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Nr. 346 41. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Auch eine Art eine Art Geld zu machen".

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Das lockende Preisausschreiben. Billige Ware für tenres Geld.

Beim Durchlesen der Tageszeitungen wird sich der Leser über| die vielen Preisausschreiben wundern, die von Tag zu Tag immer mehr die Seiten füllen. Man lernt hier Firmen fennen, von denen man noch nie etwas gehört hat. Wahrscheinlich versucht man hier Waren zu verkaufen, die man als Ladenhüter mur auf diese Weise unterbringen kann oder auch verbergen sich hinter diesen unbekannten Firmen zweifelhafte Unternehmungen. Man glaubt durch verlockende Preise hier noch ein Geschäft machen zu können and rechnet mit den Leuten, die nicht alle werden. Nachstehend emige Beispiele, die beweisen sollen, wie man schnell und leicht sein Geld verdienen kann. Es besteht die Möglichkeit, daß die ersten Kreisausschreiben noch Erfolg gehabt haben.

Schuhcreme, Marke unbekannt".

Ein chemisches Wert in München   veröffentlicht ein Silben­Räffel ganz leichter Natur und jetzt für die Lösung dieses Rätsels Preise im Werk: von 540 2. aus. Man darf nun nicht vergessen, ber Lösung eine Rentenmart beizufügen und erhält jeder Einsender 2 Dofen Schuhcreme Marte unbekannt", die vielleicht einen Gesamt­wert von 30 Pfennig haben. Was geschieht mit dem Restbetrage? Nehmen wir an, das chemische Werk erhält nur 10 000 Einsendun­gen, so bekommt die Firma netto 10 000 Rentenmart. Ein sehr verführerischer Gewinn wird dem Empfänger der beiden. Dosen

Echuhcreme noch dadurch gebracht, daß jede hundertste Dose 10 Ren­tenpfennig und jede fünfhundertste Dofe 50 Rentenpfennig in bar enthält. Nachstehend eine Aufstellung über etwaige Untoften:

Für Preise

20 000 Dosen Schuhcreme

Jede hundertste Dose enthält 10 Pf. Jede fünfhundertste Dose enthält 50 Pf. Für Reflame.

540.­

3 000.­

18.­10.­

1 432.­zujammen 5000.­

Es verbleibt ein glatter Ueberschuß von 5 000 21., der in wenigen Tagen verdient ift.

Der schwere" Schüttelreim.

Für eine neuzeitliche Kur- und Pflegeeinrichtung wird auch eine Preisaufgabe gestellt, die man im Schlafe lösen kann, den es handelt sich hier um einen Schütteíreim: 4. 196

Raste, haste nie

Sonst haste Neu( rasthenie).

Ein Schüttelreim, den jedes Kind schon einmal gehört hat. Es merden Preise ausgefeht im Werie von 100 000 21. Jeder Bewerber hat 2,50 Rentenmart einzusenden. Die Preise werden nur dann voll verteilt, wenn 100 000 Eingänge eintreffen. Sollte die Zahl der Eingänge geringer sein, so vermindern sich die Breije prozen­tual. Für den Betrag erhält jeder Einsender ine Broschüre für Gesunde und Kranfe" zugesandt, soweit dies nach Erledigung der umfangreiche Arbeit möglich sein wird.( Man sieht, der Aussteller des Preisausschreibens rechnet schon mit ungeheuren Bergen von Einsendungen). Die Ausrechnung des Gewinns ist sehr leicht, nämlich:

Seltsttoften für Broschüre

Für Preise Für Reklame

40 000.­100 050.­10 000.­

zujammen 150 050.­

An Einnahmen wären zu verzeichnen bei 100 000 Einsendungen 250 000.-M., und verbleibt ein Reinverdienst von 100 000.- 21. Auf jeden Fall ein lohnendes Geschäft.

Billige" Florstrümpfe.

Eine andere Firma. die gern ihre Strümpfe los fein möchte, erläßt ebenfalls ein Preisrätsel und verlangt, daß man der Lösung zwei Mark und 15 Pf. für Portospejen beifügt. Dafür erhält jeder Teilnehmer tin Paar Seiden- Florstrümpfe für Damen oder en Paar Seiden- Florfoden für Herren. Die ausgesetzten Preise haben einen Wert von insgesamt 10 500 m. Es müssen wieder 100 000 Beteiligte vorhanden sein, sonst werden die Preise auch hier prozen­

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Die Venus von   Syrakus.

Liebe.

Bon Clara Rahka.

Auch heute war sie ein Götterbild, doch keine Göttin der Es machte ihn traurig. Es war wohl am besten, man sah gar nicht   hin.

Rom bewunderte ihn grenzenlos. Hatte man je einen befferen Schauspieler gesehen?

Nur Sisto di Branco las in diesem Gesicht. Für ihn ging es um alles. Es war keine Sensation, tein Theater, es war harte Wirklichkeit, die jede Lebensfaser in ihm spürte.

Auch Livia war enttäuscht. Den Burschen da hatte sie niemals gesehen. Er blickte mit seinem jungen, gefunden Geficht freimütig in die Welt. Keineswegs so, daß man ihn hätte mit Haß beladen können.

Wo war ihr Haß, ihr Eifer, die Verfolgungssucht? Trauer spürte fie, nichts als Schmerz und Trauer. Sisto! Weshalb saß er dort? Was sollte ihm ein Richter ungesehen, un jagen? Er mußte wissen! Hätte alles ungesehen, un­gehört wiffen können.

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Da stand sie nun allein vor   ganz Rom, und die Anklage begann. Nicht gegen fie, bewahre! Gegen den sizilianischen Burschen dort und dennoch ganz und gar gegen sie. Er wollte seine Mitschuldigen nicht verraten es gab teine Zeugen vielleicht aber würde er die Sache mit dem Briefe verraten. Bor   ganz Rom. Bor Sifto.

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Bisher hatte er geschwiegen. Ihr Abgesandter, ein ein­flußreicher alter Freund ihrer Familie, dem sie sich anver­traut hatte, war mehrere Male bei Adriani gewesen, und jedesmal hatte er dieselbe Geschichte erzählt, in der nichts von einem Briefe vorfam.

Und nun begann das Verhör. Es war sehr still im Saale.

Gonz Rom figt über mich zu Gericht," dachte Livia, ,, niemand glaubt."

Der Prinz aber hörte nur Lachen, ganz wie damals, als all die Esel auf seinem Hofe lachten.

Livia? Was scherte ihn noch diese Livia? Eine Quelle

tual verteilt. Die Preisverteilung ist unter Ausschluß des Rechts­meges in jedem Falle gültig. Lösungen gehen in das Eigentum der Firma über, die das Preisrätsel erläßt. In diesem Falle gehen auch die 2,15 M., die der Lösung beigefügt find, in das Eigentum die Preise und die Ware ausgehändigt wird? der Firma über. Was wird nun bei dem Geschäft verdient, wenn 10 500.­

Für Preise

Für 100 000 Baar Soden oder Strümpfe an Selbstfosten Für Reflame

75 000.­10 000.­zufammen 95 500.­

Eo tann man auch hier mit einem glatt.n Reinverdienst von 100 000 m. rechnen, gleich 100 Proz

Diese Beispiele ließen sich nach Belieben vermehren, es würde zu weit führen, fie alle aufzuführen. Es handelt sich hier um einen Trid, Geld zu verdienen, und es wird für vollwertiges Geld Ware geliefert, die nicht den Wert des Geldes erreicht. Man muß sich wundern, daß die Behörden diesem Ausarten der Spekulation feinen Einhalt bieten, und es ist nur zu bedauerlich, daß die Geld fnappheit es so weit bringt, mit solchen Mäßchen den Beteiligten das wenige Geld aus der Tasche zu locken. Aus den angegebenen Beispielen geht flar das Bestreben hervor, Waren umzusehen, die nicht den Wert haben wie die Forderung, man fann solche Tricks nur als betrügerisch, faufmännisch unzulässig ansprechen. Es tann daher vor solch zweifelhaften Preisausschreiben nicht genug gewarnt werden.

Die Arbeiterzeitungen sollten derartige Inserate nicht auf nehmen. Die Niedersächstsche Arbeiterzeitung", das Organ der KPD. vertritt aber eine andere Ansicht und veröffentlicht in Nr. 101 das Preisausschreiben einer Seifenfabrik   in Hannover- Linden und schreibt im redaktionellen Teil darüber und meint, daß dieses Preisausschreiben ausnahmsweise reell" sei. Sehen wir uns dies einmal näher an. Es merden für Preise 15 000 m. aus­gesetzt. Jeder Lösung ist eine Mart beizulegen, und dafür erhält der Einsender zwei Blod Kernseife. Teilnehmerzahl 100 000.

Die Untosten betragen:

Für Preise

200 000 Blod Kernseife à 17 B1. Reflameuntoften

15 000. 34 000.­5 000.­

zufammen 54 000.­

Bei 100 000 Einsendungen hat die Firma 100 000 m. erhalten, und ihr verbleibt ein Reinverdienst von 46 000 m. Es haben nur die 250 Preisträger mit einem annehmbaren Gewinn zu rechnen, und die Seifenfabrit. Der Rest von 99 750 Einsendern zahlt für zwei Block Kernseife 1 M., und einen solchen Preis fann man nur mit Wucher bezeichnen. Also: Hände weg, Taschen geschlossen!

Der Tod im Wasser.

Die tödlichen Badeunfälle mehren fich. Täglich sind jetzt diese bedauerlichen Unfälle zu melden. Der 28 Jahre alte Droschten befizer Ernst Bielad aus der Kirchbachstr. 6. ist am Dienstag beim Baden im Bannsee   zwischen Freibad und Seebad ertrunken. Die Leiche ist noch nicht gefunden worden. Gleichfalls am Dienstag Dormittag ertrant der 34 Jahre alte Arbeiter Gerhard Kasse beim Baden in der Krummen Lante. Die Leiche fonnte geborgen werden und wurde nach der Friedhofshalle   in Zehlendorf gebracht. Der Tod des Kaffe ist übrigens typisch für viele derartige Unglücks­fälle. Die Krumme Lante ist ein sehr tüdisches Gewässer, das alle Jahre seine Opfer fordert. Die Ufer gehen vielfach steil in die Tiefe. Auch birgt der See Quellen, deren eistaltes Wafer vielen Schwim­mern zum Verhängnis wird. Die dort befindliche Badeanstalt wird nicht in dem Maße benutt, wie es fein tönnte. Deshalb baden viele frei", und die Unkenntnis der Verhältnisse fordert immer wieder Opfer. Kaffes Todestampf war von der Badeanstalt aus beobachtet worden, aber der eine Bademeister soll es abgelehnt haben, zu Hilfe zu fommen, und der andere, der dann hinüberfuhr, fam zu spät. Diese und ähnliche Fälle sollten alle Nichtschwimmer zu größter Bor­ficht mahnen.

der Pein war sie geworden. Er wünschte sie auf die ent­legenste Insel im Ozean.

Renzo, dessen Advokat wie ein Puter hinter ihm hin und her gurrte, erzählte von seiner   Reise nach Neapel, von der Nachbildung der Benus, die er dort gesehen, von seinem Ver­langen nach dem Vorbilde, von der unstillbaren Sehnsucht, ihren Kopf zu gestalten, die Hand, den Arm.

Er sprach mit einer feinen Scheu, so daß mancher auf­horchte, der aus Neugier gekommen war.

Livia hörte gefesselt zu, doch ihre Gedanken sprangen vor­wärts. Würde er von Bianca sprechen? Nun begab er sich auf die Reise nach Syratus was würde er sagen?

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Renzo war es nie in den Sinn gekommen, Livia zu ver­raten. Bozu auch? Was fonnte es ihm nügen? Er fonnte nur einem anderen Menschen schaden. Hatte fie ihm nicht das höchste Glück gegeben, das sein Herz je gefühlt hatte? Wie ärmlich war dagegen die Erinnerung an Fiamettas Zärtlich feiten.

Diese Frau da, jezt so talt und hart, sie trug dennoch ein Wunder in sich. Und so überflog er alles, so schnell er nur konnte man hatte ja Erfundigungen   in Syrakus eingezogen, weshalb sollte er noch hierbei verweilen? er sprach von dem Bild am Fenster   zu Taormina.

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Jetzt horchten auch jene atemlos, die nichts als Neugier

kannten.

Es brannte in Renzo; alles sah er wieder! Doch er der gaß feinen Augenblic, daß er niemals vom Conte Sifto sprechen durfte. Sichere und reine Instinkte lenkten ihn. Er prach nur von der wunderschönen Brincipessa, deren Kopf, so herb und doch in allen Tiefen voll Süßigkeit, die Erfüllung all seiner sehnsüchtigen Träume, alles harten Ringens gewesen Seine Stimme wurde unsicher, er sah zu Livia hin und auch sie, voll Dank für seine einfache Ritterlichkeit, neigte sich ihm innerlich zu. Sie hätte seinen Jungenskopf zwischen ihre Hände nehmen mögen.

wäre.

Da glich sie wieder jenem Götterbild, das er so lange in seinem Herzen geliebtoft hatte.

So reißt doch den Fezzen herunter," rief Renzo ,,, seht doch her!" Er schüttelte seine gefeffelten Hände wütend, hilfios in der Luft.

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Freitag, 25. Juli 1924

Automaten.

Es scheint, als sollten wir wieder Automaten kriegen, Auto­maten in jeder Form: hübsche und geschmacklose. Solche, die ohne Bagschalen das Gewicht des Menschen feststellen und hinter schön geschliffenen Scheiben ein recht geheimnisvoll aussehendes, blank und auch andere, die in unsauberen, mit Goldbronze bemalten Eisen­poliertes Räderwerk demonstrativ dem staunenden Publikum zeigen, gußornamenten, zwischen Türmchen und Erkern, Delphine mit ver­fchlungenen Schwanzflossen und weitgeöffnete Löwenmäuler neben undefinierbaren Verzierungen zur Schau tragen. Sie alle haben die Papiergeldepoche in irgend einem Winkel oder Schuppen über­standen, werden wieder schön grün und rot auflackiert und feiern neuerdings an allen erdenklichen Orten Auferstehung. Unsere Eisen­bahnverwaltung ist in diesem Falle einmal mit einem guten Bei­spiel vorangegangen und hat fürzlich auf einem Berliner Bahnhof die ersten Fahrkartenautomaten dem öffentlichen Betriebe übergeben. Ob sie damit für das reisende Publikum das lange Stehen an den Schaltern beseitigen wollte, oder ob die abgebauten Beamten durch eiserne Arbeiter ersetzt werden sollten, ist nicht ohne weiteres ersicht­lich. Vielleicht sollte auch die Wiedereinführung der Fahrkarten­automaten das erste Zeichen dafür sein, daß endlich einmal die Fahrpreise stabilisiert werden sollen. Trotz der Unerforschlichkeit der Ratschlüsse unserer Verkehrsbehörden ist aber doch anzunehmen, daß irgend ein Grund vorgelegen hat.

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Das Beispiel der Eisenbahn hat seine Nachahmungen gefunden.

Auf den Haltestellen der Untergründlichen" sind seit kurzem wieder Einrichtungen für automatischen Verkauf", wie sie in der Amts­sprache heißen, zur Aufstellung gekommen, die wie in früheren Zei­ten wieder allerlei Süßigkeiten verkaufen. Für den altgewohnten

Betrag von 10 Pfennigen, einen einzigen Silbergroschen, wie es so

schön hieß, kann man wieder Schokolade, gebrannte Mandeln und Bonbons fäuflich erwerben. Und lange wird's nach diesem ersten Anfang nicht dauern, und wir werden wieder Schuhknöpfer, Fünf­minutenbrenner und sogar auch wie früher ein Handtuch( reinstes Damastleinen!) und ein Stück Seife( Marke   Eau de Cologne, Nr. 1004, gegenüber dem Jüdenplay") erhalten können. Es wird sogar zu Protestaktionen der vielen Händleregistenzen kommen, die sich jetzt in den Warenverteilungsprozeß eingeschoben haben, und das um so mehr, als die automatischen Händler an feine Geschäfts­zeit gebunden sind. Der Siegeszug der Automaten wird seinen Weg gegen, wir werden bald zu den alten Verkaufsartikeln neue hinzu­bekommen. Man könnte sich durchaus vorstellen, daß die Hoch- und Eisenbahn beispielsweise zu den Fahr- und Bahnsteigfarten auch ( Sit-) Plazkarten für die Stadtbahn und die Hoch- und Untergrund. bahn verkaufen könnte. Vielleicht wäre die Elektrische in der Lage, an den Haltestellen den automatischen Berkauf von Lebensversiche= rungspolicen und Beförderungsgutscheinen zu organisieren. Von den erwähnten Handtüchern und der Seife ist nur noch ein Schritt zur automatischen Abgabe von Badeanzügen in den Freibädern und weshalb sollte man in den Bostanstalten nicht Radiomertmerken für 2 Mark auf felbfttätigem Wege erhalten können. Die Verlosung von Fahr- und Motorrädern, Automobilen, Sommerreifen, Wohnungs­einrichtungen und Einfamilienhäusern müßte durch automatischen Losverkauf ein einträgliches Geschäft werden. Daneben könnten Buchmacher ihre Tips zwecks Vergrößerung ihrer Intelligenzge­meinde durch Automaten vertreiben. Wie man sieht, ist eine un­begrenzte Entwicklung wohl zu denken; es ist kaum zu befürchten, daß es bei diesen Vorschlägen bleiben würde. Sollte sich trotzdem eine unerwartete Ideenarmut bei unseren berufsmäßigen Erfinderne einstellen, fönnte man ja schließlich auf automatischem Wege ein Breisausschreiben für Anregungen und Neufonstruktionen auf dem Gebiete des automatischen Verkaufs veranstalten.

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Der Portierkniff.

In einem öftlichen Vorort wurde vor Jahresfrist einem Ehepaur die Hausreinigung übertragen. Es hat sich mum herausgestellt, daß dieses spekulative Ehepaar fofort mehrmals hintereinander an dritte Bersonen, die dafür ein Zimmer der Bortierwohnung leer angewiesen erhielten, weitergab. Die eigentlichen Inhaber der Dienstwohnung, mit denen der Vertrag abgeschloffen war, wohnen also schon ein Jahr mietefrei, ohne daß sie dafür die geringste Arbeit leiste­ten. Ueberdies waren Streitigkeiten mit   dem unter portier" an der Tagesordnung. Da der Oberportier" fich weigert, die Dienstwohnung zu räumen, muß auf Räumung geflagt werden.

Man hielt ihn fest.

Es ging wie flutende Erregung durch den Saal Das war Beifall, echter, spontaner Beifall. Renzos Advokat sprang vor und riß das Tuch hera unter. Niemand wehrte ihm. Sie alle sahen voll Freude auf das edle, blühende Frauenbild.

Sie alle, zumal auch das einfache Volk, das keinen Neid fannte, für das Renzo einer der ihren war- hatten den natürlichen Trieb zum Schönen, der niedrige Gedanken vertilgt.

Ihr Blut rauschte mit dem des Künstlers, der sein ge­liebtes Bild wiedersah.

Sie fühlten, fie begriffen, daß es ihn unwiderstehlich trieb, diesen Kopf zu gestalten, daß es in ihm fraß und brannte, bis er zu seinem Ziele fam.

Aber weshalb war es nicht erreichbar, weshalb? Wohn die Prinzessin nicht in einem Schloffe, das jedem zugänglich war? War diese einfache Gunst nicht auf geradem Wege zu erlangen?

Ach nein! Und nun begann Renzo, der in seine Aufgabe hineinwuchs, fich daran begeisterte, zum Entzücken seiner Zu­hörer zu berichten, daß kein Mensch bis vor das Angesicht der Prinzessin tam, daß ein jeder zurückgewiesen wurde, von dem man nur annehmen konnte, er bringe einen Hauch jenes Lebens, das außerhalb der Schloßmauern blühte.

Mit einer wahren Begeisterung dichtete er sich alle Kniffe auf den Leib, die Niccolò gebraucht hatte, um auch nur das Ohr eines Bedienten zu gewinnen. Da er einmal im Zuge war, ersann er noch etliche hinzu. Nur von der Spizenver­fäuferin sprach er nicht, denn er war sich seines fräftigen Körperbaues und seiner sonoren Stimme sehr bewußt.

Der Prinz war zu einem Huzelmännchen geworden, die Haut lag schlaff um sein Gebein, er troch in Cajapis Schatten. All die glänzenden Augen da unten trafen ihn mie spizige Stacheln.

Renzos Schilderungen waren so drastisch, so überzeugend: das würde er niemals loswerden. Nur fort  , fort aus Rom. Livia hatte sich zurückgelehnt. Das war ja wohl eine Rache des Geschicks, doch sie freute sich nicht.

Sie wußte sich im Banne von Sistos Gedanken, das war das Große, Abgründige. Sie wußte nicht, was diese Gedanken spannen. ( Schluß folgt).