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ganz unverfroren erklärten, wieviel Mann sie ausheben könn-| ten, mehr nügen werden, als die Einlösung des dem Senat gegebenen Versprechens der Rückkehr zur Gefeßlichkeit. Hört man das Loblied auf den Faschismus der Provinz, so denkt man unvillkürlich an die jungfräulichen Hände", in denen nach Farinaccis eigenen Worten das Testament der toten Faschisten ruht, man denkt an den Knüppel, den derselbe Farinacci dem Einheitssozialisten und Kriegsinvaliden Abg. 3aniboni hinhielt mit der Aufforderung, daran zu riechen, da an ihm das Blut vieler Freunde Banibonis klebe, man denkt an die Parole Viva Dumini", die bei einer offiziellen Kundgebung in Sala Baganza( Barma) in Gegenwart des Präfekten erscholl. Man denkt an die Forde­rung der Wiedereinführung der Todesstrafe, der administra­tiven Verschickung der politischen Verbrecher, der Aberkennung der italienischen Staatsbürgerschaft für die von den Faschisten Berbannten, die ins Ausland flüchten: es erschließt sich eine ganze Vendee des Geistes.

Dieser Drang Mussolinis, sich wieder dem Lande zu wenden, auf dem der Faschismus seine erste blutige Aussaat gehalten hat, hat natürlich einen sehr praktischen und positiven Grund. Die Häuptlinge der Provinz wollen von der Rüdtehr zur Gefeßlichkeit nichts wissen; ein gesetz­licher Faschismus" ist für sie wie ein ausgeblasenes Ei.

nötigen, ab zurüsten. Auch wenn er Heute die Kraft dazu hätte, würde Mussolini   das nicht tun, weil er glaubt, ihres bewaffneten Aufgebots möglicherweise zu bedürfen. Hier liegt der Schlüssel des Sieges der Farinacci   und der Rückkehr zu Wald und Wiese. Der Provinz zu Ehren hat man auch die Ernennung einer Kommission aus 5 Abgeordneten, 5 Sena­toren und 5 Gelehrten beschlossen, die bis zum Oktober eine faschistische Verfassungsreform ausarbeiten soll, um sie dem Hohen Rat zur Bestätigung vorzulegen, nach dessen Billigung fie die Kammern anzunehmen haben. Bis Oktober ist es zwar nicht viel Zeit, um eine Verfassungsreform auszuarbeiten, aber bis dahin kann manches geschehen, was weder Farinacci noch Mussolini   zu zügeln vermögen.

Interessen des Reiches obliegt, diese Provokation still­schweigend hinnehmen? Weiteste Kreise. Deutschlands   werden durch solche die Reichsverfassung verunglimpfenden Demon­ftrationen einer Landesregierung beleidigt und abgestoßen. Das Reich und seine Verfassung werden dadurch vor den Augen des Auslandes herabgesetzt. Als seinerzeit der baye­ rische   Innenminister sich den" hannoverschen Separatisten gegenüber ähnlich verhielt wie das thüringische Ministerium zu den nationalsozialistischen Verfassungsfeinden, unternahm der preußische Ministerpräsident die notwendigen Schritte bei der bayerischen   Regierung. Sie hatten vollen Erfolg. Allerdings: die preußische Regierung ist nicht die Reichsregierung.

Wenn heute auf einmal die Provinz Trumpf ist, so liegt Ludendorffs Wunder.- Spaltpilze.- Die Entweihung. das an der Unruhe, mit der die offiziellen Kreise des Faschismus den Enthüllungen des Prozesses der Nationalsozialistischen Freiheitspartei  " wurde am Freitag vor­Weimar, 15. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Der Parteitag gegen die Mörder Matteottis entgegensehen. Farinacci   hat sich auf der Tagung des Nationalrates als mittag im Deutschen Nationaltheater zu Weimar   eröffnet. Luden= Wortführer des Provinzialfaschismus gerühmt: Wir begehendorff und andere völkische Führer" waren bereits im Laufe des teine idiotischen Verbrechen", was eine Aufnahme der Tat in dorffs, der zu einer großen Demonstration werden sollte, war Donnerstags in Weimar   eingetroffen. Der Empfang Luden­das Inventar des faschistischen Befißstandes bedeutet. Ein täglich, denn außer wenigen Gymnasiaften hatten sich nur großer Faschist des Zentrums, nicht der ländlichen und lauteren einige Stahlhelmleute am Bahnhof eingefunden. Die Tagung im Peripherie, besteht auch auf dieser Inventarisierung, nämlich Nationaltheater wurde von Gottfried Feder   Berlin   eröffnet, Carlo Bazzi, der Chefredakteur des Nuove Paeso", der aus der Herrn Ludendorff als Frontfoldaten, als Feldherrn und auf Solange Mussolini   glauben fonnte, im Zentrum starf zu Paris   eine nicht uninteressante Erpressungstampagne Brund seiner Taten" am 9. November 1923 als deutschen Mann" sein, fonnte er es riskieren, die Peripherie zur Ordnung zu führt. Er sagt: Entweder ist die Tat ein Verbrechen der feierte. Der Redner, der tags zuvor Hitler   im Gefängnis befuat rufen; solange er sich politisch fest im Sattel fühlte, fonnte er faschistischen Partei, und dann dringen die Oppositio- hatte, überbrachte gleichzeitig die Grüße dieses Putschisten an den fich bei den Häuptlingen, troß ihres Aufgebots an Bewaffnen, die volle Klarheit fordern, unfehlbar auf den Bürger Parteitag. Weiter führte er aus, die Nationalsozialisten feien nicht neten, Respekt verschaffen. Heute steht es mit der krieg, da Mussolini   es sich selbst, der Partei und der Ge- zusammengefommen, um parlamentarisch abzustimmen, sondern um politischen macht etwas kläglich. In den 22 Mo- schichte schuldig ist, die Herrschaft des Faschismus über das die Stimmung der Gefolgsleute aus dem Reiche zu hören, damit die naten faschistischer Herrschaft sind aus der Regierungs Land zu behaupten; oder es ist ein gemeines Verbrechen, Führer ihre Befehle ergehen lassen könnten. Er bezeichnete es mehrheit ausgeschieden: Die klerikale Volkspartei dann hat die Sache fein weiteres Intereffe." Sinn seines schließlich als ein unerhörtes Glüd, daß die völkische Bewegung wegen der Wahlreform, die D e motraten wegen der For Schreibens ist für die Opposition: hört mit eurem Drängen einen Führer" wie Ludendorff befize. derung der Regierungsliste als Individuen, nicht als Bertreter auf, sonst gibt es Bürgerkrieg, und für Mussolini  : mache es ihrer Partei beizutreten, die Bauernpartei, im An- mir rentabel, manches zu verschweigen, sonst gibt schluß an die Enthüllungen über die Ermordung Matteottis, es Standal. und jetzt drohen die ministeriellen Liberalen, die schon seit der Aufhebung der Breßfreiheit ungnädig waren, ihre eigenen Wege zu gehen, und auch die Heimkehrer haben Musso­linis Unwillen erregt, weil sie die Rückkehr zur Tradition des Risorgimento gefordert haben.

Daß alfo der Faschismus heute gerade eine Periode der politischen Hochkonjunktur erlebte, fann man nicht behaupten. Daher seine virgilianische Sehnsucht nach dem Landleben. In der friedfertigen Sprache, deren sich Mussolini   befleißigt, klingt die Sache so: wenn der Faschismus im Parlament geschlagen würde, hielte er seine Stellungen in 75 Provinzen.

Daß die Regierung sich heute dem Faschismus der Provinz nicht mehr gewachsen fühlt, geht aus verschiedenen Kleinigkeiten" hervor. In Pisa   hat ein Faschist vor einigen Monaten eine Reihe gemeiner Verbrechen aufgedeckt, bei denen zwei Personen ums Leben kamen, deren eine durch Mitschuld der Behörden dann als Selbstmörder beerdigt wurde: die Schuldigen standen an der Spize der faschistischen Bewegung der Provinz. Der Anzeiger ist dieser Tage aus der faschistischen Partei ausgeschloffen worden, die sonst nicht so eilig ist mit dem Ausschließen, da sie doch die Rossi, Marinelli, Dumini und Filippelli weiter zu den ihren zählt. Wegen Ermordung eines Landarbei ters in Melinella ist gegen den Faschisten Regazzini ein Haftbefehl erlassen worden. Trotzdem ist Regazzini nicht etwa flüchtig, man hat ihm sogar nach der Tat und nach dem Haft befehl ein Bankett gegeben, an dem faschistische Autoritäten teilnahmen und an dessen Schluß dem von den Gerich ten Gesuchten eine goldene Medaille über reicht wurde. Unlängst wurde dann der Herr in das faschi­stische Direktorium der Provinz Bologna gewählt, Die Pro­Dinz pfeift auf das, was vom politischen Standpunkte aus als guter Ton" erscheinen muß.

Um die Provinz zur Legalität zu zwingen, müßte man sie

Besuch bei Romain Rolland  .

Von Hans Wesemann  ( Genf  ).

Man geht noch feine kleine Viertelstunde von Territet aus, immer am blauen Cenfer See entlang, mit dem Blick auf den Dent du Midi, bis man nach Villeneuve fommt, wo der große, weise Europäer wohnt. Durch einen stillen Garten steigt man zu der Villa Olga" empor. Bienen schwärmen um Bienenstöcke, ein schwerer, süßer Duft weht von den Fliedertrauben, die das Hans umranken, eine schöne, schwarze Kaze springt in dem hohen Grafe nach den Mücken, hinten im Garten schmettern ein paar Finken.

Ich stehe im Empfangszimmer und warte auf ihn. An den Bänden hängen japanische Seidentapeten, Stiche von Calot und moderne Landschaften dazwischen. Hohe Bücherregale; ich unter­scheide: Racine, Goethe, Briefwechsel Wagners mit Liszt   und dort, halb aufgeschnitten, auf dem Tische die Sonette der Gefangenen" von Ernst Toller  . Die Tür geht auf, wir begrüßen uns, dann fizen wir einander gegenüber und plaudern von deutscher Literatur und Musik. Er erzählt von Toller, den er fennt und liebt; zu seinen Sonetten hat er die Vorrede geschrieben. Auch Sternheim fennt er. Sein Na­poleon ist delicicur"- und dann nennt er sie alle: Unruh, und dann nennt er sie alle: Unruh, Werfel, Zech... und plötzlich der Name Gerrit Engelke  . Ja, ich habe ihn gelesen, er war ein Stück deutscher Seele, ein deutscher Arbeiter. Sehen Sie, mir schreiben so viele junge deutsche Freunde, sie haben so viel Mut und ehrlichen Willen, die Welt zu bessern, die wir Alten verdorben haben, es ist überall dasselbe, auch bei uns in Frankreich  ." Und er erzählt vom neuen Geiste des jungen Frankreich  , das entschlossen, oft rücksichtslos, aber immer ehrlich, mit den alten Traditionen bricht und eine neue Erkenntnis des

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Wie man sieht, will fein Gott Mussolini   vor seinen Freunden schüßen, weder vor den inneren, die in den Redak­tionen oder im Gefängnis sizen, noch vor denen in Paris  . Er muß zurüd aufs Land", wo man nicht lesen und schreiben tann. Darum hat auch die letzte römische Ovation" mit einem Sturm auf den Verband der italienischen Breffe geendet...=

Gegen Verfassung und Republik  . Demoustrationen der thüringischen Regierung.

Als Weimar   am 11. August der Mittelpunkt der von Reichsregierung und Reichstag beschlossenen Verfassungsfeier wurde, zog es das thüringische Kabinett vor, aus Weimar   zu flüchten und sich während der Feier nicht vertreten zu lassen. Das war eine Ungezogenheit mit politischer Spize. Augen­blicklich tagt die Nationalsozialistische Partei in Weimar  , jene Partei, die den Kampf gegen Republik   und Weimarer Verfassung und die Errichtung der Diktatur an die Spize ihres Programms gestellt hat. Die Partei, die sich des öfteren zum gewaltsamen Umsturz bekannt und den Münche  ner Butsch auf dem Gewissen hat. Ludendorff  , die ungeistige Größe dieser Partei, hielt es für angebracht, in seiner Eröffnungsrede die Tagung der verfassunggebenden Nationalversammlung   im Weimarer Nationaltheater als eine Entweihung des Hauses zu bezeichnen. Und diesmal ist die thüringische Regierung nicht abwesend von Weimar  . Sie ließ den Nationalsozialisten die besten Wünsche für das Gelingen des Parteitages übermitteln, sie gestattet, daß auf dem staatlichen Nationaltheater Hakenkreuz- und schwarz weißrote Fahnen gehißt werden. Damit wird aus der Un­gezogenheit eine politische Demonstration gegen die Republik  und die Weimarer Verfassung  .

Will die Reichsregierung, der die Wahrung der

Da

Er schweigt und gibt mir zum Abschied die Hand. Ich bitte ihn um ein Wort, das ich nach draußen mitnehmen kann. schreibt er auf die kleine Druckschrift des französischen   Hilfskomitees ein paar Zeilen, die in deutscher Uebersetzung etwa folgendermaßen lauten: Für Hans Wesemann  , damit er in Deutschland   von diesem besseren Frankreich   Zeugnis ablegen fann. Romain Rolland  ."

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Ich kann mich dieser hohen Pflicht nicht beffer entledigen, als daß ich einem ehemaligen Feinde" selber das Wort gebe. Die nachfolgenden Worte sind eine wörtliche Uebersehung aus dem monatlichen Bulletin des französischen   Kinderhilfskomitees: ,, Tourcoing  , 26. Januar 1924. Meine Damen und Herren! As Abonnent der Ere Nouvelle" habe ich mit einer gewissen Rührung den menschenfreundlichen Appell von Romain Rolland   zu­gunsten der Kinder unserer ehemaligen Gegner, der Deutschen  , ge= lesen. Ich wurde am zweiten Tage der Mobilmachung eingezogen tam ich in die Gefangenschaft nach Deutschland  , wo ich viel ge­und im September 1914 in Maubeuge   gefangen genommen. Dann litten habe, besonders während der Zeit, die ich in Rußland   ver­bringen mußte. Während dieser ganzen Zeit waren meine Frau und meine beiden kleinen Kinder im besetzten Gebiete, wo sie jahrelang Hunger leiden mußten, und ich fand bei meiner Rückkehr im Dezember 1918 fie alle drei unterernährt und elend vor. Und Kinder derjenigen bestimme, die meine Angehörigen und mich doch lege ich diesem Briefe hundert Franken bei, die ich für die lich zu sein. Ich glaube an eine bessere Zeit, und ich sehe in leiden ließen. Als Sozialist und Franzose bemühe ich mich, mensch­einer hoffentlich nahen Zeit Franzosen   und Deutsche   sich lieben, anstatt sich zu haffen, und bei gemeinsamer Arbeit an dem großen Werke, die Völker zu versöhnen. Mit aufrichtigen Grüßen Ihr I. D."

Bon Adam Schall  .

Was für sonderbare Blüten der Rotkoller manchmal treibt, wissen die Leser des Borwärts" ja aus manchem Beispiel. Anderer­seits sind auch die wilden Gedankensprünge der Nationalisten aller Länder bekannt. Was aber daraus wird, wenn französischer Natio­nalismus und Rotkoller sich vereinigen, dafür konnte man dieser Tage ein interessantes Beispiel lesen.

Menschen und des Lebens will. Sie suchen Berbindung mit den Der alldeutsche Karl Marx   und das Bleiweißverbot. jungen Deutschen   und Verständigung ohne dabei pazifistische Ideologen zu sein aber sie sind pazifistisch.( Ich denke an Roethe, Franz von Wendrin, Hitlerknaben und schweige.) Wir wollten nicht von Politik sprechen, aber nun erzählt er doch von Lem franzöfifchen Hilfskomitee für Kinder" und von seiner Samm­lung für deutsche Kinder. Ja, Frau Millerand hat allerdings deshalb den Ehrenvorsiz niedergelegt, aber dafür haben uns ehe­malige Kriegsgefangene und Soldaten Geld für die deutschen   Kinder geschickt und die französischen   Mütter aus Douai  , das am schwersten unter der deutschen   Besetzung gelitten hat, gaben uns gleichfalls ihren Obolus für die hungernden Kinder Deutschlands  ".

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Er spricht noch weiter. Ich betrachte sein bleiches, etwas müdes Gesicht, das mit den großen blauen Augen hinter den Brillen­gläsern an Verlaine   erinnert, und ich verstehe plötzlich diesen Aus­truck leiser Traurigkeit, der über seinem Gesichte dämmert. Es ist zu viel, neben einem eigenen, großen und ganzen Leben noch die Last dieses franken Europa   duldend und teilnehmend mit zu leben. Er ist wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt.

Der Mann, an dem dieser komplizierte Krankheitsfall aufgetreten ist, ist nicht etwa ein in der Demagogie der gewöhnlichen bürger­lichen Tagesschreiberei untergehender Journalist, sondern ein wür­diger, ernsthafter alter Gelehrter, nämlich der alte Yves Guyot  , Chefredakteur der wissenschaftlichen Zeitschrift Journal des Econo­mistes". Ein Mann von beiläufig 80 Jahren, alter republikanischer Kämpfe schon aus Napoleon 111. Zeiten, Verfasser eines interessanten Buches gegen die katholische Kirche   und vieler volkswirtschaftlicher und politisch- historischer Werkte.

als drei Seiten Raum zu einer Polemit gegen das vom internatio­Er nimmt sich im letzten Heft seiner Zeitschrift nicht weniger nationalen Arbeitsamt des Bölterbundes geplante Bleiweißverbot. Er setzt auseinander, daß das Fabrikationsverfahren nach Thénard

las mit dem Monofel in der Hand- seine Rede vom Manu­Als nächster Redner, trat Ludendorff   auf den Plan und stript. Er sagte u. a.: Der 9. November 1923 gibt mir das Recht, hier zu sprechen. Mein 3ug in den Straßen Münchens  war geführt worden, um die völkische Bewegung zu retten. Wie durch ein Wunder bin ich und Hitler den Anschlägen meiner Gegner entkommen. Wir wollen ein freies Deutschland  . Wir ver­langen von der Bewegung, daß sie planvoll und systematisch arbeitet, denn wir wollen die Macht im Staate erringen. Die Lösung der Arbeiterfrage nimmt die erste Stelle im nationalsozialistischen Programm ein, dann folgt die Brechung der Macht des internatio­nalen Kapitals. Aber auch die konfessionelle Frage be­darf der Erledigung. Wir sind uns besonders darüber im flaren, daß es der nationalsozialistischen Bewegung noch ganz erheblich an Bucht fehlt, weil die deutsche Weltanschauung bei den einzelnen in der Bewegung noch nicht fest verankert ist. Die Unentbehr­lichkeit der Landtags und Reichstagsfraktionen wird jeder von uns trotz unserer Stellung zum Parlamentarismus einsehen. Sie haben die Aufgabe, für die Bewegung günstige Posi­tionen in der Gesetzgebung zu schaffen." Nachdem Ludendorff die Führer der Nationalsozialisten in den Himmel gehoben hatte, sprach er von den Spaltpilzen in der Unterführerschaft und verlangte Zucht von der Jugend. Die Männer," so sagie er, die den Weltrieg mitgemacht haben, haben den Segen der Manneszucht an ihrem eigenen Leibe zu spüren befomen." Im letzten Teil seiner Rede sprach Ludendorff   von der Entweihung" des Deutschen   Natio naltheaters. Er mollte damit auf die Tagung der deutschen Natio= nalversammlung und die Verfassungsfeier anfpielen.

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Dann begann die große Reihe der Vorträge, deren über 20 für den Parteitag vorgesehen sind. Außer diesen Vorträgen sind sechs öffentliche Versammlungen vorgesehen, in denen Ludendorff sprechen soll. A. Barthels sprach über die geistige Vertiefung der Be­wegung und vertrat seinen alten völkischen Standpunkt in bezug auf die Reinigung der Literatur von dem jüdischen und internatio­nalen Einfluß. Nach Vorträgen über die Presse und die Organi­sation trat man in eine Mittagspause ein. Am Nachmittag wurden nur organisatorische Fragen behandelt.

Gautier gegenüber dem sogenannten holländischen Verfahren der Herstellung von Bleiweißpulver ohnehin schon die Vergiftungs­gefahr auf ein Minimum herabgesetzt habe und im übrigen strenge Reinlichkeit genüge. Er zitiert den englischen Sachverständigen Sir die Sozialisten aller Spielarten, daß alle Philanthropen und Neu­Thomas Oliver als Kronzeugen und macht sich darüber lustig, daß rastenifer, unbelastet von Sachfenninis", sich auf dieses Problem des Arbeiterschutzes gestürzt hätten.

Soweit der Rotkoller; und soweit fönnte man die Sache auf sich beruhen lassen, denn Yves- Guyot   hat über das Bleiweißverbot nicht zu entscheiden. Aber zum Schluß faßt der Alte allen Haß feines langen Lebens zusammen in ein klassisches Zitat aus seinem neuesten Buch über Barlamentarische und atavistische Politik", in dem der verblüffende Cazz steht:

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,, Die Friedenstonferenz hat alle Anstrengungen der Sozia­liften zusammengefaßt und dadurch Karl Marr Entwurf einer Internationale verwirklicht. Die Sieger über Deutschland   haben fich verwandelt in Vorfämpfer dieser neuen Form des Alldeutsch­tums."

Und das Bleiweißverbot, so meint er, sei auch nur ein Ausfluß diefer im Grunde alldeutschen international- sozialistischen Einstellung.

Wenn also das internationale Arbeitsamt in Genf   über ein

Bleiweißverbot diskutiert, so ist das ein Beweis für nicht weniger als folgende Behauptungen:

1. Der Völkerbund   ist eine sozialistische Einrichtung. 2. Der Völkerbund   ist aber auch eine alldeutsche Einrichtung. 3. Die Friedensfonferenz hat eine Internationale im Geiste von Karl Marr errichtet.

4. Diese Internationale ist eine alldeutsche Einrichtung. 5. Karl Marx   ist der geistige Vater des Alldeutschtums. Frankreichs  , vom Chefredakteur mit Namen gezeichnet. Man sieht: Das ist zu finden in einer ersten wissenschaftlichen Zeitschrift Rotkoller und französischer Nationalismus ist entschieden eine inter­effantere Komplitation von Krankheiten als Rottoller mit deutschem Nationalismus.

Institut für Buchkunde. Der Deutsche Verein für Buchwesen und Schrifttum hat sein Organ umgestaltet: von dem Direktor des Museums für Buchwefen und Schrifttum, Prof. Albert Schramm   in Leipzig   herausgegeben, beginnt jetzt eine Beitschrift für Buch kunde" zu erscheinen. Eine wissenschaftliche Darstellung der Buchfunde erklärt Schramm auf Grund einer Umfrage nur auf dem Wege einer Organisierung der Arbeit für möglich. Eine solche ist aber seiner Ansicht nach einzig und allein an den Universitäten zu bewerkstelligen, und zwar durch die Gründung von Institutten für Buchkunde. Das Verlangen, ein solches Institu: an jeder Univerſität zu erreichten, erscheint auch ihm zu weitgehend. Aber diejenigen Universitäten, in deren Stadt das Buchgewerbe besonders blüht, sollten es als Ehrenpflicht ansehen, hier zu helfen, vor allem Berlin  , München  , Leipzig   und Frankfurt   a. M. Dazu bedürfte es feiner besonders großen persönlichen Aufwendungen. Die Bibliotheken und Museen des Ortes müßten die als Honorarprofessoren anzustellen­den Dozenten im Nebenfach hergeben. Dazu fämen Sammlungen und Handbüchereien, wie sie Leipzig   in seinem Büchermuseum schan hat. Auch in Berlin   wäre das Institut im Zusammenhang mit der Staatsbibliother unschwer zu verwirklichen: das seinerzeit von der