Meer mit einem Kostenaufwand von 2V Millionen Mark den Hafen Port Sudan gebaut und ihn mit einer Eisenbahnlinie unmittelbar an die transafrikanische Eisenbahn in Berber angeschlossen. Die endgültige Festsetzung Englands im ägyptischen Sudan , die sich übrigens ja auch durch eine tat- sächliche rein englische Verwaltungsherrschaft dartut, hat der nationali st ischen Bewegung in Aegypten reich- liche Nahrung verschafft. Der letzte Angriff ägyptischer Eisenbahnbaukolonnen auf englische Truppen, südlich von Karthum , der Hauptstadt des Sudans , ist nur eine Explosions- erscheinung der national-ägyptischen Bewegung gewesen. Aegypten 'befindet sich jetzt gegenüber England in ungefähr dem Grade der Abhängigkeit, wie früher gegenüber der Türkei . Die Freiheitspartei des Landes führt aber einen gähen Kampf um die endgültige Beseitigung jedes englischen Bcsitzrechtes in ihrem Lande. Der Führer des Zentrums dieser Partei, der gegenwärtige Premierminister ZaghlulPascha, ist der diplomatische Träger der Forderungen Aegyptens . Er ist von den Extremisten, die das aussichtslose Beginnen der gewaltsamen Entfernung der Engländer aus Aegypten und ans dem Sudan propagieren, unlängst angeschossen worden, weil er durch seine Zahmheit Verrat an der heiligen Sache übe. Zaghlul Pascha hält es für das Wichtigste, Zunächst den Sudan wieder mit Aegypten zu vereinigen. Zu diesem Zwecke wird er in den nächsten Tagen nach England zu VerHand- lungen mit Macdonald fahren. Die englische Regierung hat aber schon deutlich erklärt, daß sie den Sudan festhalten will: sie habe dort Ordnung geschaffen, und die Bevölkerung ziehe die englische Herrschaft der ägyptischen Regierung vor. Selbst für den ganz unwahrscheinlichen Fall, daß England Zaghlul Paschas Forderungen erfüllt, ist nicht daran zu denken, daß er die zweite Etappe seines Ziels, die völlige Unabhängigkeit Aegyptens, erreicht. Denn Aegypten ist 1. die Flanken- deckung für den Suez-Kanal , 2. ist es schon fest in den Wirt- schaftsorganismus des britischen Imperiums eingefügt, 3. hat England dort Riesenkapitalien, die erst später Gewinn tragen, investiert und 4. macht die Sicherheit der transafrikanischen Eisenbahn die englische Herrschaft in Aegypten und im Sudan erforderlich.__
Preußen und der Srotwucher. Landbundvorstost gegen die Preustenkoalitiou. Herr K a r l H e p p, M. d. R., Präsident des Reichsland - bundes, kein Deutschnationaler, sondern ein Mitglied der Deut- schen Bolkspartei, läiift in der„Deutschen Tageszeitung" Sturm gegen den Widerstand der preußischen Regierung gegen die Agrarzollvorlage. Herr H e p p war es, der mit zwei anderen Mitgliedern der Reichstagefraktion der Deutschen Bolkspartei im Reichstag den Antrag gestellt hat, die Zoll- vorläge noch im August im Reichstag zu erledigen. Als Präsident des Reichslandbundes besorgt er die parlamentari- schen Geschäfte der agrarischen Interessenten. Zu diesen Geschäften gehört die Sprengung der bisherigen Regierungskoalition in Preußen, an der die Partei des Herrn H e p p beteiligt ist. Nachdem die Reichsregierung sich den Agrariern willfährig gezeigt hat, ist die Preußenkoaliticn das wichtigste Hindernis für die Agrarier auf dem Wege zum Schutzzoll. Sie zu stürzen und durch einen Bürgerblock in Preußen zu ersetzen, um auf dieser Grundlage den Bürgerblock im Reich zu schaffen, ist das nächste deutfchnationale Ziel. Ein Mitglied der Deutschen Bolkspartei, Herr H e p p, ist es, der für die Deutschnationalen den Borstoß führt. In der„Deutschen Tageszeitung" von heute morgen erklärt er: „Es ist also ein politisches Ereignis allerersten Ranges, wenn bei der entscheidenden Abstimmung im Reichsrat Preußen seine Stimme gegen die Zolloorlage der Reichsregierung abgibt. Die Begründung, unter der durch den preußischen Vertreter diese Stimm« abgegeben wurde, spricht nicht allzusehr für Landwirt- schaftssreundlichkeit, geschweige denn für ein« weitschauende Agrarpolitik."
Sozialpreise. Von Fritz Müller, Chemnitz . Auf meiner Wanderung durch die Schwäbische Alb kehrt« ich in einem landschaftlich prächtig gelegenen Städtchen in einem gemüt- lichen Gasthof ein. Mit der Verpflegung war ich recht zufrieden. Aber eins mißfiel mir. Der Wirt wollte mir mit aller Gewalt einen Titel verleihen, obwohl ich nicht das geringste Recht hatte, einen zu führen. Als ich den Doktor- und den Professortitel höflich, aber be- stimmt abgelehnt hatte, versuchte er es mit den Anreden„Herr Ab- geordneter"— ich hatte nämlich einen Pack Zeitungen in der Tasche und war mit einem anderen Gast in ein politisches Gespräch ge- roten—,„Herr Direktor" und sogar mit„Herr Domkoplan". Dies« letzte Anrede war mir denn doch zu stark; und ich sagt«:„Mein Herr, wenn wir gute Freunde bleiben wollen, dann nennen Sic mich ein- fach„Herr Müller"! Bringen Sie dos aber nicht fertig, dann gehe ich auf der Stell« ins Rössel!!" Diese Drohung mit der Konkurrenz half. Der Wirt sagte:„Ganz wie Sie wünschen, Herr Do..., ich wollte sagen: Herr Müller! Wünschen Sie noch ein Bier, Herr Pro..., Verzeihung, Herr Müller?" Andere Fremde waren nicht so tllesfeindlich wie ich Einer fühlt« sich als„Herr Direktor" sehr geschmeichelt. Ein anderer stieg ledig- lich seines Klemmers wegen nach dem zweiten Viertel Wein, das er trank, vom Doktor zum Professor. Ein dritter Gast ließ sich ohne Widerspruch einen Kulturassessor nennen, obwohl er gar nicht wußte, . daß diese Amtsbezeichnung manche Forstbeamte führen! Alle drei mochten bei sich gedacht hoben:„Auf«inen Abend kann man schon so einen volltönenden Titel unberechtigt führen. Es kostet ja nichts!" Waren dies« Titel wirklich umsonst? Die drei Herren hatten genau dasselbe Nachtesien wie ich. Während aber der Wirt mir 80 Pf. aboerlangt hatte, mußte der „Herr Kulturosiessor" 90 Pf. dafür bezahlen, der«Herr Prosesior" und der„Herr Direktor" 1 M. Am nächsten Tage, als die„hohen Herrschaften" schon längst über alle Berge waren, fragte ich den Wirt nach dem Grund« für dies«„Preispolitik". ES wurde mir folgende Antwort:„DSsch isch halt so. An dem Esfin verdient unsereins halt nöt viel. Und da hob ich die Preise halt sozial gestaffelt. Sie verstehen mich doch? A Doktor oder a Professor oder a Direktor kann doch ruhig mehr bezahl« als ein— entschuldgen Sie!— gewöhnlicher Herr Müller! Mein« Sie dösch nöt a?" Ich war wie aus den Wolken gefallen. Als ich mich ober von der Ueberraschung erholt hatte, pflichtete ich dem Wirt bei, was ihn sichtlich freute.
Die„weitausschauende Agrarpolitik" des Reichslandbundes soll also den Deckmantel abgeben für neue, von der Bolkspartei ausgehende Krisenmachcrei in Preußen. Diese„weitaus- schauende Agrarpolitik" ist in Wahrheit weitausschauende Machtpolitik, die in den Fragen der agrarischen Verhältnisse überaus kurzsichtig ist. Herr H e p p beruft sich in der Polemik gegen die preußische Regierungserklärung auf das Fort- bestehen der„Schere", der Spannung zwischen Agrarpreisen und Jndustrieproduktenpreisen: „Bielleicht ist dem Verfasser dieser Erklärung inzwischen bekannt geworden, daß die Hauptschwierigkeiten dem Landwirt da- durch entstehen, daß die Preise fstr seine Erzeugnisse auch heut« noch in einem höchst ungünstigen Verhältnis zu den Auslagen für feine Wirtschaft, Anschaffungspreisen für künstliche Düngemittel, Maschinen, Gerät« usw. stehen." Nun ist die„Schere" in den letzten beiden Monaten erheb- lich zusammengegangen, das Niveau der Agrarpreise hat sich dem Niveau der Industriepreise angenähert. Diese Bewegung müßte durch den Schutzzoll nicht verstärkt, sondern rückläufig gemacht werden. Die Einführung von Agrarzöllen würde das Verhältnis nicht ändern, sie würde auch die Preise von In- dustrieprodukten in die Höhe treiben. Diese Aussicht, die der Meinunng von H e p p geradezu widerspricht, ist in diesen Tagen vertreten worden von einem Organ, das der Volks- Partei mindestens nahesteht, von der„Deutschen Allgemeinen Zeitung". Am 12. August schrieb sie unter der Ueberschrift: „Die falsche Front der Landwirtschaft", daß die Agrarzölle eine Verschärfung der Schere bewirken würden. Am 1�. August verteidigte sie ihre Stellung gegen einen Kritiker mit folgenden Ausführungen: „Bestritten wird die Derbilligungsmöglichkeit für Industrieprodukts. Will der Verfasser etwa auch bestreiten, daß der Zollschutz sie verteuert? Da? zu bestreiten hätte doch keinen Sinn. Gleichzeitig wird zugegeben, daß zunächst die Agrarzölle nicht wirksam werden können. Also besteht— zunächst wenigstens— die Behauptung zu Recht, daß die Schere geschärft wird: kein« Hebung der Agrarpreise, wie der Verfasser zugibt, und Verteuerung der Industrie- Produkte, wie er nicht bestreiten kann. Zugegeben wird, daß die Agrarzölle zunächst nicht wirksam werden, gleichzeitig aber wird der beruhigende Einfluß der Agrar- zölle für die Ernte 1924/25 gepriesen. Wie erklärt sich dieser Widerspruch? Was Beruhigung verschaffen könnt«, wird ja gar nicht eintreten. Die Landwirtschaft aber wird in falsche Hoffnungen und zu falschen Dispositionen getrieben. Falsche Front!" Man sieht, daß in der Deutschen Volkspartei die eine Seite die.Argumente der anderen Seite als vollendeten Widerspruch erklärt. Die„Deutsche Allgemeine Zeitung" ist aus Interesse ehrlich, sie zeigt darum die Schäden der agrarischen Propa- ganda. Sie zeigt damit aber auch, daß es dem Reichslandbund zunächst weniger auf den Zoll, als auf die damit verbundenen innerpolitischen Wirkungen ankommt. Herr H e p p erwartet eine Regierungskrise in Preußen: „Noch vor kurzem hat der preußische Landwirffchastsminister erklären lassen, daß er Anhänger der Zolloorlage sei. Man wird ab- warten, ob für Preußen die Angelegenheit damit erledigt ist, oder ob sie eventuelle Folgen für die preu- ßischen R'egierungsverhältniss« haben wird." In der Deutschen Volkspartei geht also wieder einmal alles auseinander. Die Partei sitzt in der preußischen Regie- rung— aber eines ihrer Mitglieder will diese Regierung stürzen. Der Bürgerblockgcdanke erhält durch die Agitation der Brotwucherer neu« Nahrung.
Verbot kommunistischer Zeitungen. Dresden , 15. August. (Eigener Drahtbericht.) Das Ministerium des Innern hat die drei kommunistischen Blätter Sachsens , den „Kämpfer" in Chenmitz,„Das Voltsblatt" in Dresden und die„Sächsische A r b« i t« r- Z e i t u n g" in Leipzig sowie das nationalsozialistische Organ„Der Streiter" in Zwickau wegen mehrfacher Verstöße gegen die Verfügung des Reichspräst-
Nun ging es ans Zahlen. Meine Rechnung— Nachllager, Frühstück, Mittagessm und Getränke— betrug 3,85 M. Ich sagte:„Jetzt werde ich auch einmal„sozial staffeln".— Ich bin verheiratet, macht 50 Pf. Dann haoe ich ein Bübel unter einem Jahr zu Haust, macht 25 Pf. Und schließlich wohne ich in Orts- klaffe A, macht 10 Pf. Ist zusammen 85 Pf. Das von 3,85 M. weg macht gerade 3 M. Hier ist das Geld!" Ich sagte zu dem verdutzten Wirt noch:„Gott behüt' Sie!" und schob zur Tür hinaus. vom Schneewasser zum„Gefcorenen". In diesen heißen Sommertogen sehnt sich alles noch kühlen- den Getränken, und das Eis fft uns sowohl als Beigade zu unferm Trunk wie als Speiseeis ein« wahre Labsal. Aber Jahrtausende haben sich ohne diese Erquickung beHelsen müssen oder haben viel- mehr auf ihre Weise versucht. Kühlung in. heißen Tagen zu bringen. Es konnten die Kinder Israel bereits das Mittel, den Schnee zur Kühlung der Getränke für den Sommer aufzubewahren, und ebenso verschafften sich die alten Griechen und Römer dadurch Erquickung in der Glut ist? Sonnners, daß sie richtig« Schneekeller Amlegten. Die Kunst der Eiserzeugunq blieb dem Mittelalter im allge- meinen urbekannt. Erst aus dem Orient wurde gegen End« des 16. Jahrhunderts die Kühlung der Getränke in Europa eingeführt. Reisende berichten davon aus der Türkei als einem großen Wunder. Danach besaßen der Sultan und die Paschas große Eis- gruben, aus denen sie Eis zu hohen Preisen an dst Bevölkerung verkauften.„Die Obsthändler", erzälK 1587 der Deutsche Solomon Schweigger,„kaufen>m Sommer das Eis in der Größe von einem Biertel Laib Brot: damit kühlen sie ihren Trank, und wer Sorbett trinkt, der wirft e.nsn Knollen Eis hinein oder er Hot auch einen sclchen Knollen im Munde, wenn er auf der Gasse geht, und sauget daran. Solche Eisgruben hat es viel um die Stadt Konstantt- nopel her" Nach diesem Borbild wurden danin auch im Abend- lande Eiskeller angelegt, zuerst in Italien . Unterdessen aber war die aufstrebende Naturw-sstnschast auf den Gedanken gekommen, die Getränke dadurch abzukühlen, daß man sie in Wasser sttzte, worin Salpeter aufgelöst war. Ein Spanier, Blasius Äillafranca, der 1550 als Arzt in Rom lebte war der erste, der diese Erfindung be- kamtt machte. Di« reichen Italiener kühlten auf diese Wesse all« Ge. tränke. Später verwendete man auch Steinsalze und andere Salz«. Nun war nur noch ein Schritt zu der Erfindung, Schnee oder Eis mit Salpeter und anderen Salzen zu mischen und dadurch die Kälte so zu steigern, daß das in einem Gefäß in stne Mifchunq gestellte Wasser zu einem'«sten eßbaren Eis friert. Erwähnr wird dieser Versuch zuerst 1607 von dem Neapeler Arzt Lakinus Tanoredus. Bald aber erscheint di«„E i s m cr ch e r e i" in den Schriften vieler Naturforscher als ein« naturwissenschaftliche Spielerei. Allmählich erst hat die Kochkunst diesen Gedanken ausgenutzt und das„G e- froren«" geschaffen. P. Couteaux soll es gewesen sein, der ums Jahr 1560 Fruchffäste künstlich geftieven ließ und so das Fruchteis schuf. Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts fand dann diese „große Erfindung der Kochkunst" auch bei uns in Dentschfand iveitere Verbreitung.
denten über den Ausnahmezustand bis zum 5. bzw. 10. September verboten. Die genannten Zeitungen haben aus Anlaß des Per» fassungstages die Reichsverfassung beschimpft oder zu ihrer gewaltsamen Beseitigung aufgefordert. Die heutigen Ausgaben der genannten Blätter wurden von der Polizei beschlagnahmt. -i- Der Reichsminister des Innern hat am gestrigen Tage die„Rote Fahne" auf die Dauer von drei Wochen verboten. Das Verbot umfaßt auch jede angeblich neue Druck- fchrift, die sich fachlich als die alte darstellt, und die im Verlag der „Roten Fahne" erscheinenden Kopsblätter. Verboten ist auch die Zu- stellung eines Ersatzblattes an die Bezieher der„Roten Fahne". Die immer wieder erfolgenden Verbote kommunistischer Zeitungen mögen nach dem Wortlaut der zurzeit noch be- stehenden Verordnungen über die Durchführung des zivilen Ausnahmezustandes juristisch begründet werden können. Politisch sind sie sicher eine Unklugheit. Es sollte überhaupt in diesem Zusammenhang die Frage erwogen werden, ob es nicht an der Zeit wäre, endlich alle Ausnahme bestim- m u n g e n gänzlich aufzuheben. Mindestens den K o m m u- nisten gegenüber sind sie absolut überflüssig geworden. Daß die Gerichte etwa nicht funktionieren, wenn es sich um die Bestrafung kommunistischer Vergehen bandelt, wird niemand gut behaupten können. Die- kommunistische Bewegung selber ist in einem offenkundigen Rückgang begriffen. Alle Verbots- maßnahmen können in diesen Tagen nur dazu beitragen, diesen Rückgang aufzuhalten. Außerdem muß auch aus allgemeinen Erwägungen dar- auf gedrängt werden, daß endlich mit der Praxis der Zeitungs» verböte Schluß gemacht wird. Der Reichsverband der deutschen Presse hat sich mit Recht immer wieder gegen die generellen Zeitungsverbote gewandt und Sicherheiten zum Schutz der Zeitungen gegen Willkür verlangt. Wir glauben, daß der Staat auf diese Ausnahmeinaßnahmen überhaupt verzichten kann und daß mindestens der bevorstehende Abschluß der Londoner Verhandlungen benutzt werden sollte, um mit diesem letzten Ueberbleibsel einer traurigen Zeit heftiger innerer Kämpfe ein für allemal auszuräumen,
Allein auf weiter§lur. Die Kommunisten im Dortmunder Rathaus. Dortmund . 13. August.(Eigener Drahtbericht.) Der gestrigen Stadtverordnetensitzung, zu der der kommunistische Stadtverordneten- Vorsteher gemäß§ 42 der Städteordnung mit dem ausdrücklichen Hinweis eingeladen hatte, daß die Berfanmütng beschlußfähig sei, auch wenn nicht mehr als die Hälfte der Mtglieder er- scheinen sollte, waren die gesamten bürgerlichen Parteien wiederum ferngeblieben. Nach einer stundenlangen Geschäftsordnungsdebatre tteten die erschienenen Stadtverordneten in die Verhandlung der Tagesordnung ein. Die kommunistische Stadtverord- n« t« n f r a k t i o n, die in dem Rumpfparlament über die Stimmenmehrheit verfügte, führte eine Beschlußfassung über die sämtlichen auf der Tagesordnung stehenden Anträge des Ma- gistrats herbei. Ein groß'' Teil der gefaßten Beschlüsse verktößt gegen das Gesetz und die u..,tfälisch« Slädteordnung. Als der Ber - trete? des Magistrats wiederholt hierauf«ufnierksam machte und darauf hinwies, daß der Magistrat derartigen Beschlüssen unter keinen Umständen beitreten könne, gab der Bertteter der kommunistischen Stadtvcrordnetenfrottion die Erklärung ab, daß sie sich dessen bewußt seien, daß zahlreiche ungesetzliche Be- schlüsse gefaßt würden und daß sie sich absichtlich zu D e m o n- strationszwecken bei ihrer Beschlußfassung über Gesetz und Städteordnung hinwegsetzten. Da sich die sozialdemokratischen Vertreter und die Vertreter der Kriegs, und Arbeitsopfer dem im Laufe der Verhandlungen ge- machten kommunistischen Vorschlag«, die bürgerlichen Parteien bei der Besetzung der städtischen Kommissionen auszuschließen, nicht anschlössen, nahm die kommunistische Fraktion nunmehr die Wahl der wichtigsten Kommissionen vor und besetzte sie nur mit Angehörigen ihrer Fraktion. Die sozialdemokrattsche Fraktion und die Fraktton der Kriegs- und Arbeitsopfer, die dar- aufhin erklären ließen, daß sie sich an derartigen ungesetzlichen Beschlußfassungen auch nicht beteiligen könnten, verließen schließ- lich den Sitzungssaal. Die kommunistische Fraktton tagte dann allein weiter.
Galvanoplaslische Mumien. Ein« neue Methode, den mensch- lichen Körper für Tausende von Iahren vollkommen unversehrt zu erhalten, ist angeblich von einem amerikanischen Physiker Hugo Gernsback erfunden worden. Die Mumie des 20. Jahrhunderts, die die altägyptssche noch weift übertreffen soll, wird auf galvano- plastischem Wege mit einer massiven Schicht von Kupfer, Silber oder Gold überzogen. Wie gelungene Versuche zeigen, die mit großen Fischen ausgeführt wurden, lassen sich die kleinsten Einzel. heiten erhalten, jede Linie de» Gesichts und des' Gesichtsausdrucks, sogar die Haare. Der amerikanische Erfinder hat weitgehende Pläne. Er fordert, daß die berühmten Männer Amerikas auf diese Weiss der Nochwelt erhalten" werden.„Sie können in Glassärg« gesetzt werden," sogt er.„damit das Publikum sie genau betrachten und von ihrer Erscheinung einen lebendigen Eindruck gewinnen kann. Viele Familien, die sich ein teures Mitglied stets vor Augen halten wollen, bekommen auf diese Weise einen kostbaren Schatz, der viel eindrucksvoller ist als das beste Porträt. Wenn man außer der Mumie sich auch nach Grammophonplatten der Stimm« und kinc- matographisch« Aufnahmen des Alltagslebens verschafft, so kann man mit den Toten im engsten Zusammenhang bleiben und sie auch nach vielen Iahren sich noch so lebendig vor die Seele stellen, wie sie in ihrem Dasein erschienen.." Die Vorstellung ist entsetzlich, daß die Reichen sich nun ihr« Bor- fahren aufkaufen und in den Salon stellen. Kann dieses gierigst? aller Wesen, der Mensch, sich nicht an den Gedanken gewöhnen, daß er ein Gast aus dieser Erde ist, bestimmt für immer zu verschwinden und anderen Raum zu machen? Friedrich Engels hat in diesem Sinn« gehandelt, als er bestimmte, daß seine Leiche verbrannt und dre Asche im Meer versenkt werde. Für und wider den Bubenkops. Bleibt der Bubenkopf oder verschwindet«r? Das ist die große Frage, die heut so viele Mädchen- köpfe beschäftigt, und auch unier den Modeschöpfern ist ein grimmiger Kampf über Wert und Unwert des kurzgeschnittenen Frauenhaares entbrannt. Die Derteiänger des Bubenkopfes halben in einer Um- frage, die kürzlich ein Londoner Blatt veranstaltete, folgend« Vor- züoe für ihn angeführt:„Der Bubenkopf offenbart die natürlich? Schönheit der Kepftmien: er befördert das Wachstum des Haares: er ist viel bequemer und macht das Frisieren leichter: er steht Frauen aller Altersklassen." Di« Gegner bringen zwei Hauptgründe wider den Bubenkopf vor:„Er ist für Gefellicha-ten nicht geeignet und paßt nicht zur großen Toilette: er ist für die Frau zu männlich". Die Friseure scheinen r-ach ihren Antworten für den Bubenkopf «intreten zu wollen: sie müssen dabei also wohl besser aul ihre Rech. nung kommen. Die Mode hat ihnen zahlreiche Kundinnen zuju- führt. Dagegen sind di« Fabrikanten von Kämmen und Haarnadeln die Leidtragenden. Unter den Frauen sind es haupssächljch die, die über keinen seh? reichen Haarwuchs verfügen oder denen die Haare ausgehen, welche für die Beibehaltung des kurzgeschnittenen Haares «intreten._ Die„Derllner Abende- haben sich mit dem Märkischen Dandevtbeatcr znsammengetan und werden von der kommenden Spielzeit ab Odern. Konzerte und Vorträge auch in den Ttädten der Provinz veranstalten. *