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Fürstenwalde ohne Bürgermeister.

Die geradezu tindisch anmutende Ausschaltung aller auch in den Gemeinden tätigen Sozialisten unter Mithilfe von Demokraten und Zentrumsleuten nimmt, wie jetzt auch der folgende Bericht aus Fürstenwalde beweist, allmählich Formen an, die den Aufbau der Gemeinde stören und das fommunale Leben zerstören müssen. Es geht so nicht mehr weiter. Aus Fürstenwalde erhalten wir fol­genden Bericht, aus dem hervorgeht, daß man sich dort zutraut, ganz ohne Bürgermeister und ohne Stadträte zu regieren. Das müßte notwendig eine kommunale Anarchie zur Folge haben und die De­mokraten helfen dazu:

Die Bürgerblockmehrheit in Fürstenwalde/ Spree, die erft fürgli Ersparnisgründen, abgebaut hat, beabsichtigt nun­erst fürzlich den sozialistischen   Wohlfahrtsstadtrat, angeblich aus mehr, auch den Ersten Bürgermeister, den sozial­demokratischen Landtagsabgeordneten Stoll, ab= zubauen. Da die Stelle des zweiten Bürgermeisters, die durch re­guläre Versegung des Inhabers in den Ruhestand zur Erledigung kam, bereits von der alten Stadtverordnetenversammlung einge zogen wurde, so hat sich die Zahl der besoldeten Magistratsmitglie­der nunmehr von vier auf eine verringert, und der Inhaber dieser Stelle ist noch dazu ein Techniker. Da er aber ebenfalls mit dem schweren Charakterfehler belastet ist, Sozialist zu sein, so wird die Abbauwut des Bürgerblods, in dem Demokraten und Bölkische friedlich beieinander hoden, nicht eher geftillt werden können, bis auch dieser Inhaber einer unvorschrifts­mäßigen Gesinnung beseitigt ist.

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Man sagt freilich, daß es sich beim Genoffen Stoll, deffen persönliche Eignung auch von bürgerlicher Seite nicht bestritt en wird, nicht um einen Stellen, sondern um einen Bersonenabbau handle. Auch kommen angeblich keine poli­tischen, sondern andere Gründe" in Frage. So macht man es Stoll zum Borwurf, daß er in zwei Fällen der bürgerlichen Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung nicht zu Willen gewesen sei. Dabei sind die Beanstandungsbeschlüsse des Magistrats in diesen Fällen von sämtlichen bürgerlichen Stadträten mit gefaßt worden! Diese ,, Gründe" sind einfach findisch. Selbst weite Kreise des Bür­gertums sind empört über diefes vom Machttigel bestimmte brutale Vorgehen ihrer eigenen Vertreter, unter denen sich ein stahlhelm begeisterter Lehrer und ein Beamter der Stadtverwaltung neben einem demokra tischen" Arbeitervertreter besonders bemerkbar machen. Die Auf­fichtsbehörde kann zu diesen Dingen natürlich nicht schweigen. Sie wird dem Unfug, der in Fürstenwalde angestellt wird, schleunigst

ein Ende machen müssen.

Eine Jugendherberge beim Kloster Chotin. Der unermüdlichen Tätigkeit des 8weigausschusses Mart Brandenburg für Deutsche  Jugendherbergen, dessen Borsigender Oberbürgermeister, Berlin  , ist, ist es gelungen, den Plan der Errichtung einer großen schönen Jugendherberge bei dem vielbesuchten Kloster Chorin   der Verwirklichung nahe zu bringen. Schon in den nächsten Tagen soll mit den Bauarbeiten begonnen werden. Unterkunft für mindestens hundert jugendliche Die Herberge wird Wanderer erhalten, ferner einen faalartigen Aufenthaltsraum, eine Küche und eine Verwalterwohnung. Zur Erleichterung der Baudurchführung werden verzinsliche Anleiheſcheine in Höhe von 20 M. ausgegeben, die gewiße Benutzungsrechte für mehrtägigen Aufenthalt bieten. Freunde der Jugend werden sich gern mit diefem Betrage an der Schaffung dieses großzügigen Werkes be­teiligen.

Waldfeft der Freidenker. Sonntag, den 3. Augnft, im Grunes wold. Treffpunkt 2 Uhr nachm.( Endpunkt der Straßenbahn 48 in Dahlem  ), Restaurant Waldfrieden am Holzturm. Mitwirkende: Arbeiter Männerchor Friedenau  - Steglig, M. 5. A.-S.-B. Arbeiter­Frauenchor Berlin  - Stegliz  , M. d. A.-S.-B. Arbeiter- Touristen vercin Naturfreunde Steglitz  . Redner voraussichtlich Adolf Hoff­ mann  . Gesang, Mufit, Rezitationen, Vollstänze, Kinderspiele. Ge­meinsamer Rüdmarsch 7 Uhr abends.

Freidenfer- Jugendweihe. Herbst 1924. Lehrerin für den Vorbereitungs­unterricht und Weiherednerin: Frau Dr. Krische. Anmeldungen nehmen entgegen: Max Vapenfuß, Schildhorn- Str. 9, Gartenh. 3 Tr. Friedrich, Zimmermannſtr. 9, Gartenhaus 2 Tr. ,, Kurt Ganswind, Stephanfir. 8, Kühne, Körnerstr. 42, Gartenhaus parterre. Brauczet, Birkbuschstr. 46, Gartenh. part.

Als der Großvater die Großmutter nahm," ein Bolksliederspiel sette Paul Rose   für das Rose Theater in Szene. Er fennt die ihm zur Berfügung stehenden Mittel und sein Publikum und so herrschte eitel Freude. Unter den lebenden Bildern waren etliche recht einprägsam nnd geschmackvoll und von den Balletts gefiel sonderlich eine luftige Bogel gesellschaft in den farbenprächtigsten Feberkleidern. Ein stolzer abn fiel unter ihnen wieder besonders auf. Am Abend wird auf der Gartenbühne Stolz Operette Madi" gespielt. Trude Polzin, eine sehr fchäzenswerte Strast, ist eine vorzügliche Bertreterin der Hauptrolle. Rate Jungberr als Elo Bernas ist ebenfalls ansprechend, zwar durch derbere Mittel. Hans Rofe gefällt sich und den Zuschauern als Trottel Stiedi, während start winter als Anatol sehr für sich einzu nehmen weiß. Emma Bailleul studierte wiederum nette Balletts ein. Im Rose- Theater hat man stets ben guten Einbrud, daß sich alle Mühe geben, und über das Gelingen einer Aufführung erfreut find. Die Terte der Hauptschlager erscheinen auf dem Borhang und das Publikum fingt mit, wodurch Mädi" etwas gewaltsam volkstümlich wird. Da die Darsteller sich leicht dazu bewegen lassen, für den lebhaften Beifall durch Wiederholungen zu danken, so gibt es deren sehr viele.

Ein jüdischer Friedhof zerstört! Nicht einmal die Toten haben Ruhe!

Eine Tat von geradezu unglaublichem Bandalismus wird aus Hagen   gemeldet. Dort wurde der im Stadtteil Eilpe gelegene jüdische Friedhof in der Nacht vom Sonntag zum Montag durch bisher nicht ermittelte Täter verwüstet. Der Friedhof bietet ein furchtbares Bild der 3erstörung. Nur fechs Grab­stellen stehen noch; viele zentnerschmere Grabsteine und Grabmäler sind umgestürzt und Blumen ausge­rissen worden. Um die Steine umwerfen zu können, wurden die Gräber teilweise abgegraben. Auf dem Fried­hof hat man ein hatenkreuz gefunden.

Ein Brückeneinsturz.

Ein schweres Unglüd ereignete fich in Rödinghausen   bei Herfort in der Nähe des Rangierbahnhofes der Rheinisch- Westfälichen Kall­merke. Ueber die etwa 12 bis 13 Meter lange Hoehne­brüde war ein Anschlußgleis gelegt worden, um Ziegel abzufahren. Am Sonnabend war die Brücke von der Bahn zum erstenmal benutzt worden. Als gestern nachmittag ein mit 3000 Ziegelsteinen be­ladener Wagen die Brüde passierte, brachen die Nieten, die die Querträger in der Mitte hielten. Die Brüde brach zu sammen und der Wagen stürzte in die Hoehne. 3wei Arbei­ter wurden getötet, zwei schmer verletzt; vier Arbeiter famen mit dem Leben davon. Eine Untersuchung über den Unglücks­fall ist eingeleitet worden.

Eine Maschinenfabrik abgebrannt. Die Braler Maschinenfabrik A.-G. vorm. Christian Schmidt in Brate, Oldenburg  , ist ein Raub der Flammen geworden. Die Fabrit hat sich vornehmlich mit der Herstellung landwirtschaftlicher Maichinen befaßt. Es wird lange dauern, bis der Betrieb wieder aufgenommen werden kann.

Die Ent­

Ein großes Feuer hat die Möbelfabrik von Heistermann in Orbfe bei Detmold   vollständig vernichtet; große Möbel­Dorräte sind Opfer der Flammen geworden. stehungsurfache ist noch nicht aufgeklärt. Die Feuerwehr hatte große Mühe, die benachbarten Häuser zu schützen. Der Schaden ist

beträchtlich.

Wirtschaft

Aktionärsrechte und Kapitalbeschaffung.

Uns wird geschrieben:

Wenn zurzeit an der Börse eine Abneigung besteht, Käufe von Attien vorzunehmen, wenn besonders das Privatpublikum, auch das, welches Geld hat, sich von der Börse fern hält, so ist das nicht nur auf die Ungewißheit über die Goldbilanzen, auf die Unsicherheit der wirt­schaftlichen Zukunft und damit auch der Zukunft der Aftiengesell schaften zurückzuführen, sondern diese Abneigung hat ihren Grund in erster Linie darin, daß das Privatpublikum infolge der Stabili­fierungsfrisis an seinen Effekten erhebliche Verluste erlitten hat. Man kann nicht etwa sagen, daß das Publikum an diesen Verlusten unschuldig ist. Troß vieler Warnungen ließen sich immer weitere Kreise des Volkes dazu verführen, in der Hoffnung, ohne Mühe große Gewinne erzielen zu können, die Anlage in Industriepapieren für ihr Geld zu wählen. Aber ganz gleich, ob das Publikum nun schuld hat oder nicht an diesen Verlusten, die Verluste sind entstanden, und die Abneigung der Privatkapitalisten, Gelder in Effekten anzu­legen, wird auch dann weiter bestehen, wenn das Dames- Gutachten selbst die fühnsten Hoffnungen erfüllt und wenn dadurch reichliche Gelder ins Land kommen.

äußerst nachteilig ist, wird noch genährt durch die ganze Art und Diese Abneigung, die für die Rapitalbeschaffung der Industrie Weise, wie augenblicklich mit den Rechten der Aktionäre, soweit sie solche überhaupt nach dem Gefeß haben, umgegangen wird. Bei drei Bierteln der deutschen   Aktiengesellschaften stellt sich die Ma­jorität gewöhnlich auf den Standpunkt: Wir haben die Majorität, ihr anderen Aktionäre fönnt ja boch nicht dagegen an. Daß ein Aktionär bei diesem in fast allen Generalversammlungen zum Aus­druck kommenden Standpunkt der Majoritätsinhaber teine große Luft führung und Geschick er nicht den geringsten Einfluß aus hat, sein Geld Unternehmungen anzuvertrauen, auf deren Geschäfts: zuüben vermag, bedarf gar feiner Frage.

Sehen wir uns doch einmal die Praktiken der Berwaltungen Artiengesellschaften ist gewöhnlich derart kurz, daß man sich aus in den Generalversammlungen an. Schon der Geschäftsbericht der ihm über den Geschäftsgang der Gesellschaft überhaupt nicht in­mai erklärt, dann kommen sie stets mit dem Argument: Es ist die formieren fann. Selbst wenn man das den Verwaltungen ein. Zeit der Papierbilanzen, die sowieso merilos find, es ist die Zeit der Ungewißheit der wirtschaftlichen Lage, wir können also den Aktio­nären überhaupt nichts Wissenswertes sagen. Diese Argumente find höchst fadenscheinig. Auch aus dem Papiermarkbilanzen kann man manches ersehen, nicht Gewinne oder Verluste, aber Bewertung der Aktiven und Passiven. Und man kann aus dieser Be­wertung doch manche Schlüsse ziehen, das hat erst vor kurzem eine Bersammlung bewiesen, nämlich die Versammlung der Berliner  allen Seiten hin zerpflückte und doch manches vorbrachte, was Hand Hotelgesellschaft, in ber ein Aftionär auch eine Papiermarkbilang nach und Fuß hatte. Aber was nutte es ihm; er hatte ein paar Attien, die Majorität gab ihm vielleicht aus Höflichkeit Antwort auf seine Anfragen, aber im übrigen stellte auch sie sich auf den Standpunkt: Opponiere, soviel du willst, wir tun ja doch, was wir wollen." Begen diese Methode ist ein opponierender Affionär natürlich voll tommen machtlos, denn selbst wenn er einen Protestgrund hat, macht die Durchführung eines Prozesses derartig viel Schwierigkeiten; es müssen Vorschüsse gezahlt werden, die Sache wird in die Länge ge­zogen, gewöhnlich hat auch die Verwaltung noch die befferen Juristen für sich, daß der Aktionär troß seines Rechts mit seiner Klage durch fällt. Es fommt eben vor Gericht nicht darauf an, wer Recht hat, sondern wer Recht bekommt. Dann ist ein sehr beliebtes Mittel, mit dem sich sonst bei Generalversammlungen die Majoritäten und die Berwaltungen zu verschanzen pflegten, um unbequeme Frager los zuwerden, daß das Geschäftsinteresse es ihnen verbiete, eine Auskunft zu erteilen. Vielfach trifft dies ja zu, denn es fommt sehr häufig vor, daß jemand sich von einer Konkurrenzgesellschaft Attien fauft, um die Verhältnisse bei der Konkurrenz fennen zu lernen. Es fann auch häufig vorkommen, daß man das, was man einem ein­zelnen Attionär wohl fagen würde, nicht in der Generalversammlung vorbringt, weil die Generalversammlung doch öffentlich ist, weil den meisten Generalversammlungen doch Pressevertreter beiwohnen. Das find aber im großen und ganzen nur Ausnahmefälle, meistenteils ist der Vorwand, daß das Geschäftsintereffe die Auskunft verbiete, für die Verwaltung mur dazu da, etwas der Deffentlichkeit vorzuent halten, was ihr unbequem ist. Daß derartige Methoden und Praktiken nicht dazu dienen, der Aktiengesellschaft Freunde zuzu­führen, bedarf feines Bemeises.

Dann ist es in der letzten Zeit üblich geworden, die Presse von Generalversammlungen auszuschließen. Don Generalversammlungen auszuschließen. Eine Attiengesellschaft wird meistenteils dann gegründet, wenn das Kapital für ein Unter­nehmen nicht ausreicht, wenn man sich früher oder später an den öffentlichen Geldmarkt wenden will, wenn man ein rifitoreiches Unternehmen in Händen hat, bei dem man das eigene Risiko be­grenzen möchte und einen Teil des Risitos auf andere abwälzen möchte, wenn man fonst in irgendeiner Form den öffentlichen Rapi­talmarkt für irgendeinen Zwed heranziehen will. Wer aber den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch nehmen will, hat auch die Pflicht, sich von der Deffentlichkeit tontrollieren zu lassen, und hat infolgedessen auch die Pflicht, der Deffentlichkeit mindestens die Auskunft zu geben, die er zu geben gefeßlich verpflichtet ist. Die Generalversammlungen der Aktiengesellschaften finden ja gewöhn­lich nur einmal im Jahre statt, und es ist wirklich nicht zuviel ver­langt, wenn man fordert, daß in diesen Generalversammlungen in feit wenigstens einige Anhaltspunkte, viel sind es ja sowieso nicht, der breitesten Oeffentlichkeit verhandelt wird, damit die Deffentlich­für die Beurteilung einer Gesellschaft hat. Es wäre direkt zu ver­longen, daß die publizität der Generalversammlungen im Gefeß festgelegt wird, damit mit der Ausrede der Familiengründungen, an denen die Deffentlichkeit fein Interesse hat, sich die Verwaltungen gewisser Aktiengesellschaften nicht der Kontrolle der Deffentlichkeit zu entziehen vermögen. Die Afttengellschaften, die gleich allen anderen Wirtschaftseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmungen zurzeit nicht an Geldüberfluß leiden. und die faum die Zeit er­warten fönnen, wo wieder der öffentliche Kapitalmarkt für sie da ist, dürfen keine Methoden anwenden, die nur verhindern, daß dann, wenn sie an den öffentlichen Rapitelmartt appellieren, dieser ihnen verschlossen bleibt, daß die Abneigung gegen die Anlage von Rapital in Attien nur verstärkt wird.

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Die in der Zuschrift fritifierten Uebelstände im Aktienrecht haben nicht nur Bedeutung für das spekulierende Publikum, sondern auch in hohem Maße für die Arbeiterschaft. Denn der Mangel an Betriebstapital ist es ja gerade, der den Fortgang der Produktion hemmt und die Arbeitslosigkeit und die Betriebsstillegungen erzeugt. Es ist daher zu fordern, daß die Kapi­talbeschaffung nicht durch fleinliche Schilanen bei der Behandlung von Attienminderheiten noch unnüz gefährdet wird. Das gebietet schon das Eigeninteresse der Gesellschaften.

Die Ernteaussichten.

Die Statistische Korrespondenz schäßt auf Grund des Saaten­standsberichte von Anfang Juli die diesjährige Ernte Preußens wie folgt: Winterroggen etwa 75 Proz. der vor­jährigen Ernte. Die Ernte an Winterweizen dürfte höchstens ein Fünftel geringer ausfallen als die vorjährige Ernte. An Sommer weizen würden etwa 5 Proz. weniger als im Vorjahre geerntet

werden. Sommerroggen ebenfalls etwa 5 Proz. weniger als im Borjahre.

Alles in allem würde ein Ausfall von wenig mehr als 20 Prozent der vorjährigen Brotgetreideernte zu erwarten sein, im Vergleich also zu der recht guten Ernte von 1923 noch ein ganz leibliches Ergebnis, aber nur unter der Voraus­segung einer normalen Entwicklung des Wetters, im besonderen während der Erntezeit.

Die Hoffnung, daß durch die verhältnismäßig noch immer nicht schlechten Ernteaussichten mäßige Getreide und Brot­preise& u erwarten wären, ist jedoch unberechtigt. Die Anbau­beschränkungen in Nordamerika  , insbesondere in Kanada   und die schlechten Aussichten der russischen Getreideernte wachen eine Preis­steigerung des Getreides am Weltmarkt wahrscheinlich; diese hat be­kanntlich bereits eingesetzt und zu großen spekulativen Machenschaf= ten an der Weltweizenbörse in Chicago   geführt. Man meint sogar, daß durch Zusammenschluß kapitalſtarter Gruppen mit Farm­genossenschaften ein Getreidetruſt im Entstehen ist, der auf die fünstliche Hochhaltung der Weltmarktpreise hinarbeitet.

Die bedingte Freigabe des deutschen   Getreideegportes hat be­reits zu einer weitgehenden Angleichung der Inlands= an die Weltmarktpreise geführt. Die Inlandspreise werden aber aller Voraussicht nach mit den Weltmarktpreisen noch weiter steigen, wenn die tatsächlichen Ernteergebnisse der Welt die Befürchtungen bestätigen sollten.

Ergibt sich aus dieser Lage die Gefahr einer schweren Bedrohung der Lebenshaltung für die arbeitende Klasse, so steht dem auf der Seite der Landwirtschaft gegenüber, daß die Preis­spanne zwischen Agrarprodukten und Industriefabrikaten dadurch gemilbert, wenn nicht beseitigt wird. Unter diesen Umständen ist für die nächste Zeit die Einführung von Getreidezöllen nicht nur für den Berbrauch äußerst bedenklich, sondern selbst vom Mindestens muß man die Entwicklung des Weltmarktes in Getreide Standpunkt der Schutzöllner aus für die Landwirtschaft unnötig. und ihre Rückwirkungen auf den inneren Markt abwarten, ehe man sich zu der Einführung von Getreidezöllen entschließt. Diese und ähnliche Beweggründe mögen auch den Reichswirtschaftsrat zu der Entschließung veranlaßt haben, die von der Regierung fordert, die allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in Kraft Bölle nicht ohne weiteres, sondern erst nach Berücksichtigung der zu setzen.

Die Getreidepreiserhöhungen in Amerika  .

Wie aus Diawa gemeldet wird, hat die fanadische Regierung eine Kommiffion von Sachverständigen ernannt, die die Ursachen der alarmierenden Getreidepreiserhöhungen insbesondere für Weizen nachprüfen soll.

Auslandskredite für den Zuckerexport.

Ehe

Eine vom Equitable Trust geführte Bankgruppe hat, wie die TU. aus London   meldet, einen sechs Monate laufenden Kredit über vier millionen Dollar für die deutsche Zucker­industrie abgeschlossen. Der Binsfag beträgt 7 bis 7% Proz. und ist durch die Zuckererzeugung sichergestellt. Die Wechsel werden auf deutsche Raffinerien gezogen, dann von deutschen   Großbanken indoffiert und nach New York   zur Bevorschussung gefandt. nicht die deutschen   Schuldner die zur Deckung der Beträge not­wendigen Zucerausfuhrgenehmigungen vorweisen, wird kein Geld gezahlt. Das Abkommen ist bisher geheim gehalten worden im Hinblick auf den englisch  - amerikanischen Wettbewerb in Anleihen, den man nach der Reparationslösung erwartet. Der Export von 200000 Tonnen 3uder wird auf diese Weise finanziert.

Wenn fich die Meldung über den Kreditabschluß bestätigt, so ist wieder ein neuer Weg zur Erleichterung der Kreditnot in der Land­wirtschaft beschritten. Denn letzten Endes kommt der den Raffinerien zur Verfügung gestellte Kredit den Rübenbauern zugute, die jonst beim Absah ihrer Produkte infolge der Kreditknappheit auf Schwierigkeiten stoßen würden.

Die Arbeitsmarktkrise hält an.

Auf dem Berliner   Arbeitsmarkt ist auch in der Berichtswoche eine Verschlechterung vorherrschend. Besonders laffen die Metall­und Holzindustrie ein weiteres Nachlassen des Beschäftigungs­grades erkennen. Im Gastwirts- und Hotelgewerbe sind die Beschäf­tigungsverhältnisse infolge Rückgangs des Reiseverkehrs und des geringen Besuchs der Bade- und Kurorte ungünstig. Der in diesem Gewerbe zu dieser Zeit sonst beobachtete Mangel an geübten Kräften tritt in diesem Jahre nicht in Erscheinung. Berschiedentlich mildet sich jetzt schon Personal aus den Bädern zurück. Unter den wirts schaftlichen Schwierigkeiten leidet insbesondere auch der Handel, der auch noch von dem Ausbleiben der Auslandsaufträge betroffen wird. Die Unterbringung von Angehörigen dieses Berufs gestaltet fich außerordentlich schwierig. Anzeichen einer fleinen Besserung machen sich für weibliche Kräfte im Bekleidungsgewerbe für Damen­und Herrenkonfektion sowie für die Butz- und Pubfedernbranche bemerkbar. Auch das Baugewerbe zeigt für einige Gruppen eine stärkere Nachfrage. Jedoch stehen der weiteren günstigen Ent­wicklung auch hier die wirtschaftlichen Widerstände entgegen. Die teilweise erhöhten Anforderungen vermögen nicht, den Arbeitsmarkt nennenswert zu beeinflussen, da die Verschlechterung noch immer bedeutend überwiegt.

tübungsempfänger ist weiterhin gestiegen. Es waren Die Zahl der Arbeitsuchenden und Unter 96 648 Personen bei den Arbeitsnachweisen eingetragen gegen 92 567 der Borwoche. Darunter befanden fich 67 654( 64 905) männliche und 28 994( 27 662) weibliche Personen. Unterstützung bezogen 26 694( 24 441) männliche und 4533( 3983) weibliche, insgesamt 31 227( 28 424) Personen Die Zahl der zu gemeinnüßigen Pflicht­arbeiten lleberwiesenen betrug 1425 gegen 1457 der Borwoche. Bon den einzelnen Berufsgruppen hat lediglich die Landwirt­Ichaft im Zeichen der beginnenden Kornernte großen Bedarf an Saisonarbeitern. In den Industrie- und Handelsberufsgruppen ist die Lage allgemein ungünstig.

Eine Offfee- Reederei mit städtischer Hilfe. Die Lübeder Bürger­schaft genehmigte ein Darlehn von 450 000 M. für die zu gründende übed Reederei. Diese soll die regelmäßigen Fahrten vom Lübecker Hafen nach Rußland   und den Randstaaten, vor allem nach Riga  , Reval   und Petersburg wieder aufnehmen.

Neues Micum- Abkommen der Tegfilindustrie. Das am 1. Augus abgelaufene Abkommen der rheinischen Textilindustrie mit der Rheinlandtommission ist, wie Die Textilwoche" erfährt, um zwei der bisherigen Abgabenfäße um 50 Broz. vor, und zwar sowohl Monate verlängert worden. Es sieht eine allgemeine Ermäßigung bei den 8ollabgaben, wie bei den kontributionen, die in eine Ausgleichslasse gezahlt werden müssen. Die Gefamtabgaben beim Versand nach dem unbesetzten Deutschland   und Ausland betragen daber fünftig für Baumwoll- und Wollgewebe und Wirkwaren 0,9 Proz, vom Werte, bei Seidenwaren 1 Proz. vom Werte, bel Leinenwaren 1,2 Proz.. vom Werte und bei Spizen, Bändern usw. 1.5 Broz. vom Werte. Die Pauschalgebühr für den Versand vor Bostpaketen stellt sich in den Gewichtsgrenzen von 5 zu 5 Kilogr auf 0,30, 0,60, 0,85 und 1,20 Goldmark. Für den Fall, daß fid bor dem 1. Oktober das Deutiche Reich mit den Alliierten übel

die Reparationszahlungen verständigt, ist eine frühere Kündigungsi möglichkeit vorgesehen.