Hände weg von den Agrarzöllen!
Mahnung des Außenhandelsverbandes.
Mit außerordentlicher Schärfe kennzeichnet der Außenhandelsverband die schweren Gefahren, die bei einer Durchführung der Agrarzölle der äußeren und der inneren Wirtschaftspolitik erwachsen. Der genannte Verband schreibt: In der denkwürdigen Sigung vom 8. August d. I. hat der Reichsra: die Regierungsvorlage vom 15. Juli betr. Wiedereinführung der Agrerzölle und Verlängerung des Ermächtigungsgesetzes unverändert angenommen. Er hat diese weittragenden Beschlüsse, ebenso wie der Reichswirtschaftsrat, nur mit geringer mehr heit gefaßt. Die Entscheidung stand auf des Messers Schneide. Das Grgebnis wäre anders gewesen, wenn nicht die preußischen Provinzen ein selbständiges Stimmrecht im Reichsrat hätten und in der Lage gewesen wären, das Botum der preußischen Staatsregierung durch gegenseitige Stellungnahme zu durchkreuzen. Passiert nun die Vorlage ungefährdet noch die dritte parlamentarische Instanz, so ist die Bahn frei für eine agrarische und industrielle Hochschu3301 I politit. Diese Gefahr ist dringend, wenn auch die Mehrheit in der Reichsregierung zurzeit noch für einen gemäßigten" Schutz eintreten mag, wie u. a. aus wiederholten Erklärungen des Reichswirtschaftsministers hervorgeht. Der Begriff„ mäßig" ist nur allzu elastischer Natur. Jedenfalls wird es durch die Borlage in das disfretionäre Ermessen der Regierung gestellt, Industriezölle in beliebiger Höhe und Agrarzölle in der unerhörten Höhe des autonomen Bülow- Tarifes einzuführen, d. h. 75 m. für den Doppeízentner Weizen, 70 M. für den Doppeizentner Roggen und Hafer, mit der Maßgabe, bei Bertragsverhandlungen nicht unter die früheren Vertragsfäße von 55 m. bzw. 50 m. herunterzugehen. Die crforderliche Zustimmung des Reichsrates und des Bolkswirtschaftlicher Ausschuss des Reichstages für die Erhöhung der Industries zölle ist ein recht schwacher Schutz. Gleichzeitig sollen auch die ant= deren Lebensmittelgölle in der früheren Höhe wieder ein
schließliche Spelen wieder aufheben muß, nachdem sie die| der Agrarbant befaßten, haben noch immer zu feinem Abschluß deutsche Volkswirtschaft aufs schwerste geschädigt haben.
geführt.
Kommunisten und Kriegsgedenktag.
Die Feier im Stadion verboten.
Das Polizeipräsidium teilt mit: Die Genehmigung zur Abhaltung der ant 17. d. M., nachmittags 2 Uhr, von der Kommu= nistischen Partei, Bezirk Berlin- Brandenburg und anderen kommunistischen Organisationen, geplanten Kundgebung im Stadion zu Lichtenberg ist zurückgezogen worden, weil nach dem Inhalt eines Artikels in Nr. 95 der„ Roten Fahne" vom 14. d. M. feine Gewähr gegeben ist, daß die den Veranstaltern auferlegte Bedingung der Vermeidung politischer Demonstrationen innegehalten wird, vielmehr die Versammlung zu parteipolitischer Propaganda und zu parteipolitischen Kundgebungen ausgenutzt werden soll.
Die Kommunistenfundgebung in Stadion war ursprünglich für den 3. August, dem Gefallenengedenktag, geplant. Sie wurde seinerzeit verboten, aber für einen späteren Termin freigegeben. Wenn auch diese Genehmigung nunmehr zurückgezogen wurde, so ist der Grund dafür, wie aus der Meldung des Polizeipräsidiums herporgeht, in der Haltung der inzwischen verbotenen„ Roten Fahne" zu suchen. Man wird aber wohl in der Annahme kaum fehlgehen, daß auch das störende und gewaltsame Verhalten der fommunistischen Verbände bei der Verfassungsfeier die Haltung des Polizeipräsidiums beeinflußt hat. Eine Partei, die es auf Inszenierung von Straßentumulten absieht, beweist damit, daß sie bewußt Schindluder mit dem Recht auf die Freiheit der Straße eibt. Die Deffentlichkeit vor einem derartigen Mißbrauch zu schüßen, ist Aufgabe der Polizei. Kommunistische Terrorgruppen.
Daß Agrarzölle, zumal unter den heutigen Verhältnissen, fein taugliches Mittel gegen die Agrarfrise bilden fönnen, ist in der hierauf bezüglichen Denkschrift des Außenhandelsverbandes eingehend dargetan worden. Dasselbe wird in furzen Worten auch durch das im Reichsrat abgegebene Votum der preußischen Staatsregierung und durch zahlreiche andere objektive Sachverständige bestätigt. Jeder Agrarzoll, gleichviel in welcher Höhe, ist heute um fo unzeitgemäßer, als bei den schlechten Ernten in Kanada , Süd- und Ost- Europa , sowie den ungünstigen Saatenstandberichten aus Argentinien , mit hohen Weltmarktpreisen auch im nächsten Jahr zurechnen ist. Fest steht, daß diese Bölle wie nichts anderes geeignet sind, dem im Interesse unserer Ausfuhr dringend notwendigen Preisabbau entgegenzuwirken und die wirtschaftliche wie innerpolitische Krise aufs äußerste zu verschärfen. obendrein werden sie nach allen früheren Erfahrungen, bei uns wie im Auslande, zu einer üblen ,, do- ut- des"-Politik führen, zu einem parlamentarischen Kuhhandel, einem gegenseitigen Zollversiche rungsgeschäft zwischen Landwirtschaft und gewissen Teilen der Jn dustrie. Die Industrie wird, vor allem auf den ersten Produk tionsstufen, als Stompensation" einen erhöhten Schutz verlangen und durchfezen, wobei die Fertigindustrie am schlechtesten abschneiden wird. Die Erfahrung wird zeigen, ob Deutschland in der Lage ist, gute Handelsverträge abzuschließen oder ob nicht vielmehr das deutsche Beispiel den Auftakt zu einem weiteren internationalen 3ollwettrüsten und weiterer internationaler Abschließung bildet. Die Zuschrift des Außenhandelsverbandes weist schließlich darauf hin, daß auch innerpolitisch die Teuerungspolitik verhängnisvolle Folgen haben müsse, da sie, wie der Kampf der sozialistischen und der kommunistischen Presse gegen die Zölle beweise, die sozialen Gegensäge verschärfe. Fraglos hat sich die Reichsregierung mit ihrer Zoll- Gelsenkirchen , 15. August. ( Eigener Drahtbericht.) Der politigeführt werden, das Ausfuhrverbot für Getreide befeitigt und durch vorlage das Verdienst erworben, die soziale Krise außer- schen Polizei ist es gelungen, eine Organisation von kommuWiedereinführung der berüchtigten Getreideinfuhrscheine ordentlich zu steigern. Ihre den Großgrundbesigern freund- nistischen Terror- und Sabotagegruppen, die begar die Möglichkeit einer Getreide Exportprämie ge- liche Politik mußte bei der Arbeiterschaft den schärfst en reits im April d. J. in Gelsenkirchen festgestellt wurde, aufzudecken. schaffen werden. Gewissermaßen als eine Forderung der ausglei- Widerstand auslösen. Der Außenhandelsverband be chenden Gerechtigkeit" gegenüber der Industrie soll in schematischer ſtätigt ja selbst, daß die Agrarschußzölle nicht nur aus GrünWeise der frühere Zollschutz für die Landwirtschaft wieder hergestellt den der inneren, sondern auch aus denen der äußeren WirtWir sind gespannt, mit werden, obwohl sich doch seitdem die wirtschaftlichen Ber- schaftspolitik abzulehnen sind. hältnisse im In- und Auslande grundsätzlich geändert haben. welchen Ladenhütern Herr Kanik jezt aufwarten wird, um Besondere Beachtung verdient, daß zunächst die autonomen den Brotwucher und die Privilegierung der Großagrarier zu Agrarzölle in Kraft treten sollen, die selbst im Bülom- Tarif begründen. nur auf dem Papier gestanden haben, weil sie sofort vertragsmäßig herabgesezt wurden. Diesmal dürfte aber vorausfichtlich geraume Zeit verstreichen, bis es zum Abschluß von Zolltarifverträgen mit Agrarstaaten fommt, und es bleibt noch abzumgrten, ob wir dann wirklich mit diesen Verhandlungszöllen" den gewünschten Erfolg erzielen. Welche Agrarstaaten tommen denn überhaupt noch in Betracht? Rumänien wird nach der starken Einschränkung seines Brotgetreideanbaues infolge der Agrarreform nur wenig ausführen können. Desterreich- Ungarn fonnte schon vor dem Kriege fein Getreide mehr nach Deutschland ausführen; ebensowenig fönnen es die Nachfolgestaaten. Ob Rußland in absehbarer Zeit wieder Getreide oder sonstige Lebensmittel in größerer Menge zu liefern in der Lage ist, unterlegt begründetem Zweifel; die geringe Ausfuhr, die zurzeit nicht über das Schwarze Meer , sondern über die Baltischen Häfen geht, wird von Standinavien aufgenommen. Nicht ins Gewicht fällt auch die minimale Ausfuhr aus Polen und den Randstaaten. Es bleiben im wesentlichen die überfeeischen Agrarländer, insbesondere die Vereinigten Staaten von Ame rifa. Nun besteht aber nicht die geringste Aussicht, daß diese einen Tarifvertrag mit irgendeinem Lande abzuschließen beabsichtigen. Auch der neue, immer noch nicht ratifizierte Handelsvertrag mit Deutsch land ist bekanntlich ein reiner Meistbegünstigungsvertrag. Schließ lich hat Argentinien bisher überhaupt noch feinen Tarifvertrag abgeschloffen. Alles in allem besteht daher die dringende Gefahr, daß Deutschland auf seinen autonomen Agrar= zöllen fizen bleibt, jedenfalls auf geraume Zeit hinaus, und sie
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Göttinger an die Berliner Universität verlegte Ordinariat für bibliothetarische Hilfswiffenschaften, deffen Befehung schon mehrfach gemeldet wurde, ist im Augenblick immer noch nicht eingerichtet.
Die aftronomische Uhr in St. Marien zu Lübed. Der Historiker Johannes Barnde in Lübeck hat eine sehr interessante Schrift über die dortige meltberühmte astronomische Uhr in St. Marien verfaßt. Das sehr komplizierte mechanische Wert ist im 16. Jahr hundert erbaut worden; eine ältere Uhr wird sogar auf das Jahr 1405 zurüdgeführt. Es existieren in den Kirchenaften des Staatsarchivs mehrere handschriftliche Schilderungen dieses Kunstwerkes, von denen aber feine so genau auf all die vielen bewunderns: würdigen Einzelheiten dieses Meisterwertes eingeht wie die Arbeit Warndes. Die Konstruktionszeichnungen und Beschreibungen des mechanischen Werkes und seiner Funktionen hat mit außerordent licher Sachkenntnis der Lübecker Uhrmacher Paul Behrens jr. geliefert. Die Wiedergabe aller auf den verschiedenen Scheiben enthaltenen Zeitangaben über Wert- und Festtage, Sonnen- und Mondfinfterniffe, die von dem Glockenspiel zu den verschiedenen Zeiten gespielten Chorale, das astronomische Sternwert mit Bezug auf die Kunst der Astrologie( Horoskope unter verschiedenen Sternbildern) sowie eine sehr interessante historische Abhandlung machen das Büch lein zu einem äußerst lefenswerten. Die Mittelscheibe der Uhr, welche die Berechnung der Sonnen- und Mondfinsternisse für jeweils 50 Jahre enthält, war bereits seit 1907 abgelaufen. Der Observator Profeffor Lehmann- Berlin hat nunmehr eine Neuberechnung dieser Naturerscheinungen für die Jahre 1925 bis 1975 angefertigt, welche demnächst an der hierfür bestimmten Stelle der astronomischen Uhr
angebracht werden soll.
Eine interessante Flaschenpoff. Im Oktober 1922 tamen die Mitglieder eines Stammtisches auf den Gedanken, ihrem heimat lichen Flüßchen in Thüringen eine Flaschenpost anzuvertrauen. Sie hatten damals nicht geahnt, daß ihre Flasche eine gewaltige Wanherung machen und all die zahlreichen Hindernisse, Wehre usw. glücklich überstehen würde, um schließlich in das cffene Meer hinaus zu gelangen! Jetzt wird bekannt, daß jene Flaschenpost von einem englischen Kapitän namens Smith im Auguſt vorigen Jahres zwischen den Bären- Inseln und dem Franz- Josef- Land aufgefischt worden ist. Die Flasche hat also einen gemaltigen Weg nach dem hohen Norden zurückgelegt. Durch günstige Zufälle ist sie in den Golfstrom geraten und von diesem an der norwegischen Küste entlang nach dem Nord= meer geführt worden, wo sie meist nördlich von der Treibeisgrenze por einem Jahr gefunden wurde. An dem Schicksal dieser Flaschenpost ist vor allem bemerkenswert, daß sie in einem kleinen Flügen ausgesetzt wurde und die lange Reise durch Flüsse und Ströme trog der vielen gefährlichen Hindernisse, wie fie Brückenpfeiler, Wehre, Hafenanlagen usw. bieten, glüdlich überstanden hat.
Das Theater in der Kommandantenfiraße bleibt megen der Vor bereitung zur Operette„ Mister Globetrotter bis zum 29. August geschlossen. Im Residenz- Theater finden Sonnabend und Sonntag die beiden letzten Vorstellungen von Ernst Tollers , intemann statt. HinfemannAlfred Beierle.
Die Große Boltsoper beginnt die Binterfpielzeit am 17. August mit dem Moussorgithichen Werte Boris Godunow ". Die musikalische Zeitung hat der neuverpflichtete 1. Rapellmeister Issai Dobrowen.
Nationalistische Sonderwünsche.
Der Bürgerblock ist die Hauptsache!
Die Nationalisten haben die Krise der Londoner Ronferenz benutzt, um ihre Agitation neu zu beleben. Sie wollten die Situation, die ohnehin schon schwierig genug war, noch weiter erschweren durch eine innerpolitische Krise. Die Presse der Rechten hat in dieser Situation den Gedanken des Bürgerblods erneut in die Debatte geworfen. ben die Führung. Sie schrieb gestern abend: Die Deutsche Allgemeine Zeitung" hat bei diesem Trei
„ Wir glauben, daß die deutsche Regierung gezwungen sein wird, noch von London aus ihren Rücktritt zu erklären, wenn Frankreich nicht nachgibt. Insbesondere der Reichsaußenminister hat sich, zuletzt noch durch seine Zustimmung zur Rede des Abge ordneten Hoeksch, persönlich auf die sogenannten Ehrenpunkte und auf die schnelle militärische Räumung vollkommen festgelegt... Die Reuter- Meidung, wonach die Konferenz sich im Falle eines deutschen Wir können nicht!" auf zwei oder drei Wochen vertagen werde, um den verschiedenen Delegierten die Möglichkeit zu geben, nach Hause zurückzukehren und sich mit ihren Regierungen ins Benehmen zu setzen, zeigt den Weg, der gegangen werden muß. In dieser Zeit wird in Deutschland eine Umbildung der Regierung vorgenommen werden müssen, wie sie den Erforder. niffen der Situation und dem Ergebnis der lezten Reichs tagswahlen entspricht."
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Es befinden sich nunmehr fünf Mitglieder der Gruppe in Haft. Nach dem bisherigen Untersuchungsergebnis hat der festgenommene
Führer mit dem flüchtigen militärischen Leiter der hiesigen kommuniftischen Partei im März d. I. von der Parteileitung die Anweifung erhalten, Terror- und Sabotagegruppen zu bilden und neben der Beseitigung der Polizeibeamten bei den fommenden Wirtschaftskämpfen die Zechenanlagen im hiesigen Bezirk durch Sabotage zum Stillstand zu bringen. Nach der Gründung der Terror und Sabotagegruppen wurde versucht, auf den hiesigen Schachtanlagen Wilhelmine Vittoria und Bismard den Betrieb dadurch zum Stillstand zu bringen, daß die Mitglieder der Gruppe geladene Förderwagen in den
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dh a cht warfen. Nur einem glücklichen Zufall verdanken die arbeitenden Bergleute ihr Leben. Nach der verübten Tat fand der Haupttäter in der Geschäftsstelle des kommunistischen Ruhr- Echo" einen Unterschlupf. Bei der Festnahme wurden sämtliche Papiere gefunden. Zwei dieser Gruppe angehörende Terroristen, die im November 1923 zwei Polizeibeamte auf bestialische Weise ermordet hatten, entzogen sich im Mai ihrer Festnahme durch Selbstmord, nachdem sie bei dem Versuch, sie festzunehmen, einen kriminalassistenten getötet und einen Hilfspolizeibeamten schwer verletzt hatten. Mehrere führende Mitglieder der Gelsen= firchener KPD. wurden wegen Begünstigung verhaftet.
Die Hilfe für die Rückkehrer. Sozialdemokratische Anträge angenommen.
Im Reichstagsausschuß für die besegten Ge
biete wurde ein Antrag der Abgg. Limbers( Soz.) und Hoffmann- Kaiserslautern ( S03.) angenommen, wonach die zurückge= Behrten Privatpersonen, soweit und folange sie noch feine Beschäftigung gefunden haben, eine Uebergangsbetreuung auf fechs Monate erhalten sollen, und zwar die Bezüge der bis Die Deutsche Tageszeitung" sefundiert, indem sie gleich- ieht erhaltenen Betreuungsgruppen. Nach Ablauf der halbiährgleichlichen zeitig verlangt, daß die Regierung ihre Stellung bei den Ber - lichen Frift tritt allgemein an Stelle der Betreuung zur Schaffung einer neuen Eristenz eine Abfindung nach billigem Ermessen an handlungen in London von dem Willen der Deutschnationalen diejenigen, die einen Erwerb nicht gefunden haben oder denen der abhängig mache: amiliche Arbeitsnachweis eine den früheren Verhältnissen entsprechende Arbeit nicht nachweisen fonnte. Solange der Zurückgefehrte seine eigene Wohnung nicht beziehen kann, treten für ihn die Richtlinien, die für die Beamten in Wohnungsfragen festgesetzt sind, in Kraft. Die von der Reichsentschädigungsstelle gewährten Darlehen zur Beschaffung von Bekleidungsgegenständen sind als gelöscht zu betrachten. Der örtlichert Fürsorgestelle wird ein Ausgewiesener ehrenamtlich als Berater
Wenn der Minister Dr. Jarres die Parteiführer entsprechend der Auffassung der Regierung über die Lage unterrichtete, so scheint das uns parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechend recht dürftig zu sein, denn schließlich müßte die Regierung doch auch ein Interesse daran haben, zu erfahren, wie die Parteiführer die augenblickliche Lage beurteilen. Letzten Endes sollte die Reichsregierung auch nicht darüber im Zweifel sein, daß die Situation in London bereits so weit gediehen sein kann, daß sich die Reichs= regierung infolge der Nachgabe der Londoner Delegation be reits mitten in einer Krise befindet."
Sie wollen also mitten in den Verhandlungen eine Regierungsfrise inszenieren! Sie muten der Regierung zu, daß sie ihre Verhandlungen in London führe so wie sie Briand in Cannes zu führen gezwungen war, gehemmt und unfrei im sicheren Bewußtsein, daß im Rüden ein innerer Feind steht, der nicht davor zurückschreckt, die Wechselfälle der Berhandlungen zum Schaden des Landes, aber zum eigenen parteipolitischen Vorteil auszunuzzen und eine innere Krise herbeizuführen.
Bon einer Regierungskrise fonnte in feinem Augenblick der Konferenzkrise die Rede sein. Das Bureden der Deutschnationalen, daß die Regierung krisenhafte Gefühle haben solle, schafft allein noch keine Regierungskrise. Es zeigt nur, daß die gesteigerte Agitation der Nationalisten dem Zwede dient, den Gedanken des Bürgerblocks neu zu beleben. Der Plan wurde nur eben schüchtern angedeutet. Er zeigte sich trotzdem far genug, daß man erkennen fonnte nicht das endgültige Ergebnis von London ist den Deutschnationalen die Hauptsondern die eigene Macht. sache, sondern der Bürgerblock, nicht das Wohl des Landes,
Die Agrarbankpläne. Beratungen, aber noch keine Entscheidung.
Die an den Beratungen über die Agrarbanfpläne teilnehmenden landwirtschaftlichen Organisationen und die maßgeben ben Stellen in den zuständigen Ministerien sind noch nicht zu einer Einigung gefommen. Der Gesetzentwurf des Reichsernährungsministeriums über die neue Agrarbant soll trotzdem zugleich mit dem Gesezentwurf zur Liquidation der Rentenbank dem Reichsrat und dem Reichstage vorgelegt werden. Man ist zu diesem Entschluß gekommen, weil die beiden Gesezentwürfe schließlich eng miteinander verbunden seien und der Liquidationsgesetzentwurf vorgelegt werden müsse. Trehdem ist zur Stunde noch feineswegs flar zu erfennen, was aus den ganzen Agrarbankplänen werden wird. Auch die Beratungen des Verwaltungsrats der Rentenbant am Donnerstag, die sich in erster Linie mit den Satzungen
bestellt.
Die zurückkehrenden Arbeiter und Angestellten der Eisenbahn sollen nach dem alten Verfahren behandelt werden. Dasselbe soll auch bezüglich aller übrigen Angestellten und Arbeiter geschehen, soweit und so lange sie feine Arbeit haben. Weiter beschloß der Ausschuß, die Reichsregierung zu ersuchen, mit Rücksicht auf die perspätete Zulassung der Steuernotverordnungen im befetzten Gebiet und die dadurch verursachte Häufung der Steuerfälligkeiten die Finanzämter anzuweisen, auf begründeten Antrag den Steuerpflichtigen weitgehende Stundung zu gewähren.
Der 26 prozentige Einfuhrzoll. Billigung in England.
26prozentige Einfuhrabgabe auf deutsche Baren vom 15. September on wieder einzuführen, hat in fonservativen Kreisen, die die Reduktion der Tage von 26 Broz. auf 5 Broz. seinerzeit bekämpft hatten, eine gute Aufnahme gefunden. Sie erklären, daß Schatzfanzler Snowden bei seinem Beschluß vom 25. Februar Zeugnis dafür abgelegt habe, daß die Reduktion der deutschen Konturrenz Vorschub leistete. Auch in gewerkschaftlichen Kreisen bekämpfte man vielfach diese Maßnahme, da in diesen Kreisen immer der Standpunkt vertreten worden war, daß die Reduktion der Tare eine Bermehrung der Arbeitslosigkeit zur Folge haber werde.
London , 16. Auguft.( EP) Der Beschluß der Regierung, die
Paris , 15. August.( Eca.) Der Londoner Korrespondent des Journal" berichtet, daß Macdonald bereits am Dienstag in einem Brief an Herriot feine Absicht, die 26prozentige Reparationsabgabe wiederherzustellen, mitgeteilt habe. Der Korrespondent ihreibt weiter, daß hinter diesen Maßnahmen die alte Auffaffung ftece, wonach die Verwirklichung des Sachverständi gengutachtens eine gefährliche deutsche Ronkurrenz für die englische Industrie bringen werde.
Die Erzberger- Mörder in Ungarn . Budapester Blätter hatten ge. meltet, daß sich Schulz und Tillessen , die Mörder Erzbergers, in der Nähe von Budapest aufhielten. Auf Grund dieser Meldungen leitete die ungarische Polizeibehörde in Budapest und Umgebung eine Untersuchung ein. Im Laufe des Berfahrens wurde i Budafok bei Budapest ein Mann deutscher Nationalität verhaftet, der jich nicht genügend legitimieren tonnte. Der Betreffende wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.. at