empfängern bereits verklebt worden fein, wird gleichfalls gebeten, dem Postamt 8 oder dem Postamt Charlottenburg 1(Berliner Str. 62/64), zu dessen Geschäftsbereich das Postamt 8 gehört, Mitteilung zu machen, damit di« Erstattung der unrichtig oerklebten Marken— ohne jegliche Schädigung der Beteiligten— herbeigeführt werden kann.
Die Flagge auf dem„Seebad " Wandlitz . In dem nördlich von Berlin gelegenen Wandlitz hat sich am Sonntag«in Vorfall ereignet, der die republikanische Bevölkerung in groß« Erregung versetzt«. Infolge der Tatkraft der verfloffenen Gemeindevertretung, die in ihrer Mehrheit aus Republikanern be- stand, wurde im vergangenen Jahr« im Wandlitzsee«in« Badeanstalt errichtet, die in Verbindung mit den dortigen» Unterkunft»» und Erfrischungsmöglichkeiten wesentlich zur Hebung de» Fremdenver» tehrs beitrug. Zur Einweihung der Badeanstalt hatte die Gemeinde» Vertretung ein« Fahne der Republik gestiftet, dk bi» jetzt lustig über den See grüßte. Am letzten Sonntag fühlt« sich der' Bademeister, ein pensionierkr Beamter, in Gemeinschaft mit völkischen Jünglingen veranlaßt, diese Fahne herunterzuholen und durch di« schwarzweih- rot« Monarchistenfahne zu ersetzen. Allerding, trägt diese eine winzig klein« schwarzrotgolden« Gösch, die aber nur mit«inem guten Fernglas zu erkennen ist. Ganz abgesehen davon, daß im Binnen- lande di, Seehandelsflagge wirklich nicht angebracht ist, bedeutet das ganz« nichts weiter als eine unverschämt« Provokation der repu. blitanischen Bevölkerung. Unier den Kurgästen hatte sich sofort eine Bewegung zum Boykott der Kureinrichtungen des Ortes bemertbar gemacht. Vielleicht lieht sich der Gemeinde» und Lmtsvorfkher in Wandlitz im Interesse seines Ortes, für da» er ja mstverantwortlich ist, veranlaßt, gegen diesen Flaggenunfug einzuschreitcn. den er selbst nach seiner ganzen bisher gezeigten Einstellung am wenigsten billigen tonn._ Brand in einer chemischen Fabrik. Wegen eine« FabrikdrandeS wurde die 6. Kompagnie der Berliner Feuerwehr am Mittwoch nach der chemischen Fabrik von Dr. G. F. Hennig, Schwedter Straße 9. alarmiert. Dort stand auf dem Hofe«in Schuppen und ein Angrenzender Pferdestall in Flammen. Entstanden war der Brand durch Entzündung von Chlor und Methyl. Vi, Hitze war so groß, daß von einem anliegenden dreistöckigen Ge- bäud« der Putz herunterfiel. Trotzdem gelang e» der Wehr, den Brand mit mehreren Schlauchleitungen stärksten Kaliber» auf den Schuppen und den Stall zu beschränken.
die»Vorteile� öer Ersatzkassen. Vor einiger Zeit hatte der„Vorwärts' in Nr. 207 einen Artikel über„Zahlungsschwierigkeiten der Ersatzkassen?' veröffent» licht, dem wir zur Illustration der Lag««nen zweiten folgen lasten. Da heißt es im Standesblättchen der Berliner Aerzte, das so ziem- lich unter Ausschluß der Oeffentlichkeit erscheint und sich deshalb im stillen manch« Soistesblüte gegen di« Ortskvankeakaflen erlaubt, über die Verhältnisse bei de» Ersatzkasten: „DK Auszahlung des Maihonorars hat dadurch eine Ver» zögerung erfahren, daß einzeln« Kasten, darunter aber eine große, mit ihren Zahlungen im Rückstände ge- blieben sind, da ihre Beiträg« Infolg« der Geldknappheit(aus- gerechnet bei den Efiotzkasten) nicht rechtzeitig eingegangen� sind. Infolge der wirtschaftlichen Lage ist die Zahl der Arbeitslosen und damit die Zahl der Krankmeldungen wesentlich gestiegen. Insbesondere haben sich bei der Krankenkasse für da» Deutsche Reich- dk Arbeiter ganzer Betrieb« krank gemeldet. Wir ersuchen daher die Kollegen, bei Bescheinigungen von Arbeitsunfähigkeit bei allen Ersatzkassen mit größter Vorsicht und Sorgsall zu ver- fahren. Darüber hinaus wurde mit dem Vorstand der Krankenkasse für das Deutsche Reich verein- b a r t. daß bis auf wettere? bei jeder Krankmeldung sofort«in« Nachuntersuchung stattfinden soll, ohne vorherige Benachrichtigung des behandelnden Arztes. Wir(die Aerzteorganisatton) teilen ferner nochmals mit, daß den Ersatz- kästen von Leipzig aus für die Monate Mai und Juni ein ISpro- zentiger Abzug zugestanden ist. Der Abzug für Bureauunkolte«. Mitgliedsbeitrog zum Leipziger Verband usw. ist für diese Monoie daher auf 8 Proz.(de« Honorars) herabgesetzt worden.' Wenn man diese Zeilen liest, kann man nur sagen, die Aerzte- organisatton spottst ihrer selbst und weiß nicht wie. Also erstens sind di« gut fundierten Ersatzkassen gelinde gesprochen pleite, denn«in Privat unternehmen, und da» sind di« Er» s a tz k a s s e n, dem jetzt keine Geldmittel zufließen, i st« r l« d i g t. Andererseits beweisen dies« Mitteilungen, wie ethisch hoch» stehend der Aerzte st and von seinen eigenen Vertretern eingeschätzt wird, wenn er für ihre Kastentätigkeit ausdrücklich verlangen muß. mit größter Vorsicht und Sorgfalt zu verfahren. Dinge also, die man eigentlich von jedem Arzt erwarten sollte. Für dk jetzt Erwerbslosen, dk sich für dk Ersatzkasten ködern ließen. kommt jetzt das dicke Ende nach. Denn wer nicht zahlt, fliegt, und dann kann er noch obendrein wegen Zahlungsversäumnis beim ordentlichen Gericht verklagt werden. Nachdem jetzt ganzen Bettk- ben gekündigt worden ist, müssen dk Erwerbslosen , um ihre Mtt- glkdschast zu erhalten, von ihrer großen Arbeitslosenunterstützung noch das Geld für dk Erfatztast« sich abhungern, da dk Städte nur den Betrag für di« allgemeinen Ortskrankentasten, das ist 20 Pf. pro Woche für sie zahlen können. Wie tüchtig die Aerzte in ihren eigenen Betrieben zu wirtschaften verstehen, beweist ihr Abzug von 8 Proz. für Bureauunkosten usw., während z. B. die AOK. Berlin nur 7 Proz. Mttgliedsbeitrag oinschlkßlich de» Beitrages zur Er- werbslosenfürsorg« erhebt und dafür außer den Regel- letstunge» noch Familienversicherung, Der- s ch i ck u n g e n usw. gewährt. DK erkrankten Mitglieder der großen Lichterfelder Erfotzkass«, die mtt ihren Zahlungen im Rückstand ist und die sich meistens au» ArbeiKrn und kleinen Angestellten rekru. tieren, haben bei einer Erkrankung, die einer Krankmeldung bedarf, das Vergnügen, als verdächtige Simulanten und Drückeberger fofortdem Vertrouensarztvorgestelltzu werden, in Erinnerung an die seligen Zeiten de, Stahlbads, wo auch d!« Gesundbeterkommissionen herumreisten und Krank« gesund schrieben Das find dk.vorteil«', die di« Crfatzkasten gegenüber den Orts- krankenkasten ihren Mitglkdern gewähren.
Aufgespießt. Auf dem Leipziger Platz war nockmittag» der SS Jahre alte Aitstreicker Karl Liebmann mit dem Aufmalen von Rummern auf einen Straßemnast beschäftigt. Plötzlich rutschte die Leiter. auf der L. stand, au» und er fiel auf da» eisern« Gitter, da» die Rasenflächen umgibt. Eine der Etsenspitzen drang ihm in da« Gesäß, eine andere in den rechten Oberschenkel. Man brachte den Schwerverletzten nach der nächsten Rettungsstelle und dann nach seiner Wohnung. Am Falk- Platz 4._
der Serchtesgaöener MSrSer verhaftet. Wie aus München gemeldet wird, ist der 17iährige Gymnasiast Kurt Keßler, der unter dem Verdacht steht, den Studiennrai Merz au» Berlin bei Berchtesgaden ermordet und be> raubt zu haben, gestern abend auf dem Hauptbahn hos von einem Münchener Kriminalbeamten erkannt und f« st genommen worden. Er wurde zur Polizeidirektion gebracht, wo er die Tai zugab. Er hat den Mord ausgeführt, weil er in Geld ver- l« g e n h« i t war. Der 17jährig« Gymnasiast Keßler aus Rürn» berg gestand nach anfänglichem Leugnen auch noch, daß er am 22. Juli in der Berchtesgadener Gegend eine Frau aus Zwickau überfallen, ihr mehrere Messerstiche ver- setzt und die Handtasche geraubt habe. Bei dem Der- hafteten fand man ein« Legitimation, aus der hervorgeht, daß Keß- ler Mitglied der völkischen Wehrorganisation „Reichsflagg«' in Nürnberg ist. Haarma«« vor dem Untersuchnngsrichter. Der Mastenmörder Haarmann ist am Mittwoch wkder einem längeren Verhör durch den Untersuckmngsrichter unterzogen worden Es wurden ihm zwei Frauen aus Berlin und Bremen gegenübergestellt, die dos Verschwinden Ihrer Söhn« dem Haarmann zur Last legen. Der Verbrecher leugnete den Berkehr mit den beiden v«r> mißten jungen Leuten, deren Bilder ihm unter zahlreichen Hin» und Herfragen vorgelegt wurden. Unwetterkatastrophe auch in der Schweiz . Am Dienstag abend wurde auch die Oftschweiz, namentlich dfi Kanton« Appenzell und St. Gallen, von einem orkan-i artigen Gewitter st arm mit Hagelschlägen schwei heimgesucht, der sich zu einer wahren Wetterkatastroph« aus dehnt«. Di« Kulturen und die Ernte im Wettergebiet sind zum große» Teil vernichtet. Tausend« von Obstbäumen sind entwurzelt worden viel« Dächer wurden abgedeckt, Schornstein« vom Sturmwind fort gerissen und Fensterscheiben zerschlagen. Besonders heftig tobt« bei Sturm in Toggenburg und St. Gallen . An vielen Orten lag de» Hagel 20 Zentimeter hoch und lag zum Teil noch gestern morgen auj den Feldern. In Rappe rswil wurde der Schloßturm fast völlig ab gedeckt. In St. Gallen durchbrach das Wasser da« Bahnhofsdack und strömt« in die Bahnhofshollen. Di« Straßen vernmndelkn fi-t In Ström«, Telephonleitungen wurden vom Sturm zerrillm und dii Keller waren stellenweise bis zur Decke mit Wasser gefüllt. D« heftig« Wettersturm, der vom Dienstag auf Mittwoch eintrat unl Stürm« von ungewöhnlicher Stärk« bracht«, hat im Salzburgische, ein schwere» Bootsunglück zur Folg« gehabt. Auf dem Wangersa kenterte Dienstag abend«in mit vier Erwachsenen und«Inem Kim besetzt«, Boot. Nur einer der Insassen konnte gerettet werden.
Wetter für morgen. verNn«od Ilmgegend! Wechselnd bewölkt, ohne erheblich« Nieder Ich läge. Temperaturen unverändert. veulschl-md, ftm ganzen Reiche veränderlicher Wltterungscharaktt «md noch ziemlich kühl. Im Norden noch gelegenttiche leichte Niederschlag