Fr. 352 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 180
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Dienstag, den 29. Juli 1924
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Verzögerung der Einladung Deutschlands
Bis eine interalliierte Einigung erzielt ist.- Weitere Entscheidungen der
Condon, 28. Juli. ( WTB.) Die Bollfihung der interallierten Konferenz vertagte sich einige Minuten nach 5,30 Uhr. Wie verlautet, beschloß die konferenz, die Frage einer Einladung an die Tutsche Regierung, Vertreter nach London zu entfenden, an die großen Fünf zu verweisen, die darüber entscheiden sollen, wann eine derartige Einladung abgesandt werden soll. Es wird vermutet, daß meinungsverschiedenheiten über den Bericht des ersten Ausschusses bezüglich der Frage des deutschen Verzuges hervorgetreten sind. Es wurde beschlossen, eine weitere Sigung diefes Ausschusses für Mittwoch vormittag einzuberufen.
London , 28. Juli. ( WTB.). Reuter meldet: Die Einladung an Deutschland wird wahrscheinlich am Donnerstag oder Freitag abgesandt werden. Hieraus darf jedoch nicht gefolgert werden, daß die Konferenz beabsichtige, den deutschen Vertretern irgendeine Entscheidung aufzuzwingen. Die von der Konferenz vorbereiteten Schriftsäze würden lediglich als Grundlage für die Unterhandlungen dienen. Man ist der Meinung, daß es zwecklos fei, Deutschland einzuladen, solange nicht ein Ueberein tommen unter den Alliierten erreicht ist.
Der offiziöse Bericht über die Vollsigung. London , 28. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Ueber den Verlauf der Bollkonferenz, die am Montag in London stattfand. wird folgende offiziöse Berlautbarung verbreitet: Es wurde beschlossen, einen Ausschuß aus Juristen zu bilden, um über die Abjäße f und k des fünften Teiles der franzöfifch- englischen Note vom 9. Juli( Ergebnis der Pariser Konferenz) zu beraten. Dieses Komitee wird aus Vertretern Belgiens , Großbritanniens , Frankreichs , Italiens bestehen und durch einen amerikanischen Beobachter ergänzt sein. Der offiziöse Bericht gibt dann die Beschlüsse des juristischen Komitees, das sich mit der
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zu befaffen hatte, im Auszug wieder. Es besagt, daß Deutschland zu befassen hatte, im Auszug wieder. Es besagt, daß Deutschland nach dem Versailler Vertrag freie hand habe, die geforderten Reparationssummen aufzubringen. Der Dames- Plan weiche das von ab, weil er feststellt, aus welchen Quellen Deutschland die Zahlungen erledigen soll. Hinsichtlich der anzuwendenden Tattit, Die eingeschlagen werden muß, um mit Deutschland zu einem Einverständnis zu gelangen, ohne irgendwie gegen den Versailler Vertrag zu verstoßen, wird bemerkt, daß Deutschland die Durchführung des Gutachtens versprechen und die Vorkehrungen hierzu Gegenstand eines besonderen Uebereinkommens sein müßten. Da der Versailler Vertrag ausschließlich die Reparations tommission als Vertreter der alliierten Regierungen zur Empfangnahme deutscher Reparationszahlungen eingesetzt habe, foll au ch sie in das als notwendig erachtete Uebereinkommen einbe zogen werden, Andererseits sei die Wiederherstellung der staatlichen und ökonomischen Einheit Deutschlands tine Angelegenheit, die die Reparationsfommission angehe. Denn es sei nicht die Re: parationstommiffion, die deutsches Gebiet befeht habe, und es könne darum auch nicht die Reparationsfommission sein, die die Räumung Deutschlands festzusetzen habe. Diese Frage betreffe lediglich die alliierten Regierungen, die Deutschland besetzt haben, und die anderen alliterten Regierungen, die an der Infrafisezung des Dawes- Planes teilnehmen, und natürlich auf der anderen Seite die deutsche Regierung. Folglich sei die Räumung der deut schen Gebiete durch ein Uebereinkommen zwischen den Alliierten und der deutschen Regierung zu regeln. Schließlich fei hinsichtlich der Durchführung des Dawes- Planes über verschiedene Punkte zwischen den alliierten Regierungen ein Einverständnis zu schaffen. Das gelte besonders für die Maßnahmen, die eventuell ergriffen werden sollen, falls Deutschland sich Ver. fehlungen zufchulden kommen fajte. Das sei ausschließlich eine interallierte Angelegenheit. Nichtsdestoweniger dürfe man nicht übersehen, daß auch die deutsche Regierung mit der Sanktionsfrage befaßt werden müsse, weil die Zeichnung der internationalen Anleihe, die für die Durchführung des Dames- Planes notwendig sei, nur in dem Vertrauen erfolgen merde, daß das wirtschaftliche Leben Deutschlands nicht durch unvorhergesehene Eingriffe von alliierter Seite gestört würde. Aus diesem Grunde müsse das interalliierte llebereinkommen über die Santtionen der deutschen Regierung in einer Form mitgeteilt werden, die ihr erlaubt, es bei den Verhandlungen mit Banfiers zu verwenden. Trok der verschiedenen Maßnahmen zur Infraftfegung des Dames- Planes und der
Notwendigkeit dreier separater Uebereinkommen bleibe bestehen, daß der Dawes- Plan eine Einheit bildet und die Aufgabe der gegenwärtigen Konferenz sich darauf beschränte, feine vollständige und Ionale Berwirklichung 3 sichern. Diese brei Uebereinkommen sollen in das Schlußprotofo II aufgenommen merden. Es ist festgestellt worden, daß die Ent. schließung über die drei Uebereinkommen auch die Einladung an die Reparationsfommission und an die deutsche Regierung ent
gestrigen Vollfizung.
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halten wird. Der Bericht wurde von der Konferenz angenommen sie unerwartet tomme. Denn die Frage der militärischen Räumung und es wurde den Premierministern Belgiens , Frankreichs , Groß der Ruhr sei nicht erst seit gestern oder seit dem 11. Mai, sondern britanniens, dem ersten Delegierten Itoliens und Japans und dem bereits seit der Unterzeichnung der Micum Verträge im Herbst amerikanischen Botschafter in London gemeinsam aufgetragen, vorigen Jahres pruch reif. Es habe für die militärische Besetzung die Bertreter der deutschen Regierung einzuladen, der Ruhr von Anfang an zwei Auffassungen gegeben. Man nach London zu tommen, um an der Aussprache sich zu beteiligen, habe sie als eine rein politisch militärische 3mangs= sobald die Alliierten untereinander zu einem maßnahme ansehen können; in diesem Falle wäre bie wirt= Uebereinkommen gelangt find. Ferner wurde beschlossen, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Re- schaftliche Ausbeutung der besetzten Gebiete als der Nebenzwed erschienen. Oder man habe umgekehrt sich als das eigentliche parationstommission in London zu versammeln. Ziel der Befehung die wirtschaftliche Ausbeutung der Ruhr gestellt; dann sei aber die militärische Besetzung nur ein Bestandteil dieser Aktion gewesen, der mit der Aufgabe der wirtschaftlichen Ziele jede Existenzberechtigung verfiere. Die letzte Auffassung sei die der franzöfifchen Regierung gewesen. Das ginge nicht nur aus der Note hervor, mit der Poincaré den Ginmarsch in das Ruhrgebiet der deutschen Regierung seinerzeit angekündigt habe, sondern auch aus den von ihm vor Kammer und Senat gegebenen Erklärungen, in denen er immer wieder als den 3wed des militärischen Einmarsches
Der englische Finanzminister Snowden teilte der Konferenz mit, daß über die Arbeit des ersten Ausschusses nichts Neues zu berichten fei. Sie halte am Mittwoch früh ihre nächste zu berichten sei. Sizung ab.
Der englische Kolonialminister Thomas legte den Bericht des zweiten Ausschusses vor, der die staatliche und wirtschaftliche Einheit Deutschlands behandelt. Auch dieser Bericht wurde ange=
nommen.
Sir Robert Kindersley berichtete für das dritte Komitee, deffen Arbeit noch nicht voilig beendet sei, aber in aller Kürze der Bollkonferenz vorgelegt werden würde.
Pariser Echo der englischen Initiative. Paris , 28. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Die Kommentare der Montagabendblätter bestätigen, was wir bereits am Montag vormittag über die Aufnahme der neuen englischen Vorschläge durch die öffentliche Meinung Frankreichs mitgeteilt haben. Nach dem man sich von der ersten Ueberraschung über die hier zunächst unerwartete Aufrollung der Frage der militärisch en Räumung des Ruhrgebiets erholt hat, bricht sich sehr rasch die Erkenntnis Bahn, daß die englische Initiative unter den gegebenen Umständen nicht nur die
letzte und wahrscheinlich einzige Möglichkeit
bietet, aus der Sadgasse herauszukommen, sondern bei Licht be. trachtet die endgültige Erledigung des Ruhrabenteuers in diesem Augenblick für Frankreich gar nicht so unvorteilhaft ist, als die nationalistische espresse, die über schmähliche Kapitulation und fchnöden Berrat an Frankreich zetert, ihren Lesern glauben machen will. Man gibt sich insbesondere darüber Rechenschaft, daß die militärische Räumung der Ruhr in kurzer Zeit sowieso afut ge= worden wäre, sei es im Zusammenhange mit der von England beabsichtigten Zurückziehung der Truppen aus der Kölner Zone, die die Aufrechterhaltung der französischen Besatzung rechts des Rheines unmöglich machen muß, sei es, daß man sich dem Argument, baß mit der wirtschaftlichen Freigabe der Ruhr die militärische Besetzung nach den Erklärungen Poincarés selbst jede Berechti gung verloren habe, auf die Dauer nicht entziehen zu können glaubt. Die Vorzeichen der Aufrollung des Problems bieten Frantreich dagegen die Möglichkeit,
gewiffe Gegenforderungen
zu stellen, beren Durchsetzung man in Paris in hohem Grabe für wahrscheinlich hält. So find es eigentlich nur die extremen natiovom Schlage der„ Liberté" und des nalistischen Organe Intransigeant", die in der gewohnten Weise gegen den englischen Schritt protestieren. Schon das„ Journal des Débats " wagt es nicht, das angestrebte Kompromiß grundsätzlich zu bekämpfen. Es fagt zwar, deß die Art, wie Ramsay Macdonald die franzöfifchen Delegier. ten überrumpelt habe, Mißtrauen einflößen müsse, gibt aber der Ueberzeugung Ausdruck, daß die englische Regierung teine intergebanten mit ihrem Plane verbinde. Im ersten Angenblid fönne man auf französischer Seite wohl versucht sein, unter Berufung auf die von Macdonald selbst gewünschte Beschränkung des Programms der Konferenz jede Diskussion über die Frage der militärischen Räumung abzulehnen, bei reiflicher Ueberlegung wäre es jedoch dem französischen Intereffe nur zuträglich. Was man ver
langen müſſe, ſei lediglich, daß, wenn schon der den Verhandlungen
gezogene Rahmen gesprengt
werde, dies nicht einseitig geschehe, fondern daß in die Debatten auch diejenigen Probleme einbezogen werben, die für Frant reich mit der militärischen Räumung der Ruhr untrennbar verbunden seien. Herriot habe hier eine glänzende Gelegenheit, seine staatsmännischen Qualitäten zu beweisen, und da die Diskussion nicht vor dem Forum der Konferenz selbst, sondern in der intimen Aussprache zwischen den Ministerpräsidenten verhandelt werde, habe er die Möglichkeit, die Bedingungen, die Frankreich für die Aufgabe Der feiner Trümpfe stelle, mit allem Nachdruck zu vertreten.
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ausschließlich den Schutz der entfandten Ingenieure und Zollbeamten
bezeichnete und jeden militärischen Charakter der Sanktion entschieden in Abrede gestellt hat. Wenn dem entgegengehalten werde, daß Frankreich und Belgien in den späteren Beschlüssen von Brüssel die militärische Räumung von den deutschen Zahlungen abhängig gemacht habe, so leistet man der franzöfifchen Bolitik einen schlechten Dienst, wenn man damit beweisen wolle, daß die ursprüngliche Idee der Ruhrbesehung damit aufgegeben worden sei. Zwischen beiden bestehe in Wirklichkeit teinerlei Widerspruch. Wenn der Dawas- Plan endgültig angenommen werde, wenn die Anleihe gezeichnet und die allmähliche Unterbringung der deutschen Obligationen gesichert sei, jo handle es sich hier um effetfive Zahlun gen, und die von den Regierungen Frankreichs und Belgiens für die militärische Räumung gestellten Bedingungen seien damit erfüllt. Frankreich habe deshalb alles Intereffe baran, schon jezt darüber zu verhandeln.
Reuter berichtigt...
London , 28. Juli. ( Eigener Drahtbericht.) Reuter meldet: Unmittelbar nach der Konferenz zwischen den Delegationsführern am Montagvormittag trat die britische Reichsdelegation zu einer Besprechung zusammen. Die allgemeine Ansicht in britischen Kreisen geht dahin, daß die Lage teine wesentliche Aenderung erfahren hat. Seit Freitag ist nach offizieller Kenntnis teine Lösung der von den Banfiers gewünschten Sicherheitsfrage aufgetaucht. Die Frage der militärischen Räumung des Ruhrgebiets liegt außerhalb des Rahmens der Konferenz. Die Eisenbahnfrage ist nach wie vor die gleiche, da Frankreich und England ihren jeweiligen Standpunkt genau festgelegt haben, bildet aber nicht das Hauptproblem. Der Gesamteinbrud von der Konferenz geht nach wie vor dahin, daß alle Beteiligten ihr Bestes tun, und daß niemand die Berantwortung für ein Mißlingen auf sich nehinen will.
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Diese Reutermeldung steht in Widerspruch zu allen anderen Telegrammen über die Erweiterung des Konferenzprogramms. Da auch die gesamte französische Presse zu dieser auf englischer Initiative erfolgten Erweiterung Stellung nimmt, dürfte diese offiziöte Reutersche Auslaffung nur ein Beruhigungsmanöver darstellen.
Ein neuer amerikanischer Kompromißzvorschlag. Paris , 28. Juli. ( WTB.) Ueber die heutigen Arbeiten der ersten Kommission( Berfehlungen und Sanktionen), die um 11 Uhr vormittags zufammengetreten ist, berichtet der Sonderbericht
erstatter der Agentur Havas aus Londen , der Kommiffion set
von dem nich tamtlichen amerikanischen Vertreter in der Reparationstommiffion ein neuer Borschlag unterbreitet worden, der das am 19. Juli in der ersten Rommission angenommene Kompromiß in großen Zügen durch folgende Beſtimmungen er. gänzt: Die deutsche Regierung und die Reparationsfommission bestimmen Berireter, die mit den Banfiers Verhandlungen über die Festsetzung der Anleihebedingungen im gegen seitigen Einvernehmen führen. Der Berichterstatter stellt feft, daß der Vorschlag dem Friedensvertrag entspreche. Die franzö fischen Sachverständigen hätten ihn im Prinzip angenommen, ber englische Schaßtangler Snowden jedoch habe sich dagegen ausgesprochen. Die Verhandlungen werden seit 3 Uhr nachmitta
Temps" erklärt dagegen, der einzige Vorwurf, den man der von Macdonald aufgeworfenen Debatte nicht machen könne, fei der, daß| fortgesetzt.