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Ahlemann- Skandal im Reichstag.

Zu dumm zum Verleumder.

Die geftrigen Beratungen des Reichstages über die Renten der Kriegsbeschädigten wurden von Tumulten begleitet, die von den antiparlamentarischen Radaugruppen hervorgerufen waren und angesichts des traurig- ernsten Gegenstandes, der zur Debatte stand, doppelt unwürdig wirften. Der schlimmste dieser Standale wurde Dom nationalsozialistischen Oberstleutnant a. D. Ahlemann ent­fesselt, der erklärte, daß Genosse Breitscheid in Paris Landes verrat getrieben habe. Von Breitscheid befragt, was damit gemeint jei, gab der Oberstleutnant die trottelhafte Antwort, feine leber­zeugung vom Landesverrat Breitscheids gründe fich darauf, daß dies fer im Reichstag einmal gesagt habe, er verirete nicht die Inter­essen Deutschlands , sondern die der Welt. Auf Breitscheids Bestrei tung, diesen Ausspruch getan zu haben( tatsächlich hatte Breitscheid damals auseinandergefeßt, die Sozialdemokratie vertrete im Ruhr­fonflift gegen Boincaré nicht nur deutsche, sondern auch Weftinter­essen), erklärte der Mann mit Eichenlaub und Schwertern, er könne nicht beweisen, daß Breitscheid jenen Ausspruch getan habe, sehe aber zunächst" feinen Grund, etwas zurückzunehmen! Die Geschichte ist so efelhaft und dumm, daß man sich fast schämt, sie zu erzählen. Aber sie ist nur ein Beispiel für viele, so geht's tagaus, tagein! Mal ist es Ray, mal Ahlemann, ma! ein anderer Chrenmann, der das Haus zur Rajdhjemme erniedrigt. Man muß hoffen, daß die politische Entwicklung rasch zu einer Reichs. tagsauflösung führt, die dem Volk Celegenheit gibt, den Schmuß, der sich in den Eden gesammelt hat, aus dem Parlament hinauszuspülen.

Der Bürgerblock baut weiter ab! Luther kommandiert, das Zentrum marschiert! Der Haushaltsausschuß des Reichstags hat am Mittwoch beschlossen, dem Reichstag vorzuschlagen, daß der Regierung die Ermächtigung zur selbständigen Regelung der Ortszuschläge zu den Bezügen der Reichsangestellten entzogen werden soll. Am Donnerstag hatten die bürgerlichen Barteien ihre säumigen Mannen beffer aufgeboten und wollten nun den Mittwochbeschluß um= stoßen. Dieses geschäftsordnungswidrige Beginnen scheiterte an dem Einspruch der Sozialdemokraten und Kommunisten. Die bürgerlichen Parteien fündigten an, daß sie nunmehr den Antrag auf Weitergewährung der Ermächtigung für den Ortszuschlag im Plenum stellen werden. Bei der Beratung der zur Abbaufrage vorliegenden Anträge erklärte der Reichsfinanzminister, daß er den Abbau, solange die Berordnung bestehe, nicht einstellen fönne. Er jei aber bereit, die Beratung und Verabschiedung des dem Reichsrat bereits vorliegenden Gesetzentwurfs zur 2 ende. rung der Personalabbauverordnung nach Kräften zu fördern. Sämtliche Anträge wurden dann auf Anregung der Deut fchen Bolfspartei gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Kommu nisten und Nationalsozialisten einem Unterausschuß überwiesen, der am 25. Juli nach dem Plenum zusammentreten wird. Die Sozialdemokraten hatten ihre Zustimmung zur Ueberweisung der Anträge an den Unterausfuß davon abhängig gemacht, daß 1. der Abbau bis zur Verabschiedung des neuen Gefeßes fofort ein. gestellt, 2. der§ 84, 4 des Betriebsrätegefeßes fofort wieder hergestellt wird. Da der Reichsfinanzminister hierüber genügende Erklärungen nicht abgab, bestand die sozialdemokratische Fraktion auf fofortiger Abstimmung über ihren Antrag auf restlose Auf= hebung der Personalabbauverordnung. Dies wurde durch die bürgerlichen Parteien verhindert. Die Frage der Arbeitszeit und des Erholungsurlaubs tam noch nicht zur Beratung, da die grundsätzliche Erklärung der Regierung zu den betreffenden Beschlüssen des 14. Ausschusses noch aussteht.

Kein Geld...

für heimkehrende Ausgewiesene.

Der Reichstagsausschuß für die besetzten Gebiete verhandelte am Donnerstag in Gegenwart des Reichsverkehrsministers Defer über die Anträge, die sich mit der Fürsorge der rüdkehrenden Ausgewiesenen und Berdrängten beschäftigen. Insbesondere auch über den bereits gefaßten Beschluß und die noch vorliegenden

Bedarf in Wirksamkeit tritt. Automatisch wird hierbei allerdings nicht verfahren, da die Stromuntosten für die großen Bentilatoren fehr bedeutend sind und außerdem Zugerscheinungen im Theater vermieden werden müssen. Es kommt sehr darauf an, wie die Bindrichtung auf dem Hause steht, um den gewünschten Erfog je meils zu erzielen. Wir haben uns heute nochmals mit unserem Betriebsinspektor in Verbindung gefeht und Anweisungen gegeben, daß bei herrschender großer Hize die Entlüftungs. anlage täglich in Funktion gefegt wird."

Das Verfahren gegen Direktor Demmler eingestellt. Das auf Grund der französischen Auslieferungsliste in der Kriegsbeschuldigten. frage gegen den im Kaiser- Friedrich- Museum tätigen Direktor Dr. Demmler feit 1921 eingeleitete Reichsgerichtsverfahren ist vom Reichsgericht in Leipzig am 22. Mai 1924 eingestellt worden. In der Begründung heißt es: Die französische Auslieferungsliste wirft dem Beschuldigten, der während des Krieges Zivilbeamter beim Stabe des Beauftragten des Generalquartiermeisters( Kunstschutz offizier") war, Plünderungen und Diebstähle von Gemälden im Museum zu Lille " vor. Die Bezichtigung ist völlig grundlos. Der Beschuldigte hat im Sommer 1917 nach fürsorglichen Anweisungen feiner vorgesetzten Dienstbehörde die wertvolleren Gemälde des Mus jeums in Lille zum Schuße vor Kriegsgefahr nach Balenciennes übergeführt. Wie die Ermittelungen dargetan haben, ist er mit Gach Penntnis, Umsicht und Pflichttreue zu Werke gegangen, ohne seine Befugnisse irgendwie zu überschreiten. Davon, daß er sich etwas angeeignet hätte, tann teine Rede sein."

Fünfzigjähriges Bestehen des Observatoriums in Potsdam . Das im stillen Bart von Sanssouci gelegene a ftrophyfitalische Observatorium in Potsdam fann jetzt auf eine Entwicklung Don 50 Jahren zurüdbliden. Die ersten Borbereitungen für die Barte wurden im Jahre 1874 getroffen, und heute fann man sagen, ist sie für die Wissenschaft ein unerfekliches Forschungsinstrument geworden, dant ihrer modernsten astronomischen Einrichtungen. Burden doch hier die wichtigsten Natur- Weltersniffe registriert, wie das große Erdbeben in San Franzisko, das legte gewaltige Erd­beben in Yokohama , die vielfachen Ausbrüche des Besuvs usw. Er. innert fei auch an die erfolgreiche wissenschaftliche Ueberfccervebition des jetzigen Observatoriumsleiters, Prof. Ludendorff , zur Beobachtung der Sonnenfinfternis auf der Weihnachtsinsel und in Meriko.

Die fulfurelle Not der Gegenwart. Im Rahmen der Leipziger Kultur, woche findet am Bortag, den 4. Auquit, abends 7, Uhr, in der Albert balle zu Leipzig eine öffentliche Rundgebung statt, die zur kulturellen Als Redner find vorgesehen: Not der Gegenwart Stellung nehmen wird. Hans Balushet, Staatssekretär Heinrich Schulz , Frau Bohm. Schuch, M. d. R. und der ehemalige Reichstagspräsident Paul Löbe. 3um 10. Jahrestag des Kriegsausbruchs girt Karl Nierendorfs Verlag ( Graphisches Kabinett J. B. Neumann, Berlin W 50) ein Nadiermerf von Dtto Dir beraus, das 50 Driginalradierungen umfaßt und in 5 Mappen unter dem Titel Der Krieg erscheint. Gleichzeitig mit den Driginalen werden 2 Ausgaben in Buchform zu billigen Preisen veröffentlicht.

fozialdemokratischen Anträge wegen der Sicherung der seit dem 1. Januar als Folge des passiven Widerstandes entlaffenen Eisen bahnarbeiter, die zum großen Teil trotz aller heiligen Ver­Sprechungen nach ganz kurzer Uebergangszeit auf die färgliche Er. werbslosenfürsorge abgeschoben wurden. Die Entlassungen werden auch heute noch luftig fortgesetzt. Nach einer Verfügung, die uns aus Würzburg bekannt geworden ist, ist den Lohn­empfängern fofort nach Aufhebung der Ausweisung die Rün­digung auszusprechen. Dieser Skandal ist zudem, im Gegensatz zu dem Ton, den man den Beamten gegenüber wählt, formuliert, daß die Entrüstung unter den ausgewiesenen Eisenbahnarbeitern allzu verständlich ist. Diesem Unfug will ein Antrag der Sozial­demokraten steuern, der verlangt, daß feinerlei derartige Ründi­gungen mehr ausgesprochen und daß die bereits erfolgten wieder aufgehoben werden. Nicht geringer ist der Skandal, daß den Schwerkriegsbeschädigten, ohne die Bestimmungen zu beachten, ge­fündigt wurde. Trotzdem obfiegende Gewerbegerichtsurteile vor­liegen, weigert sich das Reichsverkehrsministerium, den alten Zustand wieder einzuführen oder die entsprechenden Lohnsummen zu zahlen. Die Sozialdemokraten haben einen Antrag eingebracht, der verlangt, daß dieses Unrecht wieder gutgemacht wird und daß Schwerkriegs­beschädigten entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes als noch im Dienst zu behandeln und daß ihre Bezüge weiterzuzahlen sind. Für die sogenannten freien Berufe will die sozialdemokratische Ver­tretung erreichen, daß ihre Betreuung nach erfolgter Rückfehr in einer Weise geregelt wird, wie es Treu und Glauben entspricht.

Die Beschlußfassung wurde auf Freitag vertagt. Der Minister legte im einzelnen den ausschließlich von fiskalischen Ueberlegungen beeinflußten Standpunkt der Regierung dar. Kein Geld! Der Ausschuß wird bei Anerkenntnis der schwierigen Lage nicht schwach werden dürfen. Hier ist nicht nur ein Unrecht gut zu machen, für das der derzeitige Finanzminister zu einem großen Teil die Berantwortung mitträgt. Es stehen nicht geringe politische Inter­effen auf dem Spiel, die nicht an bureaukratischer Engstirnigkeit und fleinlicher Rnidrigkeit zuschanden gehen dürfen.

Einsteins Rückkehr zum Völkerbund.

Genf , 24. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Der Bertreter des Soz. Barlamentsdienstes" in Genf hatte am Donnerstag eine Unter­redung mit Professor Einstein , der augenblicklich in Gemeinschaft mit namhaften internationalen Wissenschaftlern in Genf an den Arbeiten der Internationalen Arbeitsgemeinschaft geistiger Arbeiter" teilnimmt. Professor Einstein erklärte: Mein Austritt als Mitglied des Völkerbundes im vorigen Jahre geschah unter dem Eindruck der ungünstigen Verhältnisse, und weil sich der Völkerbund gegenüber den europäischen Problemen anscheinend passiv verhielt. In der Bwischenzeit habe ich mich aber von dem ehrlichen Willen der Mitarbeiter am Werte des Bölkerbundes überzeugt, deren Streben tatsächlich dahin geht, die europäischen Verhältnisse einer Gefundung zuzuführen. Daß man mich froß meiner Kritik von damals erneut zur Mitarbeit an Problemen des Völkerbundes auf­gefordert hat, ist mir gleichfalls ein Beweis dafür, daß es den Männern, denen die Vertretung des Bölkerbundes obliegt, nur um die Sache geht und nicht um persönliche Fragen. Ich habe mich deshalb entschlossen, meine Mitarbeit wieder aufzunehmen, um auf

diese Weise der Versöhnung der Bälter zu dienen. Mein Völker persönlicher Eindrud von den bisherigen Arbeiten der Kommission, der ich angehöre, ist sehr günstig. Ihre Mitglieder sind im besten Sinne des Wortes gute Europäer, die, ohne jedes Vorurteil, nur der Schaffung einer neuen Internationale der tonen, daß man bei allen Plänen, die man hegt, und bei allen Ver­anstaltungen Deutschland und seine Vertreter so behandelt, als ob es bereits vollgültiges Mitglied des Völkerbundes wäre.

geistigen Arbeit dienen wollen. Ich muß dabei besonders be­

Macdonalds Abrüstungsaktion.

Besprechung mit Hughes.

London , 24. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Der amerikanische Hughes hatte mit Macdonald einen Gedankenaustausch über die Einberufung einer Abrüstungskonferenz. Ueber ihre Not­wendigkeit sind beide einer Meinung. Hughes will nach seiner Rückkehr nach Washington mit Coolidge nähere Vereinbarungen über diese Frage treffen. Da er mit Coolidge bereits einer Meinung ist, wird erwartet, daß die praktischen Vorbereitungen für eine Abrüstungskonferenz bald beginnen, so daß sie spätestens zu Beginn des neuen Jahres zusammentreten kann.

Englands Truppen bleiben in Aegypten . London , 24. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Die Absicht der englischen Regierung, mit der ägyptischen Regierung zu einem guten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu kommen, hat im Oberhaus zu einer Anfrage geführt, ob England seine Truppen aus Aegypten zurückzuziehen beabsichtige. Barmoor wich einer Ilaren Beantwortung aus. Er erwiderte im Namen der Regierung, daß bei den Verhandlungen, die dem nächst mit dem ägyptischen Premierminister Zaghlul Baicha geführt werden sollen, das britische Reichsinteresse voll gewahrt werde.

Micum- und Regie- Abbau.

Lord

Effen, 24. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Von dem bei der Micum und bei der Regie beschäftigten deutschen Personal wurden 75 Broz. zum 1. September gekündigt.

Köln , 24. Juli. ( Mtb.) Die Kölnische Volkszeitung" läßt sich zu den aus französischer Quelle stammenden Berichten über eine bevorstehende Wiederaufnahme der Micumberhandlungen aus Essen berichten, daß bislang in den maßgebenden Kreisen des Ruhrbergbaues no feine Einladung zu Berhandlungen eingegangen ist. Die Micum will offenbar, ehe sie über Er neuerung der Ende des Monats ablaufenden Verträge verhandelt, das Ergebnis der Londoner Konferenz abwarten.

Keine Gnade! Die Aufständischen in Sao Paulo haben einen Waffenstillstand und ferner das Versprechen der Regierung, im Falle der Uebergabe feine Vergeltungsmaßnahmen zu üben, erbeten. Die brasilianische Regierung hat darauf mit einer vers schärften Aktion ihrer Truppen gegen die Aufständischen ge­antwortet. Die Regierungstruppen sind in der Stadt weiter vor­gedrungen.

Der geköpfte Henker.

Sonvarines Ausschluß.

Kommunistische Internationale durchmachte:

Einige Führer errichteten von den Höhen ihres buchmäßigen ED Wissens herab eine Theorie, deren Grundlinie, wäre fie anertannt worden, den Bruch mit der glorreichen Leninisti= fchen Tradition, deren Richtigkeit durch das Leben erwiesen worden ist, bedeutet hätte. Souvarine begab sich mutwillig auf die revisionistische Galeere. Unter dem Vorwand, daß alle Mittel zuläffig feien, wenn sie zum Erfolg führen, belog er seine Partei und versuchte er, sich ihrer zu bedienen, um den Gang der Schlacht zu beeinflussen, deren Einfah der Leninismus

war.

Der 5. Weltfongreß der Rommunistischen Internationale in die nach den Herbstniederlagen des vorigen Jahres die gesamte Mostau hat eine furchtbare Abrechnung mit all denen vorgenommen, bie fich rechte Abweichungen haben zuschulden fommen Taffen. Am heiterften wirft der über den bisherigen tyrannischen Führer der französischen Kommunistischen Partei Boris Cou Darine verhängte Ausschluß. Scuvarine, der zu den eigentlichen Gründern der Kommunistischen Partei Frankreichs gehörte, hatte sich allmählich zu einem kleinen, aber um so größenwahnsinni geren Despoten entwickelt, der nacheinander eine ganze Reihe von führenden französischen Kommunisten abgehalftert, hinausgeefelt oder mit Billigung der Moskauer Egefutive ausgeschlossen hatte, darunter die ganze Frossard Gruppe sowie später mehrere Redaktionsgarnituren der Humanité". Nur mit knapepr Not war sogar Cachin im vergangenen bjerbst der von Souvarine rast­los gehandhabten Guillotine entronnen. Auf diese Art hatte sich Gouvarine, dessen Wesen an und für sich unausstehlich ist, auch bei den übrigen bisher verschonten Kommunisten tief verhaßt ge= macht, die jeden Tag damit rechnen mußten, daß auch sie an die Reihe tommen würden. Deshalb wurde ein Kleines Komplott unter feinen engsten Freunden" geschmiedet, um ihn los zu werden. Das war allerdings nicht leicht, denn er genoß bisher das umeingeschränkte Bertrauen von Sinowjew .

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Endlich fand man die Gelegenheit, ihn bei der Kommunistischen Internationale zu denunzieren. Das geschah im vergangenen Bin­ter, als die ruffifche Kommunistische Partei jene Krise durchmachte, die durch die demokratische" Opposition der Trogti- Gruppe hervorgerufen war. Souvarine ergriff damals in der von ihm redi­gierten Zeitschrift der KPD ." Bulletin communiste" Partei für Troßzli, vermutlich nicht aus Ueberzeugung, sondern weil er falsch unterrichtet, dessen Endsieg innerhalb der russischen Partei vor. aussah. Er hatte jedoch auf das falsche Pferd gesetzt. Und nun wurde er vor das Forum des Rommunistischen Weltkongresses zitiert, angeflagt und ausgeschlossen. Der Parteibefeht", mit dem die Leitung der KPD. bzw. die Moskauer Erefutive dieses Urteil in der Humanité" vom 19. Juli mitteilt, ist ein geradezu flaffisches Dokument sowjetistischer Ueberheblichkeit und Rücksichts­fofigkeit. Es heißt darin:

,, Ein glänzender Journalist und ein geschickter Bolemifer, widmete Boris Souvarine viele Jahre hindurch sein ganzes Tas lent der Verteidigung der Kommunistischen Internationale und Der Verbreitung ihrer Parolen. Im Stampfe gegen Frossard zeich. nete er sich durch die Klarheit und durch die Wucht seiner An­griffe aus. Gestüßt auf eine große Partei und auf das größte politische Blatt Frankreichs , mühelos auf verantwortungsvollen Bosten gelangt, glaubte Souvarice eine persönliche Kraft zu sein. Der Hochmut berauschte ihn und wurde ihm zum Ber hängnis, Als Verteidiger eine Klasse, aus der er selbst nicht stammte( wieviel fommunistische Führer in Rußland und Frankreich stammen denn überhaupt aus der Arbeiterklasse? Die Red.), begriff er nur unvollständig deren Bedürfnisse. Er vergaß die Lehren von Lenin , indem er fich zucht den breiten Maffen der Arbeiter und Bauern näherte, um sie besser kennen zu lernen, um fie beffer au lieben. Durch die geistige Bertrüppelung feines Berufs veranlaßt, verlor er den Kontakt mit dem Prole­tariat, hielt er sich an das Buch und vergaß das Leben! Und bald, anstatt des Führers, der er zu sein schien, wurde er zu einem befehlslüfternen Autotraten, der von sich selbst ein­genommen war und je nach seinen Launen die Gesetze der Partei zu zerschlagen versuchte."

Der Unterausschuß für geiftiges Eigentum hat, wie aus Genf berichtet wird, seine Arbeiten abgeschlossen. Er ist zu folgenden Feststellungen ge­langt: 1. Buguniten derjenigen Gelehrten, deren Entbedungen eine gewinn bringende Ausbeute ergeben haben, ist ein besonderes Recht zu schaffen. Sodann werden die fonkreten Anflagen gegen Souvarine, die 2. Es ist jedoch schwierig, die Anwendung dieses Rechts anf alle Ginzel­zu seinem Ausschluß führten, nämlich sein Feldzug für Trogti, fälle zu regeln. 3. Den berechtigten Interessen der Industriellen, die von der praktischen Anwendung der Wissenschaft leben, ist Rechnung zu tragen. des näheren ausgeführt. Hier heißt es u. a. bezüglich der Krife,

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Sodann folgt das Urteil selbst:

Die Erefutive hot ihr Urteil in voller Kenntnis der Ange­legenheit gefällt: Souvarine mird aus der französischen Partei und der Kommunistischen Internationale ausgeschlossen. Allerdings wird unserem früheren Genoffen eine Möglichkeit ge= währt, seine Sünden wieder vergessen zu lassen:

aus

Die französische Partei wird seine Wiederaufnahme in die Internationale auf dem 6. Kongreß beantragen fönnen, wenn Gouvarine bis dahin eine logale Haltung eina nimmt.

Eine ähnliche Maßnahme war seinerzeit gegenüber Paul Levi ( KPD .) getroffen worden. Dieser zeigte sich jedoch dessen wenig würdig: er schloß sich der Zweiten Internationale Nostes, Scheidemanns, Banderveldes, Blums, Longuets und anderer an. Möge Souvarine über dieses Beispiel nachdenten und seine Stelle wieder im proletarischen Rampf einnehmen."

Des weiteren führt das Urteil in seiner Begründung an, daß es in der Kommunistischen Partei nicht zweierlei Maß für die kleinen" und für die Großen" geben könne. Unter dem Borwand der Freundschaft" dürfte man nicht die Fehler der ein­

zelnen deden:

" Der Wert", das Talent", das Wissen" dieses oder jenen vermag nicht eine Lockerung der Kontrolle zu rechtfertigen, der alle Kommunisten unterworfen sind.

In dem Maße, wo alle kleinbürgerlichen Ueber­bleibsel des Ich überwunden werden, wird sich die namenlose eiferne Kohorte des franzöfifchen Bolschemismus bilden."

Ob sich Souvarine diesem Urteil fügen wird oder nicht, wird Die Zukunft lehren. In der franzöfifchen Kommunistischen Partei wird ihm niemand eine Träne nachweinen und im Gegenteil ein jeder hoffen, daß er den Weg Frossards und der anderen von ihm geföpften kleinbürgerlichen Revisionisten" geht. Aber die sozialistischen Genossen werden sich erst recht für einen solchen widerwärtigen Refruten bedanken.

Die russische Parteiopposition. Mostau, 23. Juli( DE.). Der 5. Kongreß der Kommunistischen Internationale hat, wie erst nachträglich bekanntgegeben wird, auch eine Entschließung zur Lage innerhalb der Rommunistischen Partei Rußlands angenommen, die sich vor allem mit der innerparteilichen Opposition befaßt. Diese Rundgebung, welche sich dem Standpunkt der russischen Parteileitung vollkommen anschließt, erklärt zugleich, daß die Bertreter der ruffischen Oppofition trok erfolgter Aufforde rung es abgelehnt hätten, ihren Standpunkt vor der Inter­nationale zu vertreten. Der Kongreß habe nicht die Sicherheit er. halben, daß die Opposition ihre Fehler einsehe und sich nun­mehr auf den offiziellen Parteistandpunkt gestellt habe. Es bestehe daher die Gefahr einer Wiederholung der großen Aus= einandersetzung innerhalb der Russischen Kommunistischen Partei, zumal die ruffische Opposition die Unterstützung der mehr nach rechts neigenden Gruppen der Kommunistischen Partei Bolens, Deutsch­ lands und anderer Länder erhalten habe.