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Verantwortung für das Scheitern der Konferenz auf sich g«- nommen haben. Sie habe vor der Wahl gestanden zwischen der Wiederherstellung der interalliierten Einheitsfront und der Fort- setzung der Politik der isolierten Aktionen. Er, cherriot, habe für seinen Teil gewählt. Aber da noch nichts Endgültiges beschlossen sei, könne nunmehr auch das Parlament sich frei ent- scheiden. cherriot gab sodann einen Ueberblick über den Memungsaus- tausch zwischen den Alliierten über die Regelung der interalliierten Slyulden und das Sicherheitsproblem; bedauerlicher- weis« hätten beide Fragen im Rahmen der Londoner Konserenz nicht geregelt werden können, sie seien deshalb späteren Kon- ferenzen im Herbst vorbehalten worden. Herriot schloß: Mit der Annahme des Dawss-Planes seien noch keineswegs alle Schwierig- keiten überwunden. Die Widerstände, die die Beschlüsse der Lon- doner Konferenz in verschiedenen alliierten Ländern ausgelöst haben, bewiesen, daß noch sehr viel zu tun bleibe, um Europa völlig zu befrieden und auf die Dauer zu einigen. Die Lon- doner Konferenz stelle nach Auffasiung der französischen Regierung nur eine e r st e Etappe auf dem Weg zu einem wirklichen Frieden dar. Es wäre Übertrieben, glauben zu wollen, daß die Unterhändler von London in der Lage gewesen feien, dem durch den Krieg und die Nachkriegsjahre erschütterten Europa das end- gültige Gleichgewicht wiederzugeben. Aber es wäre ein Akt von verhängnisvoller Schwere, wenn man die in Loa- don zustande gekommene Verständigung zurückweisen und ihr eine Politik der isolierten Aktion vorziehen wolle. Das Werk von London sei nur ein Anfang, aber der An- fang zum wahren Frieden. Die Mehrheit der Kammer, die Herriot » Ausführungen mehrfach mit starkem Beifall unterbrochen hatte, bereitete ihm, als er die Tribüne verließ, erneut« stürmische Ovationen, die sich fortsetzen, bis Herriot den Sitzungssaal oerließ, um sich m den Senat zu begeben. Eine Interpellation über die Amnestie, die der kommu- nistische Abg. Marty im weiteren Verlauf der Sitzung begründet«, führte zu heftigen Zwischenfällen, die schließlich den Präsidenten oeranlaßten, die Sitzung zu unterbrechen- Gegen S Uhr abends kehrte Herriot aus dem Senat, wo er die gleiche Erklärung wie in der Kammer verlesen hatte, in die Kammer zurück. Die Kammer vertagte die Debatte auf heute, Freitag, vor- mittag 10 Uhr. Pari», 21. August. (EP.) Nach einer verworrenen Debatte, im Verlaufe welcher die Sozialisten von den Kommunisten weidlich be- schimpft wurden, wurde der Vorschlag Marthy mit 359 gegen 26 Stimmen abgelehnt. SenatsSebatte. Pari«. 21. August. sEigener Drabtbericht.) Im Senat wurde, nachdem Herriot die Regierungserklärung abgegeben hatte, ein Antrag der Linken, der darauf hinauslief, eine Debatte über die Regierungserklärung zu unterbinden, zunächst einem Ausschuß über- wiesen. Die Sitzung des Plenums wurde unterbrochen, um dem Ausschuß Gelegenheit zu sofortiger Beratung zu geben. Der Aus- schuß sprach sich für eine öffentliche Debatte aus. Ein von dem Vorsitzenden der demokratischen Linken, Senator MillieS- Lacroix, eingebrachter Antrag, nicht zu debattieren, wurde abgelehnt und die Aussprache über die von dem Senator Lemery eingebrachte Interpellation eröffnet. Mexiko und Deutschland . Präsident Calles an den ADGB . Der vor wenigen Tagen in Cuxhaven eingetroffene neu- gewählte mexikanische Staatspräsident Calles hat an den Allgemeinen Deutschen Gewerk- schaftsbund folgendes Telegramm gerichtet: Beim Betreten europäischen Bodens begrüße ich, durch Ihre Ber- mittlung, die deutschen Arbeiterverbände aufs herzlichste und wünsche unsere\ Brüdern, den Arbeitern dieses Landes, herzlichst Wohlergehen und Erfolg in ihren sozialen Arbeiten. General Plutano Elias Calles. Der ADGB . hat darauf folgende telegraphische Antwort gegeben:

Wemblep. (Bon unserem Sonderkorrespondenten.) London , Mitte August. Die britische ReichsauZstellinig in Wembley bei London hat nicht nur ihre wirtschofttiche. sondern auch ihre sehr starte politische Seite, wie für England überhaupt Wirtschaft und Politik siamesische Zwil- linge sind. Wembley in den Einzelheiten bedeutet Wirtschaft, als Gesamtes jedoch Politik. Blendend wird die Mochtstellung Englands illustriert in einer im Britischen Regierungspavillon aufgelegten reliefartigen Karte der Erde. Alles� was Britisch heißt, ist auf der Karte transparent rot erleuchttt. Dies« Darstellungen der britischen Weltmacht sind ohne Zweifel recht eindrucksvoll, es ist so ein« Art Säbelrasseln in der Weltwirtschaft. Diese beiden größten Häuser der Ausstellung� der Palast der In. dustrie und der Polast der Technik, sind dagegen der industriellen Arbeit des engeren Jnsetreichs gewidmet. Hier sind die Produkte der führenden Industrien Englands untergebracht. Im Palast der Industrie ist alles zu finden, was man unter die Begriffe chemisch« Industrie, Baumwolle, Wolle, Seide, Uhren, Baugewerbe, Musikinstrument«, Feinmechanik, Papier. Lebensmittel. Tabak. Gummi. Glas- und Töpferwaren, Leder, Hausgeräte, Spitzen, Re- klame und vieles andere mehr fasten kann. Ulster hat im großen Rahmen seine eigene Ausstellung nordirffcher Industrie. Es zeigt Produkts seiner Lemenindustrie. Reben Erzeugnissen der Garn- und Sellindustrie sieht man Tabakfabrikate und nicht zuletzt auch ein« leibhastige irische Whistydestilleri«. Im Palast der Technik werden dem Beschauer die Leistun­gen Englands im Schiffbau, in der Elektrizität, im Motorenbau und in der Transporttechnik(zu Wasser und zu Lande) vorgesetzt. Groß- artige Schiffsmodelle, ja ganze Ozeandampferkommandobrücken sind ausgestellt. Die Elettrizität feiert Triumphe, ohne besonderes Neues zu bieten. Im Motorenbau haben etwa 200 Firmen ausgestellt, trotz- dem macht die iherde von Kraftwagen, die einen recht beträchtlichen Raum einnimmt, auch bei näherer Betrachtung keinen erschütternden Eindruck. Die Mast« dessen, was Alt-Englands Industrie in den genannten beiden Palästen gibt, ist in ihrem Umfange erdrückend und illustriert kraß die Uederindustrialisierung des Landes. Das hier Gebotene kann uns jedoch kaum mit Sorge erfüllen. Mün vergißt zuweilen als Deutscher di« fremde Staatsangehörigkeit der ousge- stellten Industrieerzeugnisse und wird hieran nur erinnert, wenn man besseres zu sehen erwartet hätte. De? Vorsprung Englands liegt allein in der guten Möglichkeit, seine industriell« Arbeit abzusetzen. Enzland konsumiert z. B. von seiner Kohlenproduktion selbst nur 14 Prvz., exportiert aber direkt 36,5 Prvz. und indirekt 49,5 Prvz. Von seiner Eisen- und Stahl- Produktion bleiben nur 25 Proz. im Lande, 50 Proz. werden direkt und 25 Proz. indirekt exportiert. Am Verbrauch seiner Baumwoll- zeugproduktion ist Alt-England nur mit 30 Proz. beteiligt, der Rest

Im Namen der freien Gewerkschaften Deutschlands danken wir herzlichst für den den deutschen Arbeitern gewidmeten Gruß. Wir er- widern ihn aufs wärmste, weil wir darin einen besonderen Ausdruck der internationalen Arbeitersolidarität erblicken. Wir würden uns freuen, Herr Präsident, wenn uns während Ihres Auf- «nchaltes in Berlin Gelegenheit gegeben würde, Sie persönlich begrüßen zu können. Vorstand des ADGB. gez. G r a ß m a n n. Es ist wohl der erste Fall, daß ein ausländisches Staats- oberhaupt beim Betreten unseres Landes die Leitung der freien Gewerkschaften offiziell begrüßt frellich ist es der Präsident einer ziemlich jungen Republik, die nicht mit allzu- viel Tradition belastet ist und nicht in ihrem Auftreten ver­flossenen Monarchien zu ähneln sucht. Präsident Calles hat durch diese Geste ausgesprochen, daß er Deutschland als ein Land der Arbeit, die deutschen Arbeiter als die Stützen der Republik und als die Bürgen chres friedlichen Ausstiegs er- kennt._ Annehmen!! Die Stimmen der besetzte« Gebiete- Köln. 21. August. (WTB.) Wie dieKölnische Volkszeitung" meldet, hat die rheinisch« Zentrumspartei dem Reichstag auf telegraphischem Wege folgende Kundgebung zugehen lassen: Das Londoner Abkommen legt dem Vaterland« ungeheure, kaum tragbare Lasten auf. Trotzdem bittet die rheinische Zentrumspartei den Reichstag, dem Abkommen zuzustimmen, damit ms - besondere die Staatshoheit wiederhergestellt, die Besatzungslasten er- leichtert werden und ein Wiederaufbau der Wirtschaft möglich wird. Eine Ablehnung des Abkommens würde für das besetzte Ge- biet, für das ganze Vaterland und für Europa ganz unabseh- bare Folgen haben. Dortmund . 21. August. (WTB.) Der Gewerkschafts. ring deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenoerbände(HD.) in Dortmund nahm in einer erweiterten Funktionärkonferenz Stellung zu den Londoner Abmachungen. Die Konferenz war' sich darüber klar, daß di« Auswirkung der Londoner Abmachungen das deutsche Volk bis zum äußersten belaste. Die unerträglich lange Maximal- räumungssrist von einem Jahr erschwere die durch die Annahme bedingte Erfüllungspflicht in besonders hohem Maß. Trotz dieser Schwierigkeit sieht die Konferenz einmütig auf dem Standpunkt, daß die Ablehnung dieser Abmachungen eine weitere Er- schwerung und unabsehbar« Verlängerung der wirtschaftlichen Notlage und so die dauernde Verelendung weiter Volksschichten zur Folg« haben muß. In fester Erwartung, daß eine gerechte Verteilung der durch die Annahme bedingten Lasten nach Tragfähigkeit der einzelnen Volksschichten erfolgt, er- sucht die Konferenz die Regierung, mit allen Kräften dahin zu wirke», daß die Annahme der Abmachungen durch den Reichstag erfolgt und dadurch auch der Wille des deutschen Volks zur Völker. Verständigung erneut zum Ausdruck komint. Sollten nnverantworl. tiche Kläffe im Reichstag in verblendetem Partejfanatismus oder aus sonstigen Gründen die Annahme unmöglich machen wollen, er- sucht die Konferenz den Reichspräsidenten dringend, vor der Auf- lösung des Reichstags nicht zurückzuschrecken und das Volk zur Ent- fcheidung aufznrufen. Die Arbeitnehmerschaft besonders auch im besetzten Gebiet habe mit großer Geduld di« durch den bisherigen Zustand bedingte Not und Entbehrungen ertragen. Ei« verlang« jetzt, auch ihrem Willen Rechnung zu tragen und durch die Annahme der Londoner Abmachungen die Möglichkeiten zur Linderung dieser Nöte zu schaffen.'> Elberfeld , 21. August(Eigener Drahtbericht.) Die freien Gewerkschaften des linken Niederrheins haben sich in einer Konstrenz mit dem Ergebnis der Londoner Konferenz b«. schäftigt und einstimmig folgende Entschließung angenommen: Die freien Gewerkschaften des besetzten linken Niederrheins er- klären noch Kenntnisnahme des Ergebnisses der Londoner Konferenz, daß ein« ganze Reihe von berechtigten Wünschen Deutschlands in London nicht erfüllt worden sind. Dennoch bedeutet das Resultat

sst Export. Man sieht an diesen paar Zahle» die absolute Ein- stellung auf den Export. Wenn nun auch ein guter Toll des englischen Exports in Europa bleibt, so bilden doch die weiten Gebiet« des britischen Imperiums, die Dominions und Kolonien, di« immer sicheren Aufnahmemärkte englischer Erzeugnisse. Englische Schiffe sind das Bindeglied englischen Handels mit der Welt. So waren z. B. nach einer graphischen Darstellung de,Economist " von allen Schiffen, die in den Iahren 1919 bis 1923 den Suezkanal passierten, über 60 Prvz. englssche. Und nebenbei bemerkt beträgt nach der gleichen Quelle der englisch « Anteil am gesamten Schiffbau des Jahres 1923 insgesamt 57 Proz, d. i. etwa ebensoviel wie 1913 mit 56,7 Proz. Bon den englischen Dominions, Kolonien und Schutzstaaten haben in Wembley 25, zum Teil in exotischen Häusern. Tempeln und Polästen, ihre heimischen Erzeugnisse ausgestellt. Nur Aegypten hat verzichtet. Hier in diesen Dominions und Aolomen liegt das Paradies der englischen Wirtschaft, liegen die unversiegbaren Rohstoffquellen Alt-Englands. Hier ist die Fülle des Getreides, Erzes, Gummi, Kaffees, Tees, Reis, der Baumwolle, Seid«, Wolle, des Mangans , Kupfers, Nickels, Silbers, Goldes, der Diamanten lrtö oll der Dinge, die ein industrielles Land zur Erhaltung feiner Existenz als Roh- stoffe braucht. Schritt für Schritt zeigen sich auch hier in der Aus- stellung der überseeischen Reichsgebiete die großen Absatzgelegen. heilen für die englischen Industneprodukte: Kattune , Msschmen, Eisenbahnen. Schiff« und vieles mehr. Wohl haben auch Kanada und Australien ihre eigene moderne Industrie, doch was bedeuten sie noch heute mit ihren 6.9 Millionen bzw. 6,9 Millionen Ein- wohnern gegenüber Ast-England. Ein« besonder« Attraktion, vor der sich der Strom der Schau. lustigen staut, hat übrigens Kanada in seinem Ausstellungsgebäude geschaffen. Einer byzantinischen Regung folgend, hat es dem Krön- prinzen oes Mullerlandes ein lebensgroßes Denkmalinkanadi- scher Butter gesetzt. In einem riesigen Glaskasten steht eis- gekühlt der Prmce of Wales , seinen treuen Mustang am Zügel haltend, während im Hintergrunde ein typisch kanadisches Haus zart auf die Herkunft der riesigen Buttermengen hindeutet. Dieses kanadisch« Denkmal deucht«inen überhaupt ein Sinnbild de? Bedeutung all dieser Dominions und Kolonren für dos Mutter- land. England in Butter! Alles tn allem kann man sagen, daß der industrielle Teil der britischen Ausstellung unsere Hoffnung auf«in« gute Zukunft der deutschen Arbeit neu bestärkt- Konkurrenz in gewissen Grenzen ist Leben. Wir waren nicht nur Konturrenten, sondern wir waren auch starke Abnehmer englischer Erzeugnisse. Englands Anteil am Well- «xporthandel betrug 1922 rund 17,3 Proz., und trotzdem sst die Well immer noch groß genug und bietet weite Möglichkeiten, die Arbeits­erzeugnisse der übrigen industriellen Länder unterzubringen. Di« wirsschaftlichen Austlänge des langen Krieges lasten schwer auf den meisten exportierenden Nationen. Langsam dämmert bei den Böllern die Erkenntnis der unbedingten, gegenseitigen, wirtschaftlichen Not- wendigketten, aus denen auch uns leichtere Weg« zu den Rohstoff- quellen und fremden Absatzmärkten erstehen weiden.

der Konferenz die Befreiung der rh«inisch-w«stsSli- schcn Bevölkerung von dem schweren unerträglich gewordenen Druck und die Abwendung der Gefahren des völligen Zusammen- bruchs der rheiriisch- westfälischen Wirtschaft. Die freien gewerk- schaftlichen Arbeiter am linken Niederrhein verlangen daher mit allem Nachdruck, daß die zur Durchführung des Sach- oerständigengutachtens notwendigen Gesetze vom Reichstag ohne Zeitverlust angenommen werden, und zwar mit der Maß- gäbe, daß die aus dem Gutachten enssi>:henden Lasten so gerecht zur Verteilung gelangen, daß in erster Linie die Kreise belastet wer- den, di« auch nach..dem klaren Wortlaut des Sachverständigengut­achtens bisher nur wenig oder gar nicht zu Reparattonslasten bei­getragen haben. Eine ähnliche Ensschließung faßten die dem Allgemeinen Deut- scheu Gewerkschaftsbund angeschlossenen Gewerkschaften im besetzten rheinisch-we st sälischen G«bi«t. Essen. 21. August(Eigener Drahtbericht.) Hier sprach vor den Funktionären und Betriebsräten der freien Gewerkschaf- ten Genosse Sollmann für die Annahme der Londoner Be- schlüss-, deren schwere Lasten er nicht verheimlichte. Ein kommu- nistifcher Gegenredner konnte sich nur schwer gegen den Unwillen der Versammlung durchsetzen. Der Wille der übergroßen Mehrheit war klar für Annahme, im anderen Falle für die Auflösung des Reichstages. Gffenburgs vank. Im Namen der Bürger der besteiten Stadt O f f e n b u r g hat Oberbürgermeister Holler folgendes Telegramm an den Reichs- lanzler gerichtet: .Die anläßlich der Feier der Räumung OffenburgS und der Ortenau in Anwesenheit des badischen Staatspräsidenten zahlreich versammelte Einwohnerschaft der Stadt Offenburg entbietet Ihnen ergebenste Grüße, verbindet damit den w ä r m st e n D a n I jiir die so zahlreichen Bemühungen der Reichsregierung und den Wunsch auf weiteres gedeihliche« Fortschreiten der Verhand- lungen zugleich mit dem Gelöbnis, in den kommenden Tagen wichtiger Entscheidungen treu hinter derReichSregierung zu stehen.'_ Reichswehr und Maskenverleih. Herr Geftler verbietet, aber erklärt fich solidarisch. Stralsund , 21. August. (Eigener Drahtbericht.) Anfang Juni hatte das hiesige Standortkommando der Reichswehr eine Anzahl Gewehre an denStahlhelm ' oerliehen, die bei einer Schlageter-Feierzur Ausschmückung des Altars und des Redner- pultes' Verwendung fanden. In der richtigen Erlenntnis, daß Reichswehrwaffen nicht in die Hönde des republikfeindlichenStahl- Helm' und überhaupt privater Vereinigungen gehören, b e s ch l a g- nahmt« die Polizei die Gewehre. Unser Stralsunder Parteibtatt, derV o r p o m m e r', trttisierte die unverständliche Handlungsweise des Reichswehrtommandeurs scharf, ober sachlich. Die Folge davon war, daß der Kommandeur das Auslegen eines Freiexemplars desDorpommer' in der Soldatenkantine v e r b o r. Auf eine Beschwerde beim Reichswehrministerium erhiell nun unser Parteiblatt ein Antwortschreiben, das vom Reichswehrminister selbst unterzeichnet worden ist Herr Dr. Gehler erklärt darin, daß er keinen Anlaß seh«, die Maßnahmen des Stondortältesten zu miß- billigen. Die Beschlagnahme der Gewehr« durch die Polizei sei eine ungerechtfertigte Mahnahm«. Ueber das Verbot der Auslegung des Vorpommer' heißt es:Mit dem Verbot hat der Standortälteste im dienstlichen Interesse richtig gehandelt. Der Kommandeur hat das Verbot in dem Gefühl erlassen, daß es nicht angängig ist, daß in seinem Dienstbereich Zeitungen ausliegen, di« die Gefahr herbeiführen, durch falsche Nachrichten seine Autorität zu untergraben.' Wird die Autorität des Reichswehrmmisters mehr untergraben, wenn nationalistisch« Vereinigungen mit Reichswehrwafsen sich mas- kieren oder wenn ein sozialdemokratisches Blatt auf die inner- politische Gefahr solcher Wasfenverleihungen hinweist?

Die versickernde öeweguag. Bon Hans Bauer. Es mag schon einer Zell seine» Lebens«in rechter Taugenichts gewesen sein: wenn es mit ihm ans Ende geht, dann sind wir mild gestimmt und geneigt, vieles zu übersehen. Mit den Völkischen geht? zu Ende. Ihre Dlättchen werden immer dünner, ihre Hilferufe um Geld immer drängender... Der Windjackenoerkaus hat schon lange nachgelassen und es bleibt zu er- wägen, ob man die Restbestände nicht billig an das Reichsbanner abgebe. Auch das Ehrhardt-Lied, gestern noch lebhaft bevorzugt von einem Dielenpublitum, dem die ausgerechneten Bananen zum Halse heraushingen, gilt heut nicht mehr als recht kommentmäßig und hat sich vom Better Rick, vier Meter lang, zwei Meter dick, ausstechen lassen müssen. Uebrigens muß auch einmal gesagt werden, daß die Handelslehr- linge an der Bewegung nicht das fanden, was sie gesucht hatten. Ein Glaschen Bier vom Hern: Leutnant, wie's im Rohbach-Lied heißt, das ist wicht hin und wieder herausgesprungen. aber bis zur Ge- haltszulag« und zum verlängerten Sommerurlaub hat di« Durch- schlagskrost des Hakenkreuzes eben doch nicht gereicht. Da legt man die Bewegung mit resigniertem Mißmut aus der Hand, zumal di« besseren Posten ja doch schon anderwett vergeben sind. Di« emsige Uneinigkeit der Führer erinnert schließlich auch nur an di« Zeit, da solche Betriebsamkeit noch nicht nötig war, um die Existenz der Bewegung glaubhast zu machen. Ja, damals, als der Httler im Zirkus Krone in München sprach: Das flutschte, das haute. Hingegen heut.... Der Streicher sagt, di« Landtagsfraktion sei eine Bagasch und die wieder schimpft auf den Streicher, und unsereins war zuerst ganz schadenfroh, aber das hat sich auch schon gelegt und man bekomml das Gähnen. Und wie man das bekommt, da denkt man doch noch einmal daran, daß dies« Bierkellerbamsen immerhin vor einem Jahre noch fast ein deutsches Erlebnis waren. Nicht, daß sie nicht auch heute noch gefährlich werden könnten: aber das löge dann an unserer Dummheit, während es damals an ihrer lag, daß sie es nicht wurden. Der Höhepunkt ist lange überschritten. In diesem S'adium möchte man den Teutonenbäuchen fast«inen wohlgemeinten Patsch geben: das soll nun bald vorbei sein, daß wir euch in all eurer Lächerlichkeit hinmalen dürfen.... Das soll nun bald vorbei fein, daß wir in euren Blättern die Stilwidrigkeiten ankreuztenl Und dos alles bloß, well ihr unaktuell geworden seid! Da wird uns manchmal eine leise Sehnsucht ankommen, und wir werden erst recht wissen, was wir an dem Klofeitpavier� hatten, das eine schwarzweißrot« Kante hatte und an den beujfchoölfsschen Zigaretten und an dem Adolf Bartels , der Goethe für«inen Ge- sinnungsfreund und Fichte für den ersten Nationalsozialisten und sich für einen Historiker hielt. Di« Bewegung versickert.... Wo nehmen wir da nur rasch unser neues Kaspertheater her? Roch einmal: Dauer der Träume. Zu diesem Thema erhalten' wir aus unserem Leserkress« noch folgenden interessanten Fall mit- geteill: E« war an einem Sonntagmorgen im Sommer 1913. Ich war damals Seminarist m Bromberg . Mit fünfzehn anderen Seminaristen schlief Ich zusammen in einem Saal. Am Sonnabend- abend hatten wir verabredet, am nächsten Morgen schon vor 5 Uhr