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Weh dem, der

ehrlich ist.

Nationalverband deutscher Offiziere gegen Deimling. Der Deutsche Offiziersbund, der Nationalverband deutscher Offi­ziere und der Reichsoffiziersbund erlassen folgende gemeinsame Erklärung:

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General Deimling tritt neuerdings in der Deffentlichkeit für die schwarzrotgoldene Fahne, für den Pazifismus, die Repu­ blik und den Eintritt in den Völkerbund in aufsehenerregender Weise hervor. Ueber seine politische Ueberzeugung wollen wir nicht mit ihm rechten. Daß er aber als früherer Kommandieren­der General in dieser Weise seine antimonarchische Ge finnung öffentlich zur Schau trägt und gegen die schwarz weißrote Fahne, unter der er eine lange, ehrenvolle Dienst­laufbahn zurückgelegt hat, antämpft, daß er es unternimmt, zum Eintritt in das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold auf zufordern, welches er als in Wahrheit allein national und patrio­tisch anerkennt, zwingt uns festzustellen, daß er selbst die Schei dung von seinen Kameraden von der alten Armee voll zogen hat. Die Erklärung der drei Offiziersbünde ist echt deutschnational und echt völlisch. Alle diese ehrhaften Herren, die so empört tun, wenn ein ehemals attiver Offizier feine Kraft der Republik zur Berfügung stellt, beziehen selbst fette Pensionen von diesem so verabscheuten Staat, und wenn es gilt, um höhere Bezüge zu fämpfen oder wie Ludendorff , Westarp und Konfor­ten ihre dem heutigen Staat so überaus wertvolle" Person in Sicherheit zu bringen, laufen sie sich bei den republikanischen Be­hörden die Hacken frumm. Hinterbrein aber wird auf November­verbrecher", Schwarz- Rot- Gold und Republik reichlich geschimpft. Und wehe dem, der sich verpflichtet glaubt, seinem Bolt auch weiter zu dienen, nachdem En nach Holland ausgefniffen ist. Der gesell­schaftliche Bontott ist ihm sicher. Wirklich ehrenhaft, höchst ehren­haft!

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Im übrigen verurteilt sich die Erklärung selbst, indem sie von den vortrefflichen Bünden behauptet, daß sie eine politische Ueber­zeugung zu achten verständen, auf der anderen Seite aber General Deimling wegen seiner politischen Haltung terrorisiert. Es ist das­felbe wie im Fall Trühschler: Wehe dem, der die Wahrheit fagt! Er wird geächtet.

Der Hinweis auf die Stellung des Generals Deimling zum Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold verrät. wie groß die Angst vor dieser Organisation auch im Lager der Offiziersbünde ist. Deswegen muß die Parole heißen: Hinein ins Reichs­banner Schwarz- Rot- Gold!

Kronprinz" oder Privatmann?

2. Die Frage, ob Monarchie oder Republit, ist heute eine Frage zweiter Ordnung. Üleber fie muß das deutsche Bolt später selbst entscheiden. Dabei wird auch die Stimme der Arbeiterschaft von großem Gew.cht sein. 3. Ich habe den Wunsch nach Deutschland zurückzukehren, wenn ich die Ueberzeugung habe, daß meine Anwesenheit feine Beunruhigung zur Folge haben tann. Ich lebe seit vielen Jahren von den Meinen und meinem Vaterland getrennt und sehne mich danach, als Privatmann auf meinem Besitz zu leben, mit einen Pflichtenfreis zu schaffen und zu arbei­ten. Der Gedanke, mich an irgendwelchen Butschen zu beteiligen, liegt mir gänzlich fern, denn ich bin der Ansicht, daß jede Ber fassungsänderung nur auf regalem Wege vor sich gehen muß, wenn sie Aussicht auf Bestand haben soll, und durch den Willen des Volkes. Ich selbst gehöre teiner Partei an. Dr. Appens spricht in dem offenen Wort sein Entseßen über die Haltung des ehemaligen Kronprinzen bei der Pots damer Parade aus. Das veranlasse ihn zu dem offenen Wort. Er erklärt als ein Kenner der besetzten Gebiete, das Auftreten des ehemaligen Kronprinzen habe das französische Mißtrauen gestärkt. Die Militärkontrolle werde man nicht los, wenn das patriotische Getue nicht aufhöre. Im Ruhrgebiet sei der ehemalige Kronprinz erledigt" und man müsse sich überlegen, ob der Schloß­herr von Dels nicht solange des Landes verwiesen wird, bis die Besaßung hier abgezogen ist.

Dieser Vorschlag ist um so beachtlicher, als er von einem Freunde des ehemaligen Kronprinzen stammt. In der Tat ist der Fall Potsdam mit dem Versprechen des ehemaligen Kronprinzen nicht zu vereinbaren, und es ist für ihn feine Entschuldigung, wenn feiner Umgebung die Entscheidungen überlasse. Um so ener­Dr. Appens ihn als einen naiven Menschen hinstellt, der einer Umgebung die Entscheidungen überlasse. Um so ener­gischer wird man darauf bestehen müssen, daß sich herr von Dels nicht in den Porzellanladen der Politik begibt und sich etwaige Ge­

danken an den Raiserthron aus dem Kopf schlägt. Deutschland hat an dem legten Märrling auf dem Kaiserthron

genug!

Beratungen im Aufwertungsausschuß.

Der Aufwertungsausschuß des Reichstages trat am Montag nach der längeren Bause zu einer neuen Sizung zusammen. Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte, in der wiederum von den Deutsch­nationalen die Einsegung eines vertraulich tagenden Ausschusses vor­geschlagen wurde, wurde beschlossen, zunächst die Stellung der Regierung zu den inzwischen eigegangenen Anträgen der ein­zelnen Parteien entgegenzunehmen. Ein Vertreter des Finanz­ministeriums erklärte dann, daß eine allgemeine Auf­des Reiches, der Rückwirkung auf die Ansprüche der Liquidations wertung. wegen der damit verbundenen finanziellen Belastung geschädigten nicht möglich sei. Ebensowenig sei ein Ersag für die Mi et steuer zu beschaffen. Auch die individuelle Auf­wertung sei wegen der damit verbundenen Unsicherheit überaus be­denklich. Es könne deshalb nur in Frage kommen, daß ohne Zu fammenhang mit der Aufwertung das durch die Geldentwertung ge­schaffene soziale Problem zu lösen versucht werde. An diese Erklärung heiten anknüpfende Fragestellung der Mitglieder des Ausschuffes. des Vertreters des Finanzministeriums schloß sich eine an Einzel­heiten anknüpfende Fragestellung der Mitglieder des Ausschuffes.

Der Vertreter des Ernährungsministeriums, der dann zu Worte tam, sah seine Aufgabe in einer tendenziös zuge­spijten Darstellung der Lage der Landwirtschaft. Er behauptete, daß die Landwirtschaft gegenwärtig trotz der Entwertung ihrer früheren Hypothefen schlechter dastehe als in der Borkriegszeit und daß deshalb eine Aufmertung für die Landwirt­schaft über die dritte Steuernotverordnung hin­aus unmöglich sei. Auch an diese Darlegungen schloß sich eine Fragestellung durch die Abgeordneten, die das interessante Ergebnis zeitigte, daß selbst die Deutsch nationalen diese Schilderung der Lage der Landwirtschaft nicht für zutreffend hielten.

Herriots günstige Aufnahme.

Annahme der Londoner Beschlüsse wahrscheinlich.

,, Ein Werk des guten Glaubens."

Paris , 18. August.( Eigener Drahtbericht.) Herriot, der am| Verpflichtung, die Truppen innerhalb einer gewissen Frist zurückzu Montagabend um 6 Uhr von London zurückgekehrt und auf seiner nehmen, entziehen können. Reise von Dieppe nach Paris wie in der vergangenen Woche von der Bevölkerung mit demonstrativen Rundgebungen begrüßt worden ist, hat im großen und ganzen in Frankreich eine sehr gute Presse.

Die Organe der Linten ertennen auch in ihrer Sonntagabend ausgabe die in London zustandegetommenen Beschlüsse ohne Vors behalt an und bezeichnen sie als den Beweis einer neuen Aera

Ein offenes Wort- Folgt eine offene Antwort? Kreisschulrat Dr. Wilhelm Appens- Dortmund richtet in der des Friedens und der wirtschaftlichen Wiederaufrichtung Europas . Welt am Montag" an den ehemaligen Kronprinzen und seine Bestehenden Blätter und Politiker sehen darin die einzig mögliche und Aber auch ein großer Teil der feineswegs im Lager der Mehrheit rater ein offenes Wort". Der ehemalige Kronpring war seinerzeit deshalb vernünftige Lösung berjenigen Probleme, die seit fünf an Dr. Appens mit der Bitte herangetreten, bei der Vorbereitung Jahren die Beziehungen zu den Bölfern vergiftet haben. feiner Rückkehr behilflich zu sein und hatte dabei zu wiederholten Malen die Versicherung gegeben, daß er sich nach seiner Rück­

fehr lediglich als Privatmann betrachten und sich der Politik fernhalten werde. So kleidete er bei einem nächt lichen Gespräche in Bieringen seine Bitte in die Form, Dr. Appens möchte das Terrain bei den Linksparteien für feine Rückkehr als einfacher Schloßherr von Dels be­cætern. Am 7. Juni 1921 erhielt Dr. Appens von dem Vertrauten des ehemaligen Kronprinzen, Herrn v. Wildner, einen Brief, in dem er die Haltung des ehemaligen Kronprinzen der Hauptsache nach wie folgt formulierte:

1. Ich halte die innere Geschlossenheit in unserem Vaterlande

und die Förderung des nationalen Gedankens für ein Haupterfor­dernis der heutigen Zeit, einmal, um die übernommenen unendlich schweren Friedensbedingungen überhaupt möglich zu machen und, im Falle die Grenze unserer Leistungsfähigkeit noch weiter über fchritten werden sollte, eine Ablehnung zu erteilen, hinter der das ganze deutsche Volt bis zu den Unabhängigen steht.

Das farbenfrohe Oberbayern , Wie in zahlreichen Tiroler Städt cher, so war die Hausbemalung auch in den oberbayerischen Gebirgs­crten von alters her heimisch, davon zeugen heute noch die farben­frohen Marktplähe von Tölz und Murnau . In anderen Städtchen cber sind diese Häuserfresten längst Oppfer des sehr feuchten, schnee­und regenreichen Boralpenflimas geworden. Nur ganz schwache Spuren erinnern in den Städtchen an der Ifar und am Inn noch an die Farbenfröhlichkeit der Aítvorderent. In letzter Zeit sind nun mit Hilfe der fast vergessenen Wachsentauftit in Erdina Renovierun­gen alter Hausfresten vorgenommen worden, die glänzende Re­fultate geliefert haben. In Erding allein hat man daraufhin nicht weniger als dreißig Häuser, darunter auch eine Reihe städtischer Bauten und Türme im alten Farbenschmud wiederhergestellt. Auf Grund dieser Erfolge wollen nun auch zahlreiche aridere ober­bayerische Kleinstädte wie Wasserburg , Mühldorf , Freising , Moos­bung ihre einstige Farbenpracht wieder erneuern.

Es liegt in der Natur aller Konferenzen, ohne die eine inter­nationale Verständigung nun einmal nicht möglich ist, daß sie der

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Opposition billige Argumente für die Kritik liefern. Das ist selbst verständlich auch bei dem Ergebnis der Londoner Konferenz der Fall. Auch die politischen Gegner des Kabinetts Herriot machen hiervon ausgiebigen Gebrauch, von den Hehorganen vom Schlage des Echo de Paris", des Eclair" und der" Liberté" abgefehen, mit Maß und Ziel und ungewöhnlicher Sachlichkeit Ablehnung finden die Konferenzergebnisse nur bei den Ultranationalisten, die jede Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich bekämpfen und die sich darin mit der äußersten Rechten in Deutsch­ land

begegnen. Insbesondere ist es die von Herriot konzedierte

Räumung der Ruhr innerhalb eines Jahres,

die von ihnen auf das heftigste angegriffen wird in der Hoffnung, dem Ministerium in der bevorstehenden parlamentarischen Diskussion einen Strick drehen zu können. Irgendwelche Aussichten auf Erfüllung dürfte den Spekulationen dieser Art jedoch kaum be­schieden sein, denn, soweit die Aufnahme, die Herriots Politif in London in der öffentlichen Meinung und in den politischen Kreisen gefunden hat, ein Urteil zuläßt, fann bereits mit ziemlicher Sicher heit damit gerechnet werden, daß Herriot sowohl in der Kammer als auch im Senat eine ausreichende Mehrheit finden wird.

Nach den bisher getroffenen, aber noch nicht endgültigen Dispo fitionen der Kammer wird Herriot in beiden Häusern ein schriftlich fizziertes Exposé über den Verlauf und die Ergebnisse der Konfere 13 berlesen, und der Senat wird sich sodann bis zur Beendigung der Diskussion in der Kammer vertagen. Dort find bereits nicht weniger als acht Interpellationen eingebracht, doch glaubt man, daß die De batte nicht mehr als drei Tage in Anspruch nehmen werde. Im Senat wird, wie die Blätter ankündigen,

Paris , 18. Auguft.( Eigener Drahtbericht.) Herriot machte der Presse nach seiner Rückkehr aus London Mitteilungen über feine Eindrücke von der Londoner Konferenz. Er sagte: Vor der An­nahme des Sachverständigenberichts wurde das Reparationsproblem von Debatte zu Debatte geschleppt, ohne zu einer Lösung zu kommen. Die Bedeutung des Dawes- Planes liegt darin, daß er die bisher nur politisch behandelte Reparationsfrage als prattisches ihm ohne 3wang beigetreten und kann von nun an nicht mehr ökonomisches Problem dargestellt hat. Deutschland ist sagen, daß es nur dem Drud der Gewalt nachgegeben hat. Es ist jetzt Verpflichtungen vor der ganzen Welt, vor den Bereinigten Staaten wie vor Frankreich eingegangen. Wenn es diese Ver­

pflichtungen verleugnen wollte, die jetzt Ehrenpflichten geworden find, würde sich die ganze Welt gegen Deutschland wenden müssen. Er bezeichnete die Londoner Bereinbarungen als ein Wert des einer neuen Aera . Herriot schloß: Unser gemeinsames Ziel ist ge­guten Glaubens und des Friedens und einen Marfstein wesen, die Reparationen, auf die Frankreich ein Anrecht hat, auf dem Wege des Rechts und im Frieden zu erhalten.

Kundgebungen für Herriot.

Begleitung des Kriegsministers Nollet, des Finanministers Clementel Paris, 18. Auguft.( WTB.) Ministerpräsident Herriot ist in und des Ministers für öffentliche Arbeit Penttral nach 6 Uhr in Paris eingetroffen. Er wurde am Bahnhof von sämtlichen Ministern und dem englischen Geschäftsträger empfangen. Beim Einlaufen des Zuges in den Bahnhof wurde er von den Eisenbahnern begrüßt. In der Halle des Bahnhofes hatte sich eine beträchtliche Menschenmenge ein­gefunden. Der Platz vor dem Bahnhof war mit Menschen gefüllt, die unaufhörlich riefen: Es lebe der Frieden! Es lebe Herriot!

Macdonald und die Ruhrräumung.

Condon, 18. Auguft.( WEB.) Amtlich wird der Brief be­fanntgegeben, den Macdonald anschließend an den Briefwechsel zwischen den Ministerpräsidenten von Frankreich und Belgien einer­feits und dem deutschen Reichskanzler andererseits bezüglich der Ruhrbesehung an Herriot und Theunis gerichtet hat. Der Brief lautet:

Wie man mit der Sonne einweckt. Die Sonne, die Albeleberin und Befruchterin unseres Erdballes, offenbart dem erfinderischen Geist immer neue Kräfte, die der Mensch für sich verwenden kann. So 3urüdhaltung auferlegen und es nicht wagen wird, die Re- Ruhrbefehung oder die Auslegung der Klaufeln im Bersailler es jegt einem

gelungen, die Lichtwirkung der Sonnenstrahlen zur Konservierung von Lebensmitteln und für andere 3wede zu verwenden. Wie man auf diese Weise mit dem Sonnenlicht einweden" fann, berichtet Dr. Alfred Gradenwik in Reclams Universum". Ohne Anwendung irgendeiner anderen Sterilisierungsmethode tann man Obst und Ge­müse unbegrenzt lange in natürlichem Zustande erhalten, und im Gegensatz zu allen anderen Konservierungsverfahren bleibt der Fruchtzucker vollkommen erhalten, indem er von selbst in Kristallform übergeht. Die Lebensmittel behalten ihren vollkommenen Wohl­geschmack. Ein anderer großer Borzug des neuen Berfahrens ist es, daß an die auf diese Weise konservierten Lebensmittel, auch an Fleisch und Fisch, feinerlei Fliegen oder sonstige Infekten herangehen. Bur Ausführung dieses jogenannten Bitalisier"-Berfahrens dient ein treibhausartiger Behälter mit Glaswänden und einem Glasbach, unter dem sehr viele Glaslinsen angebracht sind. Diese Linsen. deren Einstellwinkel für die Konservierung von größter Wichtigkeit ist, fon­zentrieren die Sonnenstrahlen auf die Lebensmittel, und es wird dadurch in ihnen eine Ausdehnung der einzelnen Teilchen sowie die Bernichtung aller Bakterien hervorgerufen. Während das nach dem gewöhnlichen Verfahren eingefochte Obft oft verdirbt, weil Batterien eindringen und die Buderteilchen aufzehren, ist diese Gefahr beim Bitalifterverfahren ausgeschlossen, da der fristallisierte Zucker von feiner Batterie heimgesucht werden kann. Die Orangen- und Bitronenpflanzer Kaliforniens könne auf diese Weise ihre Früchte und Fruchtsäfte, die sie nicht sofort verkaufen können, solange aufbe­wahren, wie sie wollen. Auch die Milch kann mit dieser Methode ohne Verminderung ihres Nährwertes und ohne die geringste Beein fluffung ihres Geschmacks tonserviert werden, was für die Volks­ernährung von höchster Bedeutung ist. Wird Saattorn vor der Aus­faat vitalisiert", so fprießt das Getreide viel schneller hervor, ent­wickelt sich rascher und gelangt viel schneller zur Reife als sonst. Es werden dadurch in Kalifornien wie in anderen subtropischen Gegen­den zwei Weizenernten im Jahre möglich.

Eine internationale Geschichtstagung veranstaltet der Bund entschiedener Schulreformer im Schöneberger Rathause vom 2. bis 4. Ottober.

Poincaré als Wortführer der Opposition auftreten. In unterrichteten Kreisen wird angenommen, daß Poincaré , ähnlich wie er in seiner Rede vor der Abreise Herriots nach London getan hat, sich auch diesmal in seiner Kritik starte gierung offen anzugreifen. Herriot hat nicht nur das Argument fur sich, daß er auf die Lösung, die in London schließlich zustande ge­fommen ist, durch die amtliche Erklärung seiner Borgänger festgelegt war, sondern er hat darüber hinaus gerade gegen Poincaré einen Trumpf in der Hand, den er vor der Konferenz aus diplo matischen und taktischen Gründen nicht ausspielen konnte, von dem er diesmal aber, wie verlautet, Gebrauch zu macher entschlossen sein foll, falls Poincaré ihn dazu zwingen sollte: den ziffernmäßigen Nachweis nämlich, daß die

Ruhrpolifit unmittelbar vor dem völligen Zusammenbruch gestanden hat und daß ihre Fortfehung unweigerlich auch ein wirt fchaftliches und finanzielles Debacle für Frankreich hätte werden müssen.

Bezeichnend für die Einstellung selbst der Regierungsmehrheit fernstehender Kreise ist es, wenn ein so weit rechtsstehendes Blatt wie das Journal des Debats " ausdrücklich vor unverantwort lichen Politikern warnt, die die praktischen Ergebnisse, die Frankreich gegen die Aufgabe von Illusionen eingetauscht habe, nach träglich gefährden können, und wenn der Temps " mit startem Nachdruck darauf verweist, daß die an den Londoner Konferenz­ergebnissen geübte Kritik sich nicht gegen Herriot, sondern gegen Peincaré richten müsse. Wenn man, so führt das Blatt aus, in gewissen Kreifen bedauere, daß Frankreich die Ruhr als Instrument der ökonomischen Ausbeutung aufgebe, fo müsse deren Kritit in erster Linie sich an die Beschlüsse halten, in denen die französische Regierung sich

den Dawes- Plan ohne Vorbehalt zu eign gemacht habe, was die militärische Räumung der Ruhr anbelange aber an die Definition, die die Regierung von Frankreich und Belgien ihr in ihrer Note vom 10. Januar 1923, dem Tage des Einmarsches der Truppen, gegeben hätten. Wie die Dinge gelegen hätten, habe Herriot fich weder einer Diskussion über die Räumungsfrage noch der

Mein lieber Premierminister! Im Hinblick auf das neue Ab­tommen, weldjes bezüglich der Besetzung der Ruhr erreicht worden ist, und auf den Notenwechsel zwischen den drei hauptsächlichst be­teiligten Regierungen ist es notwendig, daß ich schriftlich die Stel lung der britischen Regierung erneut darlege, wie ich fie so häufig während der zwei oder drei letzten Tage erläutert habe. Die brifische Regierung hat die Rechtmäßigkeit der Vertrage, auf Grund deren ihre Alliierten handelten, niemals anerkannt. Sie hofft, daß die Befehung, da fie lediglich für wirtschaftliche Zwede unfernommen worden war, alsbald nach In­trafttreten des Dames- Berichtes zurüdgezogen werden würde. Der Sachverständigenausschuß hatte, da seine Zuständigkeit zu beschränkt war, davon Abstand zu nehmen, Anempfehlungen bezüglich dieser militärischen Befehung zu machen hat, aber deutlich zu verstehen gegeben, daß die wirtschaftliche Wirkung der Berufung nicht zu übersehen sei, wenn und sobald feine Berichte in die Tat umgesetzt würden. Die besetzenden Mächte und die deutsche Regierung find fchung nicht über 12 Monate hinaus, von heute ab gerechnet, fort­übereingekommen, eine Vereinbarung anzunehmen, wonach die Be­dauern foll, aber früher beendet werden kann. Die briffche Regie­rung, die ohne die von ihr und ihren Vorgängerinnen bezüglich der Auslegung des Bertrages eingenommene Haltung zu präjudizieren, den dringenden Wunsch hegt, daß der Dawes- Bericht in Kraft gefeht wird, nimmt lediglich kenntnis von dem Abkommen und dringt aufs nachdrücklichste darauf( urge most strangly), daß die beteiligten Regierungen jeden möglichen Schrift unternehmen mögen, um die Räumung zu beschleunigen, da nach An­ficht der britischen Regierung die Fortführung der Besetzung die Wirkung des Dawes- planes schädlich beeinflussen und die auf der Londoner Konferenz vereinbarten Uebereinkommen gefährden fann."

Bei dem hier wiedergegebenen Brief handelt es sich um einen Schritt, den Macdonald kurz vor dem Abschluß der Lon­doner Konferenz unternahm, um die Stellung Englands zu der Frage der Ruhrräumung flar und unzweideutig fest­zustellen. Macdonald hat auch bei dieser Gelegenheit feinen Zweifel darüber gelassen, daß die englische Arbeiterregierung nicht nur die Rechtmäßigkeit der Ruhrbesetzung bestreitet, son­dern auch im Interesse der Durchführung der Londoner Be­schlüsse und des Dawes- Planes die beschleunigte Räumung der Ruhr wünscht.