größerer Schärfe stellen. Denn wenn schon die Banfiers die ersten 800 Millionen Goldmart ohne die letzte Sicherung hingeben würden, so ist es nach allem, was sich hier in den letzten Tagen abgespielt hat- völlig ausgeschlossen, daß sie noch mehr ristieren würden, ohne völlig sicher zu sein, daß Separataktionen unmöglich sind.
Die Finanzleute verhandeln jetzt schon unter dieser größeren Perspektive, nur so ist im Grunde ihre bisherige starre Haltung erklärlich, und aus diesem Grunde ist es auch unwahrscheinlich, daß sie dem politischen Drucke nachgeben und ihren Standpunkt in den nächsten Tagen preisgeben könnten.
Das aber ist der andere Fall, der sich aus der kritischen Situation ergibt. Wird es klar, daß ein Kompromiß zwischen dem französischen Wunsch nach separater Aktion und deni Standpunkt der Banfiers endgültig gescheitert ist, so wird der Stillstand sofort zur akuten Krise der Konferenz. Dann gibt es für Herriot fein Ausweichen mehr. Es ist menschlich ver ständlich, daß er bisher angesichts seiner inneren Stellung für das von einem Teil der französischen Oeffentlichkeit geforderte Recht zu eigener Sanktion, aber die volle Unterstützung seiner Augenblick aber wird er sich entscheiden müssen, ob er die Zukunft des Kontinents den Gespenstern einer Vergangenheit opfern will, an der er selbst innerlich feinen Anteil hat, oder ob er nicht doch den Friedenspalt, der Frankreich zwar kein Recht zu iegener Sanktion, aber die volle Unterstützung seiner Alliierten garantieren würde, unterzeichnet, bereit, sich feinen Gegnern in Paris in offener Feldschlacht zu stellen. Niemand weiß, wie ein solcher Kampf zwischen Herriot und der Reaktion enden würde, niemand fann troh dem 11. Mai den Ausgang voraussagen. Aber soviel ist sicher, fällt er, so wird er, wie Garvin im ,, Observer" schrieb, einer der ersten Männer Franfreichs und ein Mann der 3utunft bleiben." Siegt er aber, so hat er mit der Unterschrift unter den Dawes- Plan auch ein Gutteil der Gespenster vernichtet, die Europa noch immer bedrohen, und Europa tönnte, von einem zehnjährigen Albdrud erlöst, zum ersten Male ohne Selbsttäuschung aufatmen.
Wozu Fleischzölle?
Eine Gefahr für die Volksernährung.
In der„ Kölnischen Zeitung " vom Dienstag abend legt Oberregierungsrat Dr. Foth Münster die schweren Be denken dar, die gegen die Einführung von Fleischzöllen sprechen. Nachdem er die auch von uns bereits eingehend gewürdigten schweren Folgen von Fleischzöllen für die Lebens haltung der breiten Massen gekennzeichnet hat, kommt er zu folgendem Schluß:
„ Die Einführung von Vieh- und Fleischzöllen erscheint somit zurzeit als ein wenig geeignetes Mittel zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion. Sie führt aber mit Sicherheit zu einer Verteuerung der Fleisch nahrung der ärmeren Bevölkerung, zu neuen Lohnforderungen und zu heftigen Klagen über Fleischteuerung und Fleischnot, wie fie im Reichstage vor dem Kricge an der Tagesordnung waren und zu endlosen Aussprachen führten. An den bekannten Beschluß des Reichstags, vom 20. März 1911, ber tie unbeschränkte Zulassung der Einfuhr von Büchsenfieisch und Gefrierfleisch fordert, an die 1912/1913 vom Reichstag veranstaltete Enquete zur Untersuchung Der Ursachen der Fleischteuerung und des Fleischmangels und an die zur Linderung der Fleischnot" regierungsfeitig or ganisierte Einfuhr von frischem Fleisch aus Rußand sei erinnert! Und das war damals, als unser Biehbestand in hoher Blüte stand. Was können wir jetzt erwarten?... In Italien hat die Regierung Mussolinis die Zölle auf Gefrierfleisch wieder auf gehoben. Wir werden bald dasselbe tun müssen, wenn inner politische Rücksichten mancherlei Art sie uns doch noch bescheren sollten. Gerade der Hinweis auf die Fleischnot vor dem Kriege ist wertvoll, weil er eindringlich genug zeigt, daß der Bolts|
Die Wiedergeburt der Tanzkunst.
Die moderne Völkerpsychologie hat den Tanz als die älteste Runstgattung erwiesen, aus der bei fortschreitender Kultur die übri gen darstellenden Künste ihren Ursprung genommen haben. Im Tanze hat die Urmenschheit zuerst ihr Gefühlserleben fünstlerisch gestaltet. Bei der starken Beherrschung des öffentlichen Lebens der ältesten Völker durch religiöse Vorstellungen und Gebräuche wurde auch der Tanz vorwiegend der Belebung gottesdienstlicher Handlungen dienstbar gemacht und erhielt sich in diesem Charakter bis in historische Zeiten. Das antife Drama, dessen Aufführung selbst der Beredelung großer religiöser Feste diente, ist unmittelbar aus ful tischen Tänzen hervorgegangen und läßt diesen Ursprung noch in der ausschlaggebenden Verwendung des Chors erkennen.
Durch die Kirche ist die Tanzkultur vollständig zurückgedrängt morden. Die sinnenfeindliche Einstellung der Kirche mußte naturgemäß jede Körperästhetik als fündhaft bekämpfen, und ihr maß gebender Einfluß auf das gesamte Geistesleben, der bis über das Reformationszeitalter hinausreicht, hat den Tanz bis in die neuere Zeit als Kunstgattung unterdrückt. Die Entstehung einer neuen Art von Tanzkultur steht deshalb im Zeichen einer ausgesprochenen, ein feitigen Reaktion gegen die asketischen Tendenzen der Kirche. Sie fällt zusammen mit der Entstehung des modernen Theaters, das im 17. Jahrhundert von Italien seinen Ausgang genommen hat. Die italienische Bühnenkunst dient im wesentlichen der Erregung sinn licher Reize. Szenische llenpigkeit, eine bis zu höchster Birtuofität als Selbstzweck gesteigerte sprachliche und gesangliche Technik und eine Betonung äußerer Effekte sind ihre Hauptelemente. Die Prunk liebe des Zeitalters des Barock und des Rokoko spiegelt sich in ihr, und die soziale Entwicklung beschränkt diese Kunst auf höfische und aristokratische Kreise. Zur Unterstreichung und Bereicherung ihrer finnlichen Wirkung schuf sich die Oper dann das Ballett. Der Ballett- Tanz ist also eigentlich fein selbständiger Kunstfaktor, sondern nur ein Nebenprodukt der Oper. 3mar hat der Wunsch der Ballettkorps nach einer gewissen fünstlerischen Eigeneristenz gelegent lich eine pantomimische Dramatit entstehen lassen, der manche an mutigen fünstlerischen Reize( ,, Coppelia", Schwanensee ,„ Die Buppenfee") innewohnen. Über diese Pantomimit dient doch mehr oder weniger nur der Entfaltung der spezifischen, besonders technis fchen Ballett- Eigenschaften und täuscht ein fünstlerisches Eigenleben
nur vor.
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ernährung jetzt durch Fleischzölle größte Gefahr droht, nachdem der Biehstand wesentlich gesunken ist und die Landwirtschaft vor der Hand gar nicht imftande ist, ausreichend Fleisch zur Ernährung der großstädtischen Bevölkerung bereitzustellen. Die Fleischzölle wären in der Tat ein schwerer Schlag gegen die Lebenshaltung und damit gegen die Arbeitsfähigkeit der breiten Massen, die auf eine auskömmliche Nahrung angewiesen sind, um arbeiten zu fönnen.
Die Industriellen melden sich.
Nach den Agrarzöllen die Industriezölle.
Der Ausschuß der sächsischen Industriellen, die sich von jeher durch ihre volkswirtschaftliche Kurzsichtigkeit und die bornierteste Vertretung der Profitintereffen auf Kosten der volkswirtschaftlichen Interessen ausgezeichnet haben, hat eine Entfchließung gefaßt, die 3ollerhöhungen für Industrieprodukte fordert. Der Schrei nach dem lückenlosen Rotschutz solltarif ist erhoben ein großer gemeinsamer Raubzug der Industriellen und der Agrarier gegen die Massen des Boltes foll beginnen.
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Landbundskandal.
Stramm antirepublikanisch aber gemeine Betrüger. Bor einiger Zeit verwiesen wir bereits darauf, daß der Steuer. berater des Pommerschen Landbundes im Kreise Greifen berg . Karl Steer, mit recht erheblichen Steuerbeträgen, die er von den Beuern erhalten hatte, flüchtig geworden ist. Troß der ungeheuren Empörung der gepreliten Bauern schwieg sich die deutsch . nationale Presse bis heute über diese Affäre aus. Sie hatte tats fächlich auch alle Veranlassung, die Blicke der Deffentlichkeit von der unglaublichen Mißwirtschaft in der Kreisgruppe des Landbundes für Greifenberg abzufenten. Steer hat insgesamt etwa 24 000 Goldmark unterschlagen.
Sein Schwindel begann, als die vom Kabinett Cuno unter dem Drud der Arbeiterschaft beschloffenen Steuern bezahlt werden foltten. Steer hielt zu diesem Zwed sogenannte Steuersprechtage ab, wobei die Steuererträge der Bauern gleich errechnet und fast immer fofort an Steer zur Ablieferung an das Finanzamt abgeführt wurSen. Vielfach endeten diese Steuertage mit wüsten Saufgelagen. Steer zeigte fich hier stets als vornehmer und freigebiger Gastgeber, neben war er auch als ein hervorragender Heyer gegen die Republit er sich auch von dem edelsten Großbauer nicht tumpen ließ. Daund gegen die verschiedensten Behörden bekannt. Seine nationalen" Schimpfereien haben sicherlich dazu beigetragen, ihm zu immer größerem Vertrauen und Wohlwollen bei den Landbüntlern zu
verhelfen.
Besonders aufwiegelnd trat dieser tüchtige Steuerberater" auf, als die von der Landbundleitung eingeleiteten Proteftattionen der Landwirte gegen die„ brutalen Steuern" ein setzten. Steer zeg mit feinem Anhang vor das Finanzamt und legie gegen die Auswucherung durch den Staat" feierlich Berwahrung ein. Anschließend fand man sich dann zu eingelagen brüderfich zufammen, um„ bie Net der Landwirtschaft" zu besprechen. Als das Finanzamt aber auf die Dauer feine Steuern von den dem Landbund blindlings vertrauenden Bauern erhielt und Mahnungen hinausgehen ließ, schimpfte manch einer mächtig über die„ Sauwirt schaft auf dem Finanzamt". Mancher Bauer fam mit der Quittung bes Steuerberaters" Steer in der Hand erregt zum Greifenberger Finanzamt, wo ihm dann die Augen geöffnet wurden. Inzwischen wurde dem Betrüger der Boden unter den Füßen zu heiß und er verschwand. Im ganzen Kreise gibt es faum einen Ort, wo Eteer nicht trauernde Hinterbliebene" het. Er war auch sonst noch sehr geschäftstüchtig, wenn es galt, Getreide, Schmalz, Stoffe usw. unter die Leute zu bringen. Der verantwortliche Leiter der Streisgruppe Greifenberg, Hauptmann 9. D. Rohleder, der mert würdigerweise von dem schon monatelang währenden Treiben des Steer nichts gemerkt hatte, wurde bald nach der Aufbeckung der Unterschlagungen versetzt. Als Nachfolger Steers wurde ein Dr. Bettertopf eingestellt, von dem sich aber bald herausstellte,
hunderts eine Reihe von tänzerisch begabten Persönlichkeiten eine Reform oder eigentlich eine Neuschöpfung der Tanzlunst angestrebt. Als erste hat mit solchen Bersuchen die Amerikanerin Isadora Duncan viel von sich reden gemacht. Sie wollte den altgriechi. ichen Tanz neu beleben und hat sich dadurch immerhin das Berdienst einer Befreiung von der Ballettschablone erworben, ohne freilich über eine bloße Anregung hinauszugelangen, weil ihr Ziel lediglich archäologisch begründete Nachbildungen an Stelle von selbständigen Produkten der schaffenden Phantasie waren. Seit etwa zehn bis fünfzehn Jahren haben sich dann zahlreiche zum Teil sehr berühmt gewordene Tänzerinnen und Tänzer, cuch Schulen, wie die Heller auer des Genfers Jacques Dalcroze um eine neue Tanz fultur bemüht. Aber der neue, tunstrevolutionäre, fruchtbare Stil schien bis vor kurzem noch immer nicht gefunden.
Erst in allerjüngster Zeit fönnen wir so etwas mie die Wieder. geburt der Tanzkunst wahrnehmen. Die Entstehung, die Prinzipien und Entwicklungsmöglichkeiten dieser neuen Tanzkunst schildert John Schifowsti in einer sehr fachkundigen, flar und anschaulich ge= schriebenen, von lebendiger Anteilnahme und feiner Einfühlung ge= tragenen Schrift Der neue Tanz"( Bolfsbühnen- Verlags- und Bertriebs- G. m. b. H., Berlin , Breis 1 M.). Der Verfasser geht zunächst in einem„ Die Theorie" überschriebenen Kapitel auf die fpe zifischen Kunstelemente des Tanzes ein und legt sich mit den außer: künstlerischen Wirkungen des Balletts und der Pantomime ausein: ander. Wie bei allem künstlerischen Erleben und Schaffen ist ganz besonders beim Tanze, deffen einziger Träger der menschliche Körper ist, und dessen Reize wegen seiner Boraussetzungslosigkeit auch dem Buschauer am leichtesten eingehen und ihn am unmittelbarsten paden, der Rhythmus das Urelement fünstlerischer Formung. Das Wesen des neuen Tanzes ist die naive rhythmische Gestaltung eines fubjektiven Gefühlserlebnisses. Dabei unterliegt der Rhythmus keinen von außen vorgeschriebenen metrischen Gesehen, sondern entsteht impulfiv in harmonischem Zusammenflange mit dem geistig- seelischen Gehalt des Tanzes. Daß im übrigen die Verwerfung akrobatischer Fertigkeiten nicht den Verzicht auf Anmut und vollkommene Beherr schung des Körpers bedeutet, liegt in der Natur des Tanzes begründet, wie ihm ja auch eine bescheidene dekorative Ergänzung seiner Wirkung zugute kommen fann.
Die drei Hauptvertreter des neuen Tanzstils find Rudolf pon Laban, Mary Bigman und Jutta Klamt . Ihre Tanzschöpfungen find nicht Illustrationen der Werte von Dichtern und Mufilern, sondern Originalgebilde tänzerischer Phantafie, die seelische Vorgänge veranschaulicht. Die Ablehnung des rein tech. nischen, dekorativen und pantomimischen Beiwerts hat zu der Be. zeichnung des abstratten Tanzes" geführt, die mir wenig glücklich erscheint, da ja gerade der Tanz am unmittelbarsten zu den Sinnen fpricht. Treffender scheint mir die Bezeichnung bes gefreien"( Laban) oder abfoluten"( Bigman) Tanzes. Die legten Darbietungen diefer Meister und ihrer Tanzgruppen haben Eindrücke und Entwicklungsmöglichkeiten von einer Neuartigkeit gezeigt, deren erschütternde und erhebende Wirkungen sich durch Worte taum andeuten lassen. Schon sind einzelne Schüler, von denen die Wigman - Schülerin Gret Balucca bereits höchste Anerkennung gefunden hat, erfolgreich an der Weiterbildung des neuen Tanzes am Werke. Der neue Tanz zerstreut auch das meit verbreitete, für das Ballett bedingt zutreffende Vorurteil, daß der Tanz femininen
So sehr auch bis in unsere Zeit eine Vervollkommnung, Bereicherung und Modernisierung des Ballett- Tanzes angestrebt worden ist und zu manchen Gipfeln sei es durch seelische Bertiefung bei den Schwestern Wiesenthal, sei es durch Grazie, schwebende Leichtigkeit und sprühendes Temperament bei den Russen führt hat, so mußte doch schließlich das Ballett zur Erstarrung ver= urteilt sein, weil es zu eng in das Schema einer Tradition gepreßt ist und in seinem Grundcharakter lediglich die Erregung von Sinnen reiz durch äußerliche afrobatische( Spigentanz, Pirouette, Entrechat), deforating und naturalistisch- pantomimische Effette anstrebt. Der Ballett- Tanz ist dadurch feine reine Stunft, die tiefstes Menschen erleben frei schöpferisch gestaltet, sondern vielmehr ein Kunsthandwert. Aus dieser Ertenntnis haben seit dem Beginn dieses Jahr
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daß er sich den Dokfortitel unberechtigt zugelegt hatte. Er mußte beshalb gehen.
Es ist verständlich, wenn nach diesen Vorgängen das Vertrauen der Bauern zum Pommerschen Landbund völlig geschwunden ist. Die Massenflucht wird aber erst voll einsehen, wenn der Landbund seine Absicht, durch besondere Getreidelieferungen und erhöhte Beiträge die Unterschlagungen des Steer auszugieichen, verwirklichen wird. Wie die Steuerberatung Ses Landbundes jetzt von den Bauern eingeschäzt wird, geht übrigens daraus hervor, daß sich nur 80 Bauern des Kreises für die weitere Existenz der Buchstelle ausgesprochen haben.
Abbau- Fledderer.
Er möchte Scheidemanns Nachfolger werden. Die jetzt in ihrer Mehrheit reaktionäre Stadtverordnetenversammlung in Kassel möchte befanntlich den Genossen Scheidemann ,, a b bauen", weil die Herrschaften die Beseitigung dieses Hochverräters" ihren Wählern feierlich versprochen haben. Scheidemann hat aber vorläufig, was ganz felbstverständlich ist, gegen den Beschluß der Stadtverordnetenversammlung Einspruch erhoben, und da es sich in diesem Falle um eine wirklich tolle politische Maßregelung handelt, ist mit Sicherheit zu erwarten, daß die Abbau- Revisionskommission für Hessen- Nassau - wenn nicht schon die Regierung vorher den Stadtverordneten einen den Beschluß beanstandet Strich durch die Rechnung macht.
Aber schon melden fich offenbar neue Männer, die der Hoffnung sind, Gnade por den Augen der Reaktion zu finden. Allen anderen um eine Nasenlänge voran dürfte Herr C. Schellen in Dresden ſein: C. Schellen, Ministerialrat Preußischer Geschäftsträger.
An den Magistrat in Raffel. Da ich mich gegebenenfalls um die dortige Oberbürgermeister. stelle zu bewerben beabsichtige, bitte ich ergebenst um eine gefällige Auskunft, ob und eventuell unter welchen Bedingungen die Stelle Schellen." ausgeschrieben wird...
Ein günstiger Wind hat uns diese Abschrift auf den Tisch geweht. Wir nehmen an, daß es der Einwohnerschaft Kassels willkommen sein wird, wenn wir ihr durch den Abdruck von der eiligen Bewerbung dieses Preußen in Sachsen Kenntnis berger feinen hängen, sie hätten ihn denn, und daß die Heffen geben. Herr Schellen scheint nicht zu wissen, daß die Nürnfeinen begraben, bevor er tot ist. In der Friedhofsordnung Don Gießen vom 12. Juni 1903 heißt es z. B. im§ 68 wörtlich: " Die Beerdigung ist erst nach eingetretenem Tode gestattet. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Bürgermeisters." Noch ist Scheidemann Oberbürgermeister, und noch lebter, Herr Geschäftsträger Preußens in Sachsen !
Aus Darmstadt wird uns geschrieben:
Auch in Hessen versucht die Reaktion die in Preußen be= reits erprobten Abbau"- Erfahrungen anzuwenden. Bei den Landtagsverhandlungen verlangten die Rechtsparteien bekanntlich den Abbau des sozialdemokratischen Arbeitsministers, die Aufhebung des dem sozialdemokratischen Staatspräsidenten unterstellten Landesamts für Bildungswesen als selbständige Behörde und die Beseitigung eines der Sozialdemokratie angehörenden Ministerialrats und eines fozial demokratischen Polizeirats. Dieser Borstoß gelang vorläufig jedoch nicht.
Jetzt versuchen die Vertreter der ,, nationalen Kreise" ihr Heil auf kommunalpolitischem Gebiet. In ihrem Organ stellen fie neuerdings folgende demagogisch begründete Forderung auf:
Heute seufzt die Bürgerschaft unter einem taum noch erträglichen Steuerbrud. Es ist daher den Steuerzahlern gegenüber nicht länger zu verantworten, daß der für den Sozialdemokraten Delp geschaffenen Beigeordntenposten länger aufrechterhalten bleibt. Die
Charakter habe und ein männlicher Tänzer feinen reinen ästhetischen Genuß biete. Der Klamt- Schüler Joachim Fischer wie auch Laban selbst dürften wohl dies Borurteil widerlegen. Vor Mary Wigman , einer offenbar sehr starten Persönlichkeit, scheint mir Jutta Klamt dies voraus zu haben, daß fie den Mitgliedern ihrer Tanz gruppe eine größere Entfaltung ihrer Individualität läßt, freilich auf Kosten der Einfachheit und einprägfamen Klarheit ihrer Darbietungen. Aber mir stehen ja erst in den Anfängen dieser neuen Kunst, und auf jeden Fall ist hier der Weg eröffnet, um, wie Schia towski treffend sagt, die Schöpfung des großen voltstümlichen Massentanzftils anzubahnen". Das Verständnis für diese Kunst und die Liebe zu ihr zu wecken, ist das nicht geringe Berdienst der genannten Schrift. Dr. Wilhelm Bolze.
Der Streit ums Paradies.
Bon Hans Wesemann ( Genf ). Einen schönen Schrecken bekam ich heute morgen, als ich meine tägliche Suisse" öffnete und in fetten Buchstaben las:" La décou verte du paradis par Herr Dokteur Franz von Wendrin pan. germaniste de première classe et antisémite complet..( das stand tatsächlich da, lieber Franz von Wendrin, Sie sehen also, wie berühmt Sie schon geworden sind) und dann felgerte das Blatt weiter, daß diese deutsche Reklamierung des Paradieses wieder fo eine abscheuliche germanische Heimtücke sei, die die Zivilisation bedrohe. Außerdem hätten die Berner längst festgestellt, daß das Poradies zwischen Bümpliß und Grindelwald gelegen habe, Bern selber aber der strahlende Mittelpunkt gewesen sei.
Man fann fich die weitere Entwicklung denten, die Schweiz mirb gegen die Anfechtung ihres Originalparadieses protestieren, Noten und Verbalinjurien werden gewechselt werden und schließlich wird noch die Reparationstommission aufmerksam werden und das von Franz von Wendrin wieder eroberie Paradies beschlagnehmen. Um dieses Pfand nun lufrativ zu machen, wird der Feindbund as Paradies" dem internationalen Fremdenverkehr erschließen und wir werden es erleben, daß Franz von Wendrin, der als Gralshüter in seinem Paradiese angestellt wird, hier eines Tages den Fremdenführer für Mister Löb aus New Yort macht und einen Dollar Trinkgeld bekommt.
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Trauerfeier für Busoni . Für ihr verstorbenes Mitglied, den Leiter der Meisterklasse für musikalische Komposition, Prof. Ferruccio Bufoni, veranstaltete die 2ta bemie der Künfte gestern mittag in ihren Räumen am Parifer Blah eine einbrudsvolle Trauerfeier. Den beurlaubten Präsidenten der Akademie, Prof. Mar Liebermann, vertrat dabei der Ständige Getretär Prof. Dr. A mmersdorfer, vom Auswärtigen Amt erschien Legationsrat Sievers, vom Kul tusministerium Prof. Restenberg Der italienische Botschafter Graf Bosdari und der italienische Generalfonful Asenni bes zeugten persönlich der Witwe und den beiden Söhnen des in Empoli bei Florenz geborenen Meifters ihr Beileid. Man fah ferner Bertreter der Hochschule für Mufit, der Staatsoper, des Philharmo nischen Orchesters und zahlreiche hervoragende Bersönlichkeiten des Berliner Musiklebens. An der Stirnwand des mit schwarzem Flor